BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16823 21. Wahlperiode 16.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Detlef Ehlebracht und Peter Lorkowski (AfD) vom 09.04.19 und Antwort des Senats Betr.: Geht´s noch, Hamburg? 31 363,64 Euro pro Fahrradzähler? Das „Hamburger Abendblatt“ berichtete am 05.03.2019, dass der Senat Abstand von dem Plan genommen hat, sechs weitere Zählanlagen für den Radverkehr aufzustellen. Stattdessen werde nun ein digitales Radverkehrs-Zählnetz mit optischen Sensoren an Laternenmasten installiert. Die dabei geplanten 44 Dauerzählstellen ermöglichten es, „kontinuierliche Echtzeitdaten über den Radverkehr zu erheben und auszuwerten“ so die Behörde. Der Bund übernehme dabei 690 000 Euro der Kosten In der Drs. 21/16460 antwortet der Senat auf eine Anfrage der AfD wie folgt: „Nach aktuellem Kenntnisstand betragen die Gesamtkosten des Systems rund 1,38 Millionen Euro. Das Projekt wurde beim Bund zur Förderung im Sofortprogramm „Saubere Luft 2017 – 2020“ (Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme) eingereicht und positiv beschieden. Der Bund wird sich mit 690 250 Euro an dem Vorhaben beteiligen.“ Dies wären 31 363,64 Euro (1,38 Millionen/44 Zählstellen) pro Dauerzählstelle , wo bei der Bund der Steuerzahler schon die Kosten von Mehr als 30 000 Euro des Fahrradzählers an der Gurlitt-Insel beanstandete. 2016 berichtete die „Hamburger Morgenpost“, dass der Steuerzahlerbund diese Anlage als „überflüssiges Spielzeug“ kritisierte.1 Schon bestehende Systeme, wie das Sierzega-Verkehrserfassungsgerät SR4 kosten pro Stück 1 565,00 Euro2, was bei einer Anschaffung von 44 Verkehrserfassungsgerät Kosten in Höhe von 70 180,00€ verursachen würde . Dies vorausgeschickt, fragen wir den Senat: Verkehrszählungen sind eine wichtige Grundlage für die Verkehrsplanung. Hamburg verfügt bereits über rund 30 Dauerzählstellen für den Kfz-Verkehr und erweitert diese um Daten zum Radverkehr. Der Bund unterstützt diese Vorgehensweise und fördert sie auch finanziell. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1 https://www.mopo.de/hamburg/kritik-an-senat-zoff-um-geplante-fahrradzaehler- 23907296?dmcid=sm_tw_p. 2 https://www.sierzega.com/de-de/Produkte/Product-Viewer/Sierzega-SR4- Verkehrserfassungsgeraet. Drucksache 21/16823 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie setzen sich die Gesamtkosten des Systems für Radverkehrszählanlagen von rund 1,38 Millionen Euro zusammen? Der Schätzwert von 1,38 Millionen Euro wurde vor Abschluss der Markterkundung und in einer frühen Konzeptionsphase anlässlich einer fristgerechten Beantragung von Bundesfördermitteln ermittelt. Hierbei wurde von 101 Messquerschnitten an 44 Standorten ausgegangen. Er errechnet sich aus der Anzahl der geplanten Messstandorte von 44 (dies sind zum Beispiel Kreuzungen) mal der Kosten für die Messgeräte und deren Installation pro Messstandort. Pro Messstandort wurden durchschnittlich 2,3 Messquerschnitte (in Abhängigkeit von der Zählung von einer, zwei oder mehr Fahrtrichtungen) angenommen. Die Kosten für ein Messgerät für einen Messquerschnitt wurden mit 4 000 Euro veranschlagt, die Installationskosten mit 12 000 Euro (Tiefbau, Stromanschluss, Verkehrssicherung, und so weiter). Für jeden weiteren Messquerschnitt wurden Mehrkosten in Höhe von 7 000 Euro angenommen. Für einen durchschnittlichen Messstandort errechneten sich so Kosten in Höhe von 16 000 Euro + 1,3 * 7 000 Euro = 25 100 Euro. Mit einem pauschalen Aufpreis von 25 Prozent für Planungskosten und dem Aufschlag für Unvorhergesehenes gemäß der Anforderungen an kostenstabiles Bauen ergaben sich somit geschätzte Kosten in Höhe von 1,38 Millionen Euro. Diese werden zu 50 Prozent vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert. Die zuständige Behörde sowie das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur als Fördermittelgeber in Höhe von rund 50 Prozent gehen hierbei von Projektkosten aus, die das Kriterium der Wirtschaftlichkeit erfüllen. Die tatsächlichen Kosten hängen maßgeblich vom noch nicht vorliegenden Ausschreibungsergebnis ab. 2. Inwieweit muss „die Eignung von optischen Sensoren für die zuverlässige Zählung von Radfahrerinnen und Radfahrern noch durch in Tests herausstellen“, wenn es schon kommerzielle Systeme gibt? 3. Wer führt die Tests für die „Eignung von optischen Sensoren für die zuverlässige Zählung von Radfahrerinnen und Radfahrern“ durch? 4. Wann gilt bei diesem Test ein Gerät als „zuverlässig“? 5. Wer sind die Anbieter dieses Systems? 6. Wie erklärt sich der Senat die enormen Mehrkosten von über 1,3 Millionen im Vergleich zu einem kommerziell schon ausgereiften System? Die am Markt erhältlichen Systeme sind unterschiedlich ausgereift und weisen in ihrer Detektionsmethodik Unterschiede auf, durch die bei verschiedenen Örtlichkeiten, Verkehrssituationen sowie Umweltbedingungen Ungenauigkeiten resultieren. Unterschiede bestehen unter anderem auch bei der Datenhaltung und Übertragung sowie den Montageoptionen. Einige Geräte können mehrere Messquerschnitte gleichzeitig abdecken. Um das wirtschaftlichste Angebot und die größte Genauigkeit sicherzustellen , werden daher die Angaben der Hersteller in der Praxis überprüft. Aus den Ergebnissen leiten sich die Anforderungen für die Ausschreibung der Geräte ab. Den Test führt die Hamburg Verkehrsanlagen GmbH im Rahmen der Markterkundung durch. Sie realisiert das Projekt im Auftrag der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) unter Beteiligung des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG). Die Testergebnisse dienen der Definition von Qualitätsanforderungen bei der Ausschreibung . Die besten Geräte geben dabei die angestrebte Genauigkeit vor. Es werden Produkte der Firmen EcoCounter, ViNotion, Flir und Viscando getestet. Bedingt durch die öffentliche Ausschreibung können sich auch andere Firmen mit ihren Produkten beteiligen. Das vorgeschlagene Beispielprodukt basiert auf der Detektionsmethode Seitenradar, welche in früheren Tests die Genauigkeitsanforderungen bei der Erkennung von Radfahrenden nicht erfüllen konnte und sich an vielen Standorten aus technischen Gründen nicht einsetzen lässt. Bei Preisvergleichen sind neben den reinen Anschaffungskosten eines Gerätes auch etwaige Zusatzkosten für das Datenmanagement, die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16823 3 Installation (einschließlich gegebenenfalls erforderlichem Tiefbau) und alle unter Antwort zu 1. genannten Projektkosten zu berücksichtigen.