BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17396 21. Wahlperiode 04.06.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Oetzel (FDP) vom 29.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Anwerbungskonzept für Kita-Fachkräfte aus dem Ausland Der Bedarf an pädagogischen Fachkräften in unseren Kitas wird absehbar deutlich weiter anwachsen. Im Rahmen der Fachkräftestrategie der Freien und Hansestadt Hamburg wurden unterschiedliche Schwerpunkte zur Sicherung des Fachkräftebedarfs identifiziert. Darunter ist auch die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland zu finden. „Die Unternehmen kennen ihren Bedarf an Auszubildenden und Fachkräften am besten. Initiativen für die Anwerbung von Fachkräften müssen daher von den Unternehmen selbst oder ihren Kammern, in ihnen vertretenen Gewerkschaften oder ihren Verbänden ausgehen.“1 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat hat seit 2011 umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um mehr Personen für eine Tätigkeit in der Kindertagesbetreuung zu gewinnen und zu qualifizieren. Die Ausbildungskapazitäten an Fach- beziehungsweise Berufsfachschulen wurden stark ausgebaut . Grundsätzlich stellen die staatlichen Fachschulen so viele Plätze für die Ausbildung zum Sozialpädagogischen Assistenten/zur Sozialpädagogischen Assistentin (SPA) und zum Erzieher/zur Erzieherin zur Verfügung, dass alle Bewerberinnen und Bewerber einen Platz bekommen. Die Zugangsvoraussetzungen wurden sowohl für Abiturientinnen und Abiturienten als auch für Interessierte mit erstem Schulabschluss erweitert. Um eine vergütete Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher zu ermöglichen, wurde Rahmen dieser Qualifizierungsoffensive in enger Abstimmung mit den Kita-Trägern das Konzept der berufsbegleitenden Weiterbildung entwickelt und durch die Träger gezielt beworben (siehe http://www.hamburg.de/berufsbegleitend-erzieher/). Vor dem Hintergrund des hohen Zusatzbedarfs an pädagogischen Fachkräften in den nächsten Jahren wurden außerdem Möglichkeiten für einen Quereinstieg in das Arbeitsfeld geschaffen, zum Beispiel über die sogenannte Positivliste.2 Diese Maßnahmen wurden von einer umfangreichen Fachkräftekampagne begleitet. Auf der Aktionsseite www.schaetze-heben.hamburg gibt es Informationen zu den einzelnen Berufen, zur Ausbildung und zu Verdienstmöglichkeiten. 1 Vergleiche Hamburger Strategie zur Sicherung des Fachkräftebedarfs, Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) (Hrsg.), Juni 2013, Seite 45. 2 https://www.hamburg.de/contentblob/3900606/b397705b8a72b58d3d99d4b2e084743a/ data/richtlinien-kita-positivliste.pdf. Drucksache 21/17396 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Am 28. Februar 2019 fand darüber hinaus eine Informations-, Kontakt- und Jobbörse in der Agentur für Arbeit Hamburg statt. Über 1 600 Interessierte informierten sich dort über Möglichkeiten des Berufseinstiegs, Zugangsvoraussetzungen und freie Stellen. Gemäß der Ausrichtung der Hamburger Strategie zur Sicherung des Fachkräftebedarfs verfolgt der Senat mit Blick auf Fachkräfte aus dem Ausland vor allem die Zielsetzung , die Willkommenskultur Hamburgs für diese Fachkräfte zu verbessern und sie bei den Herausforderungen im Rahmen einer Arbeitsaufnahme in Hamburg zu unterstützen . Zentrale Stelle hierfür ist derzeit das Hamburg Welcome Center. Des Weiteren wird die Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen besonders gefördert, um die rasche und nachhaltige Integration von potenziellen Fachkräften in den deutschen Arbeitsmarkt zu befördern. Beratungsstelle hierfür ist die im HWC angesiedelte Zentrale Anlaufstelle Anerkennung (ZAA), wobei für Kosten der Qualifikationsanerkennung finanzielle Unterstützung durch das Hamburger Stipendienprogramm gewährt werden kann. Mit dem derzeit auf Bundesebene in Abstimmung befindlichen Entwurf des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes werden deutlich bessere Rahmenbedingungen geschaffen, um (auch pädagogische) Fachkräfte für die Arbeit in Deutschland zu gewinnen, zum Beispiel auch, um sie hier auszubilden beziehungsweise zu qualifizieren. Der Senat prüft daher gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Hamburg, wie die bereits vorhandenen Strukturen weiterentwickelt werden müssen, damit nicht nur die gezielte Anwerbung, sondern auch die erforderliche Nachqualifizierung und die soziale Integration von Fachkräften unterstützt werden können. Die Planungen und Überlegungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen siehe auch Drs. 21/13666. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften vom Kitaträger Elbkinder Vereinigung Hamburger Kitas gGmbH (Elbkinder ) wie folgt: 1. Welche gezielten Kampagnen zur Anwerbung von pädagogischen Fachkräften für den Kita-Bereich sind dem Senat aktuell bekannt? 2. Von wem sind diese Kampagnen organisiert? 3. Wie unterstützt der Senat die entsprechenden Kampagnen? Die Elbkinder haben mit der Firma Joblaborum ein von der von Europäischen Union (EU) gefördertes Projekt zur Anwerbung von pädagogischen Fachkräften aus Italien durchgeführt. Die EU fördert die Deutsch-Sprachkurse der ausgewählten Bewerberinnen und Bewerber. Diese haben zum Ziel, dass die Bewerberinnen und Bewerber ein Zertifikat mit dem Niveau B23 erreichen. Diese Maßnahme wird von den Elbkindern in eigener Regie, ohne finanzielle Unterstützung der für Kindertagesbetreuung zuständigen Behörde, durchgeführt. Darüber hinaus sind dem Senat keine gezielten Kampagnen zur Anwerbung von Kita- Fachkräften aus dem Ausland bekannt. 4. Welche Maßnahmen umfassen diese Kampagnen konkret? Die Firma Joblaborum übernimmt das Einwerben der EU-Mittel für die Deutschkurse der Anwärterinnen und Anwärter, die Beratung und Begleitung der Bewerberinnen und Bewerber sowie der Elbkinder während des gesamten Prozesses, die Werbung in Italien, die Vorselektion der Bewerberinnen und Bewerber nach durch die Elbkinder vorgegebenen Kriterien und die Organisation des Auswahlverfahrens in Rom. 5. Wer sind die Adressaten der Kampagne und welche Bedingungen werden in den jeweiligen Kampagnen kommuniziert? Die Adressaten der Kampagne sind pädagogische Fachkräfte, die in Italien eine Hochschulausbildung abgeschlossen haben, die mit dem deutschen Abschluss als Erzieherin/Erzieher vergleichbar ist. Die Elbkinder stellen sich den Bewerberinnen und 3 Dieses Sprachniveau weist die Ausbildungsfähigkeit in Deutsch nach. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17396 3 Bewerbern in den Bewerbungsgesprächen als Unternehmen vor und stellen die Konditionen dar (tarifliche Vergütung, unbefristeter Arbeitsvertrag mit Probezeit, Teil- oder Vollzeit je nach Wunsch). Darüber hinaus wird die Freie und Hansestadt Hamburg kurz vorgestellt und ein erster Einblick in das Kita-Leben bei den Elbkindern gegeben. 6. In welchen Ländern werden diese Kampagnen in welcher Form realisiert ? 7. Werden entsprechende Kampagnen auch in Partnerstädten der Freien und Hansestadt Hamburg realisiert? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Die Elbkinder haben diese Kampagne ausschließlich in Italien durchgeführt, weil dort das Interesse sehr hoch ist und die Erfahrung der Firma Joblaborum ist, dass einmal vermittelte Fachkräfte aus Italien für längere Zeit in der neuen Heimat verbleiben. Der wichtigste Grund war aber, dass die italienische Vorschulpädagogik an die pädagogischen Vorstellungen und Konzepte der Elbkinder hochanschlussfähig ist. Pädagogische Ansätze, die aus Italien stammen, wie Montessori- und Reggio-Pädagogik, standen Pate für viele pädagogische Grundsätze der Elbkinder und sind in den Hamburger Bildungsempfehlungen enthalten. 8. Wie viele Interessenten für pädagogische Berufe im Kita-Bereich sind auf entsprechende Anwerbungskampagnen zurückzuführen und wie viele davon standen dem Arbeitsmarkt in dieser Profession auch zur Verfügung ? (Bitte jahresweise seit 2014 aufschlüsseln.) Die Elbkinder werden in 2018 und 2019 rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insgesamt aus dieser Kampagne einstellen. 9. In welcher Höhe hat der Senat derartige Kampagnen mit finanziellen Mitteln oder Sachmitteln unterstützt? (Bitte jahresweise nach Empfänger, finanziellen Mitteln und Sachmitteln seit 2014 aufschlüsseln.) Siehe Antwort zu 1. bis 3. 10. Welche weiteren Kampagnen zur Anwerbung pädagogischer Fachkräfte sind geplant? Die Elbkinder werden in den nächsten Wochen prüfen, ob die Kampagne erneut durchgeführt werden soll. Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen.