BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16888 21. Wahlperiode 18.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Rath (CDU) vom 12.04.19 und Antwort des Senats Betr.: Wieso nutzt der rot-grüne Senat nicht alle zur Verfügung stehenden Arbeitsmarktprogramme für Flüchtlinge? Auch wenn schon einige Tausend Flüchtlinge in Ausbildung und Arbeit vermittelt wurden, so waren im März 2019 aus den Hauptherkunftsländern der Flüchtlinge 2 445 Syrer, 2 373 Afghanen, 1 154 Iraner, 614 Iraker und 400 Personen aus Eritrea in Hamburg arbeitslos gemeldet. Tausende weitere Personen befanden sich in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und knapp 10 000 Personen, die ebenfalls im Ausländerzentralregister gemeldet sind, waren zwar im erwerbsfähigen Alter, aber aus verschiedenen Gründen nicht bei der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter registriert (Drs. 21/16550). Die Drs. 21/15837 offenbarte, dass noch immer viele Plätze in Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration nicht belegt sind. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Hamburger Senat betreibt zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten seit 2015 gemeinsam mit den Partnern Agentur für Arbeit Hamburg (Agentur) und Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) das W.I.R-Programm (https://www.hamburg.de/wir/) und erreicht damit in Hamburg frühzeitig die Aktivierung sowie die berufliche und damit auch gesellschaftliche Integration von Geflüchteten. Die Beratungsleistung von W.I.R richtet sich an alle Geflüchteten mit Arbeitsmarktzugang im erwerbsfähigen Alter. Der Arbeitsmarktintegration steht eine Vielzahl von bundes- und landesfinanzierten Maßnahmen zur Verfügung. Hierzu hat der Senat wiederholt berichtet, zuletzt mit Drs. 21/15837. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Angaben der Agentur und Jobcenter wie folgt: 1. Der Drs. 21/15837 ist zu entnehmen, dass im Jahr 2018 475 Teilnahmeplätze in der Maßnahme KompAS zur Verfügung standen, von denen aber nur 16 Plätze besetzt waren. Warum war die Belegung so gering, obwohl KompAS auf sinnvolle Weise Sprachkurs und Jobcoaching mit Praktika verbindet? 2. Im Jahr 2019 soll KompAS mit 175 Plätzen fortgesetzt werden. a) Warum erfolgt eine Fortsetzung angesichts der niedrigen Belegung der Vorjahre? b) Wie viele Plätze sind aktuell belegt? c) Welche Maßnahmen werden ergriffen, um eine höhere Teilnahmequote zu erreichen? Die wesentlichen Gründe für die geringe Inanspruchnahme von KompAS 2.0 (2018) (Kompetenzfeststellung, frühzeitige Aktivierung und Spracherwerb) waren eine unzu- Drucksache 21/16888 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 reichende oder fehlende lateinische Alphabetisierung sowie bereits begonnene Integrationskurse , die vorrangig vor der Maßnahme zu besuchen sind. Aus diesen Gründen wurde die Maßnahme KompAS für das Jahr 2019 konzeptionell angepasst (KompAS 3.0) und es wurde auch ein Angebot für die nicht lateinisch alphabetisierten Geflüchteten konzipiert. Zudem wurden die Beratungs- und Zuweisungsprozesse im Jobcenter und beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angepasst. Nach der Beratung durch die Integrationsfachkraft, der Ausgabe der Integrationskursverpflichtung einschließlich der Terminierung der Sprachstandsfeststellung beim BAMF und der Reservierung eines Integrationskurses meldet das BAMF die geeigneten Teilnehmenden direkt beim KompAS-Träger an, um dort sowohl am Integrationskurs sowie an der Maßnahme KompAS teilzunehmen. Geeignet ist, wer unter anderem den allgemeinen Integrationskurs mit dem Beginnmodul 1, 2 oder 3 startet. Die aktuelle Anzahl der Teilnehmenden ist dem Migrations-Monitor: Personen im Kontext von Fluchtmigration (Monatszahlen) zu entnehmen: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/201903/fluchtmigration/ fluchtkontext/fluchtkontext-dlkaajc-0-201903-xlsx.xlsx. 3. Was unterscheidet die Maßnahme „Kombination berufsbezogene Sprachförderung“ (KomBer) von KompAS? Wer ist Träger von KomBer und wie viele Plätze gibt es für das Jahr 2019 bei aktuell welcher Belegung ? Bei der Teilnahme an der Maßnahme KompAS 2.0 wird der Besuch des allgemeinen Integrationskurses mit einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 45 SGB III kombiniert. In den Zeiträumen, in denen der Integrationskurs nicht besucht wird, stellen flankierende Elemente im Maßnahmeteil nach § 45 SGB III die frühzeitige Aktivierung und Kompetenzfeststellung der Teilnehmenden sicher. Im Rahmen der Maßnahme sollen die Teilnehmenden ihre beruflichen Neigungen und Fähigkeiten erfahren und erproben, für eine berufliche Qualifizierung motiviert und schrittweise an den Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt herangeführt werden. Maßnahmeziele der kombinierten berufsbezogene Sprachförderung KomBer sind der Erwerb des Sprachzertifikats B1 und die Heranführung an den Arbeitsmarkt beziehungsweise die Integration in Beschäftigung, Ausbildung oder abschlussorientierte Weiterbildung durch berufsfachliche Kenntnisvermittlung. Dabei wird die Maßnahme mit einem Maßnahmeteil Berufssprachkurs nach der DeuFöV und einem Maßnahmeteil nach § 45 SGB III kombiniert. Den Zuschlag für die Maßnahme KomBer hat die Grone-Bildungszentrum für Qualifizierung und Integration Hamburg gGmbH erhalten. Für das Jahr 2019 sind zwei Starttermine mit jeweils 22 Plätzen eingekauft. Die aktuelle Anzahl der Teilnehmenden ist dem Migrations-Monitor: Personen im Kontext von Fluchtmigration (Monatszahlen) zu entnehmen: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/201903/fluchtmigration/ fluchtkontext/fluchtkontext-dlkaajc-0-201903-xlsx.xlsx. 4. Für die Maßnahme „Junge Menschen in Ausbildung“ (JuMA) sind im Jahr 2019 nur noch 22 Plätze vorgesehen. a) Wie viele Plätze sind von den 22 belegt? b) Warum wurde auch beim JuMA die Platzzahl deutlich reduziert und hat sich die Maßnahme offenbar als nicht passgenau erwiesen? Aktuell befinden sich zehn Teilnehmende in JuMA. Die ursprüngliche Konzeption von JuMA erwies sich einerseits hinsichtlich der Anforderung an das Sprachniveau (B1) als zu anspruchsvoll. Andererseits war die vorgesehene Teilnahmedauer von elf Monaten für die Geflüchteten, die den sprachlichen Anforderungen gewachsen waren, zu lang. Letztere wählten häufig den direkten Weg in Ausbildung oder Arbeit. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16888 3 Daraufhin erfolgte eine Anpassung des Maßnahmekonzepts auf eine sechsmonatige Teilnahmedauer inklusive berufsbezogenem Sprachkurs ab A2-Niveau (mit dem Ziel B1). Aufgrund der Entwicklung der Neuzugänge von Geflüchteten ins SGB II war bereits während der Planung der Maßnahme eine geringe Bedarfslage absehbar, sodass JuMA mit einer reduzierten Platzzahl an zwei Startterminen erprobt werden soll (15.11.2018 und 15.02.2019). 5. Im Sommer 2018 hat W.I.R bei der Ausbildungsvermittlung von über 25- jährigen Flüchtlingen den Träger von PlusPunkt auf Aqutivus gewechselt . a) Warum erfolgte der Wechsel? Siehe Drs. 21/15837. b) In der Drs. 21/7590 heißt es, dass das Vermittlungsergebnis von PlusPunkt in die W.I.R-Ergebnisse einfließt. Daher: Wie viele Personen U25 und wie viele Ü25 wurden im Jahr 2018 von W.I.R in Ausbildung vermittelt? Die Informationen, wie viele Geflüchtete in Hamburg in Ausbildung oder Arbeit sind, ergeben sich aus der Statistik der Agentur. Mit Stand September 2018 waren in Hamburg 12 591 Personen aus den acht Hauptasylherkunftsländern in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung tätig. Davon entfallen 1 948 auf Ausbildungsverhältnisse . In der Statistik der Agentur erfolgt keine Differenzierung nach Alter. Diese Daten werden mit einer Nachlaufzeit von sechs Monaten erfasst. 6. Das Projekt „Chancengenerator“ sieht 600 Plätze vor. Wie viele davon sind aktuell belegt? Zum Stand 5. April 2019 waren 428 Plätze besetzt. 7. Das Jobcenter hält für die Assistierte Ausbildung (AsA) für das Jahr 2019 131 Plätze vor. Anfang des Jahres waren allerdings nur 56 davon belegt. a) Warum ist auch hier die Belegung vergleichsweise niedrig? b) Wie ist die Belegung der Plätze aktuell? Das Instrument der Assistierten Ausbildung (AsA) ist eines von mehreren Unterstützungsangeboten der Agentur für Auszubildende. AsA soll lernbeeinträchtigten oder sozialbenachteiligten jungen Menschen und deren Ausbildungsbetriebe von der Ausbildungssuche bis zum erfolgreichen Abschluss einer betrieblichen Berufsausbildung individuelle, kontinuierliche Begleitung und Förderung bieten. Primäres Ziel ist die nachhaltige Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Das Angebot der AsA erfolgt bedarfsorientiert und ist davon abhängig, dass Betriebe, Schulen und die Auszubildenden diesen Bedarf feststellen und eine Förderung beantragen . Der Besetzungsstand von AsA wurde durch umfangreiche Informationsveranstaltungen , unter anderem mit den Berufsbildenden Schulen, bereits positiv beeinflusst . Speziell bei neu zugewanderten Jugendlichen mit Förderbedarf ist die Unterstützung durch AsA nur möglich und sinnvoll, wenn bereits ein Sprachniveau von B1 vorhanden ist, da AsA kein Ersatz für einen Sprachkurs beziehungsweise intensive Sprachförderung sein kann. Die aktuelle Anzahl der Teilnehmenden ist dem Migrations-Monitor: Personen im Kontext von Fluchtmigration (Monatszahlen) zu entnehmen: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/201903/fluchtmigration/ fluchtkontext/fluchtkontext-dlkaajc-0-201903-xlsx.xlsx. 8. Welche Maßnahmen mit jeweils wie vielen für das Jahr 2019 geplanten und wie vielen aktuell belegten Plätzen bieten Jobcenter, Agentur für Arbeit und W.I.R jeweils für die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen über 35 Jahren an? Drucksache 21/16888 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Geflüchteten stehen alle Maßnahmen (Qualifizierungen, Lohnkostenzuschüsse, Praktika , Kompetenzfeststellungen und so weiter) der aktiven Arbeitsmarktförderung im Rahmen des SGB III und SGB II offen. Die Agentur und Jobcenter unterscheiden das Kundenpotenzial nicht nach Herkunftsland oder Alter. Über die jeweiligen Unterstützungsangebote wird entsprechend der individuellen Voraussetzungen im Einzelfall entschieden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.