BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16910 21. Wahlperiode 23.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 16.04.19 und Antwort des Senats Betr.: Der Fall Omaima A. Gestern und heute veröffentlichte die Al-An-Fernsehreporterin Jenan Moussa (vergleiche https://twitter.com/jenanmoussa) ihre Recherchen zu einer in Hamburg geborenen, deutschen Staatsbürgerin und IS-Anhängerin namens Omaima A., die nach der Befreiung von Raqqa nach Deutschland zurückkehrte . Seitdem führt Omaima A. gemeinsam mit ihren Kindern ein Leben im Süden von Hamburg und arbeitet als Eventmanagerin und Übersetzerin. Omaima A. ist 2015 über die Türkei nach Syrien ausgereist. Das Handy von Omaima A. wurde in Syrien gefunden und beinhaltet Dokumente und zeigt Fotos, die von Omaima A. in Deutschland und Syrien aufgenommen worden sind. Auf Fotos ist Omaima A. mit Waffen und eindeutiger Bezugnahme zum sogenannten islamischen Staat zu sehen. Weitere Fotos enthalten Aufrufe zum bewaffneten Dschihad. Es wurden auch Bilder der Kinder auf dem Handy gefunden, die diese in militärischer Kleidung und mit Waffen in der Hand oder vor der Flagge des sogenannten Islamischen Staates zeigen. Wiederum andere Fotos zeigen die Kinder mit dem aus IS-Propagandavideos bekannten IS-Anhänger Muhammad Mahmoud, der aus Australien nach Syrien ausreiste (https://twitter.com/NPSusa/status/1118068107501887488). Es liegen zudem Informationen darüber vor (vergleiche https://www.youtube.com/watch?v=IBaA_B3ZvJs), dass Omaima A. bereits 2011 klare Bezüge und engen Kontakt zur salafistischen Szene in Deutschland hatte und während ihrer Zeit in Syrien Frauen über das Internet anwarb und die Reise in die Gebiete des Islamischen Staates mit koordinierte. Omaima A. war seit 2012 mit dem IS-Propagandist Nadir Hadra verheiratet und lebte mit diesem und ihren zwei gemeinsamen Kindern und einem Kind aus erster Ehe eine Zeit lang in Frankfurt. Nachdem sich Nadir Hadra dem sogenannten Islamischen Staat anschloss und nach Syrien ausreiste, folgte Omaima A. diesem im Januar 2015 zusammen mit ihren drei Kindern. Nach dem Tod von Nadir Hadra im bewaffneten Kampf in Syrien, heiratete Omaima A. den prominenten dschiihadistischen Kämpfer Denis Cuspert, der auch als Rapper Deso Dogg bekannt ist. Dieser wurde vonseiten des sogenannten Islamischen Staates im Januar 2018 für tot erklärt. Trotz all dieser Informationen bewegt sich Omaima A. seit ihrer Rückkehr nach Deutschland frei in Hamburg. Nana Frombach, Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft, äußerte sich auf Nachfrage wie folgt: „Die Generalstaatsanwaltschaft ist mit Ermittlungen gegen diese Person nicht befasst.“ Laut „Hamburger Abendblatt“ vom 15.04.2019 twitterten hingegen die bayrische und hamburgische Polizei, Drucksache 21/16910 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 dass der Fall bereits bekannt wäre (vergleiche https://www.abendblatt.de/ hamburg/article216964729/Witwe-eines-bekannten-IS-Terroristen-lebt-in- Hamburg.html). Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat gibt in diesem Zusammenhang aus grundsätzlichen Erwägungen keine Auskunft zu etwaigen Ermittlungsverfahren. Sofern dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg Erkenntnisse zu Einzelpersonen vorliegen, ergibt die nach § 18 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes (HmbVerfSchG) vorgenommene Abwägung, dass hier die Bekanntgabe der nachrichtendienstlich erhobenen Erkenntnisse dem Interesse des Betroffenen und denen des Amtes entgegensteht. Der durch das Grundgesetz gewährte Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen steht der Beantwortung der Frage ebenso entgegen. Soweit die erfragten Informationen personenbezogene Daten aus dem Bereich der Jugendhilfe betreffen, handelt es sich um Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 S. 1 SGB X), die der Senat gemäß § 67 b Absatz 1 SGB X nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Übermittlungsbefugnis im SGB oder gemäß Artikel 6 Absatz 1 S. 1 Buchstabe a DS-GVO mit Einwilligung der Betroffenen weitergeben darf. Das SGB enthält keine Übermittlungsbefugnis zugunsten der Beantwortung Parlamentarischer Anfragen. Einwilligungen zur Datenübermittlung liegen nicht vor. Hinsichtlich der erfragten Informationen, die personenbezogene Daten aus dem Bereich der Jugendhilfe betreffen, ist der Senat daher aus Gründen des Sozialdatenschutzes nach § 35 SGB I, §§ 61 ff SGB VIII, §§ 67 ff SGB X an der Beantwortung der Fragen gehindert. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Informationen liegen dem Senat zur Person Omaima A. in Bezug auf ihre Aktivitäten in der salafistischen/dschihadistischen Szene Hamburgs vor? 2. Welche Erkenntnisse hat der Hamburger Senat über eventuelle europaweite Verbindungen in die dschihadistische Szene von Omaima A.? 3. Mit welcher Begründung laufen vonseiten der Generalstaatsanwaltschaft bis dato keine Ermittlungen gegen Omaima A.? 4. Liegen dem Hamburger Senat und den Sicherheitsbehörden Informationen vor, inwieweit Omaima A. als Mitglied einer terroristischen Vereinigung oder anderen terroristischen Straftaten oder Kriegsverbrechen oder dergleichen belangt werden soll? Wenn ja, welche? Siehe Vorbemerkung. 5. Ist Omaima A. nach Kenntnis des Hamburger Senates als Gefährderin beziehungsweise relevante Person eingestuft? a. Wurde Omaima A. mithilfe des für Rückkehrer/-innen entwickelten Instruments RADAR-iTE beurteilt? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Nein. Darüber hinaus siehe Vorbemerkung. 6. Warum ist Omaima A. nicht bei ihrer Einreise nach Deutschland verhaftet worden? Siehe Vorbemerkung. 7. Liegen dem Hamburger Senat und den Sicherheitsbehörden Informationen darüber vor, inwieweit Omaima A. nach ihrer Einreise nach Deutsch- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16910 3 land durch unterschiedliche Stellen (Polizei, Verfassungsschutz, Staatsschutz , Beratungsstellen) kontaktiert worden ist? a. Gibt es zur Person Omaima A. eine einrichtungsübergreifende Fallbetreuung ? Nein. Zu den fachlichen Standards einer Beratung – insbesondere durch einen freien Träger – gehört notwendigerweise der Vertrauensschutz der Ratsuchenden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Liegen dem Hamburger Senat und den Sicherheitsbehörden Informationen über die Schwester N. von Omaima A. vor, die Aktivitäten innerhalb der dschihadistischen Szene bestätigen (vergleiche https://www.youtube.com/watch?v=IBaA_B3ZvJs)? 9. Welche Informationen liegen dem Hamburger Senat und den Sicherheitsbehörden über die Bankdaten vor, die auf dem Handy von Omaima A. gefunden wurden? Siehe Vorbemerkung. 10. Wie schätzen der Hamburger Senat und die Sicherheitsbehörden die Tatsache ein, dass sich Fotos eines Personalausweises ohne Foto auf dem Handy von Omaima A. befinden? Der Senat sieht von meinungsbildenden Stellungnahmen ab. 11. Welche Information liegt dem Hamburger Senat und den Sicherheitsbehörden zur Prüfung von Kinderwohlgefährdung bezüglich der Kinder von Omaima A. vor? Siehe Vorbemerkung. 12. Ist dem Hamburger Senat bekannt, ob die Kinder von Omaima A. ihre Schulpflicht wahrnehmen oder in einer Kindertagesstätte untergebracht worden sind? Hinsichtlich der Schulpflicht: ja. Darüber hinaus siehe Vorbemerkung.