BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17057 21. Wahlperiode 10.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver und Carsten Ovens (CDU) vom 02.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Zu wenig Lehrkräfte, aber viele Studienbewerber – Warum wird die Zahl der Studienplätze nicht erhöht und das große Potenzial genutzt? Steigende Geburtenraten, die Ganztagsbeschulung und Pensionierungen führen zu steigendem Lehrkräftebedarf: Laut der Studie „Lehrkräfte dringend gesucht“ der Bertelsmann Stiftung von 2018 fehlen bis zum Jahr 2025 bundesweit rund 35 000 Lehrerinnen und Lehrer allein für den Grundschulunterricht . Auch in Hamburg sind aktuell zahlreiche Lehramtsstellen unbesetzt, vor allem in sozial belasteten Stadtteilen.1 Zwar hat die Behörde für Schule und Berufsbildung die Zahl der Plätze im Vorbereitungsdienst für Lehrämter im Februar um 40 Prozent erhöht; statt 570 sollen künftig jedes Jahr 810 Lehrerinnen und Lehrer ihre Ausbildung abschließen. Angesichts der Studienplätze und Bewerbungen in den Lehramtsstudiengängen an der Universität Hamburg ist dies jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Zahl der Bewerber liegt hier um ein Vielfaches höher als es Plätze gibt. Allein für Erziehungswissenschaften im Lehramtsstudium für Gymnasien gab es im Wintersemester 2018/20192 1 593 Bewerber auf 285 Plätze; das ist mehr als das Fünffache. Zehnmal so viele Bewerber wie Plätze gab es für das Lehramtsstudium Biologie im Gymnasialzweig, ähnlich hoch ist die Quote unter anderem für die Gymnasial-Lehramtsfächer Deutsch, Englisch und Geographie. Beim Lehramtsstudium der Primarstufe und Sekundarstufe I ist das Bild ähnlich dramatisch : Die Zahl der Interessenten ist um ein Vielfaches höher als die Zahl der Plätze, sodass nach Numerus Clausus nur die Zeugnisbesten einen Studienplatz ergattern und das große Potenzial der übrigen Bewerber ungenutzt bleibt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Nach Angaben der Universität Hamburg (UHH) ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sich die Mehrheit der Studieninteressierten an mehr als einer Universität beziehungsweise für mehr als einen Studiengang bewirbt. Die Zahl der Bewerbungen ist damit keine realistische Abbildung des tatsächlich vorhandenen Potenzials. Andererseits ist festzustellen, dass in bestimmten Fächern Angebot und Nachfrage besonders deutlich auseinander liegen. Für diese Effekte gibt es unterschiedliche Erklärungen: Zum Teil handelt es sich um Fächer, die auch andere stark nachgefragte Studiengänge bedienen (insbesondere Deutsch, Englisch). In anderen Fächern (zum Beispiel Biologie, Geographie) ist das Interesse der Studienplatzbewerberinnen und Studienplatzbewerber deutlich größer als der Ersatzbedarf in den Schulen. Es wäre daher 1 https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/65629/.pdf, siehe Anlage 1. 2 https://www.uni-hamburg.de/campuscenter/studienorganisation/formulareinformationsmerkblaetter /studienplaetze-und-bewerbungen-lehraemter.pdf. Drucksache 21/17057 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 wenig sinnvoll, die Zahl der Studienplätze insoweit zu erhöhen, da die Einstellungschancen gering wären. Im Übrigen beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Universität Hamburg (UHH) wie folgt: 1. Warum werden die verfügbaren Studienplätze auf das Lehramt an Gymnasien und das Lehramt der Primarstufe und Sekundarstufe I an der Universität Hamburg nicht erhöht? Die Zahl der Studienanfängerplätze in den Lehramtsstudiengängen ergibt sich wie bei allen anderen Studiengängen auch allein aus der Kapazitätsberechnung der UHH. Eine Erhöhung der Studienplatzzahl ließe sich nur durch Ausbau der Lehrkapazitäten in den beteiligten Fächern oder durch Umschichtung aus anderen Studiengängen derselben Fächer erreichen. Da die für eine Umschichtung infrage kommenden Studiengänge der UHH insgesamt stark nachgefragt sind, steht dieser Weg nach Angabe der UHH nur in wenigen Ausnahmefällen offen. Für einen quantitativen Ausbau der Lehrerbildung an der UHH ergaben die Bedarfe der zuständigen Behörde an Hochschulabsolventen für Referendariatsplätze bislang keinen Handlungsbedarf. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. Wie viel Prozent der fest angestellten Lehrkräfte an staatlichen Hamburger Schulen haben ihr Studium an der Universität Hamburg absolviert; wie viele haben ihre Ausbildung in einem anderen Bundesland absolviert ? Bitte detailliert nach Schulform angeben. Von den festangestellten Lehrkräften an staatlichen Schulen in Hamburg haben 60 Prozent ihre zweite Staatsprüfung in Hamburg und 40 Prozent in anderen Bundesländern abgelegt. Die Aufteilung nach Schulformen kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Anteile unbefristet beschäftigte Lehrkräfte an staatlichen Schulen nach Herkunft der zweiten Staatsprüfung (Stand 31.12.2018) Schulform Grundschule Sonderschule Stadtteilschule Gymnasium Berufliche Schule Anteil Hamburg 16 % 4 % 18 % 11 % 11 % Anteil anderer Bundesländer 12 % 2 % 13 % 11% 2 % Quelle: Daten der zuständigen Behörde 3. Die GEW fordert eine Abschaffung des Numerus Clausus für Lehramtsstudiengänge . Wie steht der Senat dazu? Nach Angaben der UHH wird auf die Setzung von Zulassungshöchstzahlen in Lehramtsstudiengängen soweit wie möglich verzichtet. In den Bachelorstudiengängen werden zahlreiche Fächer zulassungsfrei angeboten; in den Masterstudiengängen werden nur für einzelne Fächer Zulassungshöchstzahlen gesetzt. Allerdings ist eine Begrenzung der Zulassungen im Fach Erziehungswissenschaft und in stark nachgefragten Fächern unerlässlich, um die Qualität der Lehramtsstudiengänge zu sichern. Durch die Begrenzung der Zahl der Studienplätze lässt sich zum Beispiel sicherstellen , dass Seminar-Veranstaltungen arbeitsfähig sind und insbesondere Schulpraktika angemessen betreut werden können. Eine ungeregelte Zulassung würde nach Erfahrungen der UHH dazu führen, dass Seminarplätze nicht für alle zugelassenen Studierenden angeboten werden können. Damit würden sich die Studienzeiten verlängern. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würde auch die Zahl der Studienabbrüche deutlich ansteigen, da Studienerfolg und Abiturnote hoch korreliert sind.