BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1704 21. Wahlperiode 02.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir und Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 24.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Situation und Sicherheit weiblicher Flüchtlinge Weibliche Flüchtlinge unterliegen nicht nur auf der Flucht anderen Umständen als männliche Flüchtlinge, sondern auch wenn sie in Unterkünften in Deutschland angekommen sind. Hier sehen sie sich häufig mit der Situation konfrontiert, dass es keine frauenspezifischen Unterkünfte und Räume gibt. Viele der Frauen fliehen alleine mit ihren Kindern oder sind aufgrund der Flucht von ihrem Ehepartner getrennt. Häufig kümmern sie sich alleine um ihre Kinder und übernehmen die Versorgungs- und Hausarbeit in den Unterkünften . Dabei haben sie meistens keine frauenspezifischen Rückzugsorte. Die alleinige Sorge und Verantwortung führt in vielen Fällen dazu, dass die Frauen nicht an Angeboten für Flüchtlinge teilnehmen können. Wir fragen den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften von f & w fördern & wohnen – Anstalt öffentlichen Rechts (f & w) und des Deutschen Roten Kreuzes, Kreisverband Hamburg-Harburg e.V. (DRK) wie folgt: 1. Inwiefern gibt es Unterkünfte nur für weibliche Flüchtlinge? Wenn nein, sind diese in Planung? Es gibt keine Unterkünfte, in denen ausschließlich weibliche Flüchtlinge aufgenommen werden. In einzelnen Unterkünften können im Bedarfsfall Etagen oder Aufgänge im Rahmen von Belegungen und Umverlegungen für Frauen entstehen. Diese haben jedoch in der Regel, aufgrund des nicht einheitlichen Bedarfes, keinen dauerhaften Bestand. Reine Fraueneinrichtungen oder solche für weibliche Flüchtlinge sind nicht in Planung. 2. Wie und durch wen bekommen Frauen Informationen über ihre Rechte, Schutz- und Beratungsmöglichkeiten in Fällen von sexualisierter Gewalt beziehungsweise Belästigung sowie anderen Formen von Gewalt? Die Polizei informiert entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag über die Rechte von Opfern von Gewalt und über die Möglichkeiten, Hamburger Schutz- und Beratungseinrichtungen in Anspruch nehmen zu können. Im Rahmen der Beratung des vor Ort tätigen Unterkunfts- und Sozialmanagements erhalten alle Rat- und Schutzsuchenden Frauen sowohl in den Erstaufnahmen als auch in den Wohnunterkünften Informationen über Möglichkeiten der Beratung und Hilfe in Fällen von sexualisierter und anderer Gewalt beziehungsweise Belästigung. Drucksache 21/1704 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Darüber hinaus werden alle Flüchtlingsunterkünfte mit mehrsprachigem Material des bundesweiten Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“ versorgt. Laut Auskunft des Hilfetelefons sollen Materialien in arabischer Sprache verstärkt erarbeitet werden, sodass diese künftig ebenfalls in den Einrichtungen zur Verfügung stehen werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/1570. 3. Wie und wer vermittelt Frauen in akuten Fällen an die Hamburger Schutz- und Beratungseinrichtungen? Das Unterkunfts- und Sozialmanagement der Erstaufnahmeeinrichtungen und der Folgeunterbringung kann – je nach Wunsch der betroffenen Frauen – an Schutz- und Beratungseinrichtungen verweisen und die dafür erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen oder konkret helfen, die entsprechenden Kontakte herzustellen. Laut Auskunft der Hamburger Schutz- und Beratungseinrichtungen erfolgt die Vermittlung je nach Einzelfall direkt über die Polizei, andere Beratungsstellen sowie über den ASD der Bezirke oder über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Flüchtlingsunterkünfte . 4. Durch wen werden Gespräche und Anliegen in den Unterkünften übersetzt ? Für die Übersetzung der Beratungsgespräche der Bewohnerinnen und Bewohner mit dem Unterkunfts- und Sozialmanagement werden f & w-eigene Honorarkräfte eingesetzt . Das DRK, das neben f & w Unterkünfte der Zentralen Erstaufnahme betreibt, setzt bei einfachen Gesprächen andere Flüchtlinge, die bereits über Englisch- oder Deutschkenntnisse verfügen, ein. Komplexere Gespräche werden auch hier über Honorarkräfte geführt. Darüber hinaus existieren die Listen vereidigter Dolmetscher und Übersetzer . a. Inwiefern haben Dolmetscherinnen und Dolmetscher Erfahrungen in der Übersetzungsarbeit zu sexualisierter Gewalt und anderen Gewaltthemen? Der Schwerpunkt des Dolmetschens in den Unterkünften ist die Übersetzung alltäglicher Probleme und Beratungen. Gewalt oder sexualisierte Gewalt kommen demgegenüber nur sehr selten in den Fokus der Gesprächsübersetzungen. Daher wird eine besondere Kompetenz in diesem Bereich in der Regel nicht abgefragt, es liegen dementsprechend auch keine Daten in Bezug auf diese Erfahrungswerte vor. b. Inwiefern werden Dolmetscherinnen und Dolmetscher auch in Grundlagen der Psychotraumatologie sowie Krisenintervention fortgebildet ? Wenn nein, warum nicht? Dolmetscherinnen und Dolmetscher nehmen in den Einrichtungen des DRK an Fortbildungen für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter teil, die die zum Erkennen von Traumata befähigen sollen. f & w bietet diesbezügliche Fortbildungen für Dolmetscher nicht an. c. Inwiefern erhalten Dolmetscherinnen und Dolmetscher regelmäßig Supervision? Wenn nein, warum nicht? Für Dolmetscher sind keine regelmäßigen Supervisionen vorgesehen, weil nicht grundsätzlich davon auszugehen ist, dass mit der Tätigkeit des Dolmetschens entsprechende Probleme verbunden sind. Sollte es dennoch zu weitergehenden Informations - oder Hilfebedarfen kommen, stehen die Sozialarbeiter der Einrichtungen für Gespräche zur Verfügung und können gegebenenfalls an kompetente Stellen verweisen . 5. In welchen Unterkünften gibt es Frauenschutzräume? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1704 3 f & w schafft Schutzraum für Frauen in erster Linie durch die Steuerung der Belegung. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und Drs. 21/1570. 6. Wie sind die Geschlechter in den unterschiedlichen Personalkategorien der Flüchtlingsunterkünfte verteilt? Bitte Beschäftigung und prozentuale Verteilung auflisten. In den Standorten der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen sind 117 der festangestellten Mitarbeiter Frauen (50 Prozent der Gesamtheit) im Unterkunfts- und Sozialmanagement und im Technischen Dienst tätig. Darüber hinaus gibt es an diesen Standorten Aushilfskräfte, die für jeweils drei Monate zur Überbrückung von Einarbeitungszeiten aushelfen. Hier sind 82 Frauen (62,1 Prozent der Gesamtheit) tätig. In den Standorten der Folgeunterbringung sind derzeit im Unterkunfts- und Sozialmanagement 155 Frauen (74,1 Prozent der Gesamtheit) und im Technischen Dienst zwei Frauen (1,5 Prozent der Gesamtheit) tätig. In den Einrichtungen des Trägers DRK stellt es sich wie folgt dar: ZEA Karl-Arnold-Ring Tätigkeit Anteil weiblicher Beschäftigter Anteil männlicher Beschäftigter Leitung 0 % 100 % Sozialmanagement 50 % 50 % Unterkunftsmanagement 100 % 0 % Technischer Dienst 0 % 100 % Ärzte* 25 % 75 % Dolmetscher* 40 % 60 % Deutschlehrer* 50 % 50 % ZEA Neuland Tätigkeit Anteil weiblicher Beschäftigter Anteil männlicher Beschäftigter Leitung 0 % 100 % Sozialmanagement 70 % 30 % Unterkunftsmanagement 66 % 33 % Technischer Dienst 0 % 100 % Ärzte* 25 % 75 % Dolmetscher* 40 % 60 % Deutschlehrer* 50 % 50 % * Bei diesen Personengruppen handelt es sich um Honorarkräfte mit schwankenden Stundenzahlen . Die Angabe ist daher nur eine Schätzung. 7. Welche Programme und Angebote gibt es speziell für weibliche Flüchtlinge und wie wird gewährleistet, dass sie diese wahrnehmen können? In den Erstaufnahmeeinrichtungen gibt es Angebote, die sich an Frauen und Mädchen verschiedener Altersgruppen richten. Hierzu gehören:  Deutschkurse für Frauen (auch mit Kinderbetreuung),  Mutter-Kind-Gruppen,  Hebammensprechstunden,  Mütterberatung,  Frauencafés,  Handarbeitsgruppen,  Sport- und Bewegungsveranstaltungen (unter anderem Yoga, Entspannungstherapie , Kampfkunst/Selbstverteidigung),  Mädchenfreizeitgruppen, „Girls only“-Mädchentreff und Ähnliches. Drucksache 21/1704 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Der größere Teil der Angebote in den Einrichtungen wird in eigener Regie durchgeführt . Insofern ist der Zugang sehr niedrigschwellig. Ein Teil der Angebote findet außerhalb der Einrichtungen statt, unter anderem um die Bewohnerinnen auch mit dem sozialräumlichen Umfeld vertraut zu machen. Der betroffene Personenkreis wird durch Hinweise am Schwarzen Brett, über eine Bekanntgabe während der Sozialberatung oder während des Erstinformationsgesprächs sowie über die gezielte Ansprache von einzelnen Personen informiert. Männer werden bei Angeboten für Frauen nicht berücksichtigt. Dies gilt auch für die Wohnunterkünfte der Folgeunterbringung. Dort wird jedoch Wert darauf gelegt, dass die Integration in die Regelsysteme und die umliegenden Strukturen dadurch befördert wird, dass die Bewohnerinnen, deren Integrationsprozess in der Regel auch schon weiter fortgeschritten ist, vermehrt externe Angebote nutzen. In beiden Einrichtungsformen wird die Angebotsstruktur auch durch die Bedürfnisse der Bewohnerinnengruppen, die sozialräumliche Lage, durch vorhandene Angebote, sowie die personellen und räumlichen Gegebenheiten in der Einrichtung bestimmt. Zu den Angeboten Ehrenamtlicher siehe Drs. 21/915. Spezielle Angebote zur Gewaltthematik gibt es für die Personengruppe weiblicher Flüchtlinge nicht. Weibliche Opfer von Gewalt finden einen sicheren Zufluchtsort in den Hamburger Frauenhäusern. Im Übrigen siehe Drs. 20/10994.