BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16714 21. Wahlperiode 05.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Oetzel und Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 29.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Prüfungsbedingungen für das erste juristische Staatsexamen Am 07. März 2019 teilte das Justizprüfungsamt mit, dass aufgrund der hohen Anmeldezahlen für den April-Prüfungstermin ein erheblicher Teil der Studierenden auf den nächsten Termin geschoben werden muss. Weiter wird ausgeführt , dass auch für den Juni-Prüfungstermin Kandidaten befürchten müssen , in den August geschoben zu werden.1 Im „Einzelplan 2.0 Justizbehörde“ wird die Anzahl der Prüfungsanmeldungen mit der Kennzahl B_235_01_016 erfasst. Für die Jahre 2015 – 2022 ergeben sich daraus folgende Werte: Haushaltsjahr IST PLAN 2015 1 310 1 015 2016 1 472 1 015 2017 1 166 1 200 2018-2022 - 1 200 Im Doppelhaushalt 2017/2018 wird zur Begründung der Kennzahl ausgeführt : Aufgrund jährlicher Schwankungen, die nicht gesteuert werden können, orientieren sich die Planwerte am Mittelwert der letzten Jahre. Bundesweit haben in den letzten Jahren aber deutlich mehr Personen ein Studium der Rechtswissenschaften aufgenommen. Während 2007 noch 83 683 Jura-Studierende eingeschrieben waren,2 waren es 2017 116 217.3 Damit ist die Gesamtanzahl der Studierenden im letzten Jahrzehnt um fast 40 Prozent gestiegen. Folge ist, dass ein immer größerer Anteil der Studierenden nicht am gewünschten Prüfungstermin teilnehmen kann. Ausgenommen davon sind Härtefälle. Auf der Internetpräsenz des Justizprüfungsamtes geht jedoch nicht hervor, was unter einen Härtefall fällt. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Verlängerung der Regelstudienzeit für Rechtswissenschaf- 1 Mitteilung Justizprüfungsamt Hamburg vom 07. März 2019, abrufbar unter: https://justiz.hamburg.de/contentblob/12283224/385b65c018bdd8bcc109d2ab8b8ab9c3/ data/information-zum-klausutermin-juni-2019.pdf. 2 Statistisches Bundesamt, Studierende insgesamt und Studierende Deutsche im Studienfach Rechtswissenschaft nach Geschlecht, abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/ Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Tabellen/lrbil03.html#fussnote- 1-242488. 3 Ebenda. Drucksache 21/16714 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 ten auf zehn Semester wird zwar für ein Semester die Situation am JPA entspannen , aber nicht dauerhaft auflösen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Das Justizprüfungsamt (JPA) Hamburg ist im Bundesvergleich mit sechs angebotenen Prüfungsterminen pro Jahr sehr gut aufgestellt. Bei den 26 Prüfungsdurchgängen seit Beginn des Jahres 2015 bis einschließlich April 2019 kam es lediglich in zehn Durchgängen zu einzelnen Terminverschiebungen. Dass ein immer größerer Anteil der Studierenden nicht am gewünschten Prüfungstermin teilnehmen könne, lässt sich durch die vorliegenden Zahlen nicht belegen. Vielmehr sind die Anmeldezahlen größeren Schwankungen unterworfen und ein stetiges Anwachsen kann nicht bestätigt werden, siehe auch Antwort zu 4. Das JPA prüft ständig, ob die Planungen mit der aktuellen Entwicklung der Studierendenzahlen übereinstimmen. Die hohe Anmeldezahl für den Februar-Termin 2019 ist ein nicht vorhersehbar aufgetretenes Phänomen. Sollte sich hieraus eine Entwicklung verfestigen, wird das JPA auch hierauf geeignet reagieren. Allein aus der steigenden Zahl von Studienanfängern lässt sich noch nicht in sicher planbarer Weise auf eine dann auch steigende Zahl von Prüfungsanmeldungen schließen, da die Zahl und die Quote der Studienabbrecher sowie die jeweilige Dauer des Studiums nicht bekannt sind. Das organisatorische Grundprinzip des JPA basiert seit vielen Jahren darauf, die Prüfungen ausschließlich in eigenen Räumen durchzuführen, das heißt nicht externe Räume anzumieten, die in aller Regel weniger geeignet sind als die speziell auf die Bedürfnisse einer staatlichen Prüfung abgestimmten Räumlichkeiten (Lärm, Kontrollen et cetera). Erfahrungen in einem früheren Prüfungsdurchgang, bei dem unvermeidlicherweise externe Räume zusätzlich angemietet worden sind, haben im Übrigen gezeigt, dass solche Räume in Hamburg kaum, jedenfalls nicht in der im JPA vorhandenen Güte zur Verfügung stehen. Für den April-Termin gibt es jährlich wiederkehrend überdurchschnittlich viele Anmeldungen , weil sich hier die ganz überwiegende Zahl an Kandidatinnen und Kandidaten für den sogenannten Freischuss zur Prüfung anmeldet. Die Mehrzahl der Studierenden nimmt zum Wintersemester das Studium auf und erreicht dann nach neun Semestern den Freischusstermin im April. Dies kann, wie in jedem Jahr, durch eine Verlegung einiger Prüflinge in den Juni-Termin regelmäßig ausgeglichen werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Werden von der Kennzahl B_235_01_016 die Anmeldung für die erste juristische Staatsprüfung und die zweite juristische Staatsprüfung zusammen erfasst? Ja. 2. Wie viele Personen haben sich für die erste juristische Staatsprüfung in Hamburg gemeldet? Bitte nach den Examensterminen seit 2015 aufschlüsseln . Meldetermin 2015 2016 2017 2018 2019 Januar (Februar-Klausuren) 86 120 65 70 62 Februar (April-Klausuren) 176 204 168 183 226 Mai (Juni-Klausuren) 87 75 97 65 - Juli (August-Klausuren) 89 71 90 94 - August (Oktober-Klausuren) 126 117 132 145 - Oktober (November/Dezember-Klausuren) 82 75 71 75 - 3. Wie viele Personen haben die erste juristische Staatsprüfung in Hamburg geschrieben? Bitte nach den Examensterminen seit 2015 aufschlüsseln . Alle Prüflinge, die sich gemeldet haben, haben im jeweiligen Jahr die Klausuren angefertigt . Nicht teilgenommen haben an den Klausuren nur diejenigen, die sich selbst entschieden haben, vor der Zulassung den Rücktritt von der Prüfung zu erklären Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16714 3 sowie längerfristig erkrankte Prüflinge. Hierbei handelt es sich um eine kleine Gruppe, die statistisch nicht erfasst wird. Eine händische Auswertung aller rund 2 600 Prüfungsakten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. Wie viele Personen, die sich für die erste juristische Staatsprüfung in Hamburg gemeldet haben, wurden auf einen Nachfolgetermin geschoben ? Bitte nach den Examensterminen seit 2015 aufschlüsseln. Meldetermin Anmeldungen davon geschoben Februar 2015 für April-Klausuren 176 49 (Juni 2015) Mai 2015 für Juni-Klausuren 87 13 (August 2015) August 2015 für Oktober-Klausuren 126 21 (Dezember 2015) August 2016 für Oktober-Klausuren 117 13 (Dezember 2016) Februar 2017 für April-Klausuren 168 39 (Juni 2017) Mai 2017 für Juni-Klausuren 97 16 (August 2017) Februar 2018 für April-Klausuren 183 50 (Juni 2018) Mai 2018 für Juni-Klausuren 65 7 (August 2018) August 2018 für Oktober-Klausuren 145 15 (Dezember 2018) Februar 2019 für April-Klausuren 226 86 (Juni 2019) Seit dem Jahre 2015 mussten in sonst keinem Meldetermin Prüflinge geschoben werden . 5. Wann wurde die Bestätigung für die Teilnahme am ersten juristischen Staatsexamen an die Kandidaten verschickt? Bitte nach den Examensterminen seit 2015 aufschlüsseln. Die Ladungen der Prüflinge werden – nach Erfassung der Daten durch die Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle und Abschluss der Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen durch die Referentinnen und Referenten – regelmäßig etwa drei Wochen nach der Meldung versandt. 6. Welche Kriterien hat das JPA für das Vorliegen eines Härtefalls definiert ? Wie in der Bekanntmachung vom 7. März 2019, abrufbar unter https:// justiz.hamburg.de/contentblob/12283224/385b65c018bdd8bcc109d2ab8b8ab9c3/ data/information-zum-klausutermin-juni-2019.pdf dargestellt, wird ein „Härtefall“ vom Justizprüfungsamt (JPA) angenommen, wenn für einen Prüfling die Teilnahme an einem Klausurentermin aus Umständen geboten ist, die nicht von ihm selbst gesetzt worden sind. Es handelt sich stets um Einzelfallentscheidungen, wie zum Beispiel bei auslaufenden Zahlungen nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG), Krankheiten oder Schwangerschaften. 7. Gibt es verschiedene Kategorien von Härtefällen? Einer Unterscheidung bedurfte es bislang nie, da stets alle Härtefälle berücksichtigt werden konnten. 8. Für wie viele Kandidaten wurde ein Härtefall angenommen? Bitte nach Kategorien und Examensterminen seit 2015 aufschlüsseln. Härtefälle werden nicht in den Akten dokumentiert. Prüflinge, die sich auf einen wichtigen Grund berufen wollen, um an einem bestimmten Klausurtermin teilnehmen zu können, tragen dies mündlich oder schriftlich beim Prüfungsamt vor und reichen dabei in einem nicht formellen Verfahren geeignete Unterlagen (zum Beispiel ärztliche Gutachten , Mutterpässen, Angeben zur finanziellen Situation) ein. Diese persönlichen Unterlagen werden nach der meist positiven Entscheidung mit Blick auf das Gebot der Datensparsamkeit aus Artikel 5 Absatz 1 c) DSGVO sowie die besondere Schutzwürdigkeit insbesondere von Gesundheitsdaten gemäß Artikel 9 Absatz 1 DSGVO alsbald an die Prüflinge zurückgereicht. Die Unterlagen sind für das weitere Prüfungsverfahren nicht mehr von Relevanz und ihr Verbleib in der Akte aus datenschutzrechtlichen Gründen ist nicht geboten. Drucksache 21/16714 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 9. Ist eine Anpassung der Kennzahl B_235_01_016 geplant? Falls ja, wie soll die Kennzahl angepasst werden? Falls nein, warum nicht? Eine Anpassung in Form einer Erhöhung des Planwerts der Kennzahl B_235_01_016 ist derzeit nicht beabsichtigt. Die Entwicklung der Studierendenzahlen wird laufend beobachtet, jedoch hängt die Entwicklung der Zahl der Prüfungsanmeldungen auch von weiteren, zum Teil schwer zu prognostizierbaren Faktoren ab. Es hat sich daher als sinnvoll erwiesen, den Planwert grundsätzlich am Mittelwert der Vorjahre auszurichten . 10. Wie viele VZÄ sind am JPA eingeplant? Bitte nach Jahren ab 2015 und nach Entgeltgruppe aufschlüsseln. 11. Wie viele VZÄ sind am JPA besetzt? Bitte nach Jahren ab 2015 aufschlüsseln . Die im Haushaltsplan dargestellten Vollzeitäquivalente (VZÄ) werden lediglich auf Ebene der PG 235.01 „Hanseatisches Oberlandesgericht“ geplant und stellen sich wie folgt dar: Umfang Besetzung Stelle Stellenwertigkeit Umfang Stelle 01.01.2015 01.01.2016 01.01.2017 01.01.2018 01.04.2019 R 1 2 2 2 2 2 2 A 8 2 2 2 2 2 2 E 6 1 1 1 1 1 1 12. Wie viele Personen haben in Hamburg ein Studium der Rechtswissenschaften begonnen? Bitte nach Jahren und Universitäten ab 2007 aufschlüsseln . Jahr Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Hamburg Bucerius Law School 2007 740 102 2008 756 154 2009 754 162 2010 829 217 2011 787 164 2012 803 132 2013 780 158 2014 874 160 2015 818 175 2016 918 174 2017 942 174 Quelle: Statistisches Bundesamt. Die Daten beziehen sich auf Studienanfängerinnen und Studienanfänger im ersten Fachsemester des Studienfachs Rechtswissenschaften (Sommersemester und Wintersemester im jeweiligen Studienjahr zusammengefasst). 13. Wie viele Personen haben in Hamburg die Voraussetzungen des Freiversuchs nach § 26 HmbJAG beim Ablegen des ersten Examens erfüllt? Bitte nach Jahren und Universitäten ab 2007 aufschlüsseln. Jahr Freischützen insgesamt Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Hamburg Bucerius Law School 2007 (altes Recht) 334 249 80 2008 324 220 104 2009 304 182 122 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16714 5 Jahr Freischützen insgesamt Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Hamburg Bucerius Law School 2010 247 127 120 2011 267 142 125 2012 305 173 132 2013 334 205 129 2014 343 209 134 2015 416 273 143 2016 392 266 126 2017 366 242 124 2018 262 173 89 14. Wie viele Personen haben in Hamburg die Möglichkeit des Verbesserungsversuchs nach § 27 HmbJAG genutzt? Bitte nach Jahren und Universitäten ab 2007 aufschlüsseln. Jahr Verbesserer insgesamt Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Hamburg Bucerius Law School 2007 altes Recht 28 20 8 2008 50 47 3 2009 63 37 26 2010 74 42 32 2011 61 31 30 2012 76 42 34 2013 105 67 38 2014 112 68 44 2015 81 53 28 2016 131 79 52 2017 126 82 44 2018 106 81 25 15. Wie viele Personen haben in Hamburg die Möglichkeit der Wiederholung der nicht bestanden Prüfung nach § 28 HmbJAG? Bitte nach Jahren und Universitäten ab 2007 aufschlüsseln. Jahr Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Hamburg Bucerius Law School 2007 153 2 2008 76 1 2009 68 6 2010 54 8 2011 62 9 2012 54 9 2013 102 12 2014 93 16 2015 76 9 2016 100 14 2017 100 7 2018 85 7 Bei den Zahlen handelt es sich um Prüflinge, die erstmalig nach § 28 JAG (beziehungsweise für die Jahrgänge 2007 und 2008 parallel § 25 JAO) das Examen nicht bestanden haben. Freischützen, die durchgefallen sind, enthält diese Aufstellung nicht, da das nicht bestandene Examen bei diesen Prüflingen als nicht unternommen gilt. Drucksache 21/16714 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 16. Wie viele Personen haben in Hamburg die Möglichkeit der Wiederholung der nicht bestanden Prüfung nach § 28 HmbJAG genutzt? Bitte nach Jahren und Universitäten ab 2007 aufschlüsseln. Jahr Wiederholer insgesamt Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Hamburg Bucerius Law School 2007 altes Recht 56 * * 2008 60 * * 2009 11 * * 2010 8 * * 2011 29 27 2 2012 26 25 1 2013 24 23 1 2014 34 34 0 2015 25 25 0 2016 39 39 0 2017 40 40 0 2018 34 34 0 * Eine nach Hochschulen getrennte Erfassung erfolgt erst seit dem Jahr 2010. 17. Wie lang sind die durchschnittliche und die Median-Studienzeit für Rechtswissenschaften in Hamburg? Bitte nach Jahren und Universitäten ab 2007 aufschlüsseln. Fakultät Rechtswissenschaft der Universität Hamburg Bucerius Law School Median Durchschnitt Median Durchschnitt 2007 9 10,7 7 8,0 2008 10 10,6 9 8,8 2009 10 10,8 9 10,0 2010 10 10,9 9 8,6 2011 11 11,2 8 8,2 2012 11 11,6 9 8,5 2013 11 11,5 9 9,3 2014 11 11,8 8 8,9 2015 11 12,2 13 11,1 2016 11 12,5 8 10,5 2017 11 12,7 10 10,6 Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen. Die Daten geben die Anzahl der Fachsemester zum Zeitpunkt der erfolgreich abgelegten Prüfung wieder (Median/durchschnittliche Studiendauer).