BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17102 21. Wahlperiode 14.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Wolf und Dirk Nockemann (AfD) vom 07.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Kategorisierung der Straftaten in der PMK zum Thema „Antisemitismus “ für das 1. Quartal 2019 (II) Zu der Einsicht, dass antisemitische Angriffe von Muslimen auf Juden keine bloßen „Einzelfälle“ mehr sind, sondern dass der Islamismus für Juden eine größere Gefahr als der Rechtsextremismus und Linksextremismus darstellt, kommt mittlerweile auch der Verfassungsschutz in einer aktuellen Broschüre mit dem Titel1: „Antisemitismus im Islamismus“. Man denke an den Vorfall aus Berlin, als ein Kippa tragender Israeli am Prenzlauer Berg von dem Geflüchteten syrisch-palästinensischer Herkunft Knaan Al S. bedroht und mit einem Gürtel angegriffen und verletzt wurde.2 Die PMK-Antisemitismus gliedert sich in die Kategorien „PMK-rechts“, „PMKlinks “, „PMK-sonstige“, „PMK-ausländische Ideologie“ und „PMK-ausländische Religion“. Derartige Tatbestände werden jedoch nicht in der Statistik für Politisch motivierte Kriminalität – (PMK) korrekt abgebildet, sondern nicht selten fälschlicherweise in der „PMK-rechts“ zugeordnet. Darauf weist auch der Bericht des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus 3 hin: „Fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten werden grundsätzlich immer dann dem Phänomenbereich PMK-Rechts zugeordnet, wenn keine weiteren Spezifika erkennbar sind (z. B. nur der Schriftzug »Juden raus«) und zu denen keine Tatverdächtigen bekannt geworden sind. Damit entsteht möglicherweise ein nach rechts verzerrtes Bild über die Tatmotivation und den Täterkreis.“ In der Antwort zur Drs. 21/140214 werden für das Jahr 2018 insgesamt 78 antisemitische Straftaten genannt. In der Antwort zur Drs. 21/169125 wird angegeben, dass eine Sonderauswertung seitens des Bundeskriminalamts (BKA) ergab, dass 17 von 24 der neu auszuwertenden Fälle für das Jahr 2017 nachträglich der „PMK – religiöse Ideologie“ zugeordnet worden sind. 1 https://www.verfassungsschutz.de/embed/broschuere-2019-03-antisemitismus-imislamismus .pdf. 2 https://www.bild.de/regional/berlin/antisemitismus/anklage-gegen-berliner-antisemit- 55739650.bild.html. 3 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/119/1811970.pdf , S. 34. 4 https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/65484/kostenentwicklung_des_ schutzes_juedischer_einrichtungen_in_hamburg_iv.pdf. 5 https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/66462/kategorisierung_der_straftaten_ in_der_pmk_zum_thema_antisemitismus_fuer_das_1_quartal_2019.pdf. Drucksache 21/17102 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Ebenfalls steht in der Drs. 21/16912, dass im 1. Quartal 2019 insgesamt sieben antisemitische Straftaten in Hamburg registriert wurden. Diese sieben Straftaten sind allesamt als „PMK-rechts“ erfasst und die Ermittlungen in allen sieben Fällen eingestellt worden. Diese Einordnung der Straftaten als „PMK-rechts“ ergibt Grund zur Nachfrage. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD- PMK) basiert im Wesentlichen auf dem Definitionssystem PMK sowie den bundesweit vereinbarten Meldedienstunterlagen. Zur Erfassung von Straftaten der Politisch Motivierten Kriminalität (PMK), den Auswertemöglichkeiten und deren Grenzen siehe auch Drs. 21/3165. Die Erarbeitung des Definitionssystems PMK und des KPMD-PMK zum 01.10.2001 als auch die durch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) angestoßenen Änderungs- und Konkretisierungsvorschläge zum Definitionssystem PMK (Inkrafttreten zum 01.10.2017) mit den nun gültigen und verbindlichen Erfassungsmodalitäten erfolgte unter Beteiligung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Vertretern diverser Verfassungsschutzbehörden der Länder sowie der Einbindung beratenden wissenschaftlichen Sachverstandes. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wurden die sieben erfassten Straftaten für 2019 in der PMK „Antisemitismus “ mithilfe des Verfahrens erfasst, bei dem alle Straftaten automatisch „rechts“ zuzuordnen seien, falls keine weiteren Spezifika erkennbar sind und keine Informationen zu den Tatverdächtigen vorliegen? a. Falls ja, wieso wurde das bisherige Verfahren wieder angewandt? b. Falls nein, welches Verfahren ist dieses Mal angewandt worden? Das zuständige Landeskriminalamt (LKA 7) folgt in der Einordnung eines Sachverhalts den bundesweit einheitlichen vereinbarten Bewertungsrichtlinien des Kriminalpolizeiliche Meldediensts in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK). Für eine Zuordnung einer Straftat zum Phänomenbereich PMK-rechts sind neben den Umständen der Tat und/oder der Einstellung des Täters auch Anhaltspunkte für eine Zuordnung ausreichend. Die jeweilige Zuordnung des Phänomenbereiches wird vom Sachbearbeiter unter Würdigung des Einzelfalles vorgenommen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. Um welche Art von Straftaten handelt es sich bei den sieben erfassten Straftaten? In den sieben Verfahren, bei denen es sich um eine Bekannt- und sechs Unbekanntsachen handelt, wurde wegen des Verdachts der Volksverhetzung (§ 130 StGB), der Beleidigung (§ 185 StGB), der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (§ 126 StGB), des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB), der Sachbeschädigung (§ 303 StGB), des Diebstahls (§ 242 StGB) sowie der gemeinschädlichen Sachbeschädigung (§ 304 StGB) ermittelt. 3. Welche Informationen liegen zu den Tatverdächtigen in den sieben Straftaten vor? Die in dem Bekanntverfahren beschuldigte Person hat die deutsche Staatsangehörigkeit , wurde in Kasachstan geboren und ist 42 Jahre alt. Im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und die gesetzlichen Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes sieht der Senat davon ab, etwaige Ermittlungsverfahren mitzuteilen, die durch einen Freispruch oder eine Einstellung beendet worden sind. Dasselbe gilt für Ermittlungsverfahren, die zu einem Abschluss geführt haben, der entweder nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen oder nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes nicht mehr zu berücksichtigen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17102 3 ist. Eine hier vorliegende Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 26. März 2019 enthält keine mitteilungsfähigen Eintragungen. Die weiteren Verfahren richteten sich gegen Unbekannt, Tatverdächtige konnten nicht ermittelt werden. 4. Weswegen wurden die Ermittlungen zu allen sieben Straftaten eingestellt ? Das Bekanntverfahren wurde gemäß § 170 Absatz 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Der beschuldigten Person wurde vorgeworfen, im Verlaufe eines Streits volksverhetzende Kommentare gegenüber der anzeigenden Person geäußert zu haben. Eine Volksverletzung nach § 130 StGB lag indes bereits tatbestandlich nicht vor. Eine Beleidigung gemäß § 185 StGB ließ sich aus tatsächlichen Gründen nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit feststellen. Die weiteren Verfahren richteten sich gegen Unbekannt und wurden eingestellt, weil keine Tatverdächtigen ermittelt werden konnten.