BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17061 21. Wahlperiode 10.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse, Dr. Kurt Duwe und Jennyfer Dutschke (FDP) vom 02.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Leitung des Bezirksamts Nord (VII) Der Vorverkauf für die Tickets zum Rolling-Stones-Konzert am 09.09.17 im Stadtpark begann am 12.05.17; bereits nach wenigen Stunden waren die Karten nahezu ausverkauft. Den Ausführungen der Staatsanwaltschaft in ihrer Pressemitteilung zur Anklageerhebung gegen die vormalige Staatsrätin für Bezirke ist zu entnehmen, dass bereits wenige Tage später durch den ehemaligen Bezirksamtsleiter Nord Tickets aus einem Frei- und reservierten Kaufkartenkontingent „Freunden des Hauses“ angeboten wurden.1 Die Vergabe von speziellen Arbeits- und Dienstkarten sowie gegebenenfalls weiteren Sonderkartenkontingenten für derartige Events per se ist kein ungewöhnlicher Vorgang, solange sie erst nach der grundsätzlichen Genehmigung zur Durchführung der jeweiligen Veranstaltung oder zumindest einer dementsprechenden, rechtlich zulässigen Willenserklärung der obersten politischen Führungsgremien vereinbart und vorab durch die jeweiligen Dienstvorgesetzten bewilligt wurde. Ungewöhnlich war und ist deshalb der bisherige Umgang des Senats als politischem Führungsgremium der Verwaltung sowie oberstem Dienstvorgesetzten aller Beschäftigten der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) mit dem Themenkomplex „Rolling-Stones-Konzert“. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Präses der für Kultur zuständigen Behörde wurde Anfang März 2017 aus der Hamburger Veranstaltungswirtschaft heraus – nicht vom Veranstalter selbst – über die Planungen zur Tour der Rolling Stones informiert. Am 31. März 2017 erhielt der Präses die Bestätigung, dass ein Konzert der Rolling Stones im Hamburger Stadtpark geplant sei. Angesichts der Bedeutung des Auftritts für die Stadt hat der Präses dann über das geplante Konzert in einer folgenden Senatsvorbesprechung informiert. An diesen Besprechungen nehmen regelhaft neben den Senatorinnen und Senatoren auch der Chef der Senatskanzlei sowie der Bevollmächtigte beim Bund teil. Wer an der konkreten Sitzung teilgenommen hatte, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen , da in der Senatsvorbesprechung kein Protokoll geführt wird. Nach nunmehr rund zwei Jahren lässt sich nicht mehr rekonstruieren, zu welchem Zeitpunkt die einzelnen Senatsmitglieder und Mitglieder des Staatsrätekollegiums von den Vorbereitungen des Konzerts persönlich Kenntnis erhielten oder sich austauschten . 1 Vergleiche https://justiz.hamburg.de/contentblob/11709478/326830401980ba5f5a8e015e680b09cd/ data/pressemitteilung-vom-15-10-2018.pdf. Drucksache 21/17061 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Dienststellen und öffentliche Unternehmen sowie welche ehemaligen und aktuellen Mitglieder von Senat und Staatsrätekollegium waren ab jeweils wann und in jeweils welcher Weise in die Akquise und Vorbereitung des eingangs erwähnten Konzerts involviert oder zumindest hierüber informiert? Die für Kultur zuständige Behörde war bei der Vorbereitung nur insoweit beteiligt, terminliche Kollisionen zu einem zunächst geplanten Konzert des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg am 2. September 2017 vor dem Planetarium auszuschließen . Die Polizei Hamburg, die Feuerwehr Hamburg und die Bundespolizei wurden aus sicherheitsrechtlichen Aspekten ab April 2017 in die Vorbereitung des Konzerts eingebunden . Aufseiten der Polizei waren neben dem einsatzführenden Polizeikommissariat 31 unter anderem verschiedene Dienststellen der Schutzpolizei und der Wasserschutzpolizei in die Einsatzplanung eingebunden. Von der Feuerwehr war die Einsatzabteilung für Groß- und Sonderveranstaltungen beteiligt. Das Parkraum-Management des Landesbetriebs Verkehr hat den ruhenden Verkehr im erweiterten Umfeld des Konzertes aktiv und präsent kontrolliert. Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen – Amt für Bauordnung und Hochbau – hat das Bezirksamt Hamburg-Nord bei der Gebrauchsabnahme der Tribünen unterstützt . Ferner waren die Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) und die Hochbahn-Wache im Rahmen verkehrlicher und betrieblicher Abstimmungen auf Arbeitsebene ab dem 19. Juli 2017 in die Vorbereitung des Konzerts involviert. Die Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) war ab dem 25. Juli 2017 mit der Organisation zusätzlicher verkehrlicher Leistungen und dem Einsatz von Sicherheitspersonal an den Bahnhöfen im Rahmen des Rolling Stones Konzerts befasst. Zwischen dem HVV und der FKP Scorpio Konzertproduktion GmbH (Scorpio) wurde im September 2017 eine Kostenübernahmeerklärung für die zusätzlichen verkehrlichen Leistungen und den Einsatz von Sicherheitspersonal an den Bahnhöfen abgeschlossen . Ebenso war die Deutsche Bahn – S-Bahn Hamburg in die Vorbereitungen einbezogen worden. In die Bereitstellung von Parkplätzen für die Konzertbesucherinnen und -besucher auf ausgewählten P+R-Anlagen war die P+R Betriebsgesellschaft mbH (P+R) ab dem 1. September 2017 eingebunden. Zwischen der P+R und Scorpio wurde am 1. September 2017 ein Vertrag geschlossen, der den Veranstalter berechtigte, den Konzertbesucherinnen und -besuchern auf ausgewählten P+R-Anlagen einen kostenfreien Parkplatz anzubieten. Der Veranstalter hat die dafür anfallenden Parkentgelte pauschal übernommen. Die SRH-Tochtergesellschaft Hamburger Entsorgungsgesellschaft mbH (HEG) hatte den Entsorgungs- und Reinigungsauftrag für das Konzert auf Basis eines endgültigen Angebots vom 31. August 2017. Verhandlungspartner der HEG war nicht unmittelbar Scorpio, sondern die Firma U-Need Gesellschaft für Veranstaltungslogistik und -personalservice mbH, die zur HEG am 27. Juli 2017 für das Konzert erstmals Kontakt aufnahm. Die Stadtreinigung Hamburg (SRH) hat am Tag des Konzerts und am folgenden Tag die reguläre Reinigung des Umfelds anhand eigener Erfahrungswerte aus Großveranstaltungen dem erwartenden Bedarf angepasst. Einen Kontakt oder eine Vereinbarung zur Umfeldreinigung zwischen Konzertveranstalter und SRH gab es dabei nicht. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Drs. 21/16896. 2. Wurde durch Dienststellen der FHH oder öffentliche Unternehmen im Vorwege des Konzerts und vor der Unterzeichnung des im Transparenzportal einsehbaren öffentlich-rechtlichen Vertrags vom 05.09.17 mit dem Konzertveranstalter bereits eine Absichtserklärung (Letter of Intent Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17061 3 oder Ähnliches) unterzeichnet oder sogar ein Vorvertrag mit den Konzertverantwortlichen beziehungsweise -veranstaltern abgeschlossen? a. Wenn ja, jeweils welche Vereinbarungen in Bezug auf das Konzert wurde durch jeweils wen jeweils wann genau geschlossen? b. Wenn nein, auf welcher Basis erfolgte dann der Verkauf der regulären Konzertkarten bereits im Mai 2017? 3. Wurde bereits im Rahmen der oben genannten Vorab-Vereinbarung(en) eine mögliche Bereitstellung eines Arbeits-, Dienst- oder Freikartenkontingents oder eines reservierten Kaufkartenkontingents für Beschäftigte der FHH thematisiert oder erst im Anschluss hieran? Wann wurde diese erstmals in welcher Weise durch wen vereinbart? Siehe Antwort zu 1. sowie http://suche.transparenz.hamburg.de/dataset/head-ofagreement -absichtserklaerung-konzert-rolling-stones-09-09-2017. 4. Welche ehemaligen und aktuellen Mitglieder von Senat und Staatsrätekollegium waren im Verteiler der E-Mails, mit denen der ehemalige Leiter oder andere Beschäftigte des Bezirksamts Nord die entsprechenden Kartenkontingente „Freunden des Hauses“ im Mai 2017 oder danach angeboten hatten? Wann wurde das entsprechende Angebot erstmals an jeweils welche Mitglieder von Senat und Staatsrätekollegium weitergeleitet ? Ein Verteiler der E-Mails ist dem Senat nicht bekannt. Im Übrigen äußert sich der Senat in ständiger Praxis nicht zu laufenden Ermittlungs- beziehungsweise Strafverfahren . 5. Welche ehemaligen und aktuellen Mitglieder von i. Senat sowie ii. Staatsrätekollegium waren auf dem Konzert der Rolling Stones anwesend? a. Jeweils welche und wie viele Karten hatten sie hierfür beziehungsweise inwieweit handelte es sich dabei um jeweils wie viele Karten aus jeweils welchen Sonderkontingenten? b. Jeweils wann genau haben sie die entsprechenden Karten erworben beziehungsweise erhalten? c. Haben sich die betreffenden Mitglieder des Senats im Vorfeld des Konzerts mit den ebenfalls den Konzertbesuch planenden Staatsräten über das anstehende Konzert ausgetauscht? Wenn ja, ungefähr wann und inwieweit wurden dabei auch die Freioder reservierten Kaufkartenkontingente thematisiert? Der Präses der für Kultur zuständigen Behörde hat als Ressortzuständiger und in Vertretung des Senats eine persönliche Einladung des Veranstalters für zwei Personen zur Teilnahme in Begleitung seiner Ehefrau wahrgenommen. Die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen gehört zur regelhaften Aufgabe des Kultursenators. Die Zusage erfolgte am 24. August 2017, der Eingang der Tickets am 6. September 2017. Der Staatsrat für Verkehr hat am 7. August 2017 zwei Stehplatzkarten gegen Rechnung vom 2. August 2017 des Veranstalters Scorpio erworben. Der Staatsrat der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen hat am 28. Juli 2017 vier Karten gegen Rechnung des Veranstalters Scorpio erworben. Der Versand der Karten erfolgte durch den Veranstalter. Die Zweite Bürgermeisterin und der ehemalige Bevollmächtigte beim Bund haben das Konzert privat besucht und die Eintrittskarten privat erworben. Drucksache 21/17061 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Bezüglich der ehemaligen Staatsrätin für Bezirke sieht der Senat im Hinblick auf das laufende gerichtliche Verfahren von einer Beantwortung ab. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 6. Lagen dem Senat oder einzelnen seiner ehemaligen und aktuellen Mitglieder im Vorfeld des Konzerts Bitten um Genehmigung zu Annahme beziehungsweise Kauf von Freikarten oder reservierten Kaufkarten vor? a. Wenn ja, wie viele und jeweils wem wurden sie jeweils circa wann vorgelegt? b. In wie vielen Fällen wurde dieses durch den Senat beziehungsweise von ihm dazu ermächtigten Vertretern genehmigt? c. Inwieweit wurden die Annahme beziehungsweise der Kauf der Karten vom Senat wann und durch wen generell genehmigt? Siehe Drs. 21/16896, im Übrigen äußert sich der Senat in ständiger Praxis nicht zu laufenden Ermittlungs- beziehungsweise Strafverfahren. 7. Wie viele und gegebenenfalls welche Weisungen an den Generalstaatsanwalt oder andere Hamburger Staatsanwälte gab es schriftlich oder mündlich jeweils wann durch jeweils wen in Bezug auf Ermittlungsverfahren mit Bezug zur „Rolling-Stones-Karten-Affäre“? Keine. 8. Sind im Falle des eröffneten Hauptverfahrens gegen die in den einstweiligen Ruhestand versetzte, vormalige Staatsrätin für Bezirke zwischenzeitlich Sitzungstermine anberaumt worden? a. Wenn ja, wann genau finden diese statt? b. Wenn nein, warum noch immer nicht? Bis wann soll dies erfolgen? Nein. Die Terminierung des Verfahrens erfolgt im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit in originärer gerichtlicher Zuständigkeit.