BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1724 21. Wahlperiode 06.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 28.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Weitere Nachfragen zum Einsatz der BfL/VE Iris P. Im Anschluss an den Revisionsbericht und die Innenausschusssitzung am 28. August 2015 ergeben sich weitere Fragen. So frage ich den Senat: 1. Auf Seite 5 des Revisionsberichts ist von Berichten eines Führungsbeamten die Rede, „der seinerzeit auch andere VE bzw. BfL führte“. Inwiefern gab/gibt es unterschiedliche Zuständigkeiten von Führungsbeamten für die jeweiligen Einsatzbereiche beziehungsweise „Szenen“, in denen VE beziehungsweise BfL eingesetzt waren, wie zum Beispiel OK, Staatsschutz („Rechtsextremismus“, „Linksextremismus“ et cetera), und wie sahen oder sehen diese aus? Der Einsatz verdeckter Ermittler und sonstiger nicht offen operierender Polizeibeamter stellt ein unverzichtbares Mittel zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung, der Abwehr bestimmter Gefahren oder bei der Aufklärung bestimmter Straftaten dar. Eine (auch teilweise) Offenlegung der Umstände konkreter Einsätze kann Rückschlüsse auf strafprozessuale oder gefahrenabwehrende verdeckte Maßnahmen der Polizei zulassen, die den Erfolg dieser Einsätze gefährden würden. Im Interesse der Wirksamkeit polizeilicher Maßnahmen und der Sicherheit der eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten macht der Senat keine Angaben zu ihrer operativen Tätigkeit. Soweit die Beantwortung von Fragen Rückschlüsse auf das polizeitaktische Vorgehen zulässt und die Wirksamkeit polizeilichen Handelns berührt ist, steht einer Beantwortung der Fragen die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Polizei als Strafverfolgungs - und Gefahrenabwehrbehörde nach Artikel 30 der Hamburgischen Verfassung und damit das Staatswohl entgegen, sodass von einer Beantwortung der Fragen abgesehen wird. 2. Auf Seite 14 des Revisionsberichts ist von einem „LfV-internen Vermerk einer Arbeitstagung“ die Rede, in dem „neben den teilnehmenden LfVund LKA-Mitarbeitern insgesamt sechs Personen namentlich genannt (sind) sowie deren Zuordnung zu Themenbereichen der linken Szene“. Die Passage erschließt sich nicht ganz: a. Trifft zu, dass Iris P. an dieser „Arbeitstagung“ teilgenommen hat? Ja. b. Wenn ja: Nahm sie als „LKA-Mitarbeiterin“ oder als eine der insgesamt sechs namentlich genannten Personen teil, die zu Themenbereichen der linken Szene zugeordnet waren? Drucksache 21/1724 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Sie nahm als LKA-Mitarbeiterin teil. An der Arbeitstagung nahmen ausschließlich LfVund LKA-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter teil. c. Wenn ja, waren ihre verdeckten Ermittlungen als BfL oder ihre verdeckten Ermittlungen als VE beziehungsweise die jeweils daraus gewonnen „Erkenntnisse“ gefragt? Welchem der „Themenbereiche der linken Szene“ war sie zugeordnet? Die Beamtin war dem Einsatzbereich „Rote Flora und Umfeld“ zugeordnet. Welche Beiträge der Beamtin zuzuordnen sind beziehungsweise welche seinerzeit gefragt waren, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. d. Wenn nein, war von ihr und ihrem Einsatz die Rede? Von ihrem Einsatz als VE oder als BfL? Welchem der „Themenbereiche der linken Szene“ war sie zugeordnet? Entfällt. e. Waren unter den insgesamt sechs Personen, die zu Themenbereichen der linken Szene zugeordnet waren, ein oder mehrere V-Leute oder Informanten oder verdeckte Ermittler des LfV? Nein. 3. Auf Seite 17 des Revisionsberichtes ist unter „Auswertung zu Liebesbeziehungen “ davon die Rede, dass ein von der Beamtin unbeabsichtigter Kontakt der Dienststelle gemeldet worden sei, aus dem sich rückschließend lasse, um welche Person es sich handeln könnte. Die BfL/VE Iris P. hat aber dem Bericht zufolge Liebesbeziehungen zunächst bestritten und dann dazu geschwiegen (Seite 16). Wie, von wem und warum also hat die Dienststelle die Meldung erhalten und wie Rückschlüsse auf die Person gezogen? Die schriftliche Meldung über den besagten Kontakt machte die Beamtin selbst. Sie enthielt auch den Namen der Person. Rückschlüsse auf eine mögliche Liebesbeziehung waren aufgrund dieser Meldung nicht möglich. Einen Hinweis darauf ergaben erst Veröffentlichungen der linken Szene im Internet, die jedoch bis heute nicht verifiziert werden konnten. 4. Dem Revisionsbericht zufolge (Seite 20) sind bis „Mitte 2004“ 1.850 Mehrarbeitsstunden (das entspricht bei 39 Wochenstunden circa 47 Wochen) angefallen. Bis zum Ende des Einsatzes am 31.3.2006 ist dann ein „aufsummierter Anspruch aus Urlaub und Mehrarbeit von 353 Arbeitstagen“ zu verzeichnen, das entspricht knapp 71 Arbeitswochen. a. Bitte stellen Sie die Mehrarbeit monatsweise dar für den Zeitraum 1.4.2001 bis zum 31.3.2006. b. Wie hoch sind die Mehrarbeitsstunden namentlich in den Zeiträumen 27.5.04 bis 3.6.04, 15.4.05 bis 24.4.05, 21.2.06 bis 27.2.06? Der verdeckte Einsatz von Polizeibeamten ist ein polizeitaktisches Mittel. Eine detaillierte Aufstellung von anfallenden Überstunden lässt Rückschlüsse auf die Verfügbarkeit sowie den Einsatz dieses taktischen Mittels zu. Der Senat sieht daher davon ab, Angaben im Sinne der Fragestellung zu machen. Darüber hinaus siehe Antwort zu 1. c. Wie hoch ist der aufsummierte Anspruch aus Urlaub insgesamt und wie verteilt er sich auf die Jahre 1.4.2001 bis zum 31.3.2006? Bitte in Jahresscheiben darstellen. Der Polizei liegen aufgrund abgelaufener Aufbewahrungsfristen keine Belege über den Urlaubsanspruch in den erfragten Jahren mehr vor. 5. Auf Seite 27 des Revisionsberichts ist davon die Rede, dass Iris P. in ihrer Funktion als VE „Wohnungen betreten, Freundschaften eingehen, Partys feiern und auch an Ausflügen teilnehmen durfte, so wie es ihr heute vorgeworfen wird“. Weiter ist der Darstellung auf dieser Seite zu Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1724 3 entnehmen, dass die Betätigung in der „sogenannten queeren und feministischen Szene“ im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als verdeckte Ermittlern stand. Nach der Kenntnisnahme der Unterlagen des BKA sei geklärt, dass sie „sich entsprechend ihres Auftrages in Kreisen bewegt hat, zu denen eine ZP Kontakt pflegte“. Demgegenüber sei sie im „allgemeinen Flora-Umfeld“ als BfL tätig gewesen. Dass der bisher einzige konkret genannte Ausflug, an dem Iris P. teilnahm, von Personen aus dem Kreis der FSK-Redaktionsgruppe re[h]v[v]o[l]te durchgeführt wurde, lässt den Rückschluss zu, dass Iris P. sich in das Radio FSK beziehungsweise die Redaktionsgruppe als VE und nicht als BfL eingeschlichen hat. Wenn dies zutrifft, wäre die Aussage, das „FSK wäre nie das Ziel verdeckter Einsätze gewesen“, nicht aufrechtzuerhalten: Der Einsatz im FSK und bei der Redaktionsgruppe re[h]v[v]o[l]te wäre sehr zielstrebig „entsprechend ihres Auftrages“ erfolgt. Andererseits gibt das BKA an, zu keinem Zeitpunkt den Einsatz von Iris P. beim FSK angeordnet zu haben. Mit anderen Worten, der Sachverhalt ist noch nicht aufgeklärt. a. Trifft zu, dass der Einsatz von Iris P. im FSK und speziell in der Redaktionsgruppe re[h]v[v]o[l]te einschließlich der damit verbundenen privaten Treffen, Partys, Ausflüge Teil ihrer VE-Tätigkeit in der „sogenannten queeren und feministischen Szene“ war? b. Wenn ja, was war ihr genauer Auftrag beim Einsatz im FSK? c. Wenn nein, warum dann wurde sie im FSK mit Wissen und (mindestens ) Duldung ihrer VE-Führer/des LKA/des BKA aktiv? Der zuständigen Behörde liegen bis heute keine Hinweise darauf vor, dass die sogenannte queere und feministische Szene sowie der Sender FSK Auftragsziel der Beamtin war. Ihre Tätigkeit im FSK diente demnach lediglich der Aufrechterhaltung ihrer Legende. Siehe auch Drs. 21/692. 6. Gehörten Einsätze in Berlin zur Tätigkeit der BfL/VE Iris P.? Wenn ja, a. in welcher Eigenschaft fuhr sie nach Berlin; b. zu welchem Zweck beziehungsweise mit welchem Auftrag fanden diese Einsätze statt; c. in welcher Eigenschaft und mit welchem Auftrag beziehungsweise in welcher Absicht fuhr sie zum Ladyfest im August 2005 in Berlin; d. in welchem Zeitraum fanden wie viele Einsätze in Berlin statt? Der zuständigen Behörde liegen nach derzeitigem Sachstand keine Erkenntnisse darüber vor, dass die verdeckt eingesetzte Mitarbeiterin in Berlin eingesetzt wurde. 7. In welcher Eigenschaft und mit welchem Auftrag beziehungsweise in welcher Absicht fuhr sie zum Ladyfest in Bielefeld im September 2005? Siehe Drs. 21/692. Darüber hinaus liegen der Polizei nach derzeitigem Sachstand keine Erkenntnisse vor, die eine Beantwortung ermöglichen. 8. Hat die BfL/VE Iris P. Fotos (digital, Abzüge) an ihre VE-Führungspersonen weitergegeben oder ihnen Fotos gezeigt? Wenn ja, a. in welcher Eigenschaft; b. wie oft und wie viele; c. welche Anlässe, Szenen, Personen oder Personengruppen halten die Fotos fest; d. befinden sich Fotos heute noch in den Akten beim LKA, beim LfV oder bei den vom BKA übergebenen Akten? Drucksache 21/1724 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Im Rahmen der Aufarbeitung des Sachverhaltes und der bereits im Innenausschuss sowie anlässlich vorangegangener Parlamentarischen Anfragen dargestellten Durchsicht aller noch vorhandenen Unterlagen konnten bisher keine Anhaltspunkte dafür erlangt werden, dass Fotos gefertigt oder weitergegeben wurden. 9. Iris P. hat, wie zumindest teilweise dokumentiert ist, regen E-Mail-Verkehr innerhalb der Kreise, in denen sie zur verdeckten Ermittlung eingesetzt war, gepflegt. a. Inwiefern trifft zu, dass in der von ihr genutzten VE/BfL-Wohnung kein Computer war, zumindest über einen Zeitraum von mehreren Jahren? b. Welche Computer hat Iris P. dann regelmäßig oder öfter als ganz sporadisch genutzt? Fragen zur Ausstattung verdeckt eingesetzter Beamter berühren die Einsatztaktik der Polizei. Der Senat sieht daher davon ab, Angaben im Sinne der Fragestellung zu machen. Darüber hinaus siehe Antwort zu 1.