BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17084 21. Wahlperiode 14.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 06.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Situation in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung Seit dem 01.10.2018 werden Geflüchtete, die bereits in einem anderen EU-Staat registriert wurden oder in einem anderen EU-Staat als Schutzberechtigte /r anerkannt wurden (sogenannte Dublin- oder Dublin-Plus-Fälle), sowie Menschen aus vermeintlich „sicheren“ Herkunftsländern nicht mehr auf dezentrale Erstaufnahmeeinrichtungen umverteilt, sondern verbleiben für bis zu einem halben Jahr in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA). Die Unterbringungssituation der Betroffenen ist desolat: Sie sind in einer Halle in Kompartiments untergebracht, die nach oben offen sind und zentral beleuchtet sind. Sie schützen damit weder vor Lärm noch gewährleisten sie die Privatsphäre der Betroffenen. Die Angebotsstruktur richtet sich lediglich auf die Beförderung einer „freiwilligen“ Ausreise oder die Vorbereitung auf ihre Abschiebung. Mittlerweile sind die ersten Personen bis zu einem halben Jahr in der ZEA untergebracht und müssen nun umverteilt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Angaben von f & w fördern und wohnen AöR (f & w) wie folgt: 1. Wie viele Personen befanden sich zum 01.04.2019 in der ZEA? Im Ankunftszentrum waren 389 Personen untergebracht, in den gesamten zur Erstaufnahme gehörenden Einrichtungen waren 1 162 Personen untergebracht. a. Wie viele von ihnen gehören davon zu dem Personenkreis, der bis zu einem halben Jahr in der ZEA verbleiben soll (sogenannte Dublin -Fälle und Personen aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern “)? 186 Personen. b. Wie viele der unter 1. a. genannten Personen sind in einem anderen EU-Staat bereits registriert worden? 168 Personen sind bereits in einem anderen EU-Staat registriert. c. Wie viele der unter 1. a. genannten Personen sind in einem anderen EU-Staat bereits als Schutzberechtigte anerkannt? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) teilt lediglich mit, für welche Personen eine Überstellung erfolgen soll. Welcher Gruppe diese Person angehört, erfährt die Ausländerbehörde erst zu einem späteren Zeitpunkt, sodass keine belastbare statistische Auswertung dazu erfolgen kann. Eine händische Auswertung von Drucksache 21/17084 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 über 300 Ausländerakten ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. d. Wie viele der unter 1. a. genannten Personen kommen aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern? 22 Personen, davon sind vier Personen bereits in einem anderen EU-Staat registriert worden. e. Wie viele der unter 1. a. genannten Personen sind minderjährig? Bitte das Alter angeben. 17 Personen sind minderjährig, davon: Alter Anzahl < 1 Jahr 2 1 Jahr 2 2 Jahre 3 3 Jahre 3 4 Jahre 3 5 Jahre 2 6 Jahre, noch nicht schulpflichtig 2 f. Wie viele der unter 1. a. genannten Personen sind weiblich? 37 Personen sind weiblich. g. Wie viele der unter 1. a. genannten Personen sind weiblich und „alleinreisend“? Bei zwölf Personen handelt es sich um allein reisende Frauen. h. Wie viele der unter 1. a. genannten Personen besitzen die türkische Staatsbürgerschaft? Sechs Personen haben angegeben, türkische Staatsangehörige zu sein. i. Bei wie vielen der unter 1. a. genannten Personen ist bereits eine Asylentscheidung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ergangen? 109 Personen haben bereits einen Bescheid des BAMF erhalten. j. Wie viele der unter 1. a. genannten Personen sind bereits länger als sechs Monate in der ZEA? Keine der unter 1. a. genannten Personen ist länger als sechs Monate im Ankunftszentrum untergebracht. k. Wie viele der unter 1. a. genannten Personen sind bereits länger als fünf Monate dort? 15 Personen sind bereits länger als fünf Monate im Ankunftszentrum. 2. Wie viele Personen befinden sich zum 01.05.2019 in der ZEA? Im Ankunftszentrum befanden sich nach einer aktuellen Auswertung zum Stichtag 7. Mai 2019 428 Personen. In allen Standorten der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung befanden sich zu diesem Stichtag 1 267 Personen. Eine retrograde Auswertung zum Stichtag 1. Mai 2019 hätte einer gesonderten Programmierung bedurft, die in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich war. a. Wie viele von ihnen gehören davon zu dem Personenkreis, der bis zu einem halben Jahr in der ZEA verbleiben soll (sogenannte Dublin -Fälle und Personen aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern “)? 232 Personen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17084 3 b. Wie viele der unter 2. a. genannten Personen sind in einem anderen EU-Staat bereits registriert worden? 205 Personen sind bereits in einem anderen EU-Staat registriert. c. Wie viele der unter 2. a. genannten Personen sind in einem anderen EU-Staat bereits als Schutzberechtigte anerkannt? Siehe Antwort zu 1. c. d. Wie viele der unter 2. a. genannten Personen kommen aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern“? 27 Personen kommen aus sicheren Herkunftsländern. e. Wie viele der unter 2. a. genannten Personen sind minderjährig? Bitte das Alter angeben. 23 Personen sind minderjährig, davon: Alter Anzahl < 1 Jahr 1 1 Jahr 6 2 Jahre 2 3 Jahre 6 4 Jahre 3 5 Jahre 3 6 Jahre, noch nicht schulpflichtig 2 f. Wie viele der unter 2. a. genannten Personen sind weiblich? 65 Personen sind weiblich. g. Wie viele der unter 2. a. genannten Personen sind weiblich und „alleinreisend“? 18 Personen sind allein reisende Frauen. h. Wie viele der unter 2. a. genannten Personen besitzen die türkische Staatsbürgerschaft? Sieben Personen haben angegeben, türkische Staatsangehörige zu sein. i. Bei wie vielen der unter 2. a. genannten Personen ist bereits eine Asylentscheidung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ergangen? 146 Personen haben bereits einen Bescheid des BAMF erhalten. j. Wie viele der unter 2. a. genannten Personen sind bereits länger als sechs Monate in der ZEA? Zehn Personen; ein Ende des weiteren Aufenthalts im Ankunftszentrum steht unmittelbar bevor. k. Wie viele der unter 2. a. genannten Personen sind bereits länger als fünf Monate dort? 28 Personen sind länger als fünf Monate im Ankunftszentrum. 3. Wie viele Personen, die zu den „Dublin-Fällen“ gehören oder aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern“ kommen, sind seit dem 01.10.2018 aus der ZEA (gegebenenfalls mit zwischenzeitlicher Inhaftierung im Ausreisegewahrsam/Abschiebehaft) abgeschoben worden? Seit dem 1. Oktober 2018 sind 15 Personen aus dem Ankunftszentrum abgeschoben worden. 4. Wie viele Personen, die zu den „Dublin-Fällen“ gehören oder aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern“ kommen, wurden seit dem Drucksache 21/17084 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 01.10.2018 aus welchen Gründen auf andere (Erstaufnahme-)Einrichtungen in Hamburg umverteilt? a. Wie viele dieser Umverteilungen erfolgten aus rechtlichen Gründen? b. Wie viele dieser Umverteilungen erfolgten aus medizinischen Gründen ? c. Wie viele dieser Umverteilung erfolgten aus familiären Gründen? d. Wie viele dieser Umverteilung erfolgten aus sonstigen Gründen? e. Wie viele dieser Umverteilung erfolgten aufgrund der Überschreitung der vorgesehenen sechsmonatigen Unterbringung in der ZEA? Insgesamt wurden 100 Personen in eine andere Hamburger Unterkunft verlegt, drei Personen sind gemäß § 51 Asylgesetz (AsylG) umverteilt worden. Eine auswertbare Erfassung der einzelnen Gründe erfolgt nicht. Dies wäre nur durch Auswertung der Einzelakten möglich. Dies ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5. In welche Einrichtungen werden Personen, die zu den „Dublin-Fällen“ gehören oder aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern“ kommen und den für die ZEA vorgesehenen Zeitraum von sechs Monaten überschreiten , umverteilt? a. Existieren spezielle (Folge-)Unterkünfte, die für die Unterbringung dieser Personengruppe vorgesehen sind? Wenn ja, mit welcher konzeptionellen Ausrichtung? Die Verlegungsentscheidung richtet sich dabei nach dem aufenthaltsrechtlichen Sachstand und kann sowohl in eine Erstaufnahmeeinrichtung als auch in eine öffentlich -rechtliche Unterkunft erfolgen. b. Welche Maßnahmen (zum Beispiel Sprachkurse et cetera) stehen für diese Personen zur Verfügung? Die Personen können an den dort für alle Bewohner angebotenen Programmen teilnehmen . Für die Personen mit unklarer Bleibeperspektive entwickelt f & w fördern und wohnen AöR (f & w) ein spezielles zusätzliches Programm, das sich an den Angeboten des Ankunftszentrums orientiert. 6. Gelten für die Personen, die zu den „Dublin-Fällen“ gehören oder aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern“ kommen, über die sechsmonatige Unterbringung in der ZEA hinaus weitere Einschränkungen? Nein. 7. Wie viele Familien mit schulpflichtigen Kindern wurden seit dem 01.10.2018 umverteilt, obwohl es sich um sogenannte Dublin-Fälle oder Personen aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern“ handelt? Bitte Anzahl der Personen und zugehörige Kinder benennen und angeben, wohin diese jeweils umverteilt wurden. Die Verlegungen werden statistisch nicht erfasst. Eine Aktendurchsicht ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Zeitraum vom 1. Oktober 2018 bis 31. März 2019 verblieben 2 592 schutzsuchende Personen nach einer Verteilungsentscheidung gemäß §§ 45, 46 AsylG und § 15a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) in Hamburg. Davon hatten 1 412 Personen einen Unterbringungsbedarf. 8. Nach Auskunft des Senates in Drs. 21/16316 enthält die Hausordnung für den Bereich, in dem die „Dublin-Fälle“ und die Personen aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern“ untergebracht sind, unter anderem Regelungen zur Sicherheit und Sozialverträglichkeit. Neben einem Waffen - und Alkoholverbot sind darin Besuchsregelungen und Regelungen zur Taschenkontrolle durch den Sicherheitsdienst normiert. Welche Befugnisse (zum Beispiel Durchsuchung der Person oder der Zimmer) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17084 5 hat der Sicherheitsdienst nach dieser Hausordnung oder aufgrund sonstiger Regelungen und wie sind diese ausgestaltet? Die Aufgaben des Sicherheitsdienstes bestehen im Wesentlichen in der Unterstützung bei der Durchsetzung der Hausordnung, bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung im Objekt und auf dem umliegenden Gelände sowie in einzelnen Hausmeistertätigkeiten . Bei Taschenkontrollen werden die Bewohnerinnen und Bewohner gebeten, die Tasche zu öffnen. Werden dort verbotene oder gefährliche Gegenstände gesehen oder vermutet, werden die Bewohner gebeten, die Tasche selbst auszupacken. Zimmerbegehungen werden durch f & w durchgeführt und gegebenenfalls durch das Sicherheitspersonal begleitet. 9. Nach Auskunft des Senates sollen verschiedene Angebote umgesetzt werden, waren aber zum Zeitpunkt der letzten Anfrage (Drs.21/16316) noch nicht installiert. Welche Angebote zu vorbereitenden Maßnahmen, Freizeitgestaltung und Beschäftigung, zur Unterstützung des sozialen Zusammenlebens, zur Beschäftigung von Kindern, Sprachkursen, Sozialberatung et cetera sind gegenwärtig tatsächlich vorhanden? Sofern einzelne Angebote tage- oder stundenweise angeboten werden, bitte den Umfang angeben. Folgende Angebote werden bereits umgesetzt: Kreatives Schneidern und Handarbeit: Der Kurs wird am 15. Mai 2019 starten und unter professioneller Anleitung einmal wöchentlich stattfinden. Kreativangebot für Kinder und Erwachsene, beziehungsweise Jugendliche: Einmal wöchentlich findet dieses Angebot unter Anleitung durch einen Künstler und Pädagogen statt. Musik: Immer sonntags gibt es ein Musikangebot für Kinder. Musiktherapie: Einmal wöchentlich stattfindendes Angebot unter professioneller Anleitung für Kinder und Jugendliche an. Ebenso einmal wöchentlich wird Musiktherapie für Frauen angeboten. Sport Fußball: Zweimal wöchentlich stattfindendes Angebot durch Freiwillige. Frauenturnen: Einmal wöchentlich stattfindendes Angebot. Therapeutisches Die Trauma-Sprechstunde wird sehr gut angenommen. Familienberatung: Findet nach Bedarf durch eine professionelle Kraft statt. Kinderbetreuung Offene Kinderbetreuung wird wöchentlich für zwölf Stunden am Vormittag angeboten. Eine Ausweitung des Angebots ist vorgesehen. Des Weiteren, tägliche Angebote für Kinder durch Freiwillige (immer nachmittags von 15.30 – 17.30 Uhr). Darüber hinaus Während der Ferienzeiten finden/fanden weitere Angebote statt, zum Beispiel im März eine offene Sing- und Tanzwoche. Des Weiteren gab es durch ehemalige Bewohner Einzel-Projekte im Bereich Kunst. Weitere Aktivitäten (Frühlingsfest, Mitmachkonzert) sind geplant. Die folgenden Angebote befinden sich weiterhin in der Umsetzung: Drucksache 21/17084 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Lerngruppen Sprachkurse und Länderkunde: Derzeit gibt es noch keine Angebote. Diesbezüglich steht f & w mit der Behörde noch wegen geeigneter Lehrkräfte im Austausch. Qualifizierte Dozentinnen und Dozenten werden weiterhin gesucht. Derzeit konzentrieren sich die Suche nach Dozentinnen und Dozenten für die Basis-Sprachkurse auf Studierende der Polonistik, Skandinavistik und Romanistik. Für die Länderinformationsreihen werden Studierende der Regionalwissenschaften oder der Politikwissenschaft gesucht. Hierfür wird gezielt nach Studierenden mit Migrationshintergrund gesucht, die den Klientinnen und Klienten die Inhalte in ihrer Muttersprache vermitteln können. Computerkurs: Ist in Vorbereitung und soll 14-tägig für jeweils vier Stunden angeboten werden.