BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17345 21. Wahlperiode 31.05.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 24.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Sammlung und Bewertung verfassungsfeindlicher Anhaltspunkte der linksextremistischen Kampagne „NIKA“ in Hamburg Der Senat teilt in Drs. 21/11236 mit, „die Kampagne „NIKA“ (Nationalismus ist keine Alternative)“ werde „als Teil des „Autonomen Antifaschismus“ in die Beobachtung des Hamburger Verfassungsschutzes einbezogen“. Im aktuellen Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (Bericht 2017) werden die Ziele und Aktivitäten der Kampagne – die sich insbesondere gegen die Partei Alternative für Deutschland richten – umfassend beschrieben: „Die maßgeblich durch das kommunistische Bündnis uG bereits 2016 initiierte Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative – Bundesweite Kampagne gegen die Festung Europa und ihre Fans“ konnte auch im Jahr 2017 ihre in erster Linie gegen die AfD sowie weitere „Akteure der Abschottung“ gerichteten Aktionen fortsetzen. Dies zeigte sich unter anderem anlässlich des AfD- Bundesparteitages am 22. und 23. April 2017 in Köln (Nordrhein-Westfalen). An den auch seitens NIKA mit hoher Intensität und bundesweit beworbenen Protestaktionen gegen den Parteitag beteiligten sich circa 10.000 Personen, darunter etwa 1.000 gewaltorientierte Linksextremisten. Deren erklärtes Ziel, die Veranstaltung zu verhindern oder zumindest empfindlich zu stören, konnte aufgrund der hohen Polizeipräsenz jedoch nicht erreicht werden. (…) Die Struktur von NIKA als „Mitmach-Kampagne“, in der sowohl linksextremistische als auch nicht extremistische Akteure mitwirkten, zeigt, dass die linksextremistische Szene in der Lage ist, den politischen Gegner in aggressiver Weise unter Einbeziehung unterschiedlicher Gruppierungen öffentlich zu stigmatisieren.“1 Aus der Analyse öffentlich zugänglicher Quellen geht hervor, dass Unterstützer der Kampagne „NIKA“ auch in Hamburg sehr aktiv sind. Ihre Aktivitäten richten sich gegen einen vermeintlichen „Rechtsruck“ der Gesellschaft und spezifisch gegen die politische Arbeit der Hamburger AfD. Daneben beteiligen sich Vertreter der Kampagne an diversen Demonstrationen, Vorträgen und Workshops des linken Spektrums unter Beteiligung extremistischer und nicht extremistischer Akteure. Im Folgenden eine kleine (nicht vollständige) Auswahl der Aktivitäten aus der jüngeren Vergangenheit: (1) Am 7. Mai 2019 veranstaltet die linksextremistische Gruppe „NIKA“ Hamburg eine Diskussionsveranstaltung unter dem Titel „Was tun gegen den Rechtsruck? - Ein Gespräch über lokale antifaschistische Interventionen “ im öffentlich geförderten Bramfelder Kulturladen in Kooperation 1 Bundesamt für Verfassungsschutz, Bericht 2017, Seite 122 fortfolgende. Drucksache 21/17345 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 mit der vom LfV als extremistische Bestrebung eingestuften „Antifa 309“.2 (2) Vom 12. bis 14. April 2019 findet an der Universität Hamburg (Von Melle Park 9) der Kongress „Emanzipatorische Perspektiven unter Druck von Rechts“ statt. Auf dem Kongress sollen vor dem Hintergrund des Erstarkens „rechter“ Akteure in Deutschland und in Europa neue Strategien diskutiert werden, wie „antifaschistische Arbeit“ wieder funktionieren könne.3 Als Referenten, Diskutanten und Workshopleiter des Kongresses werden in der Programmbeschreibung Vertreter folgender extremistischer und nicht extremistischer Organisationen des (extrem) linken, zum Teil auch gewaltorientierten Spektrums genannt: Interventionistische Linke (IL), Gruppen gegen Kapital und Nation, Nationalismus ist keine Alternative (NIKA), Café Knallhart, AStA Universität Hamburg, Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR), kumpel*care Berlin, DIE LINKE Thüringen, Jusos Hamburg, GEW Hamburg, DGB Jugend Hamburg .4 Der AStA der Universität Hamburg fungiert offenbar als Veranstalter und Hauptorganisator des Kongresses. Auf seiner Internetseite bedankt er sich „für die inhaltliche und finanzielle Unterstützung durch das Hamburger Bündnis gegen Rechts, sowie bei der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hamburg und dem DGB Jugend Hamburg“.5 Im Rahmen des Kongresses sollen auch Kenntnisse in diversen subkulturell linksextremistischen Handlungsweisen vermittelt werden, so etwa in einem Workshop zum „Grafitti (sic!) selber machen“ oder zum Thema „Sichere Kommunikation & Anonymisierung im Netz“. In einem Workshop sollen die Teilnehmer ferner in Kampftechniken trainiert werden. In der Programmbeschreibung heißt es dazu: „Danach üben wir Grundtechniken von Schlägen und Tritten aus dem Kickboxen und ihr habt die Möglichkeit, dies an Pratzen auszuprobieren.“6 (3) Am 14. Juli 2018 fand die Demonstration „Kein Schlussstrich im NSU- Komplex“ in der Hamburger Innenstadt statt. Die Demonstration wird dominiert von zahlreichen Parteien und Organisationen des (extrem) linken Spektrums, darunter auch linksextremistische Parteien, Organisationen und Gruppen in vorderster Reihe; unter den Spruchbändern der Demonstration ist unter anderem auch zu lesen: „Kampf dem Staatsterrorismus . Verfassungsschutz zerschlagen“. Die Auswertung von Fotound Videoaufnahmen der Demonstration belegt die Teilnahme von mindestens folgenden Parteien, Organisationen und Gruppen unter Verwendung ihrer Flaggen oder Schriftzüge: DKP, Antifa, Antifa Altona-Ost, nika.mobi Hamburg (Nationalismus ist keine Alternative), DIDF Hamburg , DIDF-Jugend, Jugendorganisation „Neue Demokratische Jugend“ (YDG) der Türkischen Kommunistischen Partei / Marxisten-Leninisten, ver.di. An der Demonstration nahm auch Christiane Schneider (DIE LIN- KE, MdHB, Vizepräsidentin) teil.7 (4) Am 28. März 2018 veranstaltet die die Gruppe „NIKA“ in Kooperation mit der vom LfV Hamburg als linksextremistisch und autonom eingestuften „Gruppe für den organisierten Widerspruch (GROW)“8 in der Roten Flora einen Vortrag unter dem Titel „Echte Demokratie jetzt!? Kritiken des Par- 2 https://www.facebook.com/events/346867212614375/ (abgerufen am: 14.05.2019). 3 https://www1.asta.uni-hamburg.de/1-ueber-uns/1-news/2019-02-20- kongressemanzipatorische-perspektiven.html (abgerufen am 12.03.2019). 4 https://www1.asta.uni-hamburg.de/0-aktuelle-themen/emanzipatorische-perspektiven.html (abgerufen am 12.03.2019). 5 https://www1.asta.uni-hamburg.de/1-ueber-uns/1-news/2019-02-20- kongressemanzipatorische-perspektiven.html (abgerufen am 12.03.2019). 6 Ebenda. 7 https://www.youtube.com/watch?v=BPffmCdCDj4 (abgerufen am 14.09.2018). 8 LfV Hamburg, Bericht 2016, Seite 116 fortfolgende, Seite 121. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17345 3 lamentarismus“.9 Die Kampagne „NIKA“ wird nach Angaben des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg als Teil des „Autonomen Antifaschismus “ in die Beobachtung des Hamburger Verfassungsschutzes einbezogen.10 Die Rote Flora befindet sich seit 2014 im Besitz der Lawaetz-Stiftung. Die Lawaetz-Stiftung und die ihr zuzurechnenden Unternehmen sind ein langjähriger Partner des Hamburger Senats; die Stiftung wird mit öffentlichen Mitteln der Freien und Hansestadt Hamburg (Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration) und des Bundes gefördert. (5) Für den 16. März 2018 wird auf der Internetseite http://antifatresen.blogsport.eu eine Veranstaltung unter dem Titel „Antifa -Doppeldate: Info & Mobi „Keine IB Zentrale in HRO“ UND „[vɛʁ beaux tɑ̃] – Zur Zensur von Indymedia linksunten““ in der „Roten Flora“ angekündigt . Als Referenten der Veranstaltung sollen Mitglieder der Gruppen „NIKA“ (Nationalismus ist keine Alternative) und „Résistance“ sprechen .11 Die Kampagne „NIKA“ wird nach Angaben des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg als Teil des „Autonomen Antifaschismus“ in die Beobachtung des Hamburger Verfassungsschutzes einbezogen.12 Die Lawaetz-Stiftung und die ihr zuzurechnenden Unternehmen sind ein langjähriger Partner des Hamburger Senats; die Stiftung wird mit öffentlichen Mitteln der Freien und Hansestadt Hamburg (Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration) und des Bundes gefördert. (6) Am 30. November 2017 fand in der „Kontrabar“, einem von Studenten der HAW Hamburg besetztem Raum im Hauptgebäude der HAW (Alexanderstraße 1), eine vom AStA beworbene und organisierte „Mobilisierungsveranstaltung “ unter dem Titel „Stoppt die AfD: Proteste gegen den AFD Bundesparteitag am 2. Dezember“, statt.13 Im Rahmen der Veranstaltung hielt eine junge Frau von der Organisation „NIKA“ (Nationalismus ist keine Alternative) einen Vortrag. Darin erklärte sie, Ziel der Aktion gegen die AfD sei es, den AfD-Bundesparteitag zu verhindern, indem man den Delegierten den Zutritt zum HCC (Hannover Congress Centrum ) versperren wolle. Dazu würden verschiedene Bündnisse und AStAs aus ganz Deutschland anreisen. Die Hamburger Gruppe werde Samstag sehr früh mit einem Bus anreisen. Dazu wurden Tickets für 5 Euro in der Kontrabar verkauft. Der Bus würde die Teilnehmer am 2. Dezember an einen Ort bringen, der noch nicht bekannt gegeben werden könne. Es sei dann das Ziel, mit der „Finger-Taktik“ Polizeiabsperrungen zu umgehen und an die Zugänge des HCC zu gelangen, um den Delegierten dort den Zutritt zu versperren. Der Bus würde die Teilnehmer in die Nähe ihres „Fingers“ bringen. Man solle sich in „Bezugsgruppen“ weiter organisieren . An die Wand projizierte die Referentin eine Google-Maps- Karte, in der verschiedene Punkte und Areale um das HCC eingetragen waren, und erklärte, an welchen Stellen die angemeldeten Protestkundgebungen und die davon abweichenden Blockaden („Blockadechoreografie “) stattfinden sollen. Es wurde eine Telefonnummer bekanntgegeben („Ermittlungsausschuss“), an die man sich wenden solle, falls man Bekanntschaft mit der Polizei machen werde. Für alle aktuellen Informationen am Tag der Blockade wurde auf den NIKA-Twitter-Account sowie auf zwei weitere linksextreme Internetadressen verwiesen (nika.mobi und blocksport.eu). An der Blockade-Aktion würden sich auch verschiedene Antifa-Bündnisse beteiligen. Zusätzlich wurde auf eine Zugfahrt 9 https://www.facebook.com/events/2022184114670569/ (abgerufen am 24.10.2018). 10 Vergleiche Drs. 21/11236. 11 Antifa-Tresen: http://antifatresen.blogsport.eu/2018/02/26/16-03-antifa-doppeldate-infomobi -keine-ib-zentrale-in-hro-und-v-beaux-t-zur-zensur-von-indymedia-linksunten/ (abgerufen am 22.09.2018). 12 Vergleiche Drs. 21/11236. 13 http://www.asta.haw-hamburg.de/stopptdieafd.html (abgerufen am: 04.12.2017). Drucksache 21/17345 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 verwiesen, die von der Interventionistischen Linken Hamburg (IL) angeboten werde. Diese würde Samstagnacht um 3 Uhr mit einer größeren Gruppe nach Hannover aufbrechen. Nach circa einer halben Stunde war der Vortrag der Referentin beendet, die Teilnehmer diskutierten weiter im Raum. Vom 2. – 3. Dezember 2017 fand der AfD-Bundesparteitag in Hannover im HCC statt. Der Parteitag wurde, neben friedlich verlaufenden Demonstrationen, auch von gewalttätigen Protesten, Übergriffen und Blockaden begleitet. Mehrere Polizeibeamte wurden von Linksextremisten verletzt, mehrere AfD-Delegierte von Linksextremisten attackiert und am Zutritt zum HCC gehindert. Der Parteitag konnte erst mit erheblicher Verspätung beginnen. Der AfD-Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der AfD, Kai Gottschalk, wurde von Linksextremisten schwer am Arm verletzt (Handgelenksbruch und weitere traumatische Verletzungen) und musste notversorgt werden. Die Polizei Hannover gab an, dass sie im Zusammenhang mit der schweren Körperverletzung an Kai Gottschalk eine Gruppe von Hamburger Linksextremisten (!) festgenommen habe.14 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Seit wann wird die Kampagne „NIKA“ in die Beobachtung des Hamburger Verfassungsschutzes einbezogen und welcher Beobachtungstatus gemäß HmbVerfSchG liegt dem zugrunde? Seit 2017. Im Übrigen siehe Drs. 21/11236. 2. Welche Erkenntnisse hat das LfV seit dieser Beobachtung über Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen gemäß HmbVerfSchG gesammelt? 3. Sind dem Landesamt für LfV die in der Einleitung dargelegten Aktivitäten von „NIKA“ Hamburg bekannt? 4. Handelt es sich bei dem Hamburger Ableger von „NIKA“ um einen eigenständigen Personenzusammenschluss oder überwiegend um Akteure anderer extremistischer und gegebenenfalls auch um nicht extremistische Gruppierungen des linken Spektrums? Bitte genauer erläutern . 5. Welche Erkenntnisse hat das LfV über konkrete personelle Überschneidungen der Unterstützer der Hamburger Kampagne „NIKA“ mit welchen linksextremistischen Gruppierungen? 6. Inwieweit plant das Landesamt für Verfassungsschutz über die Aktivitäten der Hamburger Kampagne „NIKA“ sowie ihrer Verflechtungen mit anderen linksextremistischen Gruppen im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit zu berichten? 7. Inwieweit hat das LfV bisher über die Aktivitäten der Hamburger Kampagne „NIKA“ die Öffentlichkeit informiert (Verfassungsschutzberichte, andere Veröffentlichungen)? 8. Aus welchen Gründen wurde die Hamburger Kampagne „NIKA“ bislang nicht als Beobachtungsobjekt gemäß HmbVerfSchG eingestuft und inwieweit unterscheiden sich die Hamburger Aktivitäten der Kampagne hinsichtlich ihrer verfassungsfeindlichen Bestrebungen von denen der Bundeskampagne, die vom Bundesamt als extremistisch eingestuft werden und im aktuellen Verfassungsschutzbericht mit mehreren Seiten bedacht werden? Bei NIKA Hamburg handelt es sich um einen Teil einer bundesweiten Kampagne. Ob es sich bei NIKA Hamburg um einen überwiegend eigenständigen Personenzusam- 14 Vergleiche umfassend Drs. 21/11236. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17345 5 menschluss oder um Akteure verschiedener linksextremistischer Spektren handelt, kann derzeit nicht abschließend bewertet werden, da NIKA Hamburg in wechselnden Personenkonstellationen auftritt. Durch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg wurde bislang nicht öffentlich über die Kampagne berichtet. Im Übrigen siehe Verfassungsschutzbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz https://www.verfassungsschutz.de/embed/vsbericht-2017.pdf und Drs. 21/15989.