BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17219 21. Wahlperiode 21.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 15.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Abschiebehaft am Flughafen Hamburg (IV) Seit dem 13.04.2018 wird auf dem Gelände des Ausreisegewahrsams am Flughafen Hamburg auch die Abschiebehaft vollzogen. Der Vollzug der Abschiebehaft wurde bereits aufgenommen, obwohl zu diesem Zeitpunkt die wesentliche Infrastruktur (bauliche Maßnahmen, Möglichkeiten der Freizeitgestaltung , Personal) noch nicht hergestellt waren. Der europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe hat jüngst die deutsche Abschiebepraxis sowie die Abschiebehafteinrichtung in Eichstätt begutachtet und dabei zahlreiche Verstöße festgestellt. Die daraus folgenden Vorschläge der Kommission lassen sich auch auf andere Einrichtungen der Abschiebehaft übertragen. Nach diesen Kriterien dürfte die Ausgestaltung der Abschiebehaft in Hamburg unzureichend sein. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Personen wurden seit dem 14.09.2018 in der Abschiebehafteinrichtung inhaftiert? Bitte aufschlüsseln nach: Mit Stand 16. Mai 2019 wurden seit dem 14. September 2018 174 Personen in der Rückführungseinrichtung Hamburg untergebracht. Der Vollzug der Abschiebungshaft in der Rückführungseinrichtung Hamburg erfolgt auch für Amtshilfefälle anderer Bundesländer . a. Altersgruppen (null –sechs, sechs – zwölf, zwölf – 18, 18 – 24 et cetera), 18-24 25-30 31-36 37-42 43-48 49-54 55-60 61-66 70 59 26 9 6 3 - 1 b. Geschlecht, In der Rückführungseinrichtung Hamburg werden ausschließlich männliche Erwachsene untergebracht. c. Herkunftsland und Zielort der Abschiebung, Die Herkunftsländer sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen Afghanistan 15 Gambia 3 Libyen 9 Serbien 6 Ägypten 2 Georgien 5 Marokko 17 Somalia 9 Albanien 25 Ghana 3 Nordmazedonien 2 staatenlos 1 Algerien 13 Guinea 3 Moldavien 1 Syrien 2 Armenien 3 Guinea-Bissau 3 Niger 1 Tadschikistan 1 Drucksache 21/17219 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Benin 1 Irak 9 Nigeria 5 Tunesien 4 Bosnien- Herzegow. 2 Jemen 1 Pakistan 5 Ukraine 1 Burkina Faso 1 Kamerun 1 Polen 1 ungeklärt 1 Cote d‘Ivoire 1 Kosovo 2 Portugal 1 Weißrussland 2 Eritrea 4 Libanon 2 Rumänien 1 Frankreich 1 Liberia 1 Russische Föde-ration 3 Zielort der Abschiebung Afghanistan 1 Ägypten 2 Albanien 25 Algerien 8 Armenien 3 Belgien 2 Benin 1 Bosnien-Herzegowina 2 Bulgarien 2 Cote d´Ivoire 1 Dänemark 1 Finnland 5 Frankreich 2 Gambia 3 Georgien 5 Ghana 3 Guinea 3 Italien 29 Kosovo 1 Lettland 1 Liberia 1 Litauen 1 Marokko 16 Nordmazedonien 2 Moldawien 1 Niederlande 4 Nigeria 1 Norwegen 2 Pakistan 5 Polen 1 Portugal 1 Rumänien 3 Russische Föderation 3 Schweden 15 Schweiz 2 Serbien 6 Spanien 3 Tunesien 4 Ukraine 1 Weißrussland 2 d. Dauer der Unterbringung in der Abschiebehaft. 1-7 Tage 8-14 Tage 15-21 Tage 22-28 Tage 29-35 Tage 36-42 Tage 43-49 Tage 43 21 30 17 21 9 9 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17219 3 50-56 Tage 57-63 Tage 64-70 Tage 71-77 Tage 78-84 Tage 85-91 Tage 92-98 Tage 4 1 0 1 1 0 1 2. Wie viele Personen wurden seit dem 14.09.2018 aus der Abschiebehaft am Flughafen Hamburg a. abgeschoben? Der Vollzug der Abschiebungshaft in der Rückführungseinrichtung Hamburg erfolgt auch für Amtshilfefälle anderer Bundesländer. Die Durchführung von Abschiebungsmaßnahmen erfolgt in eigener Zuständigkeit der jeweiligen Bundesländer, sodass die Beantwortung der Fragestellung nur für das Bundesland Hamburg erfolgen kann. In dem Zeitraum vom 14. September 2018 bis zum 16. Mai 2019 wurden 69 Personen abgeschoben. b. entlassen? Im gefragten Zeitraum wurden 26 Personen aus der Rückführungseinrichtung Hamburg entlassen. c. in eine andere Einrichtung zur weiteren Vollziehung der Abschiebehaft überstellt? Neun Personen wurden aus der Rückführungseinrichtung Hamburg in eine andere Abschiebungshaftanstalt überstellt. 3. Wie ist der Stand der Baumaßnahmen? a. Sind die Baumaßnahmen abgeschlossen? Wenn ja, welche Veränderungen wurden insgesamt umgesetzt? Wenn nein, welche Baumaßnahmen wurden bereits umgesetzt, welche Baumaßnahmen stehen noch aus und wie ist der Zeitplan für den weiteren Ausbau? Es wurden folgende Baumaßnahmen durchgeführt: - Einbau einer flächendeckenden Brandmeldeanlage mit Aufschaltung zur Feuerwehr , - Einbau einer Lichtrufanlage, - Erweiterung Flucht- und Rettungswegbeleuchtung, - Anbringen von Gitterstäben an den Fenstern, - brandschutztechnische Ertüchtigung der Außentreppe, - Einbau einer Videoüberwachung, - Erneuerung der Zaunanlage (4 m), inklusive Toranlage, - Aufstellen weiterer Container, - Erweiterung der Einrichtung (Aufbau des Außenkunststoffspielfeldes und des Tischtennisplatzes), - zusätzliche Sicherungsmaßnahmen auf den Containern (S-Draht-Verlegung auf den Containerdächern). Die Baumaßnahmen sind mit Ausnahme des Aufbaus des Außenkunststoffspielfeldes abgeschlossen. Das Außenkunststoffspielfeld soll im Juni 2019 fertiggestellt werden. 4. Wie viele Mitarbeiter/-innen-Stellen stehen mittlerweile in welchen Bereichen zur Verfügung und welche sind davon derzeit besetzt? Der Betrieb der Rückführungseinrichtung Hamburg wird sichergestellt durch einen Referatsleiter, einen Sachgebietsleiter und 16 Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter . Derzeit sind alle Stellen, ausgenommen einer Sachbearbeiter-Stelle, besetzt (sie- Drucksache 21/17219 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 he auch Drs. 21/16887). Zusätzlich werden 16 Mitarbeiter des WEKO-Sicherheitsdienstes in der Rückführungseinrichtung Hamburg eingesetzt. 5. Zu welchen Zeiträumen sind die Türen der Hafträume in der Abschiebehaftanstalt am Flughafen Hamburg unverschlossen? Die Haftraumtüren sind ganztägig unverschlossen. 6. Zu welchen Zeiten sind für die Gefangenen die Gemeinschaftsräume beziehungsweise Räume zur Freizeitgestaltung zugänglich? Die Gemeinschaftsräume im Unterbringungsbereich sind den Abschiebungsgefangenen ganztägig zugänglich. Die Räume zur Freizeitgestaltung können von den Abschiebungshaftgefangenen vormittags zwischen 9.00 Uhr und 11.15 Uhr und abends zwischen 19.00 Uhr und 21.15 Uhr genutzt werden. 7. Zu welchen Zeiten kann der Außenbereich von den Gefangenen benutzt werden? Der Außenbereich kann von den Insassen vormittags zwischen 10.00 Uhr und 12.00 Uhr und nachmittags zwischen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr genutzt werden. 8. Inwieweit gibt oder gab es seit Beginn des Vollzuges der Abschiebehaft am Flughafen Hamburg Einschränkungen der Rechte aus § 9 Absatz 1 Abschiebehaftvollzugsgesetz, weil Sicherheit und Ordnung diese erforderten ? Bitte detailliert die Arten, die Dauer und die Gründe der Einschränkungen benennen. Die Untergebrachten dürfen sich in den für sie vorgesehenen Bereichen innerhalb der Einrichtung frei bewegen. Lediglich der Aufenthalt im Freien wird allein wegen der örtlichen Gegebenheiten aus Sicherheitsgründen zeitlich eingeschränkt, da für den Zeitraum des Aufenthalts im Freien die Beaufsichtigung durch Sicherheitspersonal jederzeit sichergestellt werden muss. Einschränkungen wurden nur bei Unterbringungen im besonders gesicherten Haftraum vorgenommen, siehe Antwort zu 10. 9. Wie ist die Betreuung durch Sozialarbeiter/-innen ausgestaltet? Es konnte bislang noch keine Sozialberatung aufgenommen werden, da die abschließende Abstimmung mit f & w fördern und wohnen AöR, inklusive der Gewinnung von Fachpersonal, noch nicht vorgenommen werden konnte. Die Aufnahme der Tätigkeit ist für das 3. Quartal 2019 geplant. 10. In wie vielen Fällen wurden seit dem 14.09.2018 Gefangene in einem „besonders gesicherten Haftraum“ untergebracht? In 23 Einzelfällen mussten Insassen im besonders gesicherten Haftraum untergebracht werden. a. Wie viele Gefangene wurden dort untergebracht? Seit dem 14. September 2018 mussten 19 Inhaftierte im besonders gesicherten Haftraum untergebracht werden. Einige Personen wurden mehr als einmal dort untergebracht . b. Für wie lange wurden die Gefangenen dort jeweils untergebracht? Eine Stunde 25 Minuten, zwei Stunden fünf Minuten, vier Stunden 27 Minuten, 45 Minuten, fünf Stunden 30 Minuten, acht Stunden 15 Minuten, zwei Stunden 15 Minuten , 14 Minuten, acht Stunden zehn Minuten, 28 Minuten, eine Stunde 55 Minuten, eine Stunde vier Minuten, zwei Stunden 45 Minuten, zwei Stunden 30 Minuten, eine Stunde fünf Minuten, neun Stunden 55 Minuten, 45 Minuten, zwölf Stunden 40 Minuten , zwei Stunden 49 Minuten, zwei Stunden 32 Minuten, drei Stunden 50 Minuten, eine Stunde 45 Minuten, zwei Stunden 15 Minuten. c. Wie viel Zeit verging in den Fällen jeweils, bis ein Arzt/eine Ärztin beteiligt wurde und aus welchen Gründen war (möglicherweise) eine frühere Beteiligung nicht möglich? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17219 5 Die Beteiligung in Gestalt der Benachrichtigung einer Ärztin/eines Arztes erfolgt immer unverzüglich. Auf den Zeitpunkt, wann die/der kontaktierte Ärztin/Arzt in der Rückführungseinrichtung erscheint, haben die Mitarbeiter der Rückführungseinrichtung keinen Einfluss. d. Wie sah die konkrete Beteiligung aus? Die Beauftragung einer Ärztin/eines Arztes erfolgt regelhaft mittels Telefonanruf und der Bitte um ein schnellstmögliches persönliches Erscheinen der Ärztin/des Arztes. e. Welche Entscheidung (zum Beispiel Beendigung der Unterbringung, Veranlassung weiterer Maßnahmen et cetera) hat der Arzt/die Ärztin jeweils getroffen? In drei Fällen hat der Arzt die Unterbringung gemäß § 12 Hamburgisches Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (HmbPsychKG) eingeleitet . Bei den übrigen Fällen wurde die Unterbringung in dem besonders gesicherten Haftraum nach der Untersuchung/Behandlung beendet. f. Was waren jeweils die wesentlichen Gründe für die Annahme, dass aufgrund des Verhaltens oder des Zustandes der Gefangenen davon auszugehen ist, dass ein erhöhtes Maß der Gefahr des Entweichens , von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder der Selbstverletzung besteht? Die Unterbringung erfolgte aus den folgenden Gründen: nach einem Suizidversuch, aufgrund überdurchschnittlich psychisch auffälligen Verhaltens , nach tätlichem Angriff auf Mitarbeiter der Rückführungseinrichtung, nach Widerstandsleistung und Beleidigung gegenüber Mitarbeitern, nach Randalierens im zugewiesenen Haftraum, nach Fluchtversuch, nach Suizidandrohung, nach Selbstverletzungs -/Suizidandrohung, nach Randalieren im zugewiesenen Haftraum, nach Selbstverletzung, nach Selbstverletzung, nach Suizidversuch, nach Randalieren im zugewiesenen Haftraum, nach Selbstverletzungs-/Suizidandrohung, nach körperlicher Auseinandersetzung mit einem Mitgefangenen, nach Selbstverletzungsandrohung, aufgrund erforderlicher Haftraumrevision nach versuchtem Tablettenschmuggel, wegen vorübergehender Nichtbelegbarkeit des zugewiesenen Haftraumes nach Randalierens im zugewiesenen Haftraum, nach körperlicher Auseinandersetzung mit einem Mitgefangenen, nach Suizidandrohung, wegen überdurchschnittlich aggressiven Verhaltens bereits seit dem Festnahmezeitpunkt, nach körperlicher Auseinandersetzung mit einem Mitgefangenen und wegen überdurchschnittlich aggressiven Verhaltens bereits seit dem Festnahmezeitpunkt. 11. Befindet sich in dem besonders gesicherten Haftraum eine Toilette? Wenn ja, wie wird gewährleistet, dass – sofern eine Videoüberwachung für notwendig befunden wird – die Privatsphäre der Gefangenen bei Toilettengängen gewahrt wird? In diesem mittels optischer Hilfsmittel überwachten Raum befindet sich eine Toilette mit Wasserspülung. Die ununterbrochene Beobachtung mittels optischer Hilfsmittel ist aus Sicherheitsgründen zwingend erforderlich. 12. Wie wird der besonders gesicherte Haftraum belüftet und beleuchtet? Der besonders gesicherte Haftraum verfügt über eine Belüftung im Fenster. Der Raum ist mit einer Deckenbeleuchtung ausgestattet. 13. Inwieweit haben Gefangene, die im besonders gesicherten Haftraum untergebracht sind, Beschäftigungsmöglichkeiten und Kontaktmöglichkeiten zu Mitmenschen (unter anderem Besuch, Freizeit mit anderen Gefangenen et cetera)? 14. Inwieweit haben Gefangene, die im besonders gesicherten Haftraum untergebracht sind, die Möglichkeit, zu telefonieren oder Besuch zu empfangen? Drucksache 21/17219 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 15. Erhalten die Gefangenen, die im besonders gesicherten Haftraum untergebracht sind, eine Möglichkeit, sich im Freien zu bewegen? Wenn ja, in welchem Umfang und auf welche Weise? Wenn nicht, warum nicht? Der Ausnahmezustand, der zu dieser Unterbringung geführt hatte, schließt eine Teilnahme am regelmäßigen Einrichtungsalltag vorübergehend aus. 16. In wie vielen Fällen wurden seit dem 14.09.2018 Gefangene fixiert? a. Wie viele Gefangene wurden jeweils fixiert? In einem Fall musste ein Insasse vorübergehend fixiert werden. b. Für wie lange wurden die Gefangenen jeweils fixiert? Eine Stunde und 50 Minuten. c. In wie vielen Fällen erfolgte die Fixierung aufgrund vorheriger Anordnung durch das zuständige Gericht? In keinem Fall. d. In wie vielen Fällen erfolgte die Fixierung aufgrund von Gefahr im Verzug ohne gerichtliche Anordnung? In einem Fall. e. In wie vielen der unter 16. d. genannten Fälle wurde aus welchen Gründen auf die nachträgliche Einholung einer gerichtlichen Anordnung verzichtet? In keinem Fall. f. In wie vielen Fällen wurde eine beantragte gerichtliche Anordnung auf Fixierung durch das zuständige Gericht abgelehnt? In keinem Fall. g. Was waren jeweils die Gründe für die Annahme, dass eine unmittelbar drohende Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt? Laut ärztlicher Anamnese wurde bei dem Betroffenen eine akute Belastungsstörung psychotischen Ausmaßes diagnostiziert, weshalb in direkter Folge eine Unterbringung gemäß § 12 HmbPsychKG initiiert und umgesetzt wurde.