BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16840 21. Wahlperiode 16.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Harald Feineis (AfD) vom 10.04.19 und Antwort des Senats Betr.: PAG – Perspektive Arbeit und Gesundheit in Hamburg etabliert Um eine höhere Beteiligung von Menschen am Erwerbsleben bis zum Erreichen der Renteneintrittsgrenze zu ermöglichen und den Arbeitsschutz hinsichtlich vor allem psychischer Belastungen zu verbessern, haben die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) und die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) in Kooperation mit der Agentur für Arbeit Hamburg das Modellprojekt „PAG – Perspektive Arbeit und Gesundheit“ (PAG) initiiert.1 „PAG“ hält für Beschäftigte in belastenden Arbeitssituationen und für Betriebe ein Beratungsangebot zur Erhaltung und Förderung der psychischen Gesundheit und der Beschäftigungsfähigkeit vor. Die Beratung bezieht bestehende Angebote im Rahmen einer Lotsenfunktion ein. Die Arbeitsagentur stellt für Beschäftigte aus der Pflege und seit Herbst 2017 auch für die Branchen Handel, Gastgewerbe, Verkehr und Lagerei eine zentrale Ansprechpartnerin beziehungsweise einen zentralen Ansprechpartner bereit. Nach Ende der Projektlaufzeit (01.11.2015 bis 31.10.2018) erfolgte die Verstetigung des Angebots. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) wird zudem das bisher an Modellstandorten erprobte Konzept der „lebenslangen Berufsberatung “ ab 2019 auf alle Standorte ausweiten. Ziel ist die Unterstützung von Beschäftigten angesichts der sich schnell wandelnden Anforderungen in der Arbeitswelt.2 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Bundesagentur für Arbeit (BA) wie folgt: 1. Der Senat konstatiert in oben genannter Drucksache, dass es zunehmend gelänge, ältere Beschäftigte im Beruf zu halten und weist dies in einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit aus. Wie begründet der Senat diesen Rückschluss? Könnte es nicht auch sein, dass immer mehr ältere Menschen aus finanziellen Gründen länger arbeiten? Die Zahlen in Drs. 21/16051 bilden die positive Entwicklung der Erwerbstätigkeit ab 55 Jahren und älter ab und somit zeitlich weit vor der Altersantragsgrenze. Die statistischen Daten der Bundesagentur für Arbeit lassen keine Rückschlüsse auf die individuelle Motivlage zu. 1 https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/65561/fachkraeftemangel_wohin_man_ schaut_aber_die_politik_feiert_das_erfolgsmodell_rente_ab_63.pdf 2 Ebenda. Drucksache 21/16840 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Aus einer aktuellen Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung auf der Basis repräsentativer Befragungsdaten ergibt sich allerdings selbst für eine Erwerbstätigkeit im Rentenalter, dass gleichermaßen finanzielle und soziale Motive für eine Fortsetzung der Erwerbstätigkeit eine Rolle spielen und soziale Motive teils auch überwiegen (siehe hierzu http://doku.iab.de/kurzber/2018/kb2418.pdf). 2. Auf die Frage (Drs. 21/16051), welche Anreizbemühungen oder Initiativen der Senat unternimmt, um vor dem Hintergrund des in Hamburg vorherrschenden Fachkräftemangels Beschäftigte davon zu überzeugen, weiterhin im Beruf zu bleiben statt vorzeitig in Rente zu gehen, führt der Senat das Projekt PAG an. Die PAG-Evaluation der Altersverteilung der ratsuchenden Beschäftigten ergab, dass Menschen ab 61 Jahren PAG eher selten aufgesucht hatten (5,1 Prozent)3. Wie kommt der Senat nach einer Projektlaufzeit von zwei Jahren zu der Annahme, PAG hätte dazu geführt, dass Menschen eine höhere Beteiligung am Erwerbsleben bis zum Erreichen der Renteneintrittsgrenze ermöglicht? Der Senat hat in der Beantwortung der Drs. 21/16051 ausgeführt, dass er mit dem Ziel einer Erhöhung der Beteiligung von Menschen am Erwerbsleben bis zum Erreichen der Renteneintrittsgrenze die Einrichtung des Modellprojektes „Perspektive Arbeit und Gesundheit in Hamburg“ (PAG) initiiert hat. Das Zugangsalter bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit lag laut Bericht der Bundesregierung zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit deutschlandweit bei etwa bei 52 Jahren. Das Angebot der Anlauf- und Beratungsstelle PAG erreicht besonders häufig die Altersgruppen zwischen 31 und 60 Jahren, davon am häufigsten Beschäftigte zwischen 41 und 50 Jahren. Damit werden die Altersgruppen durch die Anlauf- und Beratungsstelle PAG besonders häufig beraten, die am stärksten aufgrund psychischer Erkrankungen von Frühverrentung betroffen sind. 3. Welche Ergebnisse des dreijährigen Modellversuchs veranlassten die Behörde, PAG fortzuführen? Laut Evaluationsbericht des Zentralinstituts für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM) suchten im Zeitraum von Januar 2016 bis Ende September 2018 insgesamt 464 Beschäftigte und Vertretungen von 170 Unternehmen die Anlauf- und Beratungsstelle PAG auf. Gleichzeitig erreichte die Beratung bei einer Befragung der Nutzer des Angebots sehr gute Zufriedenheitswerte. Auf einer Skala zwischen 1 und 5 (positivster Wert) lagen beispielsweise die Werte für „Ich habe hilfreiche Informationen bekommen“ bei 4,75 (Beschäftigte) und für „Ich habe für mein Anliegen passende Informationen bekommen “ bei 4,65 (Unternehmensvertreter/-innen). In 64,4 Prozent der Fälle hat die Anlauf- und Beratungsstelle PAG die Ratsuchenden an weitere Stellen verwiesen – wie beispielsweise an Akteure im Gesundheitswesen, Beratungs-/Coachingangebote, Bildungs- und Vermittlungsträger, über- oder innerbetriebliche Akteure oder an eine Rechtsberatung. Aus den vom ZfAM vorgelegten Evaluationsergebnissen lässt sich schließen, dass die Beratung durch die Anlauf- und Beratungsstelle PAG das Ziel einer niedrigschwelligen Erst- und Verweisberatung erreicht. Beide Werte – die Inanspruchnahme des Angebots und die positive Bewertung durch die Nutzer – haben die zuständigen Behörden veranlasst, das Angebot auch über den Modellzeitraum hinaus weiterzuführen. 4. In welchem Umfang sind BASFI und BGV in PAG jeweils involviert (Personalstellen , Finanzierung)? Die zuständigen Behörden unterstützen die Anlauf- und Beratungsstelle PAG nach Ende des Modellzeitraums jährlich mit 188 928 Euro, davon beträgt der Anteil der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) 50 000 Euro. Neben 3 https://www.hamburg.de/contentblob/10120390/ae18a94d849ff45665b77c8ae42885d2/ data/zwischenbericht-pag.pdf. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16840 3 Sachkosten werden davon Personalkosten im Umfang von 2,5 Vollzeitstellen finanziert . 5. PAG beherbergt in der Schanzenstraße eine Anlaufstelle für Beschäftigte und Betriebe. Was kostet der Unterhalt dieser Anlaufstelle monatlich (Personal/Miete/sonstige Kosten)? Und sind weitere Anlaufstellen geplant? Die Personal- und Sachkosten belaufen sich monatlich auf 16 774,33 Euro. Es existieren erste Überlegungen für weitere Anlaufstellen in Schleswig-Holstein. Für Hamburg sind derzeit keine weiteren Anlaufstellen geplant. 6. Unterstützt wird die Anlaufstelle von der ArbeitsschutzPartnerschaft Hamburg und dem Hamburger Fachkräftenetzwerk.4 Was bedeutet diese Unterstützung konkret? Die Unterstützung der Anlauf- und Beratungsstelle PAG durch die Arbeitsschutzpartnerschaft Hamburg und das Hamburger Fachkräftenetzwerk besteht im fachlichen Austausch, durch Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen von Veröffentlichungen und der gemeinsamen Teilnahme an Veranstaltungen mit Partnern aus der Wirtschaft, den Kammern und Verbänden. 7. Die Evaluation aus September 2017 werde bis zum Ende des Modellversuchs fortgeführt, heißt es in jener Evaluation. Inwiefern gab es am Ende weitergehende Erkenntnisse und was haben die jeweiligen Evaluationen gekostet? Die Evaluation wurde – nach einem Zwischenbericht aus September 2017 – zum Ende des Modellversuchs abgeschlossen. Die Veröffentlichung des Abschlussberichts ist für den April 2019 geplant. Der Abschlussbericht bestätigt die Tendenzen des Zwischenberichts . Mit längerem Bestehen der Anlauf- und Beratungsstelle konnte zudem der Anteil der erreichten Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) von 44,8 Prozent auf 52 Prozent erhöht werden. Da die Evaluation des neuartigen Beratungsangebots der Anlauf- und Beratungsstelle PAG im Rahmen einer wissenschaftlichen Schwerpunktsetzung des ZfAM entstand, ergaben sich keine zusätzlichen Kosten. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. 4 http://perspektive.arbeitundgesundheit.de/foerderung-und-traegerschaft/.