BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16748 21. Wahlperiode 09.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 02.04.19 und Antwort des Senats Betr.: Verfassungsfeindliche linksextremistische Aktivitäten an der Ida Ehre Schule (2) Aktivisten der linksextremistischen und vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppierung „Antifa Altona Ost“ haben am Freitag, den 29.03.2019, ein Foto des Gebäudes der Ida Ehre Schule (Oberstufenhaus, Lehmweg 14) veröffentlicht. Auf dem Foto ist die Fassade des Haupteingangsbereiches zu sehen, an der drei Großtransparente sowie circa 20 weitere Plakate angebracht sind. Auf einem der Großtransparente ist die Parole „Antifa Area – Hamburger Schulen bleiben rot“ zu lesen (einschließlich dem Logo der „Antifa “ (rote und schwarze Fahne im Kreis) und dem Logo der sogenannten Kommunistenfaust); auf den kleineren Plakaten sind unter anderem Bekenntnisse zur sogenannten Antifa aufgemalt. Mehrere Schüler posieren zu den Transparenten aus den Fenstern des 1. Stockwerkes. Das Foto wurde am Freitag, den 29. März 2019 (einem regulären Schultag), zuerst auf dem Twitter-Account der Antifa Altona Ost um 07.24 Uhr1, anschließend auch auf dem Facebook2- und dem Instagram3-Account der linksextremistischen Gruppierung veröffentlicht. Die Aktion ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Schülern, die in dieser Gruppe aktiv sind und zu dem Zeitpunkt Zugang zur Schule hatten, zuzurechnen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Bei dem im Vortext dieser Parlamentarischen Anfrage dargestellten Sachverhalt handelt es sich um eine Aktion, die nicht mit Lehrkräften der Ida Ehre Schule abgestimmt war. Nach gegebenem Kenntnisstand hing das genannte Banner um 7 Uhr noch nicht. Der genaue Zeitpunkt des Anbringens der Transparente und wer diese Transparente angebracht hat, ist der Schulleitung nicht bekannt. Entsprechend der Geschäftsordnungsbestimmung der für Bildung zuständigen Behörde sollen staatliche Schulgebäude frei sein von politischer Werbung. Dies dient der Einhaltung des verfassungsrechtlichen Gebotes, allen Bürgerinnen und Bürgern unabhängig ihrer politischen oder weltanschaulichen Überzeugungen gleichen Zugang zu staatlichen Dienstleistungen zu gewähren und nicht mit exekutivischen Mitteln zugunsten oder zulasten einer Partei oder sonstigen politischen Gruppierung in den Meinungskampf einzugreifen. Insbesondere soll durch die Neutralität einer Schule 1 https://twitter.com/AntifaAltonaOst/status/1111635223438155777 (abgerufen am 31.03.2019). 2 https://www.facebook.com/215810105824741/photos/a.218051892267229/ 445103446228738/?type=3&theater (abgerufen am 31.03.2019). 3 https://www.instagram.com/p/Bvl5cgclzWG/?hl=de (abgerufen am 31.03.2019). Drucksache 21/16748 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 das Recht der Schülerinnen und Schüler gesichert werden, eine eigene Meinung zu bilden und zu vertreten. Daher wurde das Banner unmittelbar nachdem es bemerkt wurde, am 29. März 2019 zwischen 8 und 8.10 Uhr von der Abteilungsleiterin der Oberstufe persönlich entfernt. Danach wurden auch die anderen Elemente der Protestaktion entfernt. Mit den Schülerinnen und Schülern wurde die Aktion im Unterricht erörtert. Vor dem Entfernen des Banners durch die Oberstufenleiterin war kein anderes Mitglied des Schulleitungsteams anwesend, das räumlich am Hauptstandort der Schule in der Bogenstraße untergebracht ist und nicht am Standort des Oberstufenhauses am Lehmweg. Die für Bildung zuständige Behörde fördert gemäß § 2 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zu politisch gebildeten, mündigen , demokratisch denkenden Bürgern, unterstützt ihre Meinungsbildung und begrüßt ihre Meinungsäußerung auch dort, wo diese kritisch und unbequem ist, und sorgt gemäß Bildungsplan und Beutelsbacher Konsens für die notwendige Kontroversität des politischen Diskurses im Rahmen der Bildungsarbeit an den Schulen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Handelt es sich bei den Transparenten am Schulgebäude um ein „Kunstprojekt“? 2. Waren das Anbringen der Transparente und Plakate am Gebäude der Schule, die dabei gezeigten Schriftzüge und Symbole sowie die anschließende Veröffentlichung eines Fotos der Aktion auf den Seiten der vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachteten und dem gewaltorientierten antifaschistischen Spektrum zugeordneten linksextremistischen Gruppierung vereinbar mit den folgenden Rechtsvorschriften rund um das Neutralitätsgebot? Bitte buchstabenweise erläutern: a) die aus dem aus dem Grundgesetz (GG, Artikel 3 Absatz 1, Artikel 20 und Artikel 21 Absatz 1) abgeleitete Verpflichtung zur Neutralität, b) die Geschäftsordnungsbestimmung Nummer 14 der Behörde für Schule und Berufsbildung (Verbot politischer Werbung in den Diensträumen der BSB). 3. Wann wurden die Transparente an das Gebäude von wem angebracht? 4. Welche Mitglieder der Schulleitung waren zum Zeitpunkt der Protestaktion in der Schule anwesend? Bitte die anwesenden Schulleitungsmitglieder anhand ihrer Funktionen benennen. 5. Gab es Gespräche/Absprachen zwischen Schülern und einzelnen Lehrkräften oder Mitgliedern der Schulleitung zu der Protestaktion? Bitte umfassend erläutern. 6. Zu welchem Zeitpunkt sind die Transparente erstmalig von Lehrkräften oder Mitgliedern der Schulleitung bemerkt wurden? Bitte den Tag und möglichst die genaue Uhrzeit angeben. 7. Haben die Lehrkräfte oder die Mitglieder der Schulleitung, welche die Transparente zuerst bemerkt haben, unverzüglich dafür gesorgt, dass die Transparente und Plakate entfernt werden? 8. Wann wurden die Transparente von wem entfernt? Bitte den Tag und möglichst die genaue Uhrzeit angeben. 9. Sieht die Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) angesichts der Forderungen von „roten Schulen“ und der Verwendung von Kennzeichen , die insbesondere in der linksextremistischen Szene verbreitet sind, a) den Bildungs- und Erziehungsauftrag gemäß § 2 des Hamburgischen Schulgesetzes (HamSG) sowie Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16748 3+ b) dass im Bildungsplan PGW (gymnasiale Oberstufe) postulierte Ziel vom „Leitbild“ der „Demokratiefähigkeit“ bezogen auf diejenigen Schüler, die an der Protestaktion teilgenommen haben, erreicht? 10. Sieht die BSB angesichts der Forderungen von „roten Schulen“ und der Verwendung von Kennzeichen, die insbesondere in der linksextremistischen Szene verbreitet sind, die Gefahr einer Einschüchterung gegenüber politisch nicht links eingestellten Schülern oder eine einseitig linkslastige Beeinflussung des (politischen) Schulklimas? Siehe Vorbemerkung. 11. Das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet derzeit folgende Antifa -Gruppierungen: a) Antifa 309, b) a2 Hamburg, c) Antifa Altona Ost, d) Antinationale Antifa Altona, e) Ates.H.4 Gibt es nach den Erkenntnissen des Landesamtes für Verfassungsschutz Antifa-Gruppierungen aus dem Altonaer Raum, die nicht dem autonomen antifaschistischen oder dem antinationalen Spektrum zugerechnet werden können und folglich auch nicht als Beobachtungsobjekt geführt werden? Wenn ja: Wie lässt sich das quantitative Verhältnis von extremistischen und nicht extremistischen Antifa-Gruppierungen im Altonaer Raum derzeit beschreiben? 12. Welche Erkenntnisse liegen dem Landesamt für Verfassungsschutz hinsichtlich der Verwendung des Schriftzuges „Antifa Area“ durch nichtextremistische Antifa-Gruppierungen im Altonaer Raum vor, die sich eindeutig von der Gewaltorientierung und der verfassungsfeindlichen antikapitalistischen Ideologie des autonomen Antifaschismus5 distanzieren ? Gemäß des sich aus dem § 4 Hamburgischen Verfassungsschutzgesetz (HmbVerf- SchG) ergebenden Beobachtungsauftrags sammelt das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg Informationen nur zu extremistischen Gruppierungen. 13. Welche Erkenntnisse liegen dem Landesamt für Verfassungsschutz zu Kontakt-/Anwerbe- und Rekrutierungsversuchen extremistischer Antifa- Gruppen an Hamburger Schulen vor? 14. Welche Erkenntnisse liegen dem Landesamt für Verfassungsschutz über Handlungen und Strategien linksextremistischer Gruppierungen und Einzelpersonen vor, in Schulen gezielt Propagandamaterial zu platzieren oder auf das politische Schulklima Einfluss zu nehmen (Sticker, Aushänge , Demonstrationsaufrufe, Aktionsfotos, Tarnkampagnen)? Das LfV Hamburg beobachtet keine Schulen, sondern Bestrebungen im Sinne des § 4 HmbVerfSchG. Dem LfV Hamburg liegen keine Informationen über gezielte Anwerbungsversuche vor. Im Übrigen siehe Drs. 21/16417. 15. Welche curricularen Inhalte werden an der Ida Ehre Schule hinsichtlich der verfassungsfeindlichen Ideologie des Linksextremismus vermittelt? 4 Vergleiche Drs. 21/15989 (Frage 4.). 5 Landesamt für Verfassungsschutz, Bericht 2017, Seite 116 fortfolgende. Drucksache 21/16748 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Bitte unter Verweis auf die entsprechenden Passagen des schulspezifischen PGW-Curriculums erläutern. 16. In welcher Weise wurde die Vermittlung des Curriculums hinsichtlich der verfassungsfeindlichen Ideologie des Linksextremismus in den vergangenen zwei Jahren im PGW-Unterricht sichergestellt? Hierzu bitte exemplarisch anhand von zwei Unterrichtsstunden/-einheiten der Sekundarstufe I und II unter Angabe des eingesetzten Unterrichtsmaterials (Lehrbücher, Broschüren, Texte, Literaturangaben) sowie der didaktisch -methodischen Umsetzung (Methode, Einstieg, Leitfragen, Hauptteil , Schlussteil, Ergebnisse) erläutern. 17. Welche curricularen Inhalte werden an der Ida Ehre Schule hinsichtlich der verfassungsfeindlichen Ideologie des Rechtsextremismus vermittelt? Bitte unter Verweis auf die entsprechenden Passagen des schulspezifischen PGW-Curriculums erläutern. 18. In welcher Weise wurde die Vermittlung des Curriculums hinsichtlich der verfassungsfeindlichen Ideologie des Rechtsextremismus in den vergangenen zwei Jahren im PGW-Unterricht sichergestellt? Hierzu bitte exemplarisch anhand von zwei Unterrichtsstunden/-einheiten der Sekundarstufe I und II unter Angabe des eingesetzten Unterrichtsmaterials (Lehrbücher, Broschüren, Texte, Literaturangaben) sowie der didaktisch -methodischen Umsetzung (Methode, Einstieg, Leitfragen, Hauptteil , Schlussteil, Ergebnisse) erläutern. Die Vorstellung einer konkreten, curricular verankerten und in Einheiten zählbaren Instruktion zur „verfassungsfeindlichen Ideologie des Linksextremismus“ beziehungsweise „Rechtsextremismus“ verkennt den Charakter von kompetenzorientierten Bildungsplänen , wie sie in Hamburg vorliegen und seit Jahren verbindlich sind: Grundlegend für den Unterricht im Fach Gesellschaft/PGW an den Schulen sind der Bildungsplan für die Stadtteilschule Jahrgangsstufen 5 – 11 (Lernbereich Gesellschaftswissenschaften ) und der Bildungsplan für die gymnasiale Oberstufe (Politik/ Gesellschaft/Wirtschaft). Neben den fachspezifischen Kompetenzen trägt der Unterricht in Gesellschaft/PGW zur Vermittlung der überfachlichen Kompetenz zu gesellschaftlich und räumlich verantwortlichem, historisch reflektiertem und demokratischem Handeln bei. Das schulspezifische Curriculum deckt für jedes Fach und jede Stufe die im Bildungsplan vorgegebenen Themen ab und konkretisiert die praktische Zuordnung von Kompetenzbereichen und Lernzielen zu Einheiten, Teillernzielen, Methoden, Medien et cetera. In dem schulspezifischen Curriculum der Ida Ehre Schule finden sich folgerichtig keine hier anzuführenden, ausdrücklichen Unterrichtseinheiten zum Links- beziehungsweise Rechtsextremismus, dies würde einem veralteten, nicht kompetenzorientierten Begriff des Lehrplans als reiner Instruktionsvorgabe entsprechen. Vielmehr erfolgt die Bearbeitung aller zu vermittelnden Inhalte, Themen und Arbeitsformen jeweils in größeren thematischen und/oder kompetenzbasierten Bezügen (zum Beispiel Verfassungsformen und Grundgesetz, Europäische Union, Wahlrecht et cetera), wobei in unterschiedlichen Zusammenhängen und Unterrichtssituation auch die in der Anfrage thematisierte konkrete Fragestellung aktuell aufgegriffen, systematisch erarbeitet oder oberstufengemäß vertieft werden kann und wird.