BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16712 21. Wahlperiode 05.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Niedmers (CDU) vom 29.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Was hat sich bezüglich der Koalitionsvereinbarung, mehr hafeninterne Containerumfuhren auf das Wasser zu verlagern, getan? Im Koalitionsvertrag verpflichtet sich Rot-Grün unter der Maßgabe der „Luftreinhaltung im Hafen“, straßengestützte Umfuhren im Hafen verringern zu wollen, indem Container-Barges auf dem Wasser gefördert werden. Wörtlich heißt es: „Der Senat wirkt über den Aufsichtsrat der HHLA und über die HPA darauf hin, dafür die nötigen tariflichen und organisatorischen Vorkehrungen zu schaffen.“ Von 2015 bis 2018 sind die hafeninternen Container-Umfuhren auf dem Wasser lediglich von 0,8 Prozent auf 1,2 Prozent des Gesamtumschlages gestiegen, obwohl mit insgesamt mehr als 2 Millionen TEU fast ein Viertel des Gesamtumschlages hafenintern umgefahren wird und damit immer noch zu circa 95 Prozent auf der Straße! Ohne das Konzept einer „Port Feeder Barge“ (PFB) namentlich in der Koalitionsvereinbarung zu nennen, ist es eine „klimafreundliche Logistikinnovation“, die für die Verlagerung der hafeninternen Containerumfuhren auf das Wasser zukünftig eingesetzt werden könnte. Die PFB wurde entwickelt, um die interne Containerlogistik des Hamburger Hafens effizienter und gleichzeitig deutlich klimafreundlicher zu gestalten. Ausgangspunkt des PFB-Vorhabens war die Überlegung, ein neues selbstfahrendes Hafenfahrzeug mit einem eigenen leistungsfähigen Containerkran auszustatten, um die Container- Umfuhr innerhalb des Hafens vermehrt auf dem Wasser abzuwickeln und dabei nicht von der Verfügbarkeit und den hohen Kosten der kaiseitigen Containerbrücken abhängig zu sein, wie es bei der konventionellen Umfuhr per Schute der Fall ist. Konkrete Pläne dazu existieren seit langer Zeit und könnten unmittelbar umgesetzt werden. Es wird berichtet, dass allein die Gebührenpolitik der HHLA, die trotz des Selbstumschlages der PFB diese mit einem neu eingeführten „Abfertigungsentgelt“ belasten will, der Umsetzung entgegensteht . Stattdessen investiert die HHLA mehrere Millionen Euro in die Ideen von Containerdrohnen sowie eines sogenannten HyperLoops für Container. Diese Projekte scheinen wenig ausgereift zu sein und werden von Fachleuten sogar als „ökologischer Frevel“ beziehungsweise gar als „physikalischer Unfug“ bezeichnet. Gegenüber dem Jahr 2013 (mit rund 56 000 TEU) wurden im Jahr 2018 rund 108 000 TEU hafenintern per Binnenschiff umgefahren. Dies ist das zweite Jahr in Folge ein neuer Rekordwert, der die positive Entwicklung unterstreicht. Die beteiligten Hafen- Drucksache 21/16712 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 und Transportunternehmen sowie ihre Auftraggeberinnen und Auftraggeber tragen die jeweils anfallenden Kosten. Die zuständige Behörde engagiert sich laufend für Verlagerungen von Containertransporten vom Lkw auf das Binnenschiff. Aufgrund der gebotenen Wettbewerbsneutralität greift sie dabei grundsätzlich nicht in Marktprozesse ein. Im Übrigen siehe Drs. 21/12690, 21/11327 sowie 20/12500. Der Erfolg der PFB hängt maßgeblich von der Akzeptanz der potenziellen Nutzerinnen und Nutzer im Hamburger Hafen ab. Voraussetzung ist, dass die PFB wirtschaftlich betrieben werden kann. Etwaiger Mehraufwand aufseiten der HHLA gegenüber derzeitigen Abfertigungsformen muss gedeckt sein. Darüber hinaus weist die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) darauf hin, dass sie als börsennotierte Aktiengesellschaft Fragen aller Aktionäre aus aktienrechtlichen Gründen nur einheitlich auf der jährlichen Hauptversammlung beantwortet, es sei denn, die angefragten Informationen sind bereits in öffentlich verfügbaren Quellen enthalten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) und der HHLA wie folgt: Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche konkreten Maßnahmen wurden seit 2015 zur Erreichung des oben genannten Ziels aus der Koalitionsvereinbarung wann und mit welchem Ergebnis eingeleitet? 2. Sind weitere konkrete Maßnahmen in Planung, die künftig eingeleitet werden sollen und wie lautet der entsprechende Zeitplan für die Umsetzung ? 3. Hat sich der Senat seit Abschluss des Koalitionsvertrages bemüht, zum Beispiel über den Aufsichtsrat der HHLA und über die HPA, die benötigten Maßnahmen zu treffen, sodass eine „Port Feeder Barge“ im Hamburger Hafen zum Einsatz kommen könnte? Wenn ja, inwiefern, wann und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? 4. Haben in den letzten zwei Jahren seitens des Senats Gespräche mit der HHLA oder anderen Akteuren über die mögliche Realisierung des Konzepts einer PFB stattgefunden? Wenn ja, wann, mit wem und mit welchem Inhalt? Wenn nein, warum nicht? Die zuständige Behörde ist auf unterschiedlichen Ebenen im kontinuierlichen Austausch mit der HHLA und anderen Hafenakteurinnen und Hafenakteuren. In diesem Rahmen wurde auch die PFB thematisiert. Neben regelmäßigem Schriftverkehr führte seitens des Senats der Staatsrat der zuständigen Behörde zuletzt am 17. Mai 2018 ein Gespräch mit der Geschäftsführung der Port Feeder Barge UG. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Wie ist die rechtliche Einschätzung des die Rahmenbedingungen im Hafen setzenden Senats hinsichtlich der beabsichtigten Erhebung eines neu eingeführten Abfertigungsentgeltes für selbst umschlagende Binnenschiffe (PFB) seitens der HHLA? 6. Erkennt der Senat eine Plausibilitätslücke bei der HHLA angesichts des Umstandes, dass die Blockade des realisierungsnahen PFB-Vorhabens wegen vergleichsweise äußerst geringer Beträge erfolgt, während für fragwürdige Vorhaben wie Containerdrohne und „HyperLoop“ Millionenbeträge verschwendet werden? Wenn nein, warum nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16712 3 7. Hat der Senat Kenntnis davon, dass das von der HHLA für die PFB geforderte Abfertigungsentgelt zwar nur 200 Euro/Tag betragen soll, aber naturgemäß eine beispielgebende Wirkung auf die übrigen Hafenbetriebe hätte, sodass die Mehrbelastung für die PFB auf über 1 000 Euro/Tag hochschnellen würde, was den wirtschaftlichen Betrieb der PFB angesichts von aktuellen Umfuhrraten von circa 50 Euro/Container nicht mehr erlauben würde? 8. Wie bewertet der Senat (als Mehrheitsaktionär der HHLA) aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht, dass bei aktuellen Umfuhrraten von circa 50 Euro/Container mit der Containerdrohne dort mit hohem Mitteleinsatz an einem Vorhaben gearbeitet wird, das, völlig ungeachtet der praktischen Umsetzbarkeit, schon in der Theorie naturgemäß einen gigantischen Energiebedarf pro Container bedingt, der ein Vielfaches über dem des Lkw liegt? Die zuständige Behörde verfolgt für den Hamburger Hafen grundsätzlich ein diversifiziertes Logistikkonzept, das sowohl gegenwärtige Transportgegebenheiten und -notwendigkeiten aufnimmt, kurzfristig umsetzbare Ansätze aufgreift, es aber auch begrüßt, wenn langfristigere und innovationstreibende Projekte und neue Geschäftsmodelle im Logistikumfeld entwickelt und getestet werden. Beim Vorhaben „Hyperloop“ ist zunächst eine Machbarkeitsstudie geplant, in der zusammen mit einem Joint Venture Partner unter anderem die Frage der praktischen Umsetzbarkeit untersucht werden soll. Ähnliches gilt für das genannte Vorhaben mit Drohnen, die im Übrigen nicht nur zum Container-Transport, sondern für vielfältige Zwecke eingesetzt werden können. Die Festsetzung von Preisen für erbrachte Leistungen oder die Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben betreffen das operative Geschäft der Gesellschaft . Für das operative Geschäft ist der Vorstand der HHLA zuständig. Nach Aktienrecht leitet der Vorstand die Gesellschaft unter eigener Verantwortung. Vor diesem Hintergrund hat sich der Senat damit nicht befasst. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.