BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17185 21. Wahlperiode 21.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 13.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Mobilität weiter denken, Menschen verbinden – Wie ist es in Hamburg um die Barrierefreiheit an Bushaltestellen und in Linienbussen bestellt? Die Möglichkeit, ohne fremde Hilfe und mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Hamburg von A nach B zu kommen, ist ein zentraler Gradmesser für moderne Mobilität in einer Millionenmetropole wie Hamburg. Deswegen wurde unter dem CDU-geführten Senat im Februar 2003 erstmalig die „Prioritätenempfehlung zum barrierefreien Umbau von Schnellbahnhaltestellen in Hamburg “ veröffentlicht, an deren Entstehen damals verschiedene Akteure1 mitgewirkt hatten. In dieser Prioritätenliste wurde jeweils für einen kurzfristigen und einen mittelfristigen Zeithorizont aufgelistet, wann welche S- und U- Bahn-Haltestellen barrierefrei umgebaut sein sollen. In den Folgejahren wurde die Prioritätenliste fortgeschrieben. Dieses strukturierte Vorgehen hat bis heute erkennbare Erfolge gezeitigt. Laut der Angaben auf Seite 70 im Abschnitt „Verkehr“ des aktuellen Senatsberichts (Drs. 21/16645) zum Stand des Landesaktionsplans zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) „sind im Hamburger Gebiet bereits 59 von 82 U-Bahnhaltestellen der Hamburger Hochbahn AG barrierefrei umgestaltet“ und „im Hamburger S-Bahn-Netz (…) 46 der 56 Haltestellen barrierefrei zugänglich“. Werden hier also konkrete Zahlen zur Barrierefreiheit an S- und U-Bahn- Haltestellen in Hamburg angeführt, steht dort zur Barrierefreiheit im Linienbusverkehr lediglich: „Der flächendeckende Einsatz barrierefrei ausgestalteter Busse und die Anpassung der Bushaltestellen werden laufend fortgeführt .“ Auf verschiedene Fragen aus Reihen der CDU-Fraktion, wie es denn wirklich um die Barrierefreiheit an den Bushaltestellen in Hamburg sowie in den Bussen der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) und der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (VHH) wirklich bestellt ist, konnte die anwesenden Senatsvertreter unter Führung des Staatrats für Verkehr der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) in der Sitzung des Verkehrsausschusses der Bürgerschaft vom 9. Mai 2019 keine zufriedenstellenden Antworten liefern. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1 HVV, die HOCHBAHN, die DB Station&Service AG, die zuständige Behörde, die Senatskoordinatorin für die Gleichstellung der behinderten Menschen in der Freien und Hansestadt Hamburg, die Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen e.V. (LAG) und der Landes-Seniorenbeirat Hamburg. Drucksache 21/17185 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Senatsvertreterinnen und Vertreter haben alle Fragen der Mitglieder des Verkehrsausschusses in der Sitzung vom 9. Mai 2019 beantwortet und ergänzend die zugesagten Erklärungen zu Protokoll gegeben. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Verkehrsverbund GMBH (HVV), der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) sowie der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (VHH) wie folgt: 1. Welche Merkmale sind für die in Drs. 21/16645 erwähnte Anpassung der Bushaltestellen im Sinne der Barrierefreiheit kennzeichnend? Der HVV hat in Abstimmung mit den Aufgabenträgern des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im gesamten Bedienraum des Verkehrsverbundes einen Basisstandard eingeführt. Dieser soll neben weiteren Faktoren bei der Priorisierung der Haltestellen berücksichtigt werden. Der Basisstandard umfasst die folgenden Merkmale: Merkmale Voraussetzungen Bordsteinhöhe an der 2. Tür >= 16 cm Bewegungsfläche >= 2,50m x 2,50m an 2. Tür Wartefläche/Bodenbelag Befestigt Auffindestreifen Vorhanden Einstiegsfeld Vorhanden In Zusammenarbeit zwischen dem HVV, den zuständigen Aufgabenträgern und Behindertenverbänden wurden darüber hinausgehende Qualitätsmerkmale erarbeitet und in einem Leitfaden zusammengefasst („Barrierefreier Neu-, Um- und Ausbau der Bushaltestellen im Hamburger Verkehrsverbund“). Vereinbart wurde ein Zielstandard, welcher beim Neu-, Um- und Ausbau von Bushaltestellen im Hamburger Verkehrsverbund für die barrierefreie Gestaltung von Bushaltestellen im HVV zu berücksichtigen ist. Dieser umfasst die folgenden Merkmale: Merkmale Voraussetzungen Bordsteinhöhe an der 2. Tür >= 16 cm Bewegungsfläche >= 2,50m x 2,50m an 2. Tür Wartefläche/Bodenbelag Befestigt Auffindestreifen - vorhanden, - Tiefe >= 60 cm - Rippen Einstiegsfeld - vorhanden - Position 1. Tür - Breite: 120 cm - Tiefe: 90 cm - Rippen Leitstreifen nur bei Mehrfachhaltestellen (= Busaufstellfläche/ Ausbauform > 19 m) Pflicht, Breite: 30 cm Erreichbarkeit Wartefläche - mindestens 1 stufenloser Zugang, - sonst Rampe (Breite >= 1,20m, Längsgefälle <= 6%) - lichte Durchgangsbreite mind. 1m (Zugangsbereich , Durchgang, Engstellen) Neigung der Wartefläche - Längsneigung <= 3% - Querneigung <= 2,5% Standort Mast - auf Höhe Fahrzeugfront, - in Fahrtrichtung hinter Einstiegsfeld Anbringung Aushangkasten/ -fahrplan - Unterkante >= 1m, - Oberkante <= 1,70 m Beleuchtung vorhanden (eigene Lichtquelle oder in Nähe von Lichtquelle) Müllbehälter (Befestigungshöhe) - Oberkante: <= 0,90 m Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17185 3 2. Wie viele der Bushaltestellen in Hamburg sind vor diesem Hintergrund aktuell barrierefrei? Bitte für Hamburg gesamt angeben sowie für die einzelnen Bezirke aufschlüsseln. 3. Wie viele Bushaltestellen gibt es aktuell in Hamburg insgesamt und wie verteilen sich diese auf die einzelnen Bezirke? Das Haltestellenkataster wurde in den letzten Jahren neu erstellt, wodurch es erstmals eine Auflistung aller Haltestellen und ihrer Merkmale gibt. Die erhobenen Daten spiegeln den tatsächlich erreichten Grad der Barrierefreiheit jedoch nur in Teilen wider, da auch die barrierefreien Fahrzeuge einen großen Beitrag zur Barrierefreiheit leisten. Durch die moderne Ausstattung der Fahrzeuge wird es mobilitätseingeschränkten Fahrgästen, die zum Beispiel auf einen Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind, ermöglicht, die Busse zu erreichen und zu nutzen. Ausnahmen bilden die Haltestellen, die aufgrund des Umfeldes nicht barrierefrei erreicht werden können. Die Barrierefreiheit wird auf der Grundlage dieser Standards bei allen Straßenbaumaßnahmen umgesetzt, insbesondere im Rahmen des Projektes Busbeschleunigung. Mit dem Ausbau der Strecken wird auch der Standard der Bushaltestellen erhöht und an die Bedürfnisse angepasst. Damit wurden und werden insbesondere die stark frequentierten Haltestellen nach den bestehenden Standards ausgebaut. Die nachfolgend dargestellten Daten resultieren aus einer Gesamterhebung zum Aspekt der Barrierefreiheit aus dem Jahr 2017. Haltestellen, die gegebenenfalls erst im Jahr 2018 beziehungsweise 2019 um- oder neu gebaut wurden, sowie Haltestellen, die sich zum Zeitpunkt der Erhebung im Bau befanden, sind nicht berücksichtigt: Gemäß der Erhebung des HVV gibt es in Hamburg 1 991 Bushaltestellen. Diese sind wiederum aufgeteilt in 3 908 Richtungshaltestellen. Eine Bushaltestelle kann aus mehreren Richtungshaltestellen bestehen. Die Bushaltestellen in Hamburg verteilen sich wie folgt auf die Bezirke: Bezirk Bushaltestellen Richtungshaltestellen Altona 238 480 Bergedorf 366 652 Eimsbüttel 161 348 Hamburg-Mitte 316 620 Harburg 340 630 Hamburg-Nord 197 422 Wandsbek 373 756 1 991 3 908 Durch Bordsteinhöhe, Bewegungsfläche und Befestigung sind 1 084 Richtungshaltestellen für die physische Barrierefreiheit hergestellt: Bezirk Richtungshaltestelle Altona 171 Bergedorf 86 Eimsbüttel 130 Hamburg-Mitte 197 Harburg 95 Hamburg-Nord 178 Wandsbek 227 1 084 Bezogen auf die 3 908 Richtungshaltestellen ist der Basisstandard bei 320 Richtungshaltestellen erfüllt. Daraus folgt wiederum, dass an 102 Bushaltestellen alle Richtungshaltestellen beziehungsweise Bereiche einer Bushaltestelle den Basisstandard erfüllen: Bezirk Richtungshaltestelle Haltestelle Altona 58 24 Bergedorf 4 1 Eimsbüttel 31 7 Drucksache 21/17185 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Bezirk Richtungshaltestelle Haltestelle Hamburg-Mitte 53 19 Harburg 26 6 Hamburg-Nord 72 20 Wandsbek 76 25 320 102 Bezogen auf die 3 908 Richtungshaltestellen ist der Zielstandard bereits bei 21 Richtungshaltestellen erfüllt. Damit geht wiederum einher, dass an drei Bushaltestellen alle Richtungshaltestellen beziehungsweise Bereiche einer Bushaltestelle den Zielstandard erfüllen: Bezirk Richtungshaltestelle Haltestelle Altona 13 3 Bergedorf 1 0 Eimsbüttel 1 0 Hamburg-Mitte 3 0 Harburg 0 0 Hamburg-Nord 1 0 Wandsbek 2 0 21 3 4. Welche Merkmale sind für die in Drs. 21/16645 erwähnten barrierefrei ausgestalteten Busse kennzeichnend? Kennzeichnende Merkmale sind: - mindestens vier Sitzplätze, die für Menschen mit Behinderung gestaltet und gekennzeichnet sind; - insbesondere von diesen vier Sitzplätzen ist ein Haltewunschknopf leicht erreichbar ; - Haltemöglichkeiten; - kontrastreiche Gestaltung des Busses; - ein Rollstuhlaufstellplatz: - Gestaltung als Niederflurbus; - ein Kneeling-System und eine Rampe für den leichten Einstieg für Fahrgäste mit Rollstuhl. 5. Wie viele der von der a) HOCHBAHN, b) VHH im Linienbetrieb in Hamburg eingesetzten Busse gelten vor diesem Hintergrund aktuell als barrierefrei? Siehe Drs. 21/10162.