BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17063 21. Wahlperiode 10.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Rath (CDU) vom 03.05.19 und Antwort des Senats Betr.: „Fortentwicklung der Wohnungslosenhilfe“ vor allem eine wenig ambitionierte Bestandaufnahme? Die „Fortentwicklung der Wohnungslosenhilfe in Hamburg“ (Drs. 21/16901) bietet zwar einen guten Überblick über die Hilfsangebote, lässt aber viele Fragen offen. Leider beantwortete der Senat auch die Fragen der Drs. 21/16101 und Drs. 21/16427 unzureichend. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat erneut: Angesichts von 11 768 unversorgten anerkannt vordringlich wohnungsuchenden Haushalten zum Stichtag 31.12.2018 hält der Senat ein Bündel von Maßnahmen sowohl im Bestand als auch im Neubau zur Verbesserung der Versorgungssituation für erforderlich. Daher stellt der Senat Fördermittel für den Neubau von 300 WA- Wohnungen sowie für den Ankauf von ebenfalls 300 Belegungsbindungen für vordringlich Wohnungsuchende im Wohnungsbestand jährlich zur Verfügung. Durch eingestreute WA-Bindungen entstehen weitere Wohnungen für vordringlich Wohnungsuchende . Insgesamt stellt der Senat mit seinen Wohnraumförderprogrammen 2019 und 2020 Fördermittel für jährlich mindestens 600 WA-Bindungen zur Verfügung. Mit der SAGA und neun Genossenschaften haben die zuständigen Fachbehörden darüber hinaus Kooperationsverträge mit fester Versorgungsverpflichtung geschlossen . Dadurch werden unabhängig vom abnehmenden WA-gebundenen Wohnungsbestand und der Fluktuation jährlich mindestens 2 338 vordringlich wohnungsuchende Haushalte mit Wohnraum versorgt. Über einmalige Benennungsrechte für vordringlich Wohnungsuchende mit Dringlichkeitsbestätigung erfolgt eine weitere Versorgung der Zielgruppe durch die Eigentümer an den Standorten der Unterkünfte mit der Perspektive Wohnen. Im Übrigen siehe Drs. 21/16620. f & w fördern und wohnen AöR (f & w) hat unmittelbar nach der Änderung des Gesetzes über die Anstalt öffentlichen Rechts f & w fördern und wohnen AöR im März 2017 mit den Vorbereitungen und Planungen des sozialen Wohnungsbaus begonnen. Seither hat f & w vielfältige Aktivitäten entwickelt, um den Auftrag zu erfüllen, jährlich mindestens 200 WA-gebundenen Wohnungen zu bauen. Dazu gehören im Wesentlichen Grundstücksakquise, Entwicklung standardisierter Planungen für den Wohnungsbau sowie Anpassung von internen Prozesse für Bau, Vermietung und Verwaltung von Wohnungen, Öffentlichkeits- und Gremienarbeit sowie die Beschaffung von Finanzierungsmitteln aus den Wohnungsbauförderprogrammen der Hamburgischen Investitions - und Förderbank AöR (IFB). Grundsätzlich müssen für die Planung und Genehmigung zwölf bis 18 Monate gerechnet werden. An die Genehmigungsphase schließt sich das öffentliche Ausschreibungsverfahren an. Für die Ausschreibung und Vergabe, einschließlich der Angebotsfristen, muss mit drei bis sechs Monaten gerechnet werden. Die übliche Bauzeit für 30 bis 50 Wohneinheiten dauert zwischen zwölf und 18 Monate. Daraus Drucksache 21/17063 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 ergeben sich die Fertigstellungstermine Ende 2019 beziehungsweise im Laufe des Jahres 2020. Je nach Grundstücksgröße schließen sich noch ein bis drei Monate für das Herstellen der Außenanlagen und Schaffung der Infrastruktur an. Daraus ergibt sich eine Planungs- und Bauzeitdauer von rund 36 Monaten. f & w prüft auch, ob sich Grundstücke im eigenen Bestand für WA-gebundenen Wohnraum eignen. Außerdem ist f & w in Gesprächen bezüglich der Übernahme von Grundstücken von Dritten im Wege des Kaufes oder der Erbpacht. Der Senat hat zudem bereits im August 2018 beschlossen, dass f & w (und SAGA) jährlich städtische Grundstücke, die zuvor von den Bezirken vorgeschlagen wurden, ausschließlich für den Bau von Wohnungen für vordringlich Wohnungssuchende über eine Direktvergabe bereitgestellt werden. Der Senat richtet sein Augenmerk auf eine zügige und umfassende sowie regelmäßige Umsetzung dieses Beschlusses, um eine spürbare Unterstützung des Wohnungsbaus von f & w zu erzielen. Im Übrigen siehe Drs. 21/8165, 21/8553 sowie 21/16427. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Angaben von f & w und der SAGA wie folgt: 1. Obwohl der Senat in den oben genannten Drucksachen aussagte, dass seine Planungen zum Neubau der Tagesaufenthaltsstätte in Altona noch nicht abgeschlossen seien, heißt es in Drs. 21/16901: „In der Nachfolge dieser Einrichtung plant die BASFI, mit einer neuen Tagesaufenthaltsstätte von f & w im Bezirk Altona, das durchgängige Angebot von Tagesaufenthaltsplätzen einschließlich weitergehender Hilfeleistungen deutlich zu stärken.“ a) Wie ist der aktuelle Stand der hier erwähnten Planungen in Bezug auf Zeitplan, Konzept/Angebot, Kosten, Untermieter, Platzzahl und andere Details? b) Hat eine Ausschreibung für die neue Tagesaufenthaltsstätte stattgefunden ? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? 2. Im „Gesamtkonzept zur besseren Versorgung von anerkannt vordringlich Wohnungsuchenden mit Wohnraum“ im Jahr 2016 (Drs. 21/2905) hat der Senat den Bau von mindestens 200 WA-gebundenen Wohnungen jährlich zugesagt, was angesichts von Tausenden unversorgten Haushalten bereits ein Tropfen auf dem heißen Stein war. Die Drs. 21/16901 offenbart nun, dass erst im Jahr 2020 das Ziel von jährlich 200 WA- Wohnungen erreicht werden wird. a) Was ist der Hintergrund für die lange Vorlaufzeit von über vier Jahren ? b) Ist für die Jahre nach 2020 damit zu rechnen, dass ab dann das Ziel von 200 WA-Wohnungen jährlich erreicht werden wird? Wenn nein, warum nicht? c) Ist der Senat der Auffassung, dass angesichts des Rückgangs von 35 084 WA-Wohnungen im Jahr 2019 auf 18 000 im Jahr 2030 (Drs. 21/16620) der Neubau von 200 WA-Wohnungen pro Jahr ausreicht? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung. 3. Wieso erwähnt der Senat in Drs. 21/16427 das geplante Quartier Hafenbahnpark nicht, in dem auch Wohnungen für vordringlich Wohnungssuchende entstehen sollen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17063 3 Die öffentliche Vorstellung des Projekts fand am 05.03.2019 und damit während der Beantwortungszeit zu der genannten Drucksache statt. Versehentlich sind die Planungen des Quartiers Hafenbahnpark bei der Beantwortung nicht mehr berücksichtigt worden. 4. Im Quartier Hafenbahnpark sollen 350 Wohnungen für 100 Millionen Euro auf einem Grundstück entstehen, das f & w bereits gehört. Mit welchen Baukosten je Quadratmeter kalkuliert der Senat hier aus welchen Gründen und aus welchen Positionen setzen sich die Kosten zusammen ? Eine erste Kostenindikation zum Zeitpunkt der Konzeptplanung und des städtebaulichen Wettbewerbs basiert auf einer Schätzung von circa 3 200 – 3.600 Euro/m2 Wohnfläche für die Kostengruppe 200 – 700 einschließlich Abriss der Bestandsimmobilien (Musterrechnung: 375 WE (im Mittel) x 3 400 Euro (im Mittel) x 65 m2 (im Mittel) = 82 875.000 Euro. 5. Der Senat hebt hervor, dass sich die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft „Armutswanderung aus Osteuropa“ unter Federführung Hamburgs in den Jahren 2012 und 2013 unter anderem mit den Problemen, die sich in Städten mit besonders angespanntem Wohnungsmarkt für EU-Zuwanderer ergeben, befasst habe. Welche Maßnahmen sind infolge der im Ausschussbericht angeführten Annahmen und Erkenntnisse in Hamburg ergriffen worden? 6. Ferner habe sich die Freie und Hansestadt Hamburg in dem im Jahr 2014 eingerichteten Staatssekretärsausschuss zu „Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“ eingebracht. Welchen Maßnahmen wurden infolge der Erkenntnisse aus dem Staatssekretärsausschuss durch den Senat ergriffen? Die Ergebnisse der in den Fragestellungen genannten Arbeitsgruppen und Ausschüsse 1 sind als richtungsweisende Bestandsaufnahmen in die Arbeitsprogramme und Vernetzungsaktivitäten der jeweils zuständigen Behörden eingegangen. Sie haben sich insbesondere im Ausbau niedrigschwelliger Unterstützungs- und Beratungsangebote für wohnungslose und nicht wohnungslose EU-Zuwanderinnen und EU- Zuwanderer, in strukturierten behördenübergreifenden Erörterungen der Auswirkungen und des Managements der Freizügigkeit sowie in Maßnahmen zur Bekämpfung ausbeuterischer Strukturen und prekärer Wohnverhältnisse niedergeschlagen, siehe neben Drs. 21/16901 auch Drs. 21/16285, 21/12780, 21/11695, 21/11357, 21/9327, 21/7713, 21/6559, 21/5474, 21/5292, 20/14119, 20/11145 und 20/11484. 7. Die „derzeit vorbereitete, neu einzurichtende Bund-Länder-AG“ zum Thema „Integrations-, sozial- und arbeitsmarktpolitische Folgerungen aus der EU-Zuwanderung“ soll sich mit ausbeuterischen Strukturen und damit zusammenhängenden prekären Wohnverhältnissen, Überbelegung von Wohnraum und Mietpreiserhöhungen befassen. Zu wann soll die Gruppe eingerichtet werden, wie oft soll sie tagen und welche konkreten Aspekte sollen in Angriff genommen werden? Die angestrebte Bund-Länder-AG soll sich mit den Handlungsfeldern Gesundheit, Arbeitsmarkt, Bekämpfung ausbeuterischer Strukturen, Leistungsrecht und Finanzierung befassen. Hamburg hat sich in den Erörterungen des Deutschen Städtetages für die Einrichtung dieser AG eingesetzt. Ein entsprechendes Ansinnen hat der Deutsche Städtetag an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gerichtet. Konkrete Vereinbarungen hierzu stehen noch aus. 1 https://www.einwanderer.net/fileadmin/downloads/unionsbuergerInnen/ Abschlussbericht_der_Bund-Laender-Arbeitsgemeinschaft_Armutszuwanderung.pdf; http://suche.transparenz.hamburg.de/dataset/abschlussbericht-management-derfreizuegigkeit ; https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Pressemitteilungen/ 2014/abschlussbericht-st-ausschuss.html. Drucksache 21/17063 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 8. Auf Seite 6 der Fortentwicklung wird betont, dass mehr als zwei Drittel der nicht deutschen Obdachlosen überwiegend auf der Suche nach Arbeit nach Hamburg kam, aber keine fand. Weiter heißt es, dass „mehr als die Hälfte der Obdachlosen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit … von Beginn an obdachlos“ waren. Dies habe zur Folge, dass sich innerhalb der Gruppe obdachloser Menschen der Anteil derjenigen, die gesetzliche Leistungen beziehen, im Vergleich zu 2009 halbiert habe und nun unter einem Drittel läge. Ihre Vermittlung in Regelstrukturen der sozialen Sicherungssysteme sei daher weitgehend ausgeschlossen beziehungsweise erheblich eingeschränkt. In diesem Zusammenhang ist eine Kooperation mit den Herkunftsländern, um eine Vermittlung in Hilfsangebote in den Herkunftsländern (zum Beispiel Krankenversorgung und Suchttherapie) anzubieten, durchaus sinnvoll. Was wurde hierfür bereits veranlasst? Siehe Drs. 21/16863. 9. Als Leistung hebt der Senat seine „laufenden Überlegungen zur Modernisierung der Räumlichkeiten und Angebote von Pik As und Frauenzimmer “ hervor. Wie ist jeweils der konkrete Stand der Überlegungen? Die Planungen und Überlegungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. 10. Der Senat stellt dar, dass aus seiner Sicht eine stärkere Verknüpfung der Obdach- beziehungsweise Wohnungslosenhilfe mit Anlaufstellen des Regelsystems der Gesundheitsversorgung angezeigt sei und von BASFI und BGV vorangebracht würden, „um obdachlosen Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Auffälligkeiten weitergehende Hilfeangebote unterbreiten zu können“. a) Wie gestaltet sich dieses „Voranbringen“ konkret? b) Welche Möglichkeiten gibt es angesichts des Umstandes, dass immer mehr Obdachlose keinen Anspruch gegenüber dem Regelsystem haben? Siehe Drs. 21/16437. Im Rahmen der am 2. Mai 2019 durchgeführten Fachtagung zur Obdach- und Wohnungslosenuntersuchung (https://www.hamburg.de/basfi/ pressemeldungen/12476204/2019-04-16-basfi-fortentwicklung-wohnungslosenhilfe/) haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in mehreren Workshops auch konkrete Ansätze zur Fortentwicklung der Obdach- und Wohnungslosenhilfen in Hamburg erörtert . Die Situation psychisch erkrankter obdachloser Menschen war einer der Themenschwerpunkte . Eine Dokumentation der Ergebnisse der Fachtagung wird derzeit erstellt und nach Abschluss dieser Arbeiten publiziert. 11. Bezüglich der Einrichtung sogenannter Lebensplätze heißt es in Drs. 21/16901, dass in Altona ein Neubau mit mindestens 20 barrierefreien Wohneinheiten geplant sei. Der Fund eines Tiefbunkers auf dem Grundstück habe für Verzögerungen gesorgt. a) Wie lautet die genaue Adresse? b) Wann soll mit dem Bau begonnen werden und wann die Inbetriebnahme erfolgen? c) Es ist von „mindestens 20“ Wohneinheiten die Rede. Wie viele werden es konkret? d) Wer ist Träger der Einrichtung? e) Was sind die Kernpunkte des Konzepts? f) Investitionskosten in welcher Höhe und welcher Art sind mit dem Bau verbunden? Die sogenannten Lebensplätze, eine Einrichtung der öffentlich-rechtlichen Unterbringung (örU), werden in der Schenefelder Landstraße, nördlich der Hausnummer 24 errichtet. Nach derzeitigen Planungen soll im Jahr 2020 mit dem Bau begonnen wer- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17063 5 den, die Inbetriebnahme ist für das Jahr 2021 angedacht. Zur genauen Anzahl der Wohneinheiten kann derzeit noch keine Aussage getroffen, da der Entwurf des Massivbaus in Anlehnung an das Konzept noch erarbeitet wird. Träger der Einrichtung wird f & w sein. Ziel der „Lebensplätze“ ist es, alleinstehende, zumeist ältere wohnungslose Personen mit multiplen Problemlagen dauerhaft mit bedarfsgerecht ausgestaltetem Wohnraum zu versorgen. Aufgrund dieser zielgruppenspezifischen Ausrichtung wird es räumliche wie auch personelle Unterschiede im Vergleich zu einer regelhaften örU geben. Das Konzept befindet sich aktuell noch in der Abstimmung. Die Kosten können zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend benannt werden. 12. Die Personalausstattung in den Fachstellen soll um 15 VZÄ erhöht werden . Die Verteilung auf die Bezirksämter erfolgt unter Berücksichtigung der jeweiligen spezifischen Bedarfe. a) Über wie viele VZÄ verfügten die Bezirke zu Jahresbeginn jeweils in den Fachstellen und wo gab es Vakanzen in jeweils welcher Höhe? b) Wie verteilen sich die zusätzlichen 15 VZÄ auf die Bezirke? Bezirkliche Fachstelle Stellenbesetzung VZÄ Ist Stellenbesetzung VZÄ vakant Stellenaufstockung VZÄ Hamburg-Mitte 21,12 2,11 2,0 Altona 17,90 0,70 2,0 Eimsbüttel 10,90 2,00 1,0 Hamburg-Nord 17,17 1,07 2,0 Wandsbek 21,33 (ohne Leitung) 1,06 3,0 Bergedorf 10,42 (ohne Leitung) 0 3,0 Harburg 10,96 0,8 2,0 Quelle: Angaben der Bezirksämter aus Januar 2019 c) Wann erfolgte die Ausschreibung der zusätzlichen 15 VZÄ und wann ist mit Besetzung zu rechnen? Siehe Drs. 21/17008. 13. In der ersten Jahreshälfte 2019 soll bei f & w ein Einzugs- und Begleitteam (EBT) mit voraussichtlich fünf Stellen aufgebaut werden. Wie ist der Stand der Umsetzung (Ausschreibung intern/extern, Besetzung intern/extern, Aufnahme der Arbeit)? Siehe Drs. 21/17008.