BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16701 21. Wahlperiode 05.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 28.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Sicherheitsüberprüfungen durch das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg auf Antrag der Behörde für Schule und Berufsbildung Seit Jahren verzeichnet das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg steigende Personenpotenziale in verschiedenen Extremismusbereichen. So stieg insbesondere die Anzahl der Personen im Bereich „Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten“ seit 2014 kontinuierlich von 955 auf 1 565 Personen an; der Anteil von gewaltorientierten Salafisten stieg im Vergleichszeitraum von 240 auf 420 Personen.1 Im Bereich „Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug“ vollzog sich eine leichte Steigerung von 850 Personen im Jahr 2014 auf 860 Personen im Jahr 2017.2 Das linksextremistische Personenpotenzial stieg im Vergleichszeitraum von 1 110 auf 1 220 Personen; der Anstieg bei den gewaltorientierten Linksextremisten fiel hierbei von 630 auf 770 Personen noch deutlicher aus.3 Im Bereich des Rechtsextremismus kann erfreulicherweise ein zumindest leichtes Absinken des extremistischen Personenpotenzials von 340 auf 320 Personen im Vergleichszeitraum verzeichnet werden; das Potenzial gewaltorientierter Rechtsextremisten sank von 340 auf 320 Personen.4 Eine ebenso leicht rückläufige Verlaufsentwicklung ist bei den Scientologen zu konstatieren. Das extremistische Personenpotenzial sank im Vergleichszeitraum von rund 400 auf rund 350 Personen.5 Die Erfahrungen zeigen, dass Extremisten immer wieder auch in Schulen versuchen, für ihre verfassungsfeindlichen Ideologien zu werben und neue Anhänger für diese zu rekrutieren. Dabei stellen Kinder und Jugendliche, die noch nicht über gefestigte Persönlichkeiten und Identitäten verfügen, ein besonders aussichtsreiches Rekrutierungsumfeld dar. Solche Anwerbeversuche haben in der Vergangenheit auch in den Hamburger Schulen dazu geführt, dass sich Schüler radikalisierten, extremistischen Organisationen anschlossen und sogar Straftaten begingen. Das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg überprüft auf Behördenanfrage potenziell des Extremismus verdächtige Personen, um über mögliche Gefahren für das sichere Zusammenleben oder extremistische Bestrebungen aufzuklären. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1 Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg, Bericht 2017, Seite 37. 2 Ebenda, Seite 62. 3 Ebenda, Seite 84. 4 Ebenda, Seite 128. 5 Ebenda, Seite 174. Drucksache 21/16701 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wie viele Anfragen hat die Behörde für Schule und Berufsbildung im Zeitraum von 2014 bis dato an das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg gestellt, um überprüfen zu lassen, ob von Schülern, Eltern von Schülern, Mitarbeitern der BSB oder anderen Mitarbeitern/Personen im Bereich der Hamburger Schulen sicherheitsrelevante Gefahren oder extremistische Bestrebungen ausgehen? Bitte jahrweise aufschlüsseln nach folgenden Kriterien: Anzahl der Anfragen, Art der Anfrage (verdächtiger Extremismusbereich), Ergebnis der Überprüfung (Verdacht bestätigt/nicht bestätigt). Bitte bei der Beantwortung der Frage die Erkenntnisse/Statistiken des Landesamtes für Verfassungsschutz mit einbeziehen. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) in Hamburg beobachtet keine Schulen, sondern extremistische Bestrebungen im Sinne des § 4 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG). Bei konkreten Er-kenntnissen informiert das LfV Hamburg den Senat und die dafür zuständigen staatlichen Stellen. Das LfV Hamburg steht Schulen als Ansprechpartner für Hintergrundinformationen und für die Beratung in konkreten Einzelfällen zur Verfügung. Das LfV Hamburg führt keine Statistik im Sinne der Anfrage. Extremistische Äußerungen in Schulen haben bereits aufgrund des allgemeinen Bildungs - und Erziehungsauftrag keinen Platz beziehungsweise es ist diesen, so sie in Schule und Unterricht auftreten, aktiv erzieherisch entgegenzuwirken. Sämtliche Erscheinungsformen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Demokratiefeindlichkeit und des Extremismus (wie zum Beispiel Islamismus, Islamfeindlichkeit, Rechtsextremismus, Linksextremismus) sind Gegenstand von Beratungs- und Fortbildungsangeboten des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI). In Fortbildungsveranstaltungen des LI wird bei der Behandlung von Extremismus stets auf verschiedene Formen hingewiesen. Der Schwerpunkt der Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte in diesem Themenbereich liegt auf dem Aspekt Prävention in der Schule. Anfragen an das Landesamt für Verfassungsschutz erfasst die für Bildung zuständige Behörde nicht zentral. In für eine Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit, hat eine Auswertung ergeben, dass in den letzten drei Jahren zwölf Anfragen gestellt wurden. Der Verdacht, dass Kontakte zu salafistischen/religiös-dogmatischen Szene bestanden, hat sich in drei Fällen bestätigt. In diesen Fällen ist die Beratungsstelle Gewaltprävention der für Bildung zuständigen Behörde tätig geworden. Dabei wurden je nach Lages des Falles die entsprechenden Ansprechpartnerinnen und -partner eingebunden, zum Beispiel die zivilgesellschaftlichen Fachberatungsstellen und zuständige Jugendämter und Jugendhilfeträger, bei sicherheitsrelevanten Fällen auch die Sicherheitsbehörden. Ziel war und ist die gemeinsame Gefährdungs- beziehungsweise Risikoeinschätzung und Abstimmung der weiteren Fallbetreuung. Im Rahmen der Gespräche mit den Schulleitungen und Lehrkräften werden gegebenenfalls das grenzverletzende Verhalten gegenüber Dritten in der Schule (Nötigungen, Bedrohungen), mögliche Straftaten, die Verstetigung des Schulbesuchs und eine Schullaufbahnberatung zur Ausbildungsperspektive erörtert . Es stehen die konkreten Verhaltensweisen, eine mögliche Klassenintervention, die schulische Laufbahn und die außerschulischen Beratungsangebote im Vordergrund .