BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17327 21. Wahlperiode 31.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir und Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 23.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Sperrgebiet St. Georg – Fragen zur Durchsetzung der Kontaktverbotsverordnung Seit Januar 2012 gilt für den Bezirk St. Georg die „Verordnung über das Verbot der Kontaktaufnahme zu Personen zur Vereinbarung entgeltlicher sexueller Dienstleistungen im Sperrgebiet“ – kurz: Kontaktverbotsverordnung. Die Verordnung wurde vielfältig von Fachverbänden, verschiedenen Parteien und auch von der Polizei kritisiert. Eine Evaluation steht bis dato aus. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Ist für die Überwachung und Durchsetzung der Kontaktverbotsverordnung nach wie vor die Dienstgruppe Operative Aufgaben (DGOA) des PK 11 zuständig? Ja. a) Falls nein, in wessen Zuständigkeit fällt diese Aufgabe? Entfällt. b) Falls ja, aus wie vielen Polizeikräften besteht die Dienstgruppe Operative Aufgaben und wie hat sich deren Personalkapazität seit Inkrafttreten der Verordnung entwickelt? Die Dienstgruppen Operative Aufgaben (DGOA) sind im Personalplanungssystem erst seit dem 1. Mai 2012 organsiert. Die verfügbare Personalkapazität (VPK) der DGOA des örtlich zuständigen Polizeikommissariats (PK) 11 stellt sich jeweils am 1. Mai der Jahre 2012 und 2019 wie folgt dar: Datum 01.05.2012 01.05.2019 VPK 9,71 13,77 2. Werden die Beamten/-innen, die im Bereich der Durchsetzung der Verordnung tätig sind, besonders geschult? Wenn ja, um welche Schulungen handelt es sich? Bitte Inhalt und Stundenumfang der Schulungen angeben. Die im Sinne der Fragestellung eingesetzten Beamtinnen und Beamten nehmen an anlassbezogenen internen Dienstunterrichten teil, statistische Erhebungen zur themenbezogenen Häufigkeit und deren Zeitanteil werden hierzu nicht durchgeführt. 3. Welche konkreten Maßnahmen führt die Polizei im Zusammenhang mit der Kontaktverbotsverordnung durch? Drucksache 21/17327 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Polizei führt überwiegend uniformierte Präsenzmaßnahmen durch; im Übrigen werden regelhaft auch repressive Maßnahmen durch in Zivil tätige Einsatzkräfte durchgeführt. Konkrete Maßnahmen der Einsatzkräfte sind in der Regel das Erteilen von Platzverweisen sowie die Ahndung von Verstößen in Form von Ordnungswidrigkeiten - und Strafanzeigen. Darüber hinaus sind die Milieuaufklärer des PK 11 im Rahmen ihrer präventiven Aufgaben tätig. 4. Inwieweit erfolgt eine Dokumentation der polizeilichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Überwachung und Durchsetzung der Kontaktverbotsverordnung ? Siehe Antworten zu 7., 10. und 11. 5. Wie viele Beamte sind im Geltungsbereich der Kontaktverbotsverordnung regulär vorgesehen und wie viele VZÄ sind aktuell besetzt? Eine Zuweisung von Kräften ausschließlich zur Umsetzung der Kontaktverbotsverordnung wird nicht vorgenommen. Auch die Kräfte der Dienstgruppe Operative Aufgaben des Polizeikommissariats 11 nehmen neben der Überwachung der Kontaktverbotsverordnung auch andere Aufgaben wahr. Eingesetzt werden Kräfte des Polizeikommissariats 11 wie auch gegebenenfalls Unterstützungskräfte anderer Dienststellen, vor allem der Landesbereitschaftspolizei. Eine Ausweisung im Sinne der Fragestellung ist daher nicht möglich. 6. Gibt es Schwerpunkteinsätze? Wie gestalten sich diese konkret und wie regelmäßig werden beziehungsweise wurden diese gegebenenfalls durchgeführt? Der Auftrag zur Überwachung und Durchsetzung der Kontaktverbotsverordnung (Kontaktverbots VO) wird grundsätzlich im Rahmen der Alltagsorganisation wahrgenommen . In Anlehnung an vorhandene personelle Ressourcen werden auch unregelmäßig Schwerpunkteinsätze durchgeführt; eine statistische Erfassung findet hierzu nicht statt. Darüber hinaus berührt die Fragestellung die Einsatztaktik der Polizei, zu der aus grundsätzlichen Erwägungen keine Angaben gemacht werden. 7. Wie viele Verstöße gegen die Kontaktverbotsverordnung wurden seit deren Einführung 2012 registriert? Bitte nach Jahren aufschlüsseln und angeben, ob es sich bei der verstoßenden Person um Freier oder Sexarbeiter/-innen handelte. Auf der Grundlage der KontaktverbotsVO werden ausschließlich Verstöße der Freier geahndet; Verstöße von Prostituierten werden von den Regelungen der Kontaktverbots VO nicht erfasst. Zu den im Zusammenhang mit der KontaktverbotsVO im Zeitraum vom 1. Februar 2012 bis zum 24. Mai 2019 registrierten Verstößen von Freiern siehe folgende Tabelle : Jahr 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Verstöße 209 572 717 781 557 239 235 121 8. Gegen wie viele Personen wurden seit Inkrafttreten der Verordnung Bußgelder verhängt? Bitte nach Jahren aufschlüsseln und angeben, ob die Bußgelder gegen Freier oder gegen Sexarbeiter/-innen verhängt wurden. 9. Wie viele Personen haben bereits mehrfach Bußgeldbescheide erhalten ? Bitte angeben, ob es sich dabei um Freier oder Sexarbeiter/-innen handelt und auch die Höhe der jeweils verhängten Bußgelder darstellen. Statistische Daten im Sinne der Fragestellung werden nicht erhoben. Für eine Beantwortung wäre eine manuelle Durchsicht aller Hand- und Ermittlungsakten der zuständigen Dienststelle im Landeskriminalamt, Kriminalkommissariat Region Mitte I (LKA 11), und dem zuständigen Referat des Justiziariats der Polizei (J 23) erforderlich. Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17327 3 Auswertung mehrerer Zehntausend Vorgänge ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 10. In welcher Höhe wurden Bußgelder verhängt? Bitte nach Jahren und Höhe des Bußgeldes differenzieren und angeben, ob sich das Bußgeld gegen Freier oder Sexarbeiter/-innen richtete. Zu den im Zusammenhang mit der KontaktverbotsVO im Zeitraum vom 1. Februar 2012 bis zum 24. Mai 2019 verhängten Bußgeldern siehe folgende Tabelle; im Übrigen siehe Antwort zu 7. Jahr 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Bußgeld gesamt 31 380 110 750 130 010 152 180 103 550 31 895 42 565 30 205 Darüber hinaus werden statistische Daten im Sinne der Fragestellung von der Polizei nicht erhoben. Für eine Beantwortung wäre eine manuelle Durchsicht aller Vorgänge bei J 23 erforderlich. Die Auswertung mehrerer Tausend Vorgänge ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich . 11. In wie vielen Fällen wurde Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt ? Die Anzahl der im Zusammenhang mit der KontaktverbotsVO im Zeitraum vom 1. Februar 2012 bis zum 24. Mai 2019 eingelegten Einsprüche im Sinne der Fragestellung ist in der folgende Tabelle dargestellt; im Übrigen siehe Antwort zu 7. Jahr 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Anzahl 15 46 58 53 33 10 13 4 a) Wie häufig wurde die Höhe des Bußgeldbescheides reduziert? Statistische Daten im Sinne der Fragestellung werden nicht erhoben. Für eine Beantwortung wäre eine manuelle Durchsicht aller Vorgänge bei J 23 erforderlich. Die Auswertung mehrerer Tausend Vorgänge ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. b) Wie häufig wurde der Bußgeldbescheid aufgehoben? Die Anzahl der im Zusammenhang mit der KontaktverbotsVO im Zeitraum vom 1. Februar 2012 bis zum 24. Mai 2019 im Sinne der Fragestellung aufgehobenen Bescheide ist in der folgende Tabelle dargestellt; im Übrigen siehe Antwort zu 7. Jahr 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Anzahl 2 8 12 5 3 1 2 2 c) Wie häufig wurde der Bußgeldbescheid gerichtlich bestätigt? Statistische Daten im Sinne der Fragestellung werden nicht erhoben. Für eine Beantwortung wäre eine manuelle Durchsicht aller Vorgänge bei J 23 erforderlich. Die Auswertung mehrerer Tausend Vorgänge ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 12. Wie viele Strafverfahren wegen eines beharrlichen Verstoßes gegen die Kontaktverbotsverordnung nach § 184f StGB wurden seit Inkrafttreten der Kontaktverbotsverordnung eingeleitet? Bitte bei dieser und den Unterfragen nach Jahren differenzieren und angeben, ob sich das Strafverfahren gegen Freier oder Sexarbeiter/-innen richtete. a) Wie viele der Strafverfahren wurden nach Vorschrift eingestellt? b) In wie vielen der Strafverfahren wurden Strafbefehle verhängt? c) In wie vielen der Strafverfahren kam es zu einer Hauptverhandlung? Bitte Ergebnis der Hauptverhandlungen angeben. Verstöße gegen die KontaktverbotsVO sind nicht von der Strafrechtsnorm des § 184f Strafgesetzbuch erfasst; im Übrigen siehe Antwort zu 7. Drucksache 21/17327 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 13. Ergebnisse der Evaluation der Kontaktverbots-VO in St. Georg waren ursprünglich für Ende 2018/Anfang 2019 angekündigt? Wieso wurde die Laufzeit nun bis Ende 2019 verlängert? Prioritär wurde zunächst die Umsetzung des ProstSchG behandelt. Deshalb wurde die Evaluation zur Kontaktverbotsverordnung später als ursprünglich vorgesehen vergeben . Der Vergabeausschuss der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) hat der Vergabe an das Deutsche Institut für Sozialwirtschaft (DISW) am 27.11.2018 final zugestimmt. Für die Evaluation sind zwölf Monate vorgesehen. Zum Umsetzungstand der Evaluation wurde mehrfach berichtet, siehe hierzu Drs. 21/16324. 14. Wie bewerten a) der Senat, b) die Polizei, Vor einer Bewertung der Kontaktverbotsverordnung durch den Senat werden die Ergebnisse der Evaluation abgewartet. c) der Runde Tisch für Prostitution nach aktuellem Kenntnisstand die Effekte der Verordnung? Wird die Verordnung als zielführend wahrgenommen? Der Runde Tisch Prostitution hat bisher keine entsprechende Bewertung vorgenommen . Die Ergebnisse der Evaluation werden abgewartet. 15. Welche Effekte werden auf die Durchsetzung der Kontaktverbotsverordnung durch die geplante Installation einer Kameravideoüberwachung am Hansaplatz und an den umliegenden Straßen erwartet? Die Polizei erwartet generell präventive Effekte durch die Maßnahme, die auch zu einem Rückgang der Fallzahlen im Zusammenhang mit der KontaktverbotsVO führen könnten. 16. Welche Erkenntnisse hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde hinsichtlich möglicher Verdrängungseffekte von Sexarbeit auf umliegende Stadtteile? Siehe Antworten zu 14.