BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17214 21. Wahlperiode 21.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 14.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Körperschaftsstatus für Moscheegemeinden Einem Bericht der Zeitung „Die Welt“ vom 13. Mai 2019 zufolge hat die Redaktion der „tageszeitung“ eine Anfrage an alle sechszehn Landesregierungen gestellt. Vor dem Hintergrund, dass deutsche Moscheegemeinden in der Regel auf finanzielle Zuwendungen aus dem Ausland angewiesen sind, wurde um eine Stellungnahme über die Möglichkeit einer künftigen Inlandsfinanzierung gebeten. Insgesamt sollen sich zehn Landesregierungen zurückgemeldet haben, darunter auch solche, die einer dazu erforderlichen Verleihung des Körperschaftsstatus1 aufgeschlossen gegenüberstehen.2 Dass dieses Thema in Hamburg wenigstens seit November 2012 eine Rolle spielt, zeigt der Staatsvertrag. In der Protokolländerung zu Artikel 13 heißt es: „Die islamischen Religionsgemeinschaften streben im Rahmen ihrer weiteren organisatorischen Entwicklung die Erlangung der Rechte von Körperschaften des öffentlichen Rechts nach Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 Absatz 5 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung an. Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass diesbezügliche Fortentwicklungen auch die Neuordnung der wechselseitigen Beziehungen erforderlich machen werden.“3 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Eine Religionsgesellschaft hat einen Rechtsanspruch auf Gewährung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, wenn die dafür geltenden rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Zu diesen Voraussetzungen gehören insbesondere die Gewähr der Dauer, die Rechtstreue und die allseitige Religionspflege. Ob die verschiedenen islamischen Verbände diese Voraussetzungen erfüllen, wird im Falle eines Antrages zu prüfen sein. Eine hiervon losgelöste abstrakte Prüfung dieser Frage hat die zuständige Behörde nicht vorgenommen. Der Senat hatte aus diesem Grund keine Veranlassung, sich mit dieser Frage zu befassen. Im Übrigen sind Religionsgesellschaften in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, Steuern zu erheben. Auch können Religionsgesellschaften , die Steuern erheben, diese nur von ihren eigenen Mitgliedern erheben. Die islamischen Verbände wären ebenfalls darauf beschränkt, Steuern von ihren Mitgliedern zu erheben. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Hat der Senat eine Anfrage von der Zeitung „Die Welt“ erhalten? 1 Gemeint ist die Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. 2 „Moscheesteuer könnte radikalen Auslandseinfluss kappen“. „Die Welt“ online. 13.5.2019. 3 Confer Artikel 13. Staatsvertrag. Drucksache 21/17214 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Falls ja, wann? 2. Wie lautet deren Inhalt? Nach Möglichkeit bitte den genauen Wortlaut wiedergeben. Die Anfrage erreichte die Behörde für Inneres und Sport am 8. Mai 2019. Die Anfrage verweist auf die Auskunft des Bundes, nach der Kirchensteuern in die Zuständigkeit der Länder fallen, und fragt danach, inwiefern eine Befassung der Länder mit dieser Thematik angestrebt wird. Eine Rückmeldung wurde bis 15 Uhr desselben Tages erbeten. 3. Welchen Standpunkt vertritt der Senat hinsichtlich der Idee, Moscheegemeinden , die gegenwärtig über die Rechtsform des eingetragenen Vereins verfügen, den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen, um ihnen dadurch vermittels etwaiger Steuererhebungen eine Inlandsfinanzierung zu ermöglichen? 4. Hält der Senat die Umsetzung dieser Maßnahme grundsätzlich für praktikabel ? Falls ja, unter welchen Voraussetzungen? Falls nein, warum nicht? Die Antwort bitte ausführlich begründen. 5. Hat sich der Senat bereits damit beschäftigt, die aus dem Ausland erfolgende Finanzierung von Moscheegemeinden mittel- bis langfristig abzuschaffen beziehungsweise durch ein anderes Modell zu ersetzen? Falls ja, inwiefern beziehungsweise welche Modelle sind in diesem Zusammenhang bislang thematisiert worden? Falls nein, warum nicht? 6. Wie steht der Senat heute dem in Artikel 13 des Staatsvertrags fixierten Streben seiner Vertragspartner gegenüber, den Körperschaftsstatus zu erhalten? 7. Hat sich diese Haltung seit November 2012 geändert? Falls ja, inwiefern beziehungsweise warum? 8. Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Einschätzungen des Landesamtes für Verfassungsschutzes über islamistische Tendenzen in einzelnen Moscheegemeinden, wie zum Beispiel im Falle des IZH oder DITIB-Nord? 9. Welche juristischen Argumente sprechen aus Sicht des Senats gegenwärtig dagegen, seinen Vertragspartnern den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen? 10. Welche politischen Argumente sprechen aus Sicht des Senats gegenwärtig dagegen, seinen Vertragspartnern den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen? 11. Gibt es aus Sicht des Senats politische Argumente, die für eine Verleihung des Körperschaftsstatus sprechen? Falls ja, welche? Dem parlamentarischen Fragerecht korrespondiert ein Anspruch auf Auskünfte, nicht aber auf meinungsbildende Stellungnahmen (vergleiche ThürVerfGH, Urteil vom 19.12.2008 – 35/07 –, juris Rn. 177), von denen der Senat deshalb auch im vorliegenden Fall absieht. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 12. In wie vielen Fällen haben muslimische Organisationen mit der Rechtsform des Eingetragenen Vereins zwischen 1990 und 2012 in Hamburg den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts beantragt? Bitte jeweils auch das Datum und das Ergebnis nennen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17214 3 Der Fragezeitraum reicht 29 Jahre zurück. In den Akten, die in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit herangezogen werden konnten, konnte kein Fall recherchiert werden. 13. In wie vielen Fällen haben die Vertragspartner des Senats seit dem Inkrafttreten des Staatsvertrages den Körperschaftsstatus beantragt? Bitte auch den Zeitraum sowie den Ausgang der jeweiligen Verfahren angeben. In keinem Fall. 14. Wie ist die in Artikel 13 des Staatsvertrags erwähnte „Neuordnung der wechselseitigen Beziehungen“ konkret zu verstehen? Welche Auswirkungen hätte die Verleihung des Körperschaftsstatus an Moscheegemeinden in diesem Zusammenhang für den Staatsvertrag? Siehe Antwort zu 3 bis 11.