BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17023 21. Wahlperiode 07.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Harald Feineis (AfD) vom 29.04.19 und Antwort des Senats Betr.: Wie wirkungsvoll kann das künftige Shisha-Kohlenstoffmonoxid- Gesetz1 durch die Bezirksämter umgesetzt werden und ist es überhaupt evaluierbar? Der Shisha-Konsum birgt gravierende gesundheitliche Gefahren – insbesondere die Gefahr einer potenziell lebensbedrohlichen Kohlenstoffmonoxid- Vergiftung im Zusammenhang mit dem Besuch von sogenannten Shisha- Bars. Verbrennt beziehungsweise verglüht die Kohle, mit der Shishas traditionell betrieben werden, unvollständig, entsteht das Atemgift Kohlenstoffmonoxid, welches sich bei unzureichender Raumbelüftung rasch in schädlichen Konzentrationen anreichert und somit nicht nur die aktiven Shisha-Raucher, sondern jeden gefährdet, der sich in Shisha-Einrichtungen aufhält. Mit der zunehmenden Beliebtheit des Shisha-Rauchens hat die Anzahl entsprechender Lokalitäten in Hamburg deutlich zugenommen und damit einhergehend auch die Zahl der Vergiftungsfälle.2 Aufgrund aktuell nicht ausreichender rechtlicher Regulierung erkannte der Senat gesetzgeberischen Handlungsbedarf, um die Entstehung von gefährlichen Kohlenstoffmonoxid-Konzentrationen in der Raumluft von Shisha- Einrichtungen zukünftig wirkungsvoll zu verhindern.3 Die vorgesehenen gesetzlichen Regelungen beziehen sich dementsprechend unter anderem auf - technische Maßnahmen, um Grenzwertüberschreitungen4 vermeiden zu können – etwa durch raumlufttechnische Anlagen, deren Funktions- und Leistungsfähigkeit nachzuweisen und zu dokumentieren ist, - die Installation von Kohlenstoffmonoxid-Warngeräten (Meldern), - die turnusmäßige Überprüfung der technischen Vorkehrungen - die Überwachungs- und Kontrollaufgaben unter anderem durch die Bezirksämter. 1 HmbShKG. 2 Drs. 21/16175; Entwurf für ein Hamburgisches Gesetz zum Schutz vor gesundheitlichen Gefahren durch Kohlenstoffmonoxid in Shisha-Einrichtungen. 3 Ebenda. 4 Zur Grenzwertfestlegung siehe Drs. 21/16175, Seite 5. Drucksache 21/17023 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Mit der behördlichen Überwachung- und Kontrolle sind unter anderem verbunden : - die Besichtigung von Geschäfts- und Betriebsräumen, - Dokumentationsaufgaben, - die Durchführung von Messungen, - das Einsehen und Prüfen von Unterlagen, - das Anfertigen von Abschriften dieser Unterlagen beziehungsweise das Anfertigen von Kopien entsprechender Datenträger, - das Einholen von Auskünften über Betriebsvorgänge. Bemerkenswert sind die vielen mit der vorgesehenen gesetzlichen Regelung verbundenen Unsicherheiten: - So ermittelte der Senat die Anzahl der in Hamburg bestehenden Shisha- Bars offenbar nur anhand einer Internetrecherche und geht daneben von einer „unbestimmten“5 Zahl von Geschäften für Shisha-Zubehör und kulturellen Begegnungsstätten aus, in denen ebenfalls Shishas angeboten werden. Die Gesamtzahl der Shisha-Einrichtungen, auf die das HmbShKG angewendet werden soll, ist dem Senat demnach nicht bekannt. - Der in den Bezirksämtern zukünftig anfallende Mehraufwand durch Überwachungs- und Kontrolltätigkeiten kann vom Senat nicht quantifiziert werden,6 was dazu führt, dass die Aufgaben zunächst im Rahmen der vorhandenen personellen Ressourcen durchzuführen sind. Später soll eine Evaluierung mit gegebenenfalls anschließender Personalanpassung vorgenommen werden. - Der Senat räumt indirekt ein,7 über keine aussagekräftige Datenbasis im Hinblick auf Fallzahlen von Vergiftungen mit Kohlenstoffmonoxid in Hamburger Shisha-Einrichtungen zu verfügen. Erstens werden solche Fälle derzeit nicht systematisch erfasst und zweitens auch im Rahmen von Behandlungen nicht ermittelt, weil Ärzte bei der Behandlung von Kohlenstoffmonoxid -Vergiftungen derzeit den Zusammenhang mit dem Besuch von Shisha-Einrichtungen weder regelhaft abfragen noch gar dokumentieren . Da die Bezirksämter trotz hinzukommender Arbeitsanforderungen zunächst kein zusätzliches Personal erhalten, ist zu befürchten, dass sie ihre Aufgaben im Rahmen des HmbShKG je nach aktueller Personallage und konkurrierenden Prioritäten wahrnehmen werden und nicht nach durchdachten regelhaften Vorgaben, die präzise auf eine möglichst effektive Umsetzung der HmbShKG-Bestimmungen abtzielen. Ohne zeitliche und quantitative Umsetzungsvorgaben – das heißt ohne entsprechende Zielvereinbarungen – ist auch eine spätere Evaluierung der Bezirksamtsleistungen nicht sinnvoll. Das entsprechende Evaluierungsergebnis sollte Auskunft über die Erreichung vorab definierter Ziele und nicht darüber geben, ob die Bezirksämter die zusätzlichen Aufgaben trotz personeller Überlastung noch so einigermaßen mit erledigen konnten. 5 Drs. 21/16175, Seite 1. 6 Ebenda, Seite 4. 7 Ebenda, Seite 2. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17023 3 Schwierig erscheint auch die Evaluierung des zukünftigen HmbShKG an sich. Wenn das Ziel einer Gesetzesevaluierung darin besteht, die Erreichung eines angestrebten Soll-Zustandes zu ermitteln, wirft dies Probleme auf, wenn schon der Ist-Zustand datenmäßig nicht hinreichend erfasst ist (hohe Dunkelziffer)8 und auch der Zielerreichungsgrad zum Evaluierungszeitpunkt vermutlich kaum quantifizierbar sein wird. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat hat die in der jüngeren Vergangenheit immer wieder auftretenden Fälle von CO-Vergiftungsfällen in Shisha-Bars zum Anlass genommen, der Bürgerschaft einen Gesetzentwurf zum Schutz vor gesundheitlichen Gefahren durch Kohlenstoffmonoxid in Shisha-Einrichtungen (HmbShKG) zuzuleiten. Hierin sind auch Anforderungen an den Betrieb von Shisha-Einrichtungen vorgesehen. Weiterer zentraler Bestandteil ist darin die Festlegung eines Grenzwertes maximaler CO-Konzentration sowie verpflichtender technischer Vorkehrungen zu dessen Einhaltung. Zudem sieht das Gesetz eine Anmeldepflicht für Betreiberinnen und Betreiber von Shisha-Einrichtungen vor. Anders als nach bisheriger Rechtslage werden damit erstmals sämtliche in Hamburg ansässige Shisha-Einrichtungen als solche identifizierbar sowie die Bezirksämter in die Lage versetzt, Shisha-Betriebe systematisch zu erfassen und zu kontrollieren. Die Regelungen des HmbShKG werden bezogen auf Bestandsbetriebe über einen Zeitraum von einem Jahr gestaffelt in Kraft treten. Innerhalb dieses Jahres soll zunächst die notwendige Datengrundlage geschaffen werden, die einen effizienten Vollzug des Gesetzes ermöglicht. Die Shisha-Einrichtungen werden im Wesentlichen risikoorientiert kontrolliert. Der Gesetzentwurf befindet sich zurzeit in der parlamentarischen Beratung. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Gibt es aufseiten des Senats Festlegungen oder zumindest Vorstellungen darüber, mit welcher Taktung beziehungsweise mit welcher Priorisierung die Bezirksämter die ihnen übertragenen Überwachungs- und Kontrollaufgaben aus dem zukünftigen HmbShKG wahrnehmen sollen? 2. Gibt es aufseiten des Senats Festlegungen oder zumindest Vorstellungen darüber, wie ein quantifizierbarer Soll-Zustand zum Zeitpunkt der Gesetzesevaluierung aussehen soll? 3. Wurden aufseiten des Senats bereits Überlegungen angestellt, wie man möglichst bald zu einer aussagekräftigen Datenbasis im Hinblick auf Einrichtungs - und Fallzahlen gelangt, um den Ist-Zustand und somit später auch den Zielerreichungsgrad besser quantifizieren zu können? Mit der Anzeigepflicht, die für bestehende Betriebe spätestens drei Monate nach Verkündung des Gesetzes und mit sofortiger Wirkung für neu eröffnende Einrichtungen gilt, wird die Zahl der Shisha-Einrichtungen wenige Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes bekannt sein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Drs. 21/16175. 4. Wurden aufseiten des Senats bereits Überlegungen angestellt, welche Mindestanforderungen erfüllt werden müssen bei einer Neueröffnung einer Shisha-Bar in Bezug auf Raumgröße (minimale Grundfläche und umbauter Raum), die maximalen Sitzplätze und Anzahl der zu öffnenden Fensterflächen? Zentrale Anforderung und maßgebliches Kriterium für den Betrieb einer Shisha- Einrichtung ist der in § 4 festgelegte Grenzwert von 30 ppm CO-Konzentration in der Raumluft. 5. Wurden aufseiten des Senats weitere Überlegungen angestellt, ob bei einer Neueröffnung, mit zum Beispiel über 40 Plätzen, ein Gutachten 8 Ebenda. Drucksache 21/17023 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 erstellt werden muss, um die ausreichende Leistungsfähigkeit der Lüftungsanlage zu bescheinigen? Gemäß § 3 Absatz 2 Nummer 8 HmbShKG werden die Betreiberinnen und Betreiber von Shisha-Einrichtungen verpflichtet, spätestens zwei Wochen vor Inbetriebnahme der Shisha-Einrichtung eine Bestätigung durch eine sachkundige Person nach § 2 Absatz 2 HmbShKG vorzulegen, dass die Voraussetzung des § 4 Satz 1 erfüllt ist, mithin also der Kohlenstoffmonoxid-Gehalt in der Luft den Wert von 30 ppm in allen Bereichen der Shisha-Einrichtung zu keinem Zeitpunkt überschreitet.