BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16949 21. Wahlperiode 30.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 23.04.19 und Antwort des Senats Betr.: Der Neubau an der Bellevue 15: überdimensioniert und intransparent? In Zeiten von Bürger-/-innenbeteiligung und Transparenzgesetz sollte es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass wichtige Anliegen des öffentlichen Interesses nachvollziehbar und sowieso korrekt ablaufen. Beim Neubau der Villa an der Bellevue 15 sind da Zweifel angebracht. So enthüllte ein Bericht im „Hamburger Abendblatt“ am 18. April – hier wird die Villa wenig schmeichelhaft als „Bunker mit Schießscharten“ charakterisiert –, dass die vorgegebenen Baugrenzen um sage und schreibe 17,50 Meter überschritten seien. „Die Gestaltung des Neubaus ist mit den zuständigen Fachdienststellen und dem Oberbaudirektor abgestimmt worden“, hieß es bereits in der Senatsantwort auf meine Kleine Anfrage (Drs. 21/3916 vom 12.4.2016) zum Umgang mit Hamburgs Alster-Villen, speziell auch zu der an der Bellevue 15. Der o.a. Abendblatt-Artikel legt allerdings nahe, dass der Bezirk Hamburg-Nord zwar beteiligt war, der damalige Oberbaudirektor, Prof. Jörn Walter, aber das entscheidende Wort gesprochen hat: „Im Fall Bellevue 15“, so ein im Artikel zitiertes Statement der Stadtentwicklungsbehörde, „hat der Oberbaudirektor eine nicht öffentliche Stellungnahme abgegeben, die richtungsweisend ist.“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Überschreitungen der Baugrenzen, Bauhöhen unter anderem anderer Vorgaben des Bebauungsplans enthielt die Bauvoranfrage – beziehungsweise wenn es keine gab – der erste Bauantrag? Bitte mit Datum der Bauvoranfrage beziehungsweise des Antrages und den jeweiligen Überschreitungen angeben. 2. Welche Änderungen hat es bei den ursprünglich beantragten Überschreitungen im weiteren Verfahren jeweils aufgrund wessen Einspruchs oder Veranlassung gegeben? 3. Welche Befreiungen oder Ausnahmegenehmigungen wurden für Überschreitungen bei den Baugrenzen und anderen Vorgaben des Bebauungsplans erteilt? Bitte die jeweiligen Maße oder Ähnliches und die rechtliche Grundlage angeben. Der erste Bauantrag, eingegangen am 31. Oktober 2011, wurde am 11. Mai 2012 durch den Bauherrn zurückgenommen. Eine Entscheidung über Befreiungstatbestände gab es daher in diesem Verfahren nicht. Am 11. Mai 2012 wurde ein neuer Bauantrag eingereicht. Folgende planungsrechtliche Befreiungen wurden nach § 31 Absatz 2 Baugesetzbuch (BauGB) erteilt: Drucksache 21/16949 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 • geplante oberirdische Stellplätze im Sockelgeschoss, entgegen der B-Plan-Festsetzung , Stellplätze in Tiefgaragen auf den nicht überbaubaren Flächen des Baugrundstücks oder in Kellergeschossen der Gebäude unterzubringen. • ein Überschreiten der vorderen Baugrenze um circa 5,50 m durch den eingeschossigen Vorbau im Vorgartenbereich. Der geplante Vorbau nimmt als Nebenanlage vor der Baugrenze die bauliche Situation des linken Nachbarn auf. Die Bebauung steht damit im Kontext mit der Nachbarschaft. • ein Überschreiten der hinteren Baugrenze um circa 3,80 m durch den Hauptbaukörper . Der Hauptbaukörper nimmt die hintere Fassadenflucht des linken Nachbargebäudes auf. • ein Überschreiten der hinteren Baugrenze um bis zu 12 m durch den eingeschossigen Anbau mit Freitreppe/Sockelgeschoss. Die erzeugten Abstandsflächen liegen auf eigenem Grund und das Sockelgeschoss hält die bauordnungsrechtlichen Mindestgrenzabstände zu den Nachbargrundstücken ein. • ein Überschreiten der vorderen Baugrenze um circa 1,10 m auf einer Breite von circa 6 m durch den Erker im Vorgartenbereich (untergeordnetes Bauteil). 4. Gibt es für Überschreitungen von Baugrenzen und Bauhöhen eine generelle Vorgabe, was noch über Befreiungen oder Ausnahmen zugelassen werden kann? Falls nein: Nach welchen Kriterien wurde im Falle des Bauvorhabens Bellevue 15 entschieden? Nein. Entscheidungen über Befreiungen oder Ausnahmen erfolgen grundsätzlich bezogen auf den jeweiligen Einzelfall. Planungsrechtliche Befreiungen nach § 31 Absatz 2 BauGB werden erteilt, wenn die dort aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei ist die Umgebung als Maßstab heranzuziehen. Geprüft wird unter anderem , inwieweit sich ein geplantes Vorhaben in die Umgebung einfügt. Ausnahmen regelt der Bebauungsplan in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung. 5. Hat es aufgrund der Tiefe der Baugrube und des erfolgten Neubaus Probleme mit dem Grundwasserspiegel gegeben, insbesondere auch in der Nachbarschaft? Wenn ja, welche? Wenn nein, ist überprüft worden und garantiert, dass trotz des neuen Trumms keine Beeinträchtigungen der Nachbargrundstücke zu befürchten stehen? Es hat bislang keine Grundwasserprobleme gegeben. Aufgrund der wasserdichten Ausführung der Baugrube wurde der Grundwasserspiegel während der Bauzeit nur geringfügig beeinflusst. Auch langfristig ist aufgrund der Grundwasserfließrichtung nicht zu erwarten, dass der Neubau die Grundwasserstände auf den Nachbargrundstücken verändern wird. 6. Wem beziehungsweise welchen Gremien hat die „nicht öffentliche Stellungnahme “ des ehemaligen Oberbaudirektors wann vorgelegen? Die Stellungnahme des Oberbaudirektors fließt in die Entscheidung der Verwaltung ein. Diese wurde dem Unterausschuss für Bauangelegenheiten Winterhude/ Eppendorf am 12. November 2012 von der Verwaltung im nicht öffentlichen Teil der Sitzung allumfassend vorgestellt, diskutiert und von diesem zur Kenntnis genommen. 7. Welchen Stellenwert hat im Baugenehmigungsverfahren die Vorlage einer „nicht öffentlichen Stellungnahme“ des Oberbaudirektors? Es handelt sich um eine fachliche Stellungnahme nach § 70 Hamburgische Bauordnung (HBauO). 8. Wann und wo wird diese Stellungnahme des ehemaligen Oberbaudirektors publik gemacht, allemal, nachdem durch die Presseberichterstattung ein großes öffentliches Interesse an den Vorgängen unterstrichen wur- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16949 3 de? Wenn es nicht zur Veröffentlichung dieses Statements kommt, warum nicht? Das Baugenehmigungsverfahren ist ein nicht öffentliches Verfahren, fachliche Stellungnahmen werden deshalb generell nicht veröffentlicht. Das Vorhaben als Einfamilienhaus fällt nicht in den Anwendungsbereich des Hamburgischen Transparenzgesetzes (HmbTG), sodass auch die Baugenehmigung nicht der Veröffentlichungspflicht unterliegt.