BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17403 21. Wahlperiode 07.06.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dietrich Wersich (CDU) vom 31.05.19 und Antwort des Senats Betr.: Filmförderung: Schweiger-Remake von „Honig im Kopf“ – Sind die Kriterien der Mittelvergabe noch zielgerecht? Das deutsche Original der Til-Schweiger-Produktion war sehr erfolgreich, es kam Ende 2014 in die Kinos, hatte 7,2 Millionen Besucher und spielte etwa 60 Millionen Euro ein. Im Frühjahr 2019 kam trotzdem das Remake („Head Full of Honey“) des Til- Schweiger-Films in einer Hollywood-Version in die deutschen Kinos. Der Film soll zuvor in den USA ein echter Flop gewesen sein, der in den amerikanischen Kinos lediglich 12 350 US-Dollar eingespielt hatte. Allerdings sollen für das Remake zuvor 4 622.979,94 Euro an deutscher Filmförderung kassiert worden sein, ein Verhältnis von 1:400 also. Berichten zufolge setzt sich diese Förderung wie folgt zusammen: Deutscher Filmförderfonds (DFFF) 2,9 Millionen Euro, Filmförderung Hamburg-Schleswig-Holstein 500 000 Euro, Filmförderungsanstalt des Bundes 600 000 Euro, Medienboard Berlin-Brandenburg 600 000 Euro. Summa summarum 4,6 Millionen Euro also für ein ehrgeiziges Remake für den amerikanischen Markt, einen Film, den es als deutsche Version bereits gab, ohne dass das Remake in Deutschland spielt oder etwas über Hamburg aussagt, in dem deutsche Schauspieler lediglich in Kleinstrollen beschäftigt werden (Veronica Ferres in einem Kurzauftritt als Frau im Zug) und in dem kein Wort deutsch gesprochen wird. Es stellt sich also die Frage, nach welchen Kriterien die Filmförderung Hamburg -Schleswig-Holstein GmbH (FFHSH) ihre Gelder vergibt, wenn Filme ein Budget aus den eh schon knapp bemessenen Mitteln der FFHSH (circa 8,1 Millionen Euro) erhalten, die, anders als etwa „A Most Wanted Man“, keinerlei Bezug zu Hamburg zu haben scheinen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Entscheidung zur Förderung des Projekts „Head Full of Honey“ in Höhe von 450 000 Euro im Rahmen der Produktionsförderung wurde in der Sitzung des Gremiums 1 der Filmförderung Hamburg Schleswig Holstein (FFHSH) am 27. März 2018 getroffen. Gremium 1 besteht aus unabhängigen Experten und entscheidet über die Vergabe von Mitteln der FFHSH für Filme mit Herstellungskosten über 800 000 Euro. Zudem bekam die Warner Bros. Entertainment GmbH für den Verleih des Films eine Verleihförderung in Höhe von 45 000 Euro in der Sitzung des Gremiums 1 am 14. November 2018 zugesprochen. Gemäß den Regularien erfolgt keine Veröffentlichung von Begründungen zu Förderentscheidungen. Die inhaltliche, qualitative und kulturwirtschaftliche Bewertung von Filmprojekten obliegt der zuständigen FFHSH beziehungsweise den von ihr einberufenen unabhängigen Gremien. Drucksache 21/17403 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der FFHSH wie folgt: 1. Aufgrund welcher Förderentscheidung von welchem Datum erhielt der Film „Head Full of Honey“ 500 000 Euro von der FFHSH bewilligt und mit welcher Begründung? 2. Aus welchem Förderungsbereich stammte diese unter 1. genannte Förderung der FFHSH (1. Förderung der Stoff- und Projektentwicklung: a. Drehbuchförderung, b. Projektentwicklung, c. Incentive Funding; 2. Produktionsförderung ; 3. Förderung von Verleih und Vertrieb, 4. Förderung des Abspiels und des Vertriebs)? Siehe Vorbemerkung. 3. Welches Kriterium genau führte zu Bewilligung der oben genannten Mittel , wenn es in den Förderrichtlinien der FFHSH heißt: „Ziel der Förderung ist die Entwicklung, Pflege und Stärkung der Filmkultur und Filmwirtschaft in Hamburg und Schleswig-Holstein“ und wenn es etwa in den Förderrichtlinien der FFHSH unter 3.1.5 heißt, dass der Antragssteller beziehungsweise die Antragstellerin detailliert darlegen muss, „welchen Anteil der Herstellungskosten sie/er in Hamburg und/oder Schleswig- Holstein ausgibt (Regional-Effekt)“? Die in der Fragestellung zitierten Ziele der Förderung finden in den Entscheidungen Anwendung. Neben elementaren inhaltlichen und qualitativen Entscheidungskriterien ist ebenso der kulturwirtschaftliche Effekt in der Region Hamburg und Schleswig- Holstein von Bedeutung. Dieser ergibt sich beispielsweise aus der Anzahl der Drehtage oder der in der Region erfolgten Ausgaben. Vertraglich vereinbart wurden bei dem Projekt mindestens 14 Drehtage in Schleswig-Holstein sowie ein Regionaleffekt von mindestens 2 173 680 Euro im Rahmen der Produktion. Dies entspricht einem Regionaleffekt allein in der Produktion von rund 425 Prozent. 4. a) Inwieweit ist die Förderung eines Remakes, bei dem im eigentlichen Sinne kein wirklich neues Produkt entsteht, überhaupt im Sinne der Förderung beziehungsweise der Förderrichtlinien der FFHSH förderungsfähig ? Nach Auskunft der FFHSH sind Remakes als eigenständige Werke zu verstehen, denen eigene kreative Entscheidungen zugrunde liegen, die sich beispielsweise an eine neue Zielgruppe richten und damit ebenso im Rahmen der Förderung als eigenständige Projekte zu betrachten sind, bei denen die für alle Projekte geltenden Kriterien angewendet werden. b) Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Förderung eines solchen Remakes, das eher den amerikanischen Filmmarktmechanismen zu entsprechen versucht? Siehe Vorbemerkung sowie Antwort zu 4. a). c) Plant der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde eine Änderung beziehungsweise Novellierung der Förderrichtlinien dahin gehend, i. dass mit den eh überschaubaren Mitteln der FFHSH nur noch Projekte gefördert werden, die einen inhaltlichen Bezug zu Hamburg und/oder Schleswig-Holstein haben, ii. dass mit den eh überschaubaren Mitteln der FFHSH nur noch Projekte gefördert werden, bei denen es sich ausschließlich um neue und innovative Filme und/oder Drehbücher handelt? Wenn ja, um welche Änderungen handelt es sich und wann sollen diese umgesetzt werden? Wenn nein, warum nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17403 3 d) Plant der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde weitere Konsequenzen aus einer solchen Förderungsentscheidung, die weder einen konkreten Hamburg-Bezug noch eine neue Filmbeziehungsweise Projektidee begünstigte? Wenn ja, um welche Konsequenzen handelt es sich und wann sollen diese umgesetzt werden? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung sowie Antworten zu 3. und 4. a). Vor diesem Hintergrund ist eine Änderung der Verfahrensweise bei Förderentscheidungen oder eine Novellierung der Förderrichtlinie derzeit nicht geplant.