BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16725 21. Wahlperiode 09.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 01.04.19 und Antwort des Senats Betr.: City-Hof: Falsche Auslegung des ICOMOS-Berichts durch den Senat Kein Ende in Sicht – so lässt sich das unverdrossene Bemühen des Senats, den City-Hof um jeden Preis abzureißen, beschreiben. Der Denkmalverein Hamburg schreibt in seiner Pressemitteilung vom 23. März 2019: „Nachdem der Report von ICOMOS (dem Beratungsgremium der UNESCO) zu den Auswirkungen eines Abrisses des City-Hofs auf das Weltkulturerbe Kontorhausviertel vorliegt, zeigt sich, dass die Darstellungen des Hamburger Senats in seiner Pressemitteilung vom 20. März sowie in seiner Stellungnahme vom 19. März einseitig, unvollständig und damit nicht zutreffend sind. Der Denkmalverein stellt fest: Die Aussage in der Stellungnahme des Senats, dass die Frage des Senats, ob ein Abbruch des City-Hofs den Welterbestatus gefährden würde, im ICOMOS-Bericht negativ beantwortet worden sei, ist falsch. Eine solche Aussage ist im Bericht nicht zu finden. Entgegen der Darstellung des Senats macht der ICOMOS-Bericht keine Aussage darüber, ob ein Abbruch des City-Hofs und der projektierte Neubau den Welterbestatus des Kontorhausviertels gefährdet. ICOMOS verweist einzig darauf, dass der City-Hof – wie alle anderen Gebäude in der Pufferzone – aufgrund seines Standortes außerhalb des unmittelbaren Welterbe- Bereichs nicht direkt zum außerordentlichen und universellen Wert des Kontorhausviertels beitrage. Gleichwohl „leiste er einen starken Beitrag zur Pufferzone des Welterbes und dazu, wie diese dem Schutz des Welterbes unterstützt“. Der Senat verschweigt in seiner Stellungnahme, dass ICOMOS sich im Bericht mehrmals klar und deutlich für den Erhalt des City-Hofs ausspricht . ICOMOS ist der Ansicht, dass der City-Hof „einen wesentlichen Beitrag zur Bedeutung der Pufferzone als Übergangszone zwischen Welterbe und der umgebenen Stadt leistet, die ein Verständnis für den sozialen, politischen und historischen Kontext des Welterbe ermöglicht.“ Der Ansatz der Stadt (gemeint ist Abriss des City-Hofs und Neubau) steht aus Sicht von ICOMOS „nicht wirklich im Einklang mit den Verpflichtungen aus der Welterbekonvention und dem Denkmalschutzgesetz“. Der Senat verschweigt, dass ICOMOS mehrere Aspekte des geplanten Abrisses und Neubaus kritisiert: So werde die Geschichte, die sich in der Pufferzone wiederspiegelt, verloren gehen, weil die Nachkriegszeit nicht Drucksache 21/16725 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 mehr präsent wäre. Ein Neubau in Backstein-Optik würde stattdessen „Geschichte verunklaren, indem er an dieser Stelle eine ungebrochene Backsteintradition nach dem Zweiten Weltkrieg suggeriert. Er könnte als historisches Fake-Gebäude verstanden werden…“. Auch die Kritik von ICOMOS, dass der geplante Neubau durch seine monolithische Form und Größe visuell undurchdringlich erscheine und durchseine Länge wichtige visuelle Bezüge wie die Sichtachse vom Deichtorplatz auf die Hauptfassade des Chilehauses abschneide, bleibt unerwähnt. Insgesamt kommt ICOMOS im Bericht zu dem Schluss, „dass die Sanierung und nicht die Zerstörung des City-Hofs die geeignete Vorgehensweise ist“. Zusammenfassend muss man konstatieren, dass der Senat den Bericht von ICOMOS durch einseitige Auslegung und durch Auslassung zentraler Aussagen in unzulässiger Weise instrumentalisiert. Ziel ist es offenbar, der Öffentlichkeit zu suggerieren, ICOMOS sehe keine Gefährdung des Weltkulturerbestatus des Kontorhausviertels durch einen Abriss des City-Hofs und durch einen Neubau, um so die Erteilung einer Abrissgenehmigung für den City-Hof zu rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat hat den gesamten Bericht zusammen mit der Stellungnahme der Behörde für Kultur und Medien in seiner Originalfassung veröffentlicht (https://www.hamburg.de/contentblob/9375062/ c6eff3a3757c0d4dd8bbc1c203702a6a/data/stellungnahme-icomos.pdf). Dem vollständig veröffentlichten Bericht ist auch die Kritik von ICOMOS International vollständig zu entnehmen. ICOMOS bedauert in den Empfehlungen den bevorstehenden Abbruch, stellt aber explizit keine potenzielle Gefährdung des Welterbestatus fest und sieht auch keinen Beitrag des City-Hofs zum außergewöhnlichen universellen Wert (OUV) der Stätte. ICOMOS stellt in seiner Rolle als internationaler Denkmalbeirat fest, dass die Erhaltung dieser historischen Stadtschicht einer Neubaulösung vorzuziehen wäre. Die Stellungnahme des Senats ist keine Zusammenfassung der Ergebnisse des Berichts, sondern eine Einschätzung zur zentralen Fragestellung, ob ICOMOS eine Gefährdung des Welterbestatus feststellt. Dies ist nicht der Fall. Es gibt Ausnahmefälle, in denen die Stadt die ohne Zweifel wichtigen Belange des Denkmalschutzes mit anderen öffentlichen Belangen abwägen muss. Diese Abwägung ist in § 9 Absatz 2 Hamburgisches Denkmalschutzgesetz (DSchG) insbesondere für Belange des Wohnungsbaus, der energetischen Sanierung, des Einsatzes erneuerbarer Energien und für die Belange von Menschen mit Behinderungen oder Mobilitätsbeeinträchtigungen ausdrücklich vorgesehen. Der Senat hat im Februar 2018 nach eingehender Prüfung die überwiegenden öffentlichen Interessen für einen möglichen Abbruch des City-Hofs festgestellt. Dies waren hier Ziele des Wohnungsbaus, des Städtebaus, der Nutzungsmischung und einer gesteigerten Attraktivität des öffentlichen Raumes. Im Vergleich zu einer bestandsorientierten Lösung leistet der Neubau einen spürbaren Beitrag zu der Wohnraumversorgung, die zu den drängendsten sozialen Problemen Hamburgs gehört. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Die Aussage in der Stellungnahme des Senats, dass die Frage des Senats, ob ein Abbruch des City-Hofs den Welterbestatus gefährden würde, im ICOMOS-Bericht negativ beantwortet worden sei, ist falsch. Eine solche Aussage ist im Bericht nicht zu finden. Worauf stützt der Senat seine Aussage? 2. Der Senat verschweigt in seiner Stellungnahme, dass ICOMOS sich im Bericht mehrmals klar und deutlich für den Erhalt des City-Hofs ausspricht . a. Weshalb hat der Senat das verschwiegen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16725 3 Siehe Vorbemerkung. b. Weshalb hat bei der Erteilung der Abbruchgenehmigung diese Position von ICOMOS keine Rolle gespielt? Die Abbruchgenehmigung ist in Ansehung der von ICOMOS vorgetragenen Aussagen erteilt worden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Der Senat verschweigt, dass ICOMOS mehrere Aspekte des geplanten Abrisses und Neubaus kritisiert. a. Weshalb hat der Senat das verschwiegen? Siehe Vorbemerkung. b. Welche Auswirkung hat die Kritik von ICOMOS an den Neubau für die bisher vorgestellten Pläne? Falls keine: Wie will der Senat sicherstellen, dass der Neubau nicht zu einer Gefährdung des Welterbestatus Speicherstadt und Kontorhausviertel wird? Die zuständigen Behörden haben die Neubauplanung in Bezug auf den Schutz des Umgebungsschutzes der Welterbestätte Kontorhausviertel geprüft. Der räumliche Kontext der Pufferzone bleibt mit dem Neubau erhalten. Die Masse, Höhe, Länge und Materialität des Neubaus sind nach Einschätzung der zuständigen Behörden mit dem Welterbe verträglich. Die zuständige Behörde steht auch zum Neubau in kontinuierlichem Austausch mit dem UNESCO-Welterbezentrum. Im Übrigen siehe die Stellungnahme zum ICOMOS-Bericht. 4. Insgesamt kommt ICOMOS im Bericht zu dem Schluss, „dass die Sanierung und nicht die Zerstörung des City-Hofs die geeignete Vorgehensweise ist“. Weshalb setzt sich der Senat über diese Aussage von ICOMOS hinweg? Siehe Vorbemerkung. 5. Der Senat antwortete auf meine letzte Schriftliche Kleine Anfrage zum City-Hof (Drs. 21/16579, Nummer 3 vom 26.3.19), dass der Grundstückskaufvertrag möglichst zeitnah abgeschlossen werden soll. Laut eines Zeitungsberichts soll am Tag nach der vorgenannten Senatsantwort der Kaufvertrag vor einem Notar abgeschlossen worden sein. a. Wann wurde der Kaufvertrag abgeschlossen? b. Was hat den Senat am 26. März 2019 gehindert, das Datum des anstehenden Notartermins oder zumindest eine konkretere Angabe als „zeitnah“ zu machen? c. Falls der Kaufvertrag noch nicht abgeschlossen wurde: In welcher Kalenderwoche soll der Abschluss nach der derzeitigen Planung erfolgen? Das Angebot zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrags ist am 27. März 2019 angenommen worden. Erst am Morgen der Beurkundung, am 27. März 2019, konnten wesentliche Punkte abschließend geklärt werden. Insofern konnte am 26. März 2019 noch keine sichere Aussage darüber getroffen werden, wann die Beurkundung genau stattfinden würde. 6. In der Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft zum „Gebotsverfahren „Quartier am Klosterwall““, Drs. 21/2904 vom 19.01.2016, heißt es unter Nummer 4.5.1 Vertragsannahme: „Die Stadt darf das Angebot erst annehmen , wenn die Käuferin den Hochbauwettbewerb durchgeführt hat und der vorhabenbezogene Bebauungsplan die Vorweggenehmigungsreife nach §33 BauGB erreicht hat und der städtebauliche Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan zwischen der FHH und der Käuferin unter der aufschiebenden Bedingung der Annah- Drucksache 21/16725 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 me des Angebots abgeschlossen worden ist.“ Laut Antwort des Senats vom 26.3.19 (Drs. 21/16579, Nummer 1) soll die Vorweggenehmigungsreife im September/Oktober 2019 erreicht werden. a. Weshalb hat der Senat das Angebot jetzt angenommen, auch wenn noch nicht alle Bedingungen erfüllt wurden? b. Weshalb wurde die Bürgerschaft, die auf Grundlage der Drs. 21/2904 inklusive des zitierten Absatzes, mehrheitlich dem Verkauf zugestimmt, weder informiert geschweige denn beteiligt? c. Falls der Senat das Angebot noch nicht angenommen hat: Wird er bei einer geplanten Annahme vor Erreichen der Vorweggenehmigungsreife die Bürgerschaft beteiligen? Falls nein, weshalb nicht? Der Käufer musste ein einseitig verbindliches Kaufvertragsangebot abgeben. Deshalb wurden zu seinem Schutz die Voraussetzungen aus der Drucksache im Kaufvertrag aufgeführt, unter denen die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) das Angebot annehmen darf; zu diesen gehörte unter anderem der Eintritt der Vorweggenehmigungsreife des neuen Bebauungsplans. Nach Verzicht auf diese Annahmevoraussetzung durch AUG. PRIEN konnte der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen das Kaufangebot annehmen. Die Bürgerschaft wird zeitnah informiert werden.