BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17108 21. Wahlperiode 14.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Harald Feineis (AfD) vom 07.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Behinderte Menschen mit einer gerichtlich bestellten Vollbetreuung dürfen sich nach einer BVerfG-Entscheidung zukünftig an Wahlen beteiligen . Konnte in Hamburg kurzfristig gewährleistet werden, dass möglichst viele Personen in Vollbetreuung an den EU-Wahlen am 26. Mai 2019 teilnehmen? In Deutschland gibt es etwa 82 000 Menschen, die aufgrund einer schweren Erkrankung oder einer geistigen Behinderung der gerichtlich bestellen Vollbetreuung bedürfen. Diese umfasst also nicht nur bestimmte Lebens- und Daseinsbereiche der Betroffenen, sondern ausnahmslos alle Angelegenheiten und Aspekte ihres Lebens.1 Vollbetreute Menschen wurden lange Zeit von der Teilnahme an politischen Wahlen ausgeschlossen. In einer unlängst getroffenen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht2 nun festgestellt, dass dies grundgesetzwidrig sei. Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung hatte sich im Vorfeld der Entscheidung bereits kritisch darüber geäußert, dass eine Zehntausende von Menschen umfassende gesellschaftliche Gruppe pauschal von Wahlen ausgeschlossen werde und darauf hingewiesen, dass es in Deutschland keine Vormundschaftsregelungen mehr gäbe und die in Vollbetreuung lebenden Personen durchaus geschäftsfähig seien. Eine kurzfristig eintretende Konsequenz des bundesverfassungsgerichtlichen Urteils besteht darin, dass Kranke und geistig behinderte Menschen in Vollbetreuung an den am 26. Mai 2019 stattfindenden EU-Wahlen teilnehmen können, sofern sie bis zum 5. Mai einen entsprechenden Antrag gestellt haben. Die Bundeswahlleitung erkannte – eben aufgrund der Kurzfristigkeit der höchstrichterlichen Entscheidung – erhöhten Arbeitsaufwand.3 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele in Vollbetreuung lebende Menschen gibt es in Hamburg und wie viele von ihnen dürfen nach der Entscheidung des BVerfG aufgrund der Erreichung des erforderlichen Wahlalters an den EU-Wahlen am 26. Mai 2019 teilnehmen? 1 Deutsche Welle, 15.04.2019. 2 „Hamburger Abendblatt“, 17.04.2019. 3 Ebenda. Drucksache 21/17108 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Derzeit stehen 205 Personen in Hamburg unter Vollbetreuung (Aufgabenkreis „sämtliche Angelegenheiten“). Im Melderegister ist für 124 Personen ein Wahlausschluss aufgrund Betreuung in allen Angelegenheiten (§ 6a Absatz 1 Nummer 2 EuWG) eingetragen . 2. Auf welche Weise und in welchem Umfang wurden die Vollzeitbetreuten beziehungsweise deren Betreuer selbst in Hamburg über die kurzfristig eingetretenen Wahlbeteiligungsmöglichkeiten informiert? Das Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat sowie der Bundeswahlleiter haben im Hinblick auf eine bundesweit einheitliche Praxis Hinweise für die Folgerungen der einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichtes gegeben, nach denen auch Hamburg vorgeht. 3. Wie viele der neuerdings wahlberechtigten Menschen in Vollbetreuung haben in Hamburg einen Antrag auf Wahlbeteiligung an den EU-Wahlen am 26.05.2019 gestellt und wie viele dieser Anträge wurden bisher positiv beschieden? Zu den abgefragten Daten wird keine Statistik geführt. 4. Wurden die Wahlberechtigten in Vollzeitbetreuung in Hamburg adressatenadäquat über die Inhalte der EU-Wahlprogramme der unterschiedlichen politischen Parteien unterrichtet? Es obliegt den Parteien, über ihre Wahlprogramme zu informieren. 5. Sieht der Hamburger Senat in der Wählergruppe der Vollbetreuten im Hinblick auf deren Wahlentscheidung größere Manipulationsrisiken als etwa in der Wählergruppe der Briefwähler? Bei Verneinung der Frage, wird um eine Begründung gebeten. Der Senat hat sich mit dieser Frage, auch vor dem Hintergrund der rechtlichen Bindung durch die Entscheidung des BVerfG, nicht befasst.