BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17205 21. Wahlperiode 21.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 14.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Nennkontakte hochrangiger Vertreter der Partei DIE LINKE Hamburg zu linksextremistischen, gewaltorientierten Gruppierungen Das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz werten sogenannte Nennkontakte zu Extremisten, zum Beispiel ihre positive Erwähnung in Reden oder im Internet oder die Vergabe entsprechender „Likes“ in sozialen Netzwerken, als Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen. Anhand öffentlich zugänglicher Quellen lässt sich immer wieder belegen, wie etwa hochrangige Funktionäre der Partei DIE LINKE Hamburg sich positiv über gewaltorientierte Linksextremisten äußern und in den sozialen Netzwerken mit ihnen befreundet sind. Dazu eine kleine Auswahl aktueller Beispiele: - Sabine Boeddinghaus (MdHB, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE) äußerte sich in der Sendung „Schalthoff live“ am 9. April 2019 gegenüber der vom Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg beobachteten und dem gewaltorientierten Spektrum zugeordneten Gruppierung „Antifa Altona Ost“ wie folgt: „Und wenn man sich die Arbeit anguckt, zum Beispiel von der Gruppe Antifa Altona Ost, dann machen die eine super tolle Bildungsarbeit für junge Leute, haben unglaublich viele unterschiedliche Themen. Und ich finde es wirklich schwierig auch diesen jungen Leuten gegenüber dann immer diesen Duktus zu haben: Aber ihr werdet beobachtet und ihr werdet in den Zusammenhang mit Gewalttätigkeit gestellt, wo sie überhaupt keinen Bezug dazu haben. Das finde ich, ist echt nicht wertschätzend.“1 - Christiane Schneider (MdHB, Vizepräsidentin) twitterte am 1. Mai 2019: „Eine kraftvolle 1. Mai-Demonstration der Antifaschistische Altona-Ost (Fehler im Original) war das heute in Hamburg. Schätze über 2.500 Teilnehmer *innen. Das martialische Polizeiaufgebot war völlig unangebracht und mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit kaum zu vereinbaren .“2 - Auf ihrem Facebook-Profil ist Christiane Schneider (MdHB, Vizepräsidentin ) befreundet mit der Sprecherin der vom Bundes- sowie vom Landes- 1 https://www.hamburg1.de/sendungen/4/5147/Wie_politisch_duerfen_Schulen_sein.html, Timecode: 12:10-11:41 (abgerufen am: 04.05.2019). 2 https://twitter.com/ChristianeSchn2/status/1123682023770554376 (abgerufen am: 04.05.2019); Screenshot vorliegend. Drucksache 21/17205 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 amt für Verfassungsschutz Hamburg beobachteten und als gewaltorientiert eingestuften Gruppierung Interventionistische Linke, Emily Laquer.3 - Christiane Schneider „gefallen“ auf ihrer Facebook-Seite (mit „gefällt mir“ markiert) derzeit folgende linksextremistische und vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtete Gruppierungen: Antifa Altona Ost, Ates.H – Für eine sozialrevolutionäre Perspektive, VVN-BdA Hamburg e.V.4 - Christiane Schneider und Sabine Boeddinghaus retweeteten kürzlich einen Demonstrationsaufruf der vom Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg beobachteten und dem gewaltorientierten Spektrum zugeordneten Gruppierung „Antifa Altona Ost“.5 - Dem Landesgeschäftsführer des Landesverbandes der Partei DIE LIN- KE, Martin Wittmaack, „gefallen“ auf seiner Facebook-Seite (mit „gefällt mir“ markiert) derzeit folgende linksextremistische und vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtete Gruppierungen: Sozialistische Linke Hamburg, Marx21 Hamburg, [’solid] Hamburg, VVN-BdA e.V. Hamburg.6 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Begriff „Nennkontakt“ ist kein Terminus des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg. Das LfV Hamburg versteht ihn im Kontext der Beantwortung dieser Anfrage als Sammelbegriff für jegliche Form von Interaktionen und Beziehungen zwischen Personen, Gruppierungen und Organisationen im Internet. Hierzu zählen Tweets, Retweets, Likes und sogenannte Freundschaften. Sie fließen in die Gesamtbewertung des LfV Hamburg ein, begründen für sich allein aber keine Beobachtungswürdigkeit . Zu den grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz wird auf die Drs. 21/16762 verwiesen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Behandelt das Landesamt für Verfassungsschutz Nennkontakte zu extremistischen Gruppen als Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen gemäß HmbVerfSchG? 2. Handelt es sich bei den oben dargelegten Aussagen und Freundschaftsbekundungen vom Charakter her (nicht spezifisch betrachtet) um solche Nennkontakte zu extremistischen Gruppen? Siehe Vorbemerkung. 3. Sind dem Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg die wiederholten und andauernden Nennkontakte hochrangiger Funktionäre der Partei DIE LINKE Hamburg zu linksextremistischen, zumeist auch gewaltorientierten Gruppen bekannt? Die Partei DIE LINKE ist kein Beobachtungsobjekt des LfV Hamburg. Sofern dem LfV Hamburg Erkenntnisse zu Einzelpersonen vorliegen, ergibt die nach § 18 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes (HmbVerfSchG) vorgenommene Abwägung, 3 https://www.facebook.com/christiane.schneider.9883/friends?lst=100011170864523% 3A100003831928824%3A1556959687&source_ref=pb_friends_tl (abgerufen am: 04.05.2019); Screenshot vorliegend. 4 https://www.facebook.com/christiane.schneider.9883/likes?lst=100011170864523% 3A100003831928824%3A1556959687 (abgerufen am: 04.05.2019); Screenshots vorliegend . Zur Einstufung als Beobachtungsobjekte des LfV siehe Drs. 21/15989 (Frage 4.). 5 https://twitter.com/s_boeddinghaus (Retweet des Demonstrationsaufrufes der Antifa Altona Ost über Mietenwahnsinn.de am 21. März 2019; ferner Solidaritäts-Retweet der Antifa Altona Ost am 21. März 2019; abgerufen jeweils am 07.04.2019); https://twitter.com/ christianeschn2?lang=de (Retweet vom 21. März 2019; abgerufen am 07.04.2019). 6 Zur Einstufung als Beobachtungsobjekte des LfV siehe Drs. 21/15989 (Frage 4.). Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17205 3 dass hier die Bekanntgabe der nachrichtendienstlich erhobenen Erkenntnisse dem Interesse des Betroffenen und denen des Amtes entgegensteht. Der durch das Grundgesetz gewährte Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen steht der Beantwortung der Frage ebenso entgegen. 4. Inwieweit plant das Landesamt für Verfassungsschutz, über diese Nennkontakte (sowie andere Formen der Verflechtungen) zwischen der Partei DIE LINKE und linksextremistischen Gruppen im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit zu berichten? 5. Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit das Landesamt für Verfassungsschutz die Relevanzschwelle als überschritten ansieht, ab der es die Öffentlichkeit über Gefahren für die Schutzgüter (§ 1 (HmbVerf- SchG)) gemäß §4 HmbVerfSchG informiert? Insbesondere: Wann ist die Relevanzschwelle überschritten, bei der eine Information per Pressemitteilung oder über die Webseite des LfV erfolgt? Siehe Drs. 21/15989, Antwort zu 3. und Vorbemerkung. 6. In welchem Zeitraum wurde(n) oder werden die Partei DIE LINKE Hamburg (beziehungsweise deren Vorgängerorganisationen) oder wurde(n) welche Einzelpersonen dieses Landesverbandes vom Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz a) beobachtet und/oder b) die Öffentlichkeit über die Beobachtung unterrichtet? Bitte für a) und b) jeweils die konkreten Zeiträume angeben. 7. Welche Gründe führten einst zur a) Beobachtung des Hamburger Landesverbandes der Partei DIE LINKE (beziehungsweise deren Vorgängerorganisation) beziehungsweise b) zur Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Beobachtung? Insbesondere : Wurden damals – und wenn ja, mit welcher Gewichtung – auch Nennkontakte hochrangiger Funktionäre der Partei zu Linksextremisten als Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen gewertet? Bitte umfassend erläutern. Seit dem 1. Januar 2003 wurde die damalige „Partei des Demokratischen Sozialismus “ (PDS), die sich im Jahr 2007 durch den Beitritt der nicht extremistischen WASG als die Partei „Die Linke“ umwandelte, als Gesamtpartei seitens des LfV Hamburg beobachtet. Die Beobachtung wurde am 1. Mai 2008 eingestellt, da keine konkreten Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen mehr vorlagen. Im Übrigen siehe Verfassungsschutzberichte der Jahre 2003 bis 2007 und Antwort zu 3. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen nicht vor. 8. Aus welchen Gründen wurde a) die Beobachtung beziehungsweise b) die Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Beobachtung der Partei DIE LINKE Hamburg durch das Landesamt für Verfassungsschutz wieder eingestellt? Bitte umfassend erläutern – gerade auch insoweit , als gegebenenfalls die Beobachtung aa) weitergeführt wurde/wird, während gegebenenfalls die Unterrichtung der Öffentlichkeit darüber bb) eingestellt wurde? Die Voraussetzungen für eine Beobachtung gemäß § 4 HmbVerfSchG lagen nicht mehr vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 4. bis 5.