BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17247 21. Wahlperiode 28.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 20.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Historische Forschung als Aufgabe des Staatsarchivs Hamburg Im vergangenen Jahr kam heraus, dass das Staatsarchiv Hamburg 1 Million Todesbescheinigungen aus der Zeit von 1876 bis 1953 geschreddert hatte. Es handelte sich dabei um Dokumente, auf denen Ärzte Todesfälle und Todesursachen per Unterschrift bescheinigt hatten. Für die historische Forschung , insbesondere zur NS-Zeit, sind dadurch Quellen von unschätzbarem historischen Wert vernichtet worden. Im Zuge der bürgerschaftlichen Befassung mit diesem Vorgang wurde deutlich , dass Klärungsbedarf darüber besteht, inwieweit das Staatsarchiv auch historische Forschung und eine entsprechende Vermittlungsarbeit zu seinen Kernaufgaben hinzuzählt. Im Hamburgischen Archivgesetz heißt es dazu unter §1 Absatz 5: „Das Staatsarchiv wirkt durch eigene Beiträge an der Erforschung und Vermittlung der hamburgischen Geschichte mit.“ Nachdem diese Frage auch von der Presse aufgegriffen wurde („Unwürdiger Umgang“ „Die Zeit“, 25.04.2019), kommentierte der Leiter des Staatsarchivs: „Es war vor rund 16 Jahren eine bewusste Entscheidung des Senats, dass es die vordringliche Aufgabe des Staatsarchivs ist, die archivische Überlieferung zu bilden und zu erhalten, und sie für Forschung und Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“ Eine Novellierung des Hamburgischen Archivgesetzes (HmbArchG) ist derzeit in Arbeit. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im Rahmen einer grundsätzlichen Aufgabenkritik in den Jahren 2001 bis 2002 und vor dem Hintergrund des seinerzeit geforderten Stellenabbaus wurden die Aufgaben des damaligen Senatsamtes Staatsarchiv einer kritischen Prüfung unterzogen. Die Ergebnisse dieses Prozesses wurden als Ziele des Staatsarchivs zusammengefasst und dem damaligen Präses zur Genehmigung vorgelegt. Als Prioritäten wurden die Überlieferungsbildung , die Bestandserhaltung und die Erschließung benannt, da ohne diese die Grundlagen für die historische Forschung fehlen würden. Entsprechend weisen die Produkte des Amtes Staatsarchiv keine eigenständige wissenschaftliche Forschung aus. § 1 Absatz 1 des Hamburgischen Archivgesetzes (HmbArchG) benennt mit der Bewertung, der Übernahme, Verwahrung, Erhaltung, Erschließung, Bereitstellung und Auswertung die wichtigsten Aufgaben des Staatsarchivs. § 1 Absatz 5 HmbArchG eröffnet dem Staatsarchiv die Möglichkeit, sich an der historischen Forschung zu Drucksache 21/17247 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 beteiligen. Als wichtigsten Beitrag hierzu macht das Staatsarchiv seine Bestände allen Nutzenden zugänglich und unterstützt die Forschung durch Informationen zur Bestands- und Überlieferungsgeschichte. Ohne diesen Beitrag wäre historische Forschung im Staatsarchiv nicht möglich. Eine Novellierung des HmbArchG vom 21. Januar 1991 ist bislang nicht erfolgt. Aufgrund europa-, bundes- und landesrechtlicher Entwicklungen sind Anpassungen des HmbArchG erforderlich, mit ihnen ist die zuständige Behörde derzeit befasst. Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Auf welcher Grundlage und in welchem Verfahren hat der Senat „vor rund 16 Jahren“ die „bewusste Entscheidung“ getroffen, „dass es die vordringliche Aufgabe des Staatsarchivs ist, die archivische Überlieferung zu bilden und zu erhalten, und sie für Forschung und Öffentlichkeit zugänglich zu machen“? 2. Womit begründet der Senat seine aktuelle Haltung, „dass der Fokus der Arbeit des Staatsarchivs bei der Sicherung, fachlichen Aufbereitung und Erschließung von Archivgut liege“ und es nicht „oberste Priorität“ sei, „dass es selbst Forschung betreibe“ (Drs. 21/15453)? 3. Inwieweit ist die Reduzierung auf diesen Fokus mit dem HmbArchG vereinbar ? 4. Wer hat wann zuletzt eine Novellierung des HmbArchG auf den Weg gebracht? 5. Wer ist derzeit mit der Novellierung des HmbArchG befasst? Siehe Vorbemerkung. 6. Auf welchem Wege und zu welchem Zeitpunkt wird die Bürgerschaft mit der Novellierung des HmBArchG befasst? 7. Auf welchem Wege und zu welchem Zeitpunkt wird die Bürgerschaft mit der Novellierung des HmBArchG befasst? Die Beteiligung der Bürgerschaft im Gesetzgebungsverfahren richtet sich nach Artikel 48 fortfolgende der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Inwieweit ist vorgesehen, den Passus „das Staatsarchiv wirkt durch eigene Beiträge an der Erforschung und Vermittlung der hamburgischen Geschichte mit“ im HmbArchG zu verändern? 9. Inwieweit ist vorgesehen den Passus „das Staatsarchiv wirkt durch eigene Beiträge an der Erforschung und Vermittlung der hamburgischen Geschichte mit“ im HmbArchG zu streichen? Siehe Vorbemerkung.