BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16750 21. Wahlperiode 09.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 02.04.19 und Antwort des Senats Betr.: Belastung der Hamburger Justiz – Weiterhin hohe Belastung am Landgericht (VI) Die Belastung am Hamburger Landgericht ist weiter hoch. Im Jahr 2018 dauerten Verfahren bei Bausachen in den Zivilkammern in erster Instanz durchschnittlich 18,4 Monate. Auch Verfahren vor der Wirtschaftsstrafkammer mit durchschnittlich 16,9 Monaten blieben auf hohem Niveau. Fehlzeitenquoten von fast 7 Prozent bei den Bürokräften in Teilzeit unterstreichen die Belastungssituation .1 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde bewertet gemeinsam mit dem Präsidenten des Landgerichts die Situation regelmäßig neu. Die erheblichen personellen Verstärkungen sind mit dem Haushaltsplan 2019/2020 verstetigt worden. Im Übrigen siehe Drs. 21/10847 und Drs. 21/9410. Eine Herausforderung stellt auch beim Landgericht die Besetzung des Servicebereichs dar. Hier hat die zuständige Behörde mit der Ausbildungsinitiative Maßnahmen ergriffen, um die Nachwuchssituation nachhaltig zu verbessern. Gemeinsam mit den Staatsanwaltschaften und den Gerichten werden gezielt auch externe Bewerberinnen und Bewerber mit abgeschlossener Berufsausbildung gesucht. Diese werden dann durch ein innerbehördliches Weiterbildungsprogramm für ihre Aufgaben in der Hamburger Justiz qualifiziert. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hoch sind die Fallzahlen bezogen auf Eingänge, Bestände und Erledigungen bei den Strafkammern und Zivilkammern am Landgericht (Bitte darstellen für April 2018 bis April 2019 und nach Kammern gegliedert .) a. Wie viele Nichthaftsachen bei den Strafkammern sind nicht beendet worden (bitte den Zeitraum von April 2018 bis April 2019 betrachten und die Situation bei Verfahren betreffend Untersuchungshaft darstellen )? b. Wie viele Verfahren sind in den Baukammern am Landgericht in dem Zeitraum April 2018 bis April 2019 eingegangen und wie viele sind in dieser Zeit erledigt worden (bitte auch nach Großverfahren differenzieren)? 1 Vergleiche Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/14820 vom 06.11.2018. Drucksache 21/16750 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 c. Wie viele Verfahren sind in den Schwurgerichtskammern am Landgericht in dem Zeitraum April 2018 bis April 2019 eingegangen und wie viele sind in dieser Zeit erledigt worden? d. Wie viele Verfahren sind in den Wirtschaftsstrafkammern am Landgericht in dem Zeitraum April 2018 bis April 2019 eingegangen und wie viele sind in dieser Zeit erledigt worden (bitte auch nach Großverfahren differenzieren)? e. Inwieweit stellen Großverfahren eine überdurchschnittliche Belastung in den Kammern am Landgericht dar? Was wird der Senat unternehmen, um diese Situation zu verbessern? 2. Wie lange dauern durchschnittlich Verfahren am Landgericht (bitte nach Strafkammern, Zivilkammern insbesondere Verfahren der Baukammern, Verfahren der Schwurgerichtskammer, Verfahren der Wirtschaftsstrafkammern und Verfahren betreffend Untersuchungshaft sowie weitere eilbedürftige Verfahren für den Zeitraum April 2018 bis April 2019 darstellen )? Die Nicht-Haftsachen werden nicht über eine standardisierte Statistik abgebildet. Vielmehr wird seit 2013 eine Handliste beim Landgericht ausschließlich für die großen Strafkammern (ohne Strafvollstreckungskammern, nur erstinstanzliche Verfahren) geführt, aus der ein tagesaktueller Stand abgelesen werden kann. Die Haftsachen (Differenz von Bestand und Nicht-Haftsachen) sind Untersuchungshaftsachen oder Fälle einstweiliger Unterbringung und können im Falle der Untersuchungshaftsachen auch solche sein, bei denen der/die Betroffene außerdem eine Haftstrafe in anderer Sache verbüßt. Dieses vorausgeschickt, beträgt die Anzahl der nicht erledigten Nichthaftsachen zum Stichtag 2. April 2019 insgesamt 154 Verfahren. Die folgenden Daten für das Jahr 2018 sind den Ergebnistabellen der Zählkartenstatistik entnommen. Sie werden vom Statistikamt Nord quartalsweise erstellt. Die Daten für das 1. Quartal 2019 liegen noch nicht vor. Im Übrigen siehe Drs. 21/10847. Dieses vorausgeschickt, sind die erfragten Daten den folgenden Tabellen zu entnehmen : Zivilkammern 1. Instanz Apr.-Dez. 2018 Neuzugänge 9 741 Erledigungen 8 932 Bestand 14 580 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 11,6 Zahl der Termine insgesamt (ohne Verkündungstermine) 7 161 darunter Bausachen * Neuzugänge 612 Erledigungen 619 Bestand 1 366 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 19,6 Zahl der Termine insgesamt (ohne Verkündungstermine) 870 Zivilkammern Berufungsinstanz Apr.-Dez. 2018 Neuzugänge 974 Erledigungen 981 Bestand 940 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 8,3 Zahl der Termine insgesamt (ohne Verkündungstermine) 519 darunter Bausachen* Neuzugänge 30 Erledigungen 31 Bestand 29 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 9,3 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16750 3 Zivilkammern Berufungsinstanz Apr.-Dez. 2018 Zahl der Termine insgesamt (ohne Verkündungstermine) 15 * Hier werden Verfahren ausgewiesen, die das Sachgebiet 10, „Bau-/Architektensachen (ohne Architektenhonorarsachen)“ betreffen. Eine Bausache liegt vor, wenn das Verfahren Forderungen aus Werk- oder Werklieferungsverträgen betrifft, die aufgrund von Bauvorhaben geschlossen worden sind, insbesondere wenn der Schwerpunkt der Streitigkeit in einem Streit um bauwerkbezogene Mängel (§ 634a Absatz 1 Nummer 2 BGB) liegt. Strafsachen I. Instanz Apr.-Dez. 2018 Große Strafkammer Neuzugänge 223 Erledigungen 207 Bestand 204 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 6,1 Hauptverhandlungstage insgesamt 840 Schwurgericht Neuzugänge 39 Erledigungen 42 Bestand 23 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 5,3 Hauptverhandlungstage insgesamt 444 Wirtschaftsstrafkammer Neuzugänge 10 Erledigungen 15 Bestand 33 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 17,3 Hauptverhandlungstage insgesamt 99 Jugendkammer Neuzugänge 30 Erledigungen 30 Bestand 14 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 5,3 Hauptverhandlungstage insgesamt 140 Strafsachen Berufungsinstanz Apr.-Dez. 2018 Kleine Strafkammer (Strafrichter) Neuzugänge 905 Erledigungen 983 Bestand 536 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 4,7 Hauptverhandlungstage insgesamt 882 Kleine Strafkammer (Schöffen) Neuzugänge 191 Erledigungen 198 Bestand 135 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 6,2 Hauptverhandlungstage insgesamt 252 Wirtschaftsstrafkammer Neuzugänge 26 Erledigungen 35 Bestand 50 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 15,1 Hauptverhandlungstage insgesamt 45 Große Jugendkammer Neuzugänge 59 Erledigungen 62 Bestand 23 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 2,7 Drucksache 21/16750 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Strafsachen Berufungsinstanz Apr.-Dez. 2018 Hauptverhandlungstage insgesamt 50 Kleine Jugendkammer Neuzugänge 44 Erledigungen 42 Bestand 15 3. Wie hoch ist der Krankenstand bezogen auf die Vollzeitäquivalente und die Teilzeitstellen bei den Strafkammern, den Zivilkammern des Landgerichts (bitte die tatsächlichen Zahlen und in Prozenten in dem Zeitraum April 2018 bis April 2019 bezogen auf die Kammern, die Richter und Geschäftsstellen darstellen)? Was sind Hauptursachen für einen möglichen Anstieg des Krankenstandes/der Krankenquote? Siehe Drs. 21/14820. 4. Wie viele Sitzungstage in Strafsachen und in Zivilsachen hatten Hamburger Richterinnen und Richter von April 2018 bis April 2019 am Landgericht zu bewältigen? Siehe Antwort zu 1 und 2. 5. Wie viele Richterinnen und Richter am Landgericht haben im Zeitraum April 2018 bis April 2019 den gesetzlichen Anspruch auf Elternzeit in welchem Umfang wahrgenommen? Wie wurden diese Stellen besetzt? Die Beurlaubungen wegen Elternzeit werden statistisch nicht erfasst. Zur exakten Beantwortung der Frage müssten mehrere Hundert Personalakten aller im fraglichen Zeitraum am Landgericht Hamburg tätigen Richterinnen und Richter ausgewertet werden . Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind in Unterlagen für interne Zwecke für den Zeitraum April 2018 bis April 2019 insgesamt 15 Richter/-innen mit Elternzeit mit einer durchschnittlichen Dauer von 9,5 Monaten vermerkt. Sofern es sich um einen längeren Zeitraum handelte, für den Elternzeit genommen wurde, wurden diese Stellen grundsätzlich nachbesetzt. Bei kurzfristigen Elternzeiten erfolgt seit Ende 2016 ein pauschaler Ausgleich auf der Basis der durchschnittlichen kumulierten Abwesenheiten der Vorjahre. 6. Welche baulichen Maßnahmen werden derzeit am Landgericht in welchem Zeitraum durchgeführt? Welche weiteren Baumaßnahmen sind noch in Planung? Gibt es dazu Abweichungen von den ursprünglichen Planungen? Wenn ja, welche und warum? Das Landgericht nutzt gemeinsam mit Amtsgericht und Hanseatischem Oberlandesgericht und anderen das Straf- und das Ziviljustizgebäude. Die im Folgenden genannten Baumaßnahmen lassen sich daher nicht auf das Landgericht eingrenzen. Ziviljustizgebäude: Die Herrichtung von Räumlichkeiten im Sockelgeschoss des Gebäudes mit Gesamtkosten von rund 150 000 Euro wurde planmäßig begonnen und soll bis zum Sommer 2019 abgeschlossen werden. Auch mit der Sanierung der durch den Umzug der IT- Abteilung des Amtsgerichts freigezogenen Räume mit Gesamtkosten von rund 50 000 Euro und der Umsetzung erster Teilmaßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Gebäude mit Gesamtkosten von rund 140 000 Euro wurde planmäßig begonnen. Beide Maßnahmen werden voraussichtlich im Frühjahr 2019 beendet. Die vom Vermieter im September 2018 begonnene partielle Fugensanierung an der Südwestfassade des Anbaus dauert an. Die von ihm ursprünglich für Frühjahr angekündigte Umsetzung von Brandschutzmaßnahmen wurde auf circa Ende des 2.Quartals 2019 verschoben. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16750 5 Strafjustizgebäude: Die im November 2018 begonnene Herrichtung von Räumen für die Unterbringung eines zusätzlichen Staatsschutzsenats mit Gesamtkosten von rund 60 000 Euro wird nach derzeitigem Stand planmäßig im Frühjahr 2019 beendet werden. Es finden erste Sondierungsgespräche mit der Sprinkenhof GmbH statt, um die vom Vermieter für die Jahre 2019 bis 2022 angekündigten Baumaßnahmen mit der von der zuständigen Behörde angestrebten Schaffung zusätzlicher Sitzungssäle und weiterer Modernisierungsmaßnahmen zu verzahnen. Konkrete Termine und Kosten stehen noch nicht fest. Im Übrigen siehe Drs. 21/14820.