BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16763 21. Wahlperiode 09.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 03.04.19 und Antwort des Senats Betr.: Wird der Bruch des „Bürgervertrages Poppenbüttel“ bereits vorbereitet ? Am 19. Juli 2016 wurde der zwischen den Vertrauensleuten des Bürgerbegehrens „Wandsbek für gute Integration“, der Bürgerinitiative „GEMEINSAM in POPPENBÜTTEL e.V.“ sowie dem Hamburger Senat, dem Bezirksamt Wandsbek und den Koalitionsfraktionen in der Bezirksversammlung Wandsbek und in der Hamburgischen Bürgerschaft ausgehandelte „Bürgervertrag Poppenbüttel“ unterzeichnet.1 Unter Ziffer 8 des Vertrages wird die Reduzierung der Anzahl der Flüchtlinge bis spätestens zum 31.12.2019 auf eine Obergrenze von dann 300 Flüchtlingen festgesetzt. Wörtlich heißt es: „Bis spätestens zum 31.12.2019 wird verbindlich ein weiterer Reduzierungsschritt umgesetzt, sodass dann die Obergrenze für die öffentlich-rechtliche Unterbringung auf 300 Flüchtlinge festgesetzt ist. Dies bedeutet im Ergebnis gegenüber den ursprünglichen Planungen für eine öffentlich-rechtliche Unterbringung mit rund 1.500 Plätzen ein mehr als deutliches Entgegenkommen um 1.200 Plätze weniger und damit eine schrittweise Umsetzung der Zielsetzung der Volksinitiative.“2 Nach Drs. 21/16030 (Anfrage der AfD-Bürgerschaftsfraktion) leben in der Unterkunft derzeit 451 Flüchtlinge (Stand: 31. Januar 2019). Der Anteil männlicher Bewohner liegt bei 67,4 Prozent, der Anteil weiblicher Bewohnerinnen bei 32,6 Prozent.3 Auch gibt der Senat an, der „Standort Ohlendiekshöhe (ehemals Poppenbüttler Berg) wird vertragsgemäß aus Gründen des dringenden Unterbringungsbedarfs weiterhin ausschließlich für die öffentlichrechtliche Unterbringung genutzt“.4 Die verbindlich festgesetzte Reduzierung der Flüchtlinge auf die Anzahl von 300 bis zum Jahresende entspräche, ausgegangen vom derzeitigen Belegungsstand , einer Reduzierung von exakt 33,48 Prozent. Umso mehr befremdet die bürgerlichen Vertragspartner nun eine am 10.04.2019 geplante Veranstaltung unter dem Titel „500 Geflüchtete – wirklich zu viel für Poppenbüttel ?“ von „Poppenbüttel hilft“ mit Finanzsenator Dressel (SPD). Sie ist offenkundig der Frage gewidmet, ob man sich überhaupt noch an die Vereinbarung halten soll, dass wie geplant bis Ende des Jahres ein Drittel der Geflüchteten aus der Unterkunft ausziehen soll. Augenscheinlich soll, auch 1 https://www.gemeinsam-in-poppenbuettel.de/startseite/b%C3%BCrgervertragpoppenb %C3%BCttel/ (abgerufen am 02.04.2019). 2 Bürgervertrag Poppenbüttel, Seite 7. 3 Drs. 21/16030, Fragen 4. und 5. 4 Ebenda, Frage 13. Drucksache 21/16763 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 unter Einladung eines jungen „Integrationsforschers“, der Weg für den Vertragsbruch geebnet werden, also dafür, dass zum Jahresende die Flüchtlingszahl eben nicht vertrags- und vereinbarungsgemäß massiv auf 300 gesenkt wird. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von f & w fördern und wohnen AöR (f & w) wie folgt: 1. Sehen sich die folgenden Vertragspartner überhaupt noch an die vertraglich festgesetzte Reduzierung der Flüchtlinge in der Unterkunft bis zum Jahresende auf die Anzahl von 300 gebunden beziehungsweise werden sie diese mit Nachdruck verfolgen: a) Hamburger Senat, b) Bezirksamt Wandsbek, c) Koalitionsfraktionen in der Bezirksversammlung Wandsbek, d) Koalitionsfraktionen in der Hamburgischen Bürgerschaft? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie soll die Reduzierung bis zum Jahresende sichergestellt werden? Bitte alle hierzu angedachten Schritte umfassend erläutern. 2. Betrachtet der Senat als Vertragspartner die Teilnahme des Finanzsenators an der Veranstaltung „500 Geflüchtete – wirklich zu viel für Poppenbüttel ?“ bereits als Eingeständnis, die vertraglich festgesetzte Reduzierung der Flüchtlinge bis zum Jahresende nicht mehr realisieren zu können beziehungsweise diese nicht mehr anzusteuern? Wenn nein, warum nicht? 3. Aus welchen Gründen ist die bisherige Auszugsquote in der Unterkunft so gering ausgefallen? 4. Welche Gespräche/Verlaufsrückmeldungen haben seit Vertragsunterzeichnung mit den bürgerlichen Vertragspartnern stattgefunden, die sich mit der Erreichung der vertraglich festgesetzten Vereinbarungen, insbesondere auch mit der Reduzierung der Anzahl der Flüchtlinge, auseinandersetzten ? Bitte umfassend darlegen. Wie vertraglich vereinbart, ist vorgesehen, bis zum 31. Dezember 2019 beim Standort Ohlendiekshöhe die Platzkapazitäten von 500 auf 300 Plätze zu reduzieren. Siehe dazu Drs. 21/16426. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die notwendigen Vorbereitungen erfolgt. Zur Umsteuerung haben die zuständigen Behörden eine Arbeitsgruppe eingerichtet, siehe Drs. 21/15474. Die gezielte Umsteuerung zum Stichtag erfolgt bedarfsgerecht und nicht linear, um zwischenzeitlichen Leerstand zu vermeiden. Daher werden bis circa vier Monate vor Umsteuerungstermin durch Fluktuation frei werdende Plätze in der öffentlich-rechtlichen Unterkunft nachbelegt. Somit beginnt der Absenkungsprozess ohne Nachbelegung an diesem Standort voraussichtlich Anfang September 2019. Dieser erfolgt insbesondere durch Auszüge in privaten Wohnraum, siehe Drs. 21/16426. Unmittelbar im Anschluss an die Vereinbarungen zum Bürgervertrag (Drs. 21/5231) wurden zwischen der Bürgerinitiative, der Bezirksverwaltung, f & w und der Bezirkspolitik diverse Gespräche geführt, um die getroffenen Vereinbarungen zur Bebauung, Nutzung und Belegung näher zu spezifizieren. Als Ergebnis wurde zwischen dem Bezirksamt und f & w ein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen, dem der zuständige Ausschuss der Bezirksversammlung Wandsbek am 14. November 2017 zugestimmt hat. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16763 3 Im neu gegründeten Quartiersbeirat (siehe auch Drs. 21/5231) berichtet f & w regelmäßig und anlassbezogen über die Belegungssituation und -planung, um die Einhaltung der im Bürgervertrag getroffenen Regelungen transparent zu machen. Darüber hinaus tauschen sich der der Dachverband der Initiativen für erfolgreiche Integration Hamburg und der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge regelmäßig zu aktuellen Themen und der Entwicklung der Unterbringung aus, siehe Drs. 21/13685.