BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16760 21. Wahlperiode 09.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dirk Nockemann und Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 03.04.19 und Antwort des Senats Betr.: Flüchtlingsbürgen (III) „Flüchtlingsbürgen werden von Bund und Ländern mit fast 40 Millionen Euro entschädigt“ – so oder ähnlich lauteten dieser Tage die Schlagzeilen in Presse und Medien. Das bereits festgesetzte Erstattungsvolumen liege bundesweit bei etwa 21,2 Millionen Euro und die Bundesagentur für Arbeit erwarte ein weiteres mögliches Erstattungsvolumen von rund 16,5 Millionen Euro. Noch im Januar dieses Jahres hieß es hingegen aus dem Bundesarbeitsministerium , die Erstattungen würden lediglich mit einem niedrigen zweistelligen Millionenbetrag zu Buche schlagen. In seiner Antwort auf unsere Schriftliche Kleine Anfrage vom 01.02.2019 (Drs. 21/16053) erklärte der Senat vieldeutig, dass „Hamburg … an den Gesprächen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die zu der in den Medien aufgegriffenen Einigung (gemeint ist der „Forderungsverzicht“, d.V.) geführt haben, nicht beteiligt (gewesen sei)“, dass aber „der Senat im Umgang mit Verpflichtungserklärungen nach den gesetzlichen Vorgaben (verfahre).“ Zudem handele es sich bei den „Verpflichtungserklärungen nach § 68 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes … nicht um Bürgschaftserklärungen im bürgerlich-rechtlichen Sinne, sondern um einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen sui generis, die dem öffentlichen Recht zuzuordnen (seien ).“ Weiterhin erklärte der Senat, keine Auskunft darüber abgeben zu können, von wie vielen Flüchtlingsbürgschaften die Freie und Hansestadt Hamburg betroffen sei und um welche Summen es dabei gehe, da „diese Daten nicht gesondert statistisch erfasst“ würden und es dazu einer „Auswertung von circa 100 000 Leistungsakten per Einzelprüfung“ bedürfe. Dies vorausgeschickt fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) und der Agentur für Arbeit Hamburg (AA) wie folgt: 1. Wie ist die Aussage des Senats (Drs. 21/16053) rechtlich und im Ergebnis zu werten, dass „Hamburg … an den Gesprächen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die zu der in den Medien aufgegriffenen Einigung (also dem „Forderungsverzicht“, d.V.) geführt haben, nicht beteiligt (gewesen sei)“? Bitte detailliert erläutern, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob und warum Hamburg dadurch gegebenenfalls nicht oder nicht vollumfänglich verpflichtet ist, den zwischen Bund und Ländern ausgehandelten Forderungsverzicht umzusetzen. Wie wird beziehungsweise soll dabei konkret in der Praxis verfahren (werden)? Drucksache 21/16760 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Zwischenzeitlich hat die Bundesagentur für Arbeit eine Weisung „Umgang mit den Erstattungsforderungen aus Verpflichtungserklärungen nach §§ 68, 68a Aufenthaltsgesetz im Rahmen der Landesaufnahmeprogramme“ erlassen: https://con.arbeitsagentur.de/prod/apok/ct/dam/download/documents/Weisung- 201903003_ba039560.pdf. Die Freie und Hansestadt Hamburg wurde durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen des Konsultationsverfahrens beteiligt. Im Übrigen siehe Drs. 21/15126. 2. Wie ist die Antwort des Senats auf Drs. 21/16053 rechtlich und im Ergebnis zu werten, dass „der Senat im Umgang mit Verpflichtungserklärungen nach den gesetzlichen Vorgaben (verfahre)“? Bitte detailliert erläutern. Die gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben für den Umgang mit Verpflichtungserklärungen ergeben sich aus §§ 68, 68a des Aufenthaltsgesetzes und den dazu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften. 3. Hat Hamburg schon das gemäß § 68 Absatz 2 AufenthG gewährte Recht auf Zwangsvollstreckung gegen Flüchtlingsbürgen genutzt beziehungsweise ist es beabsichtigt, dieses Instrument zu nutzen (falls ja: um welches Volumen und um wie viele Fälle geht es?)? Falls nein: warum nicht? 4. In welchem Umfang hat Hamburg schon auf Forderungen aus Bürgschaftsverpflichtungen gemäß § 68 AufenthG verzichtet beziehungsweise soll/wird Hamburg gemäß der Bund/Länder-Einigung anteilig verzichten ? Bitte die Zahl der Verzichtsfälle und das betreffende Volumen nennen und nach dem Jahr der Abgabe der Bürgschaftserklärung aufschlüsseln . Die zur Beantwortung benötigten Daten werden nicht gesondert statistisch erfasst. Eine Einzelfallauswertung von derzeit rund 145 000 Leistungsakten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5. Auf unsere Frage nach Anzahl und Volumen der die Freie und Hansestadt Hamburg betreffenden Flüchtlingsbürgschaften antwortete der Senat ausweichend, dass eine „Auswertung von circa 100 000 Leistungsakten … derzeit nicht möglich“ sei. Nach unserer Einschätzung handelt es sich bei der genannten Zahl von „100 000“ jedoch kaum um eine für Hamburg relevante Fallzahl. Denn in Drs. 21/10240 (vom 30.08.2017) wird für die Jahre 2015 bis circa Mitte 2017 eine Gesamtzahl von weniger als 40 000 Bürgschaftsfällen genannt. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2015 bis 2019 Verpflichtungserklärungen gemäß § 68 Absatz 1 AufenthG abgegeben und um welches Volumen geht es jeweils dabei? (Bitte Aufschlüsselung nach Kalenderjahren.) Eine Auswertung der Höhe des Erstattungsvolumens kann nicht anhand der abgegebenen Verpflichtungserklärungen ermittelt werden, sondern müsste anhand einer Auswertung aller Leistungsakten vorgenommen werden. Deswegen ist nicht die Gesamtzahl der abgegebenen Verpflichtungserklärungen relevant, sondern die Gesamtzahl aller Leistungsakten. Im Übrigen siehe Drs. 21/16053.