BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17280 21. Wahlperiode 28.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 21.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Nutzung des Bürgersaales Wandsbek Wer lesen kann, ist klar im Vorteil! Es sei an dieser Stelle vorsorglich darauf hingewiesen, dass politische Parteien gemäß Artikel 21 des Grundgesetzes an der politischen Willensbildung mitwirken. Diese mit Verfassungsrang beseelte Aufgabe soll offenbar von der Bezirksverwaltung über ihre privatrechtliche Erfüllungsgehilfin, der Firma „prima events gmbh“, verfassungswidrig unterbunden werden. Denn, nachdem die AfD im Bürgersaal Wandsbek bereits schon drei Mal ihre politischen Parteitage abgehalten hatte, so wie dieses auch ständig andere politische Parteien dort machen, am 23.04.2019 wurde um 10.50 durch einen Vertreter des Landesverbandes der AfD Hamburg an die mit der Vermietung des Bürgersaales Wandsbek beauftragte Firma „prima events gmbh“, Bahrenfelder Chaussee 49, Haus B (Königliches Proviantamt), 22761 Hamburg eine Anfrage zur Nutzung des Bürgersaals im September 2019 zur Durchführung eines Parteitages gestellt. Am 29.04.2019 erhielt der Vertreter Landesverbandes der AfD Hamburg von der Firma „prima events gmbh“ folgende Nachricht: „Hallo Herr …, bezüglich Ihrer Anfrage zum 28. oder 29.09.2019 muss ich Ihnen auch nach Rücksprache mit dem Bezirksamt mitteilen, dass der zusätzliche Aufwand für Ihre Veranstaltungen derart hoch ist, dass weder unsere Agentur noch das Bezirksamt künftige Veranstaltungen von Ihnen annehmen möchten. Die Entgelte decken den Aufwand bei weitem nicht ab. Daher muss ich Ihnen leider absagen und bitte Sie, von weiteren Anfrage abzusehen. Freundliche Grüße“ Zuletzt wurde dieser Saal von der FDP – Junge Liberale e.V. am 22.03.2019 für einen Landesparteitag genutzt. Dieser Versuch, den Zugang der AfD zu öffentlichen Veranstaltungsräumen mit verfassungsfeindlichen Mitteln zu erreichen, war schon Gegenstand in der Bezirksversammlung Wandsbek Anfang März 2019. Ebendort versuche DIE LINKE einen Beschluss der Bezirksversammlung zu erwirken, durch den der AfD die Nutzung des Bürgersaales Wandsbek dauernd verweigert werden sollte. Das „Wochenblatt“ vom 13.03.2019 berichtete, dass in der betref- Drucksache 21/17280 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 fenden Versammlung sehr eingehend und eindeutig die Rechtswidrigkeit eines solchen Unterfangens erkannt und ausgesprochen worden sei. Infolgedessen wurde der verfassungswidrige Antrag DER LINKEN von der Bezirksversammlung Wandsbek zurück gewiesen. Scheinbar war dieses aber nur ein Lippenbekenntnis zur Verfassungstreue, denn jetzt wurde, wie oben dargelegt, ein Nutzungsgesuch der AfD für den September 2019 zurückgewiesen und gleichzeitig wurde die AfD aufgefordert , entsprechende Nutzungsgesuche auch für die Zukunft zu unterlassen. Diese Aufforderung zur Unterlassung von zukünftigen Nutzungsanfragen überhaupt zu stellen, ist insbesondere deshalb unfassbar, da, abgesehen von den hehren Erkenntnissen in der besagten Bezirksversammlung über die Verfassungswidrigkeit eines solchen Verwaltungsverhaltens, das Thema Zugang zu öffentlichen Gebäuden und Kostenaufwand bei Veranstaltungsgefährdung durch Dritte in der ständigen und herrschenden Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte geradezu ein „alter Hut“ ist. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Ist dem Senat bekannt, dass das Bezirksamt Wandsbek über die Firma prima events gmbh, Bahrenfelder Chaussee 49, Haus B (Königliches Proviantamt), 22761 Hamburg, Parteien der Hamburger Bürgerschaft von der Nutzung des Bürgersaales Wandsbek ausschließt? 2. Ist dem Senat bekannt, dass die Firma „prima events gmbh“ der AfD mitgeteilt hat, die Nutzung des Bürgersaals Wandsbek komme zukünftig nicht mehr in Betracht? 3. Ist dem Senat bekannt, dass es hinsichtlich einer derartigen Zugangsvereitelung und Ungleichbehandlung einer politischen Partei im Sinne des § 5 PartG seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht im Jahre 1969 (BVerfG VII C 56.68, Urteil vom 18.07.1996) herrschende Meinung in Rechtsprechung und Lehre ist (vergleiche VG München, Urteil vom 14.01.2015, Az.: M 7 K 13.5165 und VG München, Beschluss vom 03.07.2018, Az.: 4 CE 18.1224), dass öffentliche Einrichtungen dieser Art auch den in einem deutschen Parlament vertretenen Parteien frei zugänglich seien müssen? 4. Ist dem Senat bekannt, dass eingedenk der vorbenannten verfassungsrechtlich geforderten Gleichbehandlung zu gewährleisten ist, dass allein die Übertragung des Betriebs und der Vergabe von öffentlichen Aufgaben an Private die Verwaltung nicht von der Bindung an die grundgesetzlichen Postulate befreit? 5. Wenn ja, warum ist es der Firma „prima events gmbh“ möglich, die AfD von der Nutzung des Bürgersaales Wandsbek auszuschließen? Der vom Bezirksamt Wandsbek beauftragte Dienstleister prima events gmbh hat die AfD hinsichtlich einer angefragten Nutzung des Bürgersaals darauf hingewiesen, angesichts des hohen Aufwands sei eine zukünftige Nutzung zu den bisherigen Bedingungen nicht möglich. Sollten Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Einzelfall bestehen, könnten diese rechtsverbindlich allein durch Anrufung des zuständigen Gerichts geklärt werden. 6. Von welchen anderen Parteien wurde der Bürgersaal in den letzten fünf Jahren genutzt? Der Bürgersaal wurde seit Mai 2014 von folgenden anderen Parteien genutzt (in alphabetischer Reihenfolge): Bündnis 90/ Die Grünen: Bündnis 90/Die Grünen CDU: CDU Bezirksfraktion Wandsbek CDU Ortsverband Jenfeld Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17280 3 CDU Ortsverband Wandsbek Senioren-Union der CDU FDP: FDP Landesverband SPD: Jusos in der SPD SPD Bezirksfraktion Wandsbek SPD Bürgerbüro Wandsbek SPD Landesorganisation Hamburg SPD Wandsbek Quelle: Angaben des Bezirksamtes Wandsbek 7. Ist dem Senat bewusst, dass durch diese Verhaltens- beziehungsweise Verfahrensweise die AfD in ihren Rechten aus Artikeln 3, 8, 9 des Grundgesetzes sowie aus ihren Rechten aus § 5 des Parteiengesetzes verletzt wird? 8. Wird diese Verhaltens- beziehungsweise Verfahrensweise von dem Senat gefordert oder gefördert? Siehe Antwort zu 1. bis 5.