BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16771 21. Wahlperiode 12.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Harald Feineis (AfD) vom 04.04.19 und Antwort des Senats Betr.: Warum besteht in Hamburg noch keine Meldepflicht für Borrelioseerkrankungen ? Vereint zu einem Aktionsbündnis machen die drei größten Patientenverbände 1 für Borreliose im Rahmen umfangreicher Informations- und Aufklärungsanstrengungen auf die gesundheitlichen aber auch auf die ökonomischen Folgen dieser Krankheit aufmerksam. Die sogenannte Lyme-Borreliose befindet sich weltweit auf dem Vormarsch und ist aufgrund oftmals nicht eindeutiger Symptomlagen nur schwer diagnostizierbar . Ein Behandlungserfolg wiederum ist umso wahrscheinlicher, je früher eine zutreffende Diagnose erfolgt. Die Patientenverbände beschreiben die gegenwärtige Situation als besorgniserregend : bis zu 25 Prozent der Patienten leiden auch nach leitliniengerechter Behandlung unter persistierenden Beschwerden, die Dunkelziffer an unerkannten Fällen sei immens hoch und chronisch atypische Verläufe würden statistisch überhaupt nicht erfasst. Zudem stellen die Verbände aufseiten der Ärzteschaft Unsicherheiten im Umgang mit arzneilichen Verordnungen fest.2 Abgesehen von den optimierungsbedürftigen medizinischen Aspekten der Borreliosebekämpfung erblickt das Aktionsbündnis gesundheitspolitisch in der Schaffung einer verlässlichen Datenbasis einen wichtigen Schritt zu einer erfolgreicheren Früherkennung und Eindämmung von Zeckenstichinfektionen . Deshalb wird ein Beschluss der Europäischen Union vom Juni 2018 sehr begrüßt, die Neuroborreliose in die Liste der zu überwachenden Krankheiten aufzunehmen.3 Nach Auffassung des Aktionsbündnisses führt der EU-Beschluss zu Änderungen in der statistischen Überwachung von Krankheitsbildern in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU. In der Bundesrepublik Deutschland sehen die bundesgesetzlichen Regelungen zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten (IfSG) derzeit noch keine bundesweite Meldepflicht und somit auch keine flächendeckende Datenerhebung bei Vorliegen einer Lyme-Borreliose vor. 1 Borreliose und FSME Bund Deutschland BFBD, BZK Bundesverband Zeckenkrankheiten, OnLyme-Aktion. 2 Informationsschreiben der Patientenverbände vom 25.02.2019. 3 Amtsblatt der EU vom 06.07.2018 Drucksache 21/16771 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 In einigen Bundesländen wiederum besteht bereits eine Meldepflicht für bestimmte Fälle von Borreliose, nämlich in Bayern, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen- Anhalt und Thüringen. In Hamburg gibt es eine solche Meldepflicht bisher nicht. Borreliose-Infektionen stellen nicht nur ein schwerwiegendes gesundheitliches Problem für die Betroffenen und ihre Angehörigen dar, sondern sind nach Meinung der Patientenverbände auch ein erheblich unterschätzter sozioökonomischer Risikofaktor für das deutsche Gesundheitswesen.4 Die Auffassung der Patientenverbände, eine flächendeckende Erfassung der Erkrankungszahlen könne eine breitere Datenbasis für Analysen zur Verfügung stellen und zu einer erfolgreicheren Bekämpfung von zeckenstichausgelösten Infektionskrankheiten führen, erscheint plausibel. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Aus welchem Grunde ist Hamburg bisher nicht dem Beispiel der oben genannten Bundesländer gefolgt, die bereits eine Meldepflicht zumindest für bestimmte Fälle von Borreliose eingeführt haben? Siehe Drs. 21/11998. 2. Besteht aufseiten des Senats die Absicht, in nächster Zukunft eine solche Meldepflicht einzuführen? Falls ja, wann? Wenn nicht zeitnah, welchen Grund gibt es? Nein. Ansonsten siehe Antwort zu 1. 3. Wird Hamburg in der Lage sein, Erkrankungsdaten über Borreliose- Infektionen auf Bundesebene bereitzustellen, wenn das European Center of Desease Control (ECDC) in diesem Jahr die EU-Mitgliedstaaten auffordert, entsprechende Daten in das europäische Überwachungssystem TESSy einzustellen? Voraussetzung für eine entsprechende Datenübermittlung wäre die vorherige Einführung einer bundesweiten Meldepflicht. 4 Marcus Davidson: Basel 2018, The Financial Implications of a Well-Hidden and Ignored Chronic Lyme Disease Pandemic.