BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17160 21. Wahlperiode 17.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 09.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Was tut der Senat gegen den desolaten Zustand des Deserteursdenkmals am Stephansplatz? Jahrzehntelang wurde Menschen, die sich während der Zeit des Nationalsozialismus dem Kriegsdienst verweigerten oder sich als Soldaten dem Krieg entzogen und dafür mit dem Leben bezahlen mussten, in Deutschland eine Rehabilitierung verwehrt. Erst im September 2009 hob der Deutsche Bundestag die Urteile der Wehrmachtsjustiz an den als „Kriegsverrätern“ verurteilten Soldaten auf. Gegen rund 30 000 von ihnen hatte die NS-Militärjustiz das Todesurteil, gegen Zehntausende Zuchthausstrafen verhängt. Wie überall im „Deutschen Reich“ wurden auch in Hamburg unzählige Militärangehörige zum Tode verurteilt und am Truppenschießplatz am Höltigbaum in Rahlstedt erschossen. Angestoßen durch das zivilgesellschaftliche „Bündnis für ein Hamburger Deserteursdenkmal“ existiert seit dem November 2015 in Hamburg ein Denkmal für die „Opfer der nationalsozialistischen Militärjustiz in Hamburg“. Dem vorangegangen war ein langwieriger Debatten- und Einigungsprozess der Hamburgischen Bürgerschaft. Wie damals von dem Bündnis und von der Fraktion DIE LINKE gefordert, wurde das Hamburger Deserteursdenkmal am Stephansplatz in unmittelbarer Nähe des sogenannten Kriegsklotzes (76er Denkmal) errichtet. Doch nun, bereits drei Jahre später, muss festgestellt werden, dass sich dieser Gedenkort für die Opfer der NS-Militärjustiz in einem äußert desolaten Zustand befindet. Ein Kommentar des NDR vom 8. Mai 2019 beginnt mit den treffenden Worten : „Wenn es dunkel wird am Stephansplatz, dann marschieren die Soldaten wieder.“ Der Text weist darauf hin, dass „von all den Denkmälern, die da stehen , (…) nachts nur der Kriegsklotz aus der Nazizeit hell angestrahlt (ist)“.1 Und in der Tat, weder das „Gegendenkmal“ zum 76er Denkmal von Alfred Hrdlicka aus den 1980er-Jahren noch das Deserteursdenkmal treten aus der Dunkelheit hervor. Abgesehen davon, dass die Beleuchtung des Deserteursdenkmals schon durch ihre Grundkonstruktion keine Chance hat, ein Gegengewicht zu den Strahlern des Kriegsklotzes zu erzeugen, sind die Scheinwerfer des Deserteursdenkmals bereits seit mehreren Monaten kaputt, ebenso wie die Klang- 1 https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Liebloses-Gedenken-am- Stephansplatz,kommentar2302.html. Drucksache 21/17160 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 installation, über die Besucher/-innen die Namen der Opfer hören können. Die Inschriften, sind je nach Lichteinfall ohnehin schon schwer lesbar, was sich durch Witterungseinflüsse noch verstärkt. Immer wieder kommt es vor, dass sich am Boden des Gedenkortes, der als begehbares Dreieck angelegt ist, über längere Zeit größere Mengen Laub ansammeln und Müll liegenbleibt . Neben dem vielfach kritisierten Umgang mit dem Stadthaus als ehemaligem Hauptquartier der Gestapo im Zentrum der Stadt wirft der Zustand des Deserteursdenkmals einmal mehr ein bedenkliches Licht darauf, wie Hamburg mit seiner Erinnerungs- und Gedenkkultur umgeht. Ich frage den Senat: Der Verein zur Erhaltung des 76er Denkmals e.V. hat sich die Pflege und Restaurierung beider Denkmäler zur Aufgabe gemacht (siehe Drs. 20/5213 und 20/12515). Für das 1985 eingeweihte Gegendenkmal von Alfred Hrdlicka werden bei Bedarf Reinigung und erforderliche Restaurierungsarbeiten von der zuständigen Behörde im Rahmen des Programms „Kunst im Öffentlichen Raum“ geleistet. Mit der Wartung und Pflege des Deserteurdenkmals ist eine Garten- und Landschaftsbaufirma beauftragt. 2019 sind unter anderem für diesen Zweck rund 30 000 Euro im Haushalt der zuständigen Behörde veranschlagt. Die Beleuchtung des Denkmals und die einwandfreie Klanginstallation werden regelmäßig vom Künstler überprüft. Er beauftragt gegebenenfalls die Gewerke mit der Wartung und Schadensbeseitigung auf Rechnung der zuständigen Behörde. Dies wurde mit ihm in einem Kunstwerkvertrag für fünf Jahre so geregelt. Ende 2018 wurde durch einen Vandalismusanschlag der Stromanschluss am Deserteurdenkmal gekappt, wodurch sowohl die Beleuchtung als auch die Stromzufuhr zur Klanginstallation unterbrochen wurden. Die Wiederherstellung der Stromversorgung wurde veranlasst, Beleuchtung und Klanginstallation funktionieren wieder. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wer ist für die Wartung und Pflege der Denkmäler am Stephansplatz verantwortlich? 2. In welchen zeitlichen Abständen und durch wen wird das Deserteursdenkmal auf seine Unversehrtheit und seine Funktionstüchtigkeit überprüft ? 3. In welcher Höhe stehen im Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg Mittel zur Wartung und Pflege des Deserteursdenkmals zur Verfügung ? 4. Wer ist für die Wartung der Beleuchtungssituation des Deserteursdenkmals verantwortlich? 5. Seit wann genau sind die Scheinwerfer beziehungsweise ist die Beleuchtung des Deserteursdenkmals defekt? 6. Warum wurde die Beleuchtung des Deserteursdenkmals über einen längeren Zeitraum nicht instand gesetzt? 7. Welches Verfahren ist nach Kenntnis des Senats nötig, um eine defekte Beleuchtung am Deserteursdenkmal zu reparieren? 8. Wer ist für Wartung der Klanginstallation des Deserteursdenkmals verantwortlich ? 9. Aus welchem Grund ist die Klanginstallation des Deserteursdenkmals defekt? 10. Seit wann genau ist die Klanginstallation des Deserteursdenkmals defekt beziehungsweise nicht mehr funktionstüchtig? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17160 3 11. Warum wurde die Klanginstallation des Deserteursdenkmals über einen längeren Zeitraum nicht instand gesetzt? 12. Wann wird die Klanginstallation des Deserteursdenkmals wieder instand gesetzt? 13. Wer ist für die Reinigung und äußere Instandhaltung des Deserteursdenkmals zuständig? 14. Welche Maßnahmen hält der Senat für sinnvoll, um eine regelmäßige Wartung, Pflege und äußere Instandhaltung der Denkmäler am Stephansplatz zu gewährleisten? Siehe Vorbemerkung. 15. Hält der Senat eine Veränderung beziehungsweise Verbesserung der Beleuchtungssituation der Denkmäler am Stephansplatz für notwendig? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? 16. Hat der Senat bereits eine Verbesserung der Beleuchtungssituation der Denkmäler am Stephansplatz erwogen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Nein. Das Beleuchtungskonzept, entwickelt von Brandi Licht, erscheint auch aktuell für den Ort sehr angemessen. So werden nicht nur die drei Denkmale beleuchtet, sondern durch die Ausrichtung des Lichts und den Schattenwurf Bezüge erzeugt. 17. Bestehen vonseiten des Senats Pläne, durch Maßnahmen im öffentlichen Raum dafür zu sorgen, dass die Denkmalkonstellation am Stephansplatz für die Öffentlichkeit nachvollziehbarer und historisch besser einzuordnen ist? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Zwei Tafeln vor den Denkmälern erläutern das Denkmalensemble. Auch ein Kasten mit Informationsflyern ist Teil des Konzepts und steht zur Verfügung.