BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16897 21. Wahlperiode 23.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jens Meyer und Michael Kruse (FDP) vom 15.04.19 und Antwort des Senats Betr.: LGBT-Tourismus – Verschläft Hamburg große Potenziale für den Incomingreisemarkt ? Bereits seit dem Jahr 2013 erstellt das Magazin „Spartacus“ den „Spartacus Gay Travel Index“. In diesem wird ermittelt und veröffentlicht, welche Länder für LGBT-Reisende sichere Reiseziele darstellen und in welchen Ländern der Welt LGBT-Diskriminierungen und Strafen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität befürchten müssen. Im jüngst veröffentlichtem „Spartacus Gay Travel Index“ für das Jahr 2019 ist Deutschland von Platz drei im Jahr 2018 auf Platz 23 abgestürzt. Einer der Gründe hierfür ist der Anstieg von homo- und transphober Gewalt in Deutschland.1 Laut der Welttourismusorganisation (UNWTO) sind LGBT-Touristen innerhalb der Reisewirtschaft als Zielgruppe bekannt, die überdurchschnittlich häufig verreist und hierbei auch überdurchschnittliche Ausgaben tätigt.2 Unter dem Begriff des LGBT-Tourismus fasst die UNWTO lesbische, schwule, bisexuelle sowie transsexuelle Reisende zusammen. Die Reisewirtschaft schätzt alleine in Europa die Zahl der LGBT-Touristen auf circa 23 Millionen. Weltweit belaufen sich ihre Reiseausgaben allerdings auf circa 180 Milliarden Dollar. LGBT-Paare verfügen im Schnitt über ein doppeltes und überdurchschnittlich hohes Einkommen und haben in der Regel eher selten Kinder. Dies ermöglicht es ihnen, häufiger und saisonunabhängig zu reisen sowie mehr Geld für Reisen auszugeben. Das niederländische Außenministerium bezeichnet den LGBT-Tourismus als einen der am schnellsten wachsenden Märkte im Tourismus und spricht der Bundesrepublik Deutschland hier besonders gute Chancen zu.3 Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, intersexuelle und weitere (LSBTI*)- Tourismus ist nicht durch bestimmte Reiseinhalte oder -formen definiert (wie zum Beispiel bestimmte touristische Zielgruppen im Rad- oder Golftourismus), sodass eine valide Abgrenzung zu den Aussichten und Potenzialen der touristischen Entwicklung insgesamt nicht möglich ist. Die Präsentation Hamburgs als weltoffene, vielfältige und tolerante Reisedestination ist grundsätzlich geeignet, auch die LSBTI*-Zielgruppe erfolgreich anzusprechen. Die Hamburg Marketing GmbH (HMG) und die Hamburg Tourismus GmbH (HHT) stellen Hamburg in ihren Aktivitäten als moderne, innovative und lebenswerte Metro- 1 https://www.welt.de/reise/nah/article189383665/Gay-Travel-Index-2019-Risiken-fuerhomosexuelle -Urlauber.html. 2 http://cf.cdn.unwto.org/sites/all/files/pdf/lgtb_report_compressed_0.pdf. 3 https://www.cbi.eu/market-information/tourism/lgbt-travel. Drucksache 21/16897 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 pole dar. Dies soll alle Menschen ansprechen, unabhängig von der geschlechtlichen Ausrichtung. Die HHT stellt zudem potenziell relevante Angebote auf ihrer neuen Internetseite zusammen (siehe https://www.hamburg-tourism.de/das-ist-hamburg/hamburg-fuer/ lgbtq/). Durch den kürzlichen Relaunch werden auf der neuen Seite zahlreiche relevante Inhalte in Form von touristischen Attraktionen und Freizeitangeboten sowie Veranstaltungen (zum Beispiel der Christopher Street Day) angeboten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der HHT wie folgt: 1. Wie bewerten der Senat, die zuständigen Behörden, die Hamburg Marketing GmbH und die Hamburg Tourismus GmbH die ökonomischen Potenziale durch LGBT-Tourismus für den Incoming-Reisemarkt Hamburg ? Werden diese Potenziale nach Kenntnis des Senats und der zuständigen Behörden voll ausgeschöpft? a. Wenn ja: Wodurch lässt sich dies belegen? b. Wenn nein: Was planen der Senat und die zuständigen Behörden, um die ökonomischen Potenziale durch LGBT-Tourismus für den Incoming-Reisemarkt besser auszuschöpfen? 2. Wie wird in Hamburg nach Kenntnis des Senats, der Hamburg Marketing GmbH (HMG) und der Hamburg Tourismus GmbH (HHT) das Marketing für LGBT-Tourismus in Hamburg koordiniert? Bitte insbesondere darstellen , ob der Senat und die HMG beziehungsweise die HHT Marketingmaßnahmen zur Ausschöpfung der ökonomischen Potenziale von LGBT-Tourismus fördern. Bitte die Höhe der Förderung darstellen und erläutern, ob es sich um eine anlassbezogene oder eine ganzjährige Förderung handelt. 3. Bestehen vonseiten des Senats oder der HMG, HHT Pläne, das Marketing im Bereich LGBT-Tourismus auszuweiten? a. Wenn ja: Bitte im Detail darstellen. b. Wenn nein: warum nicht? Siehe Vorbemerkung. 4. Sind dem Senat und den zuständigen Behörden Übergriffe auf LGBT- Touristen in Hamburg bekannt? Gibt es diesbezüglich eine Erhebung für den Standort Hamburg? a. Wenn ja: bitte darstellen. b. Wenn nein: Bestehen Pläne vonseiten des Senats und der zuständigen Behörden, solche Übergriffe in Zukunft zu erheben? Straftaten gegen LSBTI*-Menschen werden als Hasskriminalität in der polizeilichen Statistik Kriminalpolizeilicher Meldedienst Politisch motivierte Kriminalität (KPMD PMK) erfasst. Zur Erfassung politisch motivierter Straftaten, den Auswertemöglichkeiten und deren Grenzen siehe Drs. 19/4795 und 20/3215. Die Erfassungskriterien des KPMD PMK sind bundeseinheitlich geregelt und nur bundeseinheitlich zu ändern; die erfragten Änderungen sind derzeit nicht vorgesehen. Die erfragten Straftaten werden im KPMD PMK in der Kategorie (Unterthema) „gegen die sexuelle Orientierung“ erfasst. Zu den Erfassungskriterien der Statistik gehören jedoch weder die Begriffe „Lesben“, „Schwule“, „bisexuell“ und „transphob“ noch der Begriff „Touristin/Tourist“. Ob sich ein Opfer einer Straftat als Touristin oder Tourist in Hamburg aufhält, wird auch bei Anzeigenaufnahmen und den weiteren polizeilichen Ermittlungen von der Polizei regelhaft nicht erhoben. Die erfragten Angaben sind daher nicht möglich. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16897 3 5. Welche Maßnahmen haben der Senat und die zuständigen Behörden bisher ergriffen, um die Sicherheit von LGBT-Touristen in Hamburg zu gewährleisten? Bitte darstellen und gegebenenfalls auch entsprechende Planungen vonseiten des Senats und der zuständigen Behörden darstellen . Die Sicherheitsbehörden gewährleisten die Sicherheit aller Hamburg besuchenden Touristinnen und Touristen. Über die polizeilichen Maßnahmen im Sinne der Fragestellung hat der Senat zuletzt mit Drs. 21/7147 und 21/10840 berichtet. Auf der Internetseite der Polizei (www.polizei.hamburg.de/lsbti) sind konkrete Hinweise zur Erreichbarkeit der LSBTI*- Ansprechpersonen zu erlangen; darüber hinaus stehen Polizeibeamtinnen und -beamte an jedem Polizeikommissariat für eine mögliche Anzeigenaufnahme zur Verfügung . Die dargestellten Maßnahmen stehen auch für die vorliegend erfragten LSBTI*-Touristinnen und -Touristen, soweit sie in die Informationsnetzwerke der Community eingebunden sind, zur Verfügung. Unabhängig vom allgemeinen Informationsangebot sind die LSBTI*-Ansprechpersonen der Polizei bei herausragenden Feierlichkeiten wie dem Hamburger Hafengeburtstag und dem Christopher Street Day mit ihrem Informationsangebot persönlich vertreten und stehen als Gesprächspartnerinnen und -partner auch für LSBTI*-Touristinnen und -Touristen zur Verfügung. Im Übrigen trifft die Polizei in den ihr bekannten Sachverhalten alle erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie zur Verfolgung von Straftaten. 6. Welche Auswirkungen haben nach Einschätzung des Senats und der zuständigen Behörden zunehmend homo- und transphobe-, aber auch fremdenfeindliche Äußerungen und Übergriffe in Deutschland auf die Attraktivität für LGBT-Touristen mit dem Reiseziel Hamburg? 7. Welche Rolle spielt der Christopher Street Day in Hamburg nach Auffassung des Senats und der zuständigen Behörden für den Hamburger Incoming-Reisemarkt? Welche Schlussfolgerungen ziehen der Senat und die zuständigen Behörden aus dieser Einschätzung? 8. Wie viele Übernachtungen und wie viel Umsatz in Hamburg ist nach Einschätzung des Senats und der zuständigen Behörden auf LGBT- Touristen zurückzuführen? a. Welchen Anteil macht dies jeweils am Gesamttourismus aus? b. Welche Schlussfolgerungen ziehen der Senat und die zuständigen Behörden daraus? Der CSD wird ebenso wie die anderen Großveranstaltungen der Stadt in den allgemeinen Kommunikationskanälen transportiert und beworben. Im Übrigen liegen dem Senat hierzu keine Daten vor.