BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17220 21. Wahlperiode 21.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 15.05.19 und Antwort des Senats Betr.: CRIME-Datei „Sportgewalt“ und andere Datenbanken 2016 kam aufgrund einer Anfrage von mir ans Licht, dass die Polizei Hamburg eine Datenbank mit den Informationen sogenannter Szenekundiger Beamter führt. Im Zuge der Auseinandersetzung um die Zulässigkeit der Datei „Gruppen- und Szenegewalt“ musste die Polizei Hamburg unter anderem auf Beanstandung des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit einen großen Teil der Daten löschen. Schließlich wurde die Datei Anfang 2017 abgeschafft und in neue Datenbanken, unter anderem die Datei CRIME „Sportgewalt“, überführt. Zum 12.01.2017 waren in der Datei CRIME „Sportgewalt“ 77 Personen gespeichert (vergleiche Drs. 21/7639). Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Besteht die Datei „Sportgewalt“ noch? Wenn nein, warum nicht und durch welche neue Datenbank wurde sie ersetzt? Ja. 2. Wie viele Personen sind in der Datei „Sportgewalt“ gegenwärtig eingetragen ? Bitte nach Sportarten und Fanszenen der einzelnen Vereine aufschlüsseln. Es sind insgesamt 66 Personen eingetragen, ausschließlich aus dem Phänomenbereich der gewaltbereiten Fußballfans. Bei diesen Personen handelt es sich in 44 Fällen um Anhänger des Hamburger Sport-Verein e.V. (HSV) und in 22 Fällen um Anhänger des Fußball-Club St. Pauli von 1910 e.V. (FC St. Pauli). a. Wie viele davon sind minderjährig? Keine. b. Wie viele davon sind weiblich? Eine eingetragene Person ist weiblich. c. Wie viele davon sind Begleit- oder Kontaktpersonen? Keine. d. Wie viele davon waren bereits in der Datei „Gruppen- und Szenegewalt “ gespeichert? Drucksache 21/17220 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Erkenntnisse im Sinne der Frage liegen nicht vor, da die Datei „Gruppen- und Szenegewalt “ gelöscht wurde. Die Übernahme von Personen in die Datei „Sportgewalt“ wurde nicht gesondert dokumentiert. 3. Wie wird der Zweck der Datei „Sportgewalt“ in der Verfahrensbeschreibung oder Einrichtungsanordnung beschrieben? Die Beschreibung der Zweckbestimmung lautet wie folgt: „Die Datei dient der Gefahrenabwehr einschließlich der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, insbesondere Gewalttaten, für den Bereich Sportgewalt. Sie dient auch der Verfolgung von Straftaten im Bereich Sportgewalt.“ 4. Nach welchen Kriterien wird entschieden, wer in die Datei „Sportgewalt“ eingetragen wird? Die Kriterien zur Speicherung einer Person in der Datei unterscheiden sich je nach der Personenrolle, in der die Person gespeichert werden soll. Im Folgenden werden die in der Errichtungsanordnung genannten Personenrollen mit den jeweiligen Speicherkriterien aufgelistet: Beschuldigte/Verdächtige „Personen, gegen die ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist (§ 16 Abs. 2 S. 3 PolDVG), um die Täterschaft festzustellen. Voraussetzung ist, dass eine Negativprognose hinsichtlich der Begehung weiterer Straftaten im Sinne der Zweckbestimmung dieser Datei gestellt wird.“ Störer/Verantwortlicher für eine Gefahr „Personen, die für eine Gefahr im Sinne der Zweckbindung dieser Datei verantwortlich sind und gegen die kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren im Sinne des § 16 Abs. 2 S. 3 PolDVG eingeleitet worden ist, deren Speicherung zur Aufgabenerfüllung gemäß § 16 Abs. 1 PolDVG jedoch erforderlich ist.“ Kontakt- und Begleitpersonen „Kontakt- oder Begleitpersonen gemäß § 1 Abs. 6 PolDVG im Sinne dieser Errichtungsanordnung sind Personen, die mit einer Person, von der tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass diese Person Straftaten begehen wird, in einer Weise in Verbindung stehen, die die Erhebung ihrer personenbezogenen Daten zur vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftaten erfordert.“ 5. Welche Daten einer Person (zum Beispiel Anschrift, Telefonnummer, Auffälligkeiten wie Tattoos oder Narben et cetera) werden in der Datei „Sportgewalt“ gespeichert? Folgende Daten zu einer in der Datei „Sportgewalt“ eingetragenen Person werden gespeichert: Name Vorname Geburtsdaten Nationalität/Staatsangehörigkeit Geschlecht Sonstiger Name Spitzname erstmaliges Auftreten im Zusammenhang mit Sportgewalt Fan-Kategorie Gruppenzugehörigkeit Vereinszugehörigkeit Auswärtsfahrer Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17220 3 Beruf / Tätigkeit Straftaten und Ordnungswidrigkeiten mit Sportbezug (bundesweit) Verfahrensausgänge präventiv-polizeiliche Maßnahmen (bundesweit) Negativprognose 6. Welche Prüf- und Löschfristen gelten für die Datei „Sportgewalt“? In der Datei gelten folgende Aussonderungsprüffristen: Fünf Jahre für Beschuldigte drei Jahre für Störer/Verantwortliche für eine Gefahr, ein Jahr für Kontakt- und Begleitpersonen. Spätestens nach Ablauf der Frist wird geprüft, ob die Speicherung der Person in der Datei weiterhin erforderlich ist. Kann eine Erforderlichkeit nicht festgestellt werden, werden die Daten der Person gelöscht. Für Kontakt- und Begleitpersonen gilt eine Höchstspeicherdauer von drei Jahren. 7. Werden in der Datenbank Informationen beziehungsweise Erkenntnisse von Szenekundigen Beamten/-innen (SKB) eingetragen? Ja. 8. An wen geben Szenekundige Beamten/-innen ihre Informationen weiter und wer verfügt über die weitere Verwendung und den weiteren Verbleib dieser Informationen? Daten von Personen werden von den Szenenkundigen Beamten (SKB) an das für Sportgewalt zuständige Sachgebiet des Landeskriminalamtes (LKA) 12 übermittelt. Über die weitere Verwendung und den Verbleib dieser Informationen entscheidet das LKA 12 im Rahmen der eigenen Zuständigkeit. 9. Welche Dienststellen und Abteilungen sind zum Einspeisen von Daten berechtigt? Die Berechtigung zur Eingabe von Daten obliegt ausschließlich dem LKA 12. a. Sind Szenekundige Beamten/-innen eigenständig in der Lage, Daten in die Datenbank „Sportgewalt“ einzuspeisen? Nein. 10. Inwiefern sind die Daten in der Datei „Sportgewalt“ suchfähig gespeichert ? Die Datei wurde in der Softwareanwendung CRIME errichtet. Es handelt sich dabei um ein Datenbankprogramm, in dem grundsätzlich sämtliche gespeicherten Daten suchfähig sind. 11. Welche Dienststellen und Abteilungen sind zum Lesen der Daten berechtigt? a. Sind Szenekundige Beamte eigenständig in der Lage, unmittelbar Einsicht in die Datenbank zu nehmen? Neben den Mitarbeitern des LKA 12 verfügen die SKB der Landesinformationsstelle Sport (LIS) sowie die Schichtleiter des Kriminaldauerdienstes [Kriminalkommissar vom Dienst (KKvD) des LKA 26] über Leserechte in der Datei. b. Sind auch Dienststellen und Abteilungen der Polizeien anderer Bundesländer zur Einsicht in die Datei berechtigt? Wenn ja, in welchem Umfang? Nein. Drucksache 21/17220 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 12. Wie viele Daten hat das Landeskriminalamt Hamburg in die Verbundsdatei INPOL „Gewalttäter Sport“ seit dem 01.01.2017 eingegeben? Daten im Sinne der Anfrage werden statistisch nicht erfasst. Aktuell sind in der Datei „Gewalttäter Sport“ 65 Personendatensätze gespeichert, die seit dem 1. Januar 2017 durch das LKA Hamburg eingegeben wurden. In dem Zeitraum eingegebene und zurückliegend bereits gelöschte Datensätze sind in dem Ergebnis nicht berücksichtigt, da sie nicht recherchiert werden können. 13. Enthält die Datei „Sportgewalt“ auch Erkenntnisse beziehungsweise Informationen des Landesamtes für Verfassungsschutz? Wenn ja, wie erfolgt der Informationsaustausch? Nein. 14. Inwieweit überprüft der behördliche Datenschutzbeauftragte der Polizei oder der Hamburgische Beauftrage für Datenschutz und Informationsfreiheit die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, insbesondere der Lösch- und Prüffristen? Der Datenschutzbeauftragte der Polizei Hamburg überprüft im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben die Datenverarbeitung der Polizei Hamburg auf ihre Rechtmäßigkeit. Hierzu gehört auch die Überprüfung des Umgangs mit Lösch- und Prüfungsfristen. 15. Wann fand zuletzt eine Überprüfung durch welchen der Datenschutzbeauftragten mit welchem Ergebnis statt? Die letzte Überprüfung der INPOL-Datei „Gewalttäter Sport“ erfolgte in der ersten Jahreshälfte 2016 (in zwei Prüfterminen am 23.03.2016 und 12.05.2016) durch den Hamburgischen Beauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI). Im Übrigen wird auf den 26. Tätigkeitsbericht des HmbBfDI verwiesen, im Internet abrufbar unter: https://datenschutz-hamburg.de/assets/pdf/26._Taetigkeitsbericht_Datenschutz_2016- 2017_HmbBfDI.pdf. Die letzte Prüfung der Datei „Sportgewalt“ fand am 23.01.2017 durch den Datenschutzbeauftragten der Polizei Hamburg statt. Im Rahmen der Prüfung wurden Optimierungsmöglichkeiten bei der Dokumentation der Speicherungsvoraussetzungen, bei der Verarbeitung von Verfahrensausgängen sowie im Hinblick auf die Nutzung der Dateistruktur festgestellt.