BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17004 21. Wahlperiode 03.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Oetzel und Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 25.04.19 und Antwort des Senats Betr.: Prüfungsbedingungen für das erste juristische Staatsexamen (III) Mit den Drs. 21/16714 und 21/16852 beantwortete der Senat bereits einige Fragen zu den Prüfungsbedingungen für das erste juristische Staatsexamen. Aufgrund der Antworten des Senats sind mehrere Folgefragen aufgekommen . In der Drs. 21/16852 führte der Senat aus, dass es nur zu einzelnen Klausurterminen – insbesondere zu den Klausuren im April – zu besonders hohen Anmeldungen, auch im Bereich von über 200 Bewerbern, kommen wird. Das JPA verfügt über 100 eigene Plätze für Prüflinge und kann auf weitere Räumlichkeiten am OLG zurückgreifen, sodass auch in den nächsten Jahren wahrscheinlich viele Prüflinge im April geschoben werden. Zu den Räumlichkeiten wurde angeführt, dass andere universitäre oder öffentliche Einrichtungen entweder nicht die geeignete Größe, die passenden Tische oder die sanitären Voraussetzungen erfüllten oder nicht in der erforderlichen Häufigkeit zur Verfügung stünden. Nach Angaben von Studierenden wird die universitäre Schwerpunktprüfung, die eine Teilnote des ersten juristischen Staatsexamens ist, aber in den Räumlichkeiten der Universitäten durchgeführt. Neben der Anmeldung für das erste juristische Staatsexamen wird die Verwaltungspraxis zur Akteneinsicht, die sich auch auf den universitären Schwerpunkt erstreckt, von vielen Studierenden als unzureichend beschrieben . So darf wohl nur ein Bleistift mitgeführt werden. Das Abfotografieren der Klausuren ist unzulässig. Eine Kopie wird nur bei einem eingereichten Widerspruch ausgehändigt. Aus § 29 HmbJAG lässt sich jedenfalls diese Verfahrensausgestaltung nicht herleiten. Auch sorgen unbestimmte Begriffe in der Hilfsmittelverfügung für Unsicherheit bei den Studierenden. So ist beispielsweise unklar, wie eine Unterstreichung definiert ist. Teilweise wird unter Unterstreichung ein zusammenhängender Strich verstanden. Andere werten jedoch jedes einzelne Wort als Unterstreichung. Eine Klärung durch das JPA ist für die Studierenden auch nicht möglich, denn in der Hilfsmittelverfügung führt das JPA aus: Schriftliche oder telefonische Anfragen zur Hilfsmittel-Verfügung werden nicht beantwortet. Dies ist für viele Studierende insoweit bedeutsam, da ein Verstoß gegen eine Bestimmung der Hilfsmittelverfügung als Benutzung nicht zugelassener Drucksache 21/17004 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Hilfsmittel gewertet wird und damit ein Täuschungsversuch nach § 24 Absatz 4 HmbJAG ist. Ferner wurde mit der Drs. Dr. 21/14523 beschlossen, IT-unterstütze Klausuren in den juristischen Staatsexamina aktiv voranzutreiben. Dabei ist darauf zu achten, dass Prüflinge angemessen auf dieses Prüfungsformat vorzubereiten sind. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Verfügung über die Benutzung von Hilfsmitteln bei den Aufsichtsarbeiten und in der mündlichen Prüfung wurde in den vergangenen Jahren deutlich erweitert, um möglichst alle Fragen der Prüflinge in Bezug auf erlaubte Hilfsmittel vorab klären zu können. Vorher kamen viele Prüflinge mit ihren Gesetzestexten, um diese durchsehen zu lassen. Im Rahmen der Erweiterung der Hilfsmittelverfügung wurde zudem der Hinweis aufgenommen, dass schriftliche oder telefonische Anfragen zur Hilfsmittelverfügung nicht beantwortet werden. Dieser Hinweis ist mittlerweile überholt und wird bei nächster Gelegenheit entfernt. Sachgerechte Fragen von Prüflingen werden ungeachtet des Hinweises schon heute regelmäßig durch das Justizvollzugsprüfungsamt (JPA) beantwortet. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Ist die Durchführung der schriftlichen Examensklausuren in Zukunft auch bei Anmeldezahlen von über 200 für alle angemeldeten Prüflinge regelhaft für den April-Termin möglich? Falls ja, unter welchen Voraussetzungen? Was unternimmt der Senat, um diese Voraussetzungen zu schaffen? Falls nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/16852. 2. Müssen die Räumlichkeiten für die universitäre Schwerpunktprüfung dieselben Voraussetzungen erfüllen, wie die Räumlichkeiten für die staatliche Pflichtfachprüfung? Falls nein, warum nicht? Verbindliche beziehungsweise einheitliche Standards für die Beschaffenheit von Prüfungsräumen gibt es nicht. Die Fakultäten und das Hanseatische Oberlandesgericht legen die Anforderungen an die Prüfungsräume in eigener Verantwortung fest. Für die staatliche Pflichtfachprüfung hat das Hanseatische Oberlandesgericht nachfolgende Anforderungen festgesetzt: Die Räume müssen Kapazitäten von mindestens 100 Plätzen für Prüflinge aufweisen. Dabei müssen die Tische im ersten Examen so ausreichend groß sein, dass die Prüflinge die Gesetzessammlungen Schönfelder und Sartorius aufgeklappt nutzen und zudem den Aufgabentext auslegen und daneben die Klausur anfertigen können. Der Abstand zwischen den Tischen muss so beschaffen sein, dass ein Abschreiben nur schwer möglich ist. Für die Prüflinge müssen komfortable Stühle bereit stehen, die für ein fünfstündiges Sitzen geeignet sind. Zudem muss der Raum über sehr gute Lichtverhältnisse verfügen. Er muss in einem Bereich liegen, in dem gewährleistet ist, dass es zu keinen akustischen Störungen kommt. WC- Anlagen müssen in nächster Nähe und ausschließlich nur für die Prüflinge nutzbar vorhanden sein. Das Aufsichtspersonal muss in der Lage sein, den Klausurraum und zugleich die WC-Anlagen zu kontrollieren. Zudem muss gewährleistet sein, dass Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, am besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Prüfungsamtes, vor Ort sind, um Maßnahmen zu ergreifen, wenn es zu Problemen kommt, insbesondere bei plötzlichen, zum Teil der Aufregung geschuldeten, krankheitsbedingten Ausfällen von Prüflingen. Vorteilhaft ist, wenn die Räumlichkeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen sind. Die Räumlichkeiten der Universität Hamburg und der Bucerius Law School erfüllen nicht die vorgenannten Anforderungen für die staatliche Pflichtfachprüfung. Insbeson- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17004 3 dere lassen sich die Pflichtfachprüfungen nicht in den Studienalltag der Universität Hamburg und der Bucerius Law School integrieren, da die vorhandenen Raumkapazitäten dafür nicht ausreichen. 3. In welchen Räumlichkeiten werden die Klausuren für die universitäre Schwerpunktprüfung an der Universität Hamburg und an der Bucerius Law School geschrieben? Siehe Antwort zu 2. Die Klausuren für die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung an der Universität Hamburg werden grundsätzlich in den Hörsälen, das heißt im Audimax oder im Rechtshaushörsaal, geschrieben. Für nachteilsausgleichsberechtige Prüfungskandidatinnen und -kandidaten werden in der Regel kleinere Seminarräume zur Verfügung gestellt. An der Bucerius Law School werden die Klausuren in mehreren Seminarräumen im Gebäude der Bucerius Law School geschrieben. 4. Sind die Räumlichkeiten, in denen die universitäre Schwerpunktprüfung geschrieben wird, geeignet für die Durchführung der staatlichen Pflichtfachprüfung ? Falls nein, warum nicht? Siehe Antwort zu 2. 5. Wurden jemals die Kandidaten der Examenstermine nach Universitäten räumlich getrennt? 6. Wurden jemals die Prüfungsnummern der Kandidaten der Examenstermine nach Universität vergeben? Nein. 7. Ist mit der geplanten Anpassung der Regelstudienzeit auf zehn Semester eine Anpassung der PrüfungsgegenständeVO seitens des Senats geplant? Derzeit wird eine Änderung der Prüfungsgegenständeverordnung erarbeitet. Diese steht jedoch in keinem Zusammenhang mit der geplanten Anpassung der Regelstudienzeit auf zehn Semester, sondern basiert auf den Empfehlungen des Ausschusses zur Koordinierung der Juristenausbildung (KoA) und verfolgt das Ziel einer weiteren Harmonisierung der Juristenausbildung. 8. Wie wird die Akteneinsicht in der bisherigen Verwaltungspraxis für die Klausuren des ersten Examens und für die Schwerpunktprüfung an den Universitäten gehandhabt? 9. Dürfen von den Klausuren tatsächlich keine Fotografien gemacht werden ? Falls ja, warum nicht und auf welcher Rechtsgrundlage? Die Akteneinsicht ist in § 29 HmbJAG geregelt. Die Bucerius Law School gestattet die Akteneinsichtnahme unter Klausurbedingungen (keine Kommunikation untereinander, keine Handys, lediglich handschriftliche Notizen ausschließlich mit eigenem Bleistift). Das Konzeptpapier wird von der Hochschule gestellt. Ein Abfotografieren im Rahmen der Akteneinsicht ist nicht erlaubt. Die Studien- und Prüfungsordnung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg enthält für die Schwerpunktbereichsprüfung für den Studiengang Rechtswissenschaft (SPO) eine Spezialregelung. Nach § 47 SPO wird von der Leiterin oder dem Leiter des Prüfungsamtes bis zu einem Jahr nach Abschluss des Prüfungsverfahrens auf Antrag des Prüflings in angemessener Frist Einsicht in die schriftlichen Prüfungsarbeiten gewährt. 10. Stellt die bisherige Verwaltungspraxis der Akteneinsicht aus Sicht des Senats eine Rechtsschutzverkürzung der Kandidaten dar? Falls ja, was unternimmt der Senat, um diesen Zustand zu beenden? Drucksache 21/17004 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Falls nein, warum nicht? 11. Ergibt sich aus der Sicht des Senats aus Artikel 15 DSGVO ein unbefristeter Auskunftsanspruch hinsichtlich der gesamten Prüfungsunterlagen aus dem Staats- und Universitätsteil des ersten juristischen Examens? Falls nein, warum nicht? Der Senat hat sich hiermit nicht befasst. Im Übrigen siehe Antwort zu 8. und 9. 12. Warum beantwortet das JPA keine Fragen zur Hilfsmittelverfügung? 13. Wie können Kandidaten bei unbestimmten Begriffen sicherstellen, dass ihre Interpretation keinen Verstoß gegen die Hilfsmittelverfügung darstellt ? Die Hilfsmittelverfügung vermeidet unbestimmte Begriffe. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 14. Was ist unter Unterstreichung beziehungsweise Hervorhebung im Sinne der Hilfsmittelverfügung zu verstehen? Eine Unterstreichung ist ein Strich unter einem oder mehreren Wörtern. Eine Hervorhebung ist eine auffällige Markierung eines oder mehrerer Worte. 15. Wie ist der aktuelle Stand zur Umsetzung der IT-gestützten Klausuren für das erste und zweite juristische Staatsexamen? 16. Werden an den Universitäten schon IT-gestützte Klausuren geschrieben ? Falls ja, in welchen Fächern? Falls nein, wie werden die Studierenden auf die IT-gestützten Klausuren vorbereitet? Zur Vorbereitung der Einführung IT-gestützter Staatsexamensklausuren wurde unter Federführung des Hanseatischen Oberlandesgerichts eine interdisziplinäre Projektgruppe eingerichtet, die sich intensiv mit den relevanten Fragestellungen beschäftigt. Der Senat beabsichtigt, die Bürgerschaft im Rahmen der Beantwortung des Bürgerschaftlichen Ersuchens aus Drs. 21/14523 über die Ergebnisse zu unterrichten. An der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg werden noch keine IT-gestützte Klausuren angeboten. Es bedarf auch keiner Vorbereitung, da Klausuren der staatlichen Pflichtfachprüfung derzeit noch händisch erstellt werden. An der Bucerius Law School werden bisher in einigen Fremdsprachenprüfungen (Wahlfächer) und im Fach Rechtsvergleichung (Wahlfach) Klausuren am PC/Laptop geschrieben. In den Pflichtfächern werden keine IT-gestützten Klausuren angeboten. 17. Warum ist eine Meldung zum Examen nicht online möglich? Die von der überwiegenden Zahl der Prüflinge des Stadtstaates ausdrücklich gewünschte Praxis einer persönlichen Anmeldung, mit der Gelegenheit, Anmeldeunterlagen sofort prüfen zu lassen und Fragen zum Verfahren zu stellen, hat sich bewährt. Zusätzlich ist die Bereitstellung einer Online-Anmeldung entsprechend § 1 Absatz 1 des Online-Zugangsgesetzes (OZG) zum Ablauf des Jahres 2022 geplant.