BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1670 21. Wahlperiode 29.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 22.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Krankheitsfälle in Flüchtlingsunterkünften Im Zuge der immer weiter ansteigenden Flüchtlingszahlen in Hamburg erscheint nicht nur die adäquate Unterbringung der Flüchtlinge in geeigneten Unterkünften problematisch, sondern auch ihre Gesundheitsversorgung. Wie aus der Schriftlichen Kleinen Anfrage „Gesundheitsuntersuchungen von Flüchtlingen“ (Drs. 21/1116) hervorgeht, ist es Ziel des Senats, eine verpflichtende Eingangsuntersuchung für alle Flüchtlinge in den ersten drei Tagen nach Aufnahme in der Zentralen Erstaufnahme (ZEA) durchzuführen. Gleichzeitig wurde auch deutlich, dass dieses Ziel in letzter Zeit immer wieder verfehlt wurde. Darüber hinaus gab es Berichte über schwerwiegende Erkrankungen einiger Flüchtlinge, die sich in Unterkunftszelten auf dem Hachmannplatz am Hauptbahnhof aufhielten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Allgemein 1. Wo findet die Eingangsuntersuchung der Flüchtlinge aktuell statt? Welche Behörde ist hierfür zuständig? Wie viel Personal ist damit befasst? 2. Hat es in letzter Zeit im Vergleich zur Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/1116 Änderungen in der Art und Weise der Untersuchung in Hamburg gegeben? Wenn ja, welche und warum? Das in Drs. 21/1116 angesprochene, seinerzeit noch in der Implementierung befindliche Verfahren, alle ankommenden Personen noch vor einer Verlegung an einen auswärtigen Standort zu untersuchen, wird nun angewandt. Das Prozedere der Erstuntersuchungen wurde zudem dahin gehend verbessert, dass Erstuntersuchungen nicht mehr nur in der ersten Anlaufstelle der Zentralen Erstaufnahme (ZEA) Harburger Poststraße, sondern die ganze Woche hindurch auch an Wochenenden durch mobile Untersuchungsteams direkt an den verschiedenen Standorten der ZEA durchgeführt werden können. Der mit den Erstuntersuchungen vertraglich betraute ärztliche Dienstleister beschäftigt insgesamt 40 Angestellte (Ärzte, Assistenzen und Schreibkräfte) für diese Aufgabe. Bei dem Betreiber f & w fördern und wohnen AöR (f & w) wurde die zuständige Koordinierungsstelle für die Gesundheitsuntersuchungen von 1,0 auf 3,0 VZÄ-Stellen aufgestockt. Die Tuberkulosebekämpfungsstelle des Bezirksamtes Hamburg-Mitte verfügt aktuell über folgenden Stellenbestand: Drucksache 21/1670 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Medizinisch-Technische Radiologieassistenten (MTRA): 5,16 Stellen, davon 4,57 Vollzeitäquivalente (VZÄ) besetzt; Ärzte: 3,64 Stellen und 3,64 VZÄ besetzt. In diesen Zahlen sind 1,16 Stellen enthalten. Zusätzlich unterstützt das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) mit 0,41 VZÄ MTRA und 0,41 VZÄ Ärzten die Tuberkulosebekämpfungsstelle. Für die Untersuchung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) ist das Gesundheitsamt Altona zuständig. Die Untersuchungen finden in der Feuerbergstraße und im Gesundheitsamt Altona statt. Die Ärztin arbeitet aktuell auf Honorarbasis und mit stundenweiser Unterstützung durch Krankenschwestern aus der personellen Ressource des Gesundheitsamtes. Ab Oktober 2015 ist geplant, die Arzt-/Assistenz- und Verwaltungsstelle in Teilzeit zu verstetigen. 3. Findet nach wie vor eine verpflichtende Röntgenuntersuchung der Atmungsorgane statt? Wenn ja, gab es Änderungen im Verfahren oder der Zuständigkeit sowie der Anzahl der beteiligten Personen? Die Untersuchung findet nach wie vor ohne Änderungen im Verfahren und der Zuständigkeit verpflichtend statt. Im Gesundheitsamt Hamburg-Mitte wurden zusätzlich 1,5 Stellen (MRTA) für die Röntgenabteilung zur Verfügung gestellt. Zur kurzfristigen Unterstützung sind derzeit aus dem UKE Honorarkräfte mit 0,82 VZÄ, eine Ärztin mit 0,64 VZÄ und eine MTRA mit 1,41 VZÄ tätig. Der Betreiber f & w hat zur besseren Steuerung der Röntgenuntersuchung einen eigenen Busshuttle eingerichtet, der montags bis freitags die Menschen aus allen ZEA-Standorten direkt zur Untersuchung ins Gesundheitsamt Hamburg-Mitte bringt. 4. Wie viele neue Fälle (01.07.15 bis heute) von Tuberkulose oder anderen meldepflichtigen Krankheiten gab es wann bisher in Hamburger Flüchtlingsunterkünften ? Für Tuberkulose bitte gesondert ausweisen. Im Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis zum 22. September 2015 wurden insgesamt 370 nach den §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes (IFSG) meldepflichtige Erkrankungen aus den Flüchtlingsunterkünften an die Fachämter Gesundheit der Bezirke gemeldet. Hierzu gehören nach § 6 IFSG auch Verdachtsfälle. Von diesen Meldungen betrafen zwölf Fälle TBC-Erkrankungen. Die gemeldeten Fallzahlen entsprechen insgesamt dem normalen Geschehen gemeldeter Infektionsfälle für Hamburg und sind mit den Häufigkeiten des Vorjahres für den nachgefragten Zeitraum vergleichbar. 5. Wie lange dauert es aktuell in Hamburg durchschnittlich, bis die Flüchtlinge die Eingangsuntersuchung absolviert haben? 6. Wie viele Flüchtlinge wurden im August und bisher im September aufgenommen ? Bei wie vielen von ihnen wurde das „3-Tage-Ziel“ verfehlt? 7. Wie hat sich die Lage im Hinblick auf das „3-Tage-Ziel“ seit der Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/1116 entwickelt? Im August 2015 haben sich 6.676 Personen bei der ZEA gemeldet, von denen 2.125 Personen im asylverfahrensrechtlichen Verteilungsverfahren Hamburg zugewiesen wurden. Vom 1. bis 22. September 2015 haben sich bereits 6.948 Personen gemeldet . Wie viele Personen Hamburg zugewiesen wurden wird erst zum Monatsende statistisch ausgewertet. Es handelt sich dabei um eine Statistik, die nicht automatisiert erstellt werden kann, sondern auf einer manuellen Auswertung beruht. Um in der aktuellen Situation die Aufnahme und Versorgung aller ankommenden Flüchtlinge gewährleisten zu können, werden alle zur Verfügung stehenden Personalressourcen in den betroffenen Aufgabenbereichen eingebunden. Derzeit müssten händische Auswertungen zur Beantwortung einzelner Fragestellungen durch Zurückstellen von Aufgaben zur Flüchtlingsunterbringung und -versorgung vorgenommen werden. Daher können derzeit Angaben einer durchschnittlichen Dauer bis zur erfolgten Eingangsun- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1670 3 tersuchung und der Zahl der Personen, die nicht innerhalb von drei Tagen einer Eingangsuntersuchung unterzogen werden konnten, nicht erarbeitet werden. Hachmannplatz 8. Welches ist der Zweck der Flüchtlingsunterbringung am Hauptbahnhof? Warum werden die Flüchtlinge nicht in anderen Zentralen Erstaufnahmen untergebracht? Am Hachmannplatz findet keine Flüchtlingsunterbringung statt. Flüchtlingen, die Aufnahme in Hamburg suchen, steht die Zentrale Erstaufnahmeeinrichtung in der Harburger Poststraße als erste Anlaufstelle offen. Bei den Menschen am Hauptbahnhof, bei denen ein Fluchthintergrund behördlicherseits nur vermutet werden kann, handelt es sich hingegen um Durchreisende, die vorwiegend nicht an einem Verbleib in Hamburg interessiert sind. 9. Ist die Errichtung der Zelte auf dem Hachmannplatz am Hauptbahnhof genehmigungspflichtig? Wenn ja, wer hat wann wo einen Antrag auf Genehmigung gestellt und wer hat wann wie über diesen Antrag entschieden? Wenn nein, warum nicht? Die Zelte wurden im Einverständnis mit dem Bezirksamt Hamburg-Mitte aufgestellt. 10. Wie lange sollen die Zelte nach Kenntnis des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde stehen bleiben? Sind dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde Überlegungen bekannt, dort zukünftig weitere Zelte aufzustellen? Wenn ja, in welchem Umfang? Die Überlegungen der Beteiligten, welche Maßnahmen im Weiteren erforderlich sind, sind noch nicht abgeschlossen. 11. Wer betreibt die Zeltunterkunft oder ist für diese verantwortlich? Wie lange bleiben die Flüchtlinge in der Regel in den Zelten am Hauptbahnhof? Betreiber der Zelte am Hamburg Hauptbahnhof ist Falck Rettungsdienst GmbH, Regionalgruppe Hamburg (Falck Deutschland e.V.) in Absprache mit der DB AG (DB Station &Service AG, Bahnhofsmanagement Hamburg) und dem Bezirksamt HamburgMitte . In den Zelten wird durch die Ehrenamtlichen eine Versorgung mit Getränken und Lebensmitteln sowie eine einfache medizinische Erstversorgung organisiert. Sie dienen nicht zur Übernachtung. 12. Wie viele Personen arbeiten derzeit in den Zelten am Hauptbahnhof? Bitte zwischen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen unterscheiden. Am Hauptbahnhof unterstützen freiwillige Helfer auf ehrenamtlicher Basis zurzeit Menschen bei der Weiterreise. Dieses Engagement, welches vom Senat und den Behörden sehr wertgeschätzt wird, erfolgt vonseiten der Ehrenamtlichen aus eigenem Antrieb und dem Wunsch heraus, den am Hauptbahnhof ankommenden Menschen zu helfen. Es erfolgt aus humanitären Gründen und im Einvernehmen mit den Akteuren des Runden Tisches Hauptbahnhof. Die konkrete Anzahl Ehrenamtlicher variiert stark je nach Aufkommen der Reisenden, Tageszeit und Tag. Der Runde Tisch Hauptbahnhof und die freiwilligen Helfer befinden sich aktuell in der Abstimmung, wie das Ehrenamt rund um den Hauptbahnhof und die durchreisenden Menschen unterstützt werden können. 13. Wer ist für die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge in den Zelten am Hauptbahnhof verantwortlich? Drucksache 21/1670 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 14. Findet bei den Flüchtlingen, die in den Zelten untergebracht werden, eine Eingangs- oder sonstige gesundheitliche Untersuchung statt? Wenn nein, warum nicht? Bei dem zurzeit am Hauptbahnhof angebotenen Sanitätsdienst handelt es sich um ein ehrenamtliches Engagement im Bereich der medizinischen Hilfeleistung. Hierbei handelt es sich nicht um eine offizielle Eingangsuntersuchung oder sonstige behördlicherseits vorgeschriebene Untersuchung. Im Übrigen siehe auch Antwort zu 8. 15. Gab es bisher meldepflichtige Krankheitsfälle in den Zelten am Hauptbahnhof ? Wenn ja, wann und wie viele? Tuberkulosefälle bitte gesondert ausweisen . Nein. 16. Wie lange sollen die Zelte am Hauptbahnhof genutzt werden? Wenn ihre Nutzungsdauer begrenzt ist, bitte Zeitpunkt angeben und erläutern, was mit den derzeit dort untergebrachten Flüchtlingen sowie den zukünftig am Hauptbahnhof eintreffenden Flüchtlingen geschehen soll. Siehe Antwort zu 8., 10. sowie 13.