BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1741 21. Wahlperiode 27.10.15 Große Anfrage der Abgeordneten Richard Seelmaecker, Dennis Gladiator, Joachim Lenders, Dennis Thering, André Trepoll (CDU) und Fraktion vom 29.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher – Zwangsvollstreckung vor dem Kollaps? Die Gerichtsvollzieher erfüllen mit ihrer Arbeit im Bereich der Rechtspflege eine unverzichtbare Aufgabe im Rechtsstaat. Primäre Aufgabe des Gerichtsvollziehers ist die Beitreibung titulierter Geldforderungen. Insofern ist ein funktionsfähiges Gerichtsvollzieherwesen mit einer effizienten Vollstreckung ein wichtiger Standortfaktor für die wirtschaftliche Betätigung von Unternehmen und damit von erheblicher Bedeutung für die Handelsstadt Hamburg. Gerichtsvollzieher sind Landesbeamte in einer Sonderlaufbahn des mittleren Justizdienstes, die in einem zugewiesenen Amtsgerichtsbezirk tätig sind; organisatorisch sind sie jedoch aus den Gerichten ausgegliedert. Sie unterhalten auf eigene Rechnung ein Büro im Amtsgerichtsbezirk und haben auf eigene Kosten Bürohilfen zu beschäftigen. Die Anforderungen an die Gerichtsvollzieher sind in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen; der heutige Aufgabenbereich unterscheidet sich elementar vom Tätigkeitsfeld eines Gerichtsvollziehers in den Achtzigerjahren. Insbesondere durch das zum 1. Januar 2013 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung sind die Aufgaben und Kompetenzen der Gerichtsvollzieher nochmals maßgeblich erweitert worden. Das führt dazu, dass viele Gerichtsvollzieher rund 60 Stunden und sieben Tage in der Woche arbeiten, ohne Überstunden ausgleichen zu können . Dies spielt neben dem Umstand, dass sie ihre Tätigkeit in einem konfliktbehaftetem Umfeld ausüben, in dem sie immer häufiger verbalen beziehungsweise teils sogar körperlichen Angriffen aggressiver Schuldner ausgesetzt sind, eine entscheidende Rolle dafür, dass die Frustration und der Krankenstand unter den Bediensteten stetig steigen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie hat sich die Anzahl der Stellen für Gerichtsvollzieher an den Amtsgerichten seit dem Jahr 2010 entwickelt? Bitte pro Jahr und Amtsgericht darstellen. a. Wie viele dieser Stellen waren jeweils besetzt? b. Wie viele dieser Stellen waren jeweils aus welchen Gründen unbesetzt ? Siehe Anlage 1. 2. Wie viele Gerichtsvollzieher wurden seit dem Jahr 2010 ausgebildet? Drucksache 21/1741 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Seit 2010 wurden insgesamt neun Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher ausgebildet. Zudem befinden sich derzeit 15 Personen in der Ausbildung. 3. Wie viele Gerichtsvollzieher werden jährlich bis zum Jahr 2020 altersbedingt aus dem Dienst ausscheiden? Bitte pro Jahr und Amtsgericht darstellen . Der zuständigen Behörde sind folgende altersbedingte Abgänge bekannt: AG 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Gesamt AG Hamburg-Altona 0 0 0 0 0 0 0 AG Hamburg-Barmbek 0 0 2 0 0 0 2 AG Hamburg-Bergedorf 0 0 0 0 0 0 0 AG HamburgBlankenese 1 0 0 0 0 1 2 AG Hamburg-Harburg 0 1 0 0 1 2 4 AG Hamburg-Mitte 0 1 0 1 0 1 3 AG Hamburg-St. Georg 0 1 0 1 0 1 3 AG HamburgWandsbek 1 1 1 0 0 0 3 4. Wie viele Gerichtsvollzieher sollen bis zum Jahr 2020 ausgebildet werden ? Die zuständige Behörde ist bestrebt, bedarfsgerecht auszubilden. Derzeit wird geprüft, welcher Bedarf nach Übernahme der aktuell in Ausbildung befindlichen Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher besteht und zudem mit welchen außerplanmäßigen Abgängen in den nächsten Jahren zu rechnen ist. Diese Prüfung ist nicht abgeschlossen . 5. Wie wird sichergestellt, dass die Auszubildenden durch Gerichtsvollzieher , denen aufgrund der A9-Zulage, die explizit die Ausbildung beinhaltet , auch durch OGV mit Zulage ausgebildet werden können? Die Praxisausbildung der Gerichtsvollzieheranwärterinnen und Gerichtsvollzieheranwärter erfolgt überwiegend, jedoch nicht ausschließlich, durch die Obergerichtsvollzieherinnen und Obergerichtsvollzieher mit Zulage (Bezirkskoordinatoren). Die Anzahl der zulagefähigen Dienstposten im Gerichtsvollzieherbereich richtet sich nicht nach der Anzahl der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher, die für die Praxisausbildung im jeweiligen Jahrgang benötigt werden. Die Ausbildung ist nur eine der insgesamt zehn zusätzlichen Aufgaben des Bezirkskoordinators. Im Übrigen werden in jeder Laufbahn Anwärterinnen und Anwärter durch berufserfahrene Personen ohne weitere finanzielle Anreize neben dem Hauptgeschäft ausgebildet. 6. Wie hat sich die Zahl der Bewerber auf Ausbildungsstellen im Bereich des Gerichtsvollzieherwesens seit dem Jahr 2010 entwickelt? Jahr Anzahl der Bewerbungen Anzahl der Einstellungen 2010 15 3 2011 13 3 2012 Kein Lehrgang Kein Lehrgang 2013 11 3 2014 10 3 2015 17 12 7. Wie viele Stellen für die Zulage sind derzeit vorhanden und von wie vielen GV wird die Ausbildung derzeit wahrgenommen? Derzeit gibt es 13 Dienstposten mit Zulage; die Ausbildung wird derzeit von 15 Personen durchgeführt. 8. Wie beurteilt die zuständige Behörde den Vorstoß Baden-Württembergs, die Ausbildung der Gerichtsvollzieher aufgrund der gestiegenen Anforderungen zum 1. September 2016 auf eine Fachhochschulausbildung umzustellen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1741 3 Die zuständige Behörde hat bislang keine Einschätzung vorgenommen, wird aber die Entwicklung in Baden-Württemberg aufmerksam verfolgen und zu gegebener Zeit die Evaluationsergebnisse des ersten Studienganges und die dortigen Praxiserfahrungen bewerten. 9. Bestehen Planungen bei der zuständigen Behörde, die Ausbildung von Gerichtsvollziehern auch in Hamburg beziehungsweise in der zuständigen Justizfachschule Monschau zu reformieren? Falls ja, welche? Falls nein, weshalb nicht? Derzeit ist in Hamburg keine Umstellung der Gerichtsvollzieherausbildung geplant. Im Übrigen siehe Antwort zu 8. 10. Wie hat sich die durchschnittliche jährliche Fehlzeitenquote seit dem Jahr 2010 entwickelt? Bitte pro Jahr und Amtsgericht darstellen. AG Fehzeitenquoten Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Jan. bis Sep. AG Hamburg-Altona * 3,1% 0,8% 1,7% 1,7% 10,2% AG Hamburg-Barmbek * 0,5% 0,1% 3,2% 2,6% 2,6% AG HamburgBergedorf * 1,7%** 3,7%** 11,0% 4,6% 6,8% AG HamburgBlankenese * *** *** *** *** *** AG Hamburg-Harburg * 1,3% 0,6% 1,9% 2,4% 8,3% AG Hamburg-Mitte * 1,1% 2,4% 5,5% 2,5% 1,9% AG Hamburg-St. Georg * 2,1% 5,6% 3,2% 15,6% 22,1% AG HamburgWandsbek * 7,4% 1,9% 3,4% 12,5% 5,6% Gesamt 2,5% 2,2% 2,2% 3,8% 5,8% 7,9% Ausgewertet wurde der statistische Personalbestand. * Die erfragten Daten wurden statistisch nicht erfasst und können nachträglich nicht erhoben werden. ** Die Fehlzeitenquote für das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf umfasst aus datenschutzrechtlichen Gründen im Jahr 2011 nicht den Zeitraum Januar bis einschließlich Mai und im Jahr 2012 nicht den Zeitraum Oktober bis einschließlich Dezember, da die Anzahl der dort beschäftigten Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen jeweils kleiner als fünf war. *** Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese wird aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gesondert dargestellt, da die Anzahl der dort beschäftigten Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen kleiner fünf Personen ist. 11. Wie viele Fälle von Langzeiterkrankungen (über 75 Tage) hat es seit dem Jahr 2010 jährlich gegeben? Bitte pro Jahr und Amtsgericht darstellen . AG Langzeiterkrankungen 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Jan. bis Sep. AG Hamburg-Altona 0 0 0 0 0 1 AG Hamburg-Barmbek 0 0 0 0 0 AG HamburgBergedorf 0 0 0 0 0 0 AG HamburgBlankenese * 0 0 0 0 0 0 AG Hamburg-Harburg 0 0 0 0 1 1 AG Hamburg-Mitte 1 0 0 1 0 1 Drucksache 21/1741 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 AG Langzeiterkrankungen 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Jan. bis Sep. AG Hamburg-St. Georg 0 0 1 0 3 3 AG HamburgWandsbek 0 0 0 0 1 Bei den vorstehend genannten Daten handelt es sich um solche Fälle von Langzeiterkrankungen , die in dem jeweiligen Jahr erstmals auftraten. Ausgewertet wurden der statistische Personalbestand sowie die Fälle, die ohne Entgeltbezüge wegen längerer Arbeitsunfähigkeit waren. * Das Amtsgericht Blankenese wurde bei den Auswertungen nicht berücksichtigt, da die Anzahl der dort beschäftigten Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen kleiner fünf Personen ist. Aus datenschutzrechtlichen Gründen werden so kleine Gruppen nicht ausgewertet . 12. Wie werden Gerichtsvollzieher aktuell besoldet und welche Zulagen, Gebühren und Bürokostenentschädigungen erhalten sie darüber hinaus auf jeweils welcher rechtlichen Basis und in welcher Höhe? Inwiefern gibt es Obergrenzen beziehungsweise Deckelungen? Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher werden in der Sonderlaufbahn Gerichtsvollzieher in der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt (ehemals mittlerer Dienst) aktuell nach A 8 als Eingangsamt (Gerichtsvollzieher), A 9 (Obergerichtsvollzieher) und A 9 + Zulage (Obergerichtsvollzieher mit den zusätzlichen Aufgaben als Bezirkskoordinator ) besoldet. Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher erhalten neben der Besoldung von den nach dem Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher erhobenen Gebühren - eine Vollstreckungsvergütung in Höhe von 15 vom Hundert der Gebühreneinnahmen auf der Grundlage der Verordnung über die Vergütung für Beamtinnen und Beamte im Vollstreckungsdienst (Vollstreckungsvergütungsverordnung – VollstrVergVO ) vom 25. November 2008. Die Vollstreckungsvergütung wird zunächst durch einen Jahreshöchstbetrags in Höhe von 2.392,85 Euro begrenzt. Wird der Höchstbetrag der Vergütung überschritten, so erhält die Beamtin beziehungsweise der Beamte nochmals 40 vom Hundert des Mehrbetrages; - eine Bürokostenentschädigung aktuell in Höhe von 55,9 vom Hundert der Gebühreneinnahmen auf der Grundlage der Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher vom 19. Dezember 1978. Die Bürokostenentschädigung ist auf einen Jahreshöchstbetrag in Höhe von derzeit 16.400 Euro begrenzt. Wird dieser Höchstbetrag überschritten, so erhält die Gerichtsvollzieherin beziehungsweise der Gerichtsvollzieher weitere 50 vom Hundert des Mehrbetrages. Neben der Bürokostenentschädigung erhalten die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher nach der Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher die Auslagen nach Nummer 700 – 716 der Anlage zu § 9 des Gesetzes über die Kosten der Gerichtsvollzieher in voller Höhe. Hierzu gehören insbesondere die Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten (sogenannte Dokumentenpauschale, Nummer 700), Wegegelder nach Nummer 711 sowie die Auslagenpauschale (Nummer 716). a. Wie stellt sich die Situation in Fällen von Dienstabwesenheiten durch Urlaub und/oder Arbeitsunfähigkeit dar? Den Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern, die zusätzlich zu den Dienstgeschäften des eigenen Bezirkes die Vertretung oder die Verwaltung einer weiteren Stelle übernehmen, werden sogenannte Vertretertage gewährt. Diese führen dazu, dass die Jahreshöchstbeträge im Bereich der Vollstreckungsvergütung (§ 7 Vollstreckungsvergütungsverordnung ) sowie im Bereich der Bürokostenentschädigung (§ 3 Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher) erhöht werden. Dies kann zu einer erhöhten Vergütung beziehungsweise einer erhöhten Bürokostenentschädigung führen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1741 5 b. Unterliegt die als Aufwendungsersatz für Büro- und Personalkosten gezahlte Entschädigung der Einkommenssteuerpflicht? Falls ja, aus welchem Grund? Die Entschädigung (mit Ausnahme der Aufwendungen für Personal) unterliegt nach der Verwaltungsvorschrift der Finanzbehörde (VV HA FinSen) 1979-03-06 54-S 2337- 3/79 vom 06.03.1979 in Höhe von 70 vom Hundert der Einkommenssteuer. Wird eine Bürokraft beschäftigt, so können die hierfür entstehenden Aufwendungen als Werbungskosten berücksichtigt werden. c. Sind Gerichtsvollzieher verpflichtet, Vertretungen im Krankheitsfall oder in Fällen unbesetzter Stellen zu übernehmen und falls ja, in welchem Umfang? Für die Rechtsstellung der Gerichtsvollzieherin und des Gerichtsvollziehers gelten die allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften. Damit besteht die Verpflichtung, Vertretungen im Falle von unbesetzten Stellen und erkrankten Kolleginnen und Kollegen zu übernehmen. d. Welche zusätzliche Besoldung/Entschädigung erhalten Gerichtsvollzieher , die Vertretungen für unbesetzte Stellen und langzeiterkrankte Kollegen übernehmen? Die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher erhalten wie bei allen Aufträgen auch im Vertretungsfall einen Teil der durch ihre Tätigkeit vereinnahmten Gebühren als Vollstreckungsvergütung sowie einen Auslagenersatz nach § 7 Gerichtsvollzieherverordnung (GVO). Die hierdurch erhöhten Gebühreneinnahmen beeinflussen zudem die Höhe der ihnen gewährten Bürokostenentschädigung, deren Höchstbetrag für jeden Vertretertag ebenso erhöht wird wie derjenige der Vollstreckungsvergütung. Im Übrigen siehe Antwort zu 12. e. Welche zusätzliche Besoldung/Entschädigung erhalten Gerichtsvollzieher , die jahrelang mehr als 100 Prozent des vorgesehenen Tagespensums arbeiten, ohne dass ein Vertretungsfall vorliegt? Die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher erhalten die in der Antwort zu 12. beschriebenen Gebührenanteile, Auslagen, Dokumentenpauschale und Bürokostenentschädigungen . f. Wie stellt sich die Situation der Bezahlung und Entschädigung in den übrigen Bundesländern dar? Die Situation in anderen Ländern liegt außerhalb des Verantwortungsbereichs des Senats und der parlamentarischen Kontrolle der Bürgerschaft und wird daher vom parlamentarischen Fragerecht nicht erfasst. 13. Wann wurde die letzte Dienstpostenbewertung vorgenommen? Die Dienstposten des Gerichtsvollzieherdienstes sind zuletzt 1980 mit A 9 (ehemals mittlerer Dienst, jetzt Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt) bewertet worden. Eine aktualisierte Bewertung der Tätigkeit der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher würde die damalige Bewertung bestätigen. Im Übrigen siehe Antwort zu 8. 14. Inwiefern beabsichtigt die zuständige Behörde aufgrund stetig steigender Anforderungen an die Gerichtsvollzieher eine Änderung a. der Einordnung in das Besoldungssystem? Eine Änderung der Besoldungsordnung ist derzeit nicht beabsichtigt. b. der Vollstreckungsvergütungsverordnung? Eine Änderung der Vollstreckungsvergütungsordnung ist derzeit nicht beabsichtigt. Im Übrigen siehe Antwort zu 8. c. der Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher ? Drucksache 21/1741 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Die zuständige Behörde beabsichtigt, das Entschädigungssystem von der Überlassung prozentualer Anteile an den Gebühreneinnahmen auf die Entschädigung tatsächlich angefallener Bürokosten umzustellen (zahlbar überwiegend im Wege von Pauschalen, die anhand der Sach- und Personalkosten aller Gerichtsvollzieher ermittelt werden). 15. Wie viele Zwangsvollstreckungen wurden von Gerichtsvollziehern an den einzelnen Gerichten seit dem Jahr 2010 jährlich durchgeführt? Bitte pro Jahr, Amtsgericht und nach Art der Zwangsvollstreckungsmaßnahme differenziert darstellen. 16. Wie viele sonstige Aufträge wurden von Gerichtsvollziehern an den einzelnen Gerichten seit dem Jahr 2010 jährlich durchgeführt? Bitte pro Jahr, Amtsgericht und nach Art des Auftrags differenziert darstellen. Mit dem Gesetz zur Reform der Sachaufklärung sind zum 1. Januar 2013 wesentliche Änderungen des Zwangsvollstreckungsverfahrens, bei der Verwaltung der Vermögensverzeichnisse und bei der Führung des Schuldnerverzeichnisses in Kraft getreten . In der Folge wurde auch die statistische Erfassung in Bezug auf die Tätigkeiten der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher ab 2014 verändert. Deshalb sind die erhobenen Daten für 2013 nur bedingt aussagefähig. Darüber hinaus werden derzeit bundesweit die ab 2014 geltenden Regelungen für die Erhebung der Daten weiter konkretisiert. Im Übrigen siehe Anlage 2. 17. Wie wird die Arbeitsbelastung im Rahmen der Personalbedarfsplanung der Gerichtsvollzieher konkret bemessen? Die Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher wird nicht im Sinne einer Personalbedarfsplanung ermittelt, sondern ist Grundlage für eine angemessene Verteilung der Aufträge (sogenannter Hamburger Belastungsschlüssel). Es werden dabei Auftragsarten beziehungsweise -gruppen (insgesamt elf) mit Kennzahlen bewertet, um den unterschiedlichen Zeitaufwänden der Auftragsarten beziehungsweise -gruppen Rechnung zu tragen. Es soll zudem den Besonderheiten eines Ballungsraumes Rechnung getragen werden. Der Schlüssel wurde zuletzt im Herbst 2013 vorläufig angepasst, um die Veränderungen durch die Einführung der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung zu berücksichtigen. a. Wie werden insbesondere die unterschiedlichen Zustellungsaufträge bewertet? Bei den Zustellungen wird zwischen persönlichen Zustellungen (0,375 Belastungspunkte ) und Zustellungen durch Aufgabe zur Post (0,25 Belastungspunkte) unterschieden . Im Übrigen siehe Antwort zu 17. g. b. Welche Regelungen gelten für die Häufigkeit, mit der die Gerichtsvollzieher ihre Aufträge bei der Gerichtsvollzieherverteilerstelle des jeweiligen Amtsgerichts abzuholen haben? Die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher haben die Eingänge täglich abzuholen oder auf eigene Verantwortung durch eine zuverlässige, der Verteilerstelle zu bezeichnende erwachsene Person abholen zu lassen, vergleiche § 25 Absatz 2 GVO. c. Inwiefern finden Fahrtwege zum Gericht und das Sichten der Post bei der Bemessung der Arbeitsbelastung Berücksichtigung? Die Fahrtwege und das Sichten der Post sind Teil der Aufgaben der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher und in den Hamburger Belastungsschlüssel eingeflossen . d. Wie werden durchgeführte Versteigerungen bewertet, bei denen der Gerichtsvollzieher ein besonderes Versteigerungslokal aufsuchen muss? Präsenzversteigerungen finden in den seltensten Fällen im Geschäftszimmer der Gerichtsvollzieherin und des Gerichtsvollziehers statt. Der Regelfall ist das Aufsuchen eines gesonderten Versteigerungsortes. Dieser ist bei der Bemessung gesondert berücksichtigt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1741 7 e. Inwiefern findet bei der Vollstreckung zur Beseitigung von Widerstand , Duldung, Verhaftung und Räumungsvollstreckung das Suchen und Hinzuziehen von Zeugen vor Ort Berücksichtigung? Der Zeitaufwand für das Suchen von nach § 62 Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher , § 759 Zivilprozessordnung erforderlichen Zeugen ist Teil des jeweiligen Auftrags . Der Zeitaufwand ist daher bei der Bemessung berücksichtigt. f. Wie werden zu leistende Eildienste, auch am Wochenende, berücksichtigt ? Eildienst an Werk- und Wochentagen sind Teil der Tätigkeit des Gerichtsvollzieherdienstes und in die Bemessung des Hamburger Belastungsschlüssels eingeflossen. g. Inwiefern wurden Änderungen durch die Auswirkungen des zum 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung bei der Bemessung berücksichtigt ? Im Zuge der Reform der Sachaufklärung wurden folgende, vorläufige Neubewertungen vorgenommen: Tätigkeiten Belastungspunkte alt Belastungspunkte neu Persönliche Zustellungen von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen 0,25 0,375 Zustellungen von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen per Post 0,125 0,25 Beantragte Vermögensauskunft 0 1,25 Abgenommene eidesstattliche Versicherung/Vermögensauskunft 2 0 Weitergeleitete Vermögensauskunft 0,125 0 Auskünfte 0,125 0,25 h. Sind nach Ansicht der zuständigen Behörde 100 Prozent Arbeitsbelastung im Rahmen einer 40-Stunden-Woche leistbar? i. Inwiefern gilt die zurzeit geltende Belastungsbewertung als absolutes Tagespensum, anhand dessen die Gerichtsvollzieher ihre eigene Belastung transparent erkennen können? Ja. Im Übrigen ist die zurzeit geltende Belastungsbewertung nicht geeignet, die persönliche Belastungssituation zu bemessen. Der Belastungsschlüssel ist vielmehr ein Instrumentarium, das der gleichmäßigen Verteilung der Aufträge zwischen den Gerichten und den einzelnen Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern dient. Anhand exemplarischer Auftragsarten werden die jeweiligen Bezirksbelastungen bewertet und werden dadurch vergleichbar. Es stellt keine abschließende Auflistung der Tätigkeit dar. 18. Wie hat sich die Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher seit dem Jahr 2010 jährlich entwickelt? Bitte pro Jahr, Amtsgericht und Dauer darstellen . Die in den folgenden Tabellen dargestellte Belastungssituation ergibt sich auf Grundlage des Hamburger Belastungsschlüssels (vergleiche Antwort zu 17.) im Verhältnis zu der Anzahl der Aufträge und der tätigen Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher . AG 2010 2011 2012 2013 AG Hamburg-Altona 87,86 % 99,63 % 97,74 % 78,98 % AG Hamburg-Barmbek 94,13 % 94,00 % 97,41 % 78,99 % AG Hamburg-Bergedorf 107,19 % 95,01 % 97,14 % 78,22 % Drucksache 21/1741 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 8 AG 2010 2011 2012 2013 AG HamburgBlankenese 99,34 % 101,57 % 99,73 % 80,10 % AG Hamburg-Mitte 87,80 % 91,82 % 88,79 % 83,69 % AG Hamburg-Harburg 108,54 % 106,67 % 113,63 % 92,49 % AG HamburgSt . Georg 97,21 % 102,75 % 101,65 % 85,46 % AG Hamburg-Wandsbek 94,01 % 88,01 % 93,66 % 79,00 % Gesamt* 95,58 % 97,20 % 98,59 % 83,25 % * Die Spalte „Gesamt“ bildet nicht den rechnerischen Durchschnitt ab. Sie wird wie die Einzelergebnisse der Bereiche über das Tabellensystem unter Anwendung der Belastungspunkte ermittelt. AG 2014 2015 II. Quartal AG Hamburg-Altona 111,26 % 102,52 % AG Hamburg-Barmbek 118,44 % 101,23 % AG Hamburg-Bergedorf 104,91 % 92,20 % AG Hamburg-Blankenese 113,11 % 76,61 % AG Hamburg-Mitte 122,60 % 111,57 % AG Hamburg-Harburg 130,76 % 135,17 % AG Hamburg-St.Georg 126,64 % 112,79 % AG Hamburg-Wandsbek 104,88 % 103,75 % Gesamt 119,53 % 110,11 % Die Belastungszahlen aus den Jahren 2010 bis 2013 unterliegen einer anderen Berechnung und sind deshalb nicht unmittelbar mit den Zahlen ab 2014 vergleichbar. Um den Veränderungen durch die Einführung der Sachaufklärung zum 1. Januar 2013 zu begegnen, wurden die Belastungspunkte des Hamburger Schlüssels unter Mitwirkung der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher sowie der Dienstaufsichten vorläufig neu bewertet und geändert (siehe Antwort zu Frage 17. g.). 19. Wie häufig leisteten Gerichtsvollzieher seit dem Jahr 2010 Eil- und Bereitschaftsdienste? (Bitte pro Jahr und Amtsgericht darstellen.) Inwiefern werden diese Dienste zusätzlich vergütet beziehungsweise findet ein Freizeitausgleich statt? Die erfragten Daten werden statistisch nicht erfasst und können nachträglich auch nicht erhoben werden. Ein Freizeitausgleich für geleistete Wochenenddienste beziehungsweise Eildienste erfolgt nicht. Die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher erhalten jedoch wie bei allen Aufträgen einen Teil der durch die Tätigkeit vereinnahmten Gebühren als Vollstreckungsvergütung sowie einen Auslagenersatz nach § 7 GVO. Des Weiteren haben diese erhöhten Einnahmen Einfluss auf die Höhe der gewährten Bürokostenentschädigung. 20. Welche Erkenntnisse liegen der zuständigen Behörde darüber vor, dass Gerichtsvollzieher teilweise ihren Erholungsurlaub nutzen, um die durch andauernd überhöhte Arbeitsbelastung anfallenden Rückstände abzubauen ? Bekannt ist, dass die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher aktuell stark belastet sind und nur durch einen erhöhten Einsatz die Arbeit bewältigen können. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch während des Erholungsurlaubs Aufträge abgearbeitet werden. 21. Inwiefern hat sich die Belastungssituation seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung zum 1. Januar 2013 verändert? Die Einführung der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung zum 1. Januar 2013 hat zu deutlichen Veränderungen der Arbeitsabläufe der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher geführt. Neue Tätigkeiten sind bei der Ermittlung von Vermögenswerten hinzugekommen. Die Variationsbreite bei der Art der Vollstreckungsaufträge hat zugenommen. Durch den Wegfall des Pfändungsversuchs vor Abgabe der Ver- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1741 9 mögensauskunft, neue administrativen Aufgaben und verfahrensrechtlichen Neuerungen hat der Innendienstanteil der Tätigkeit zugenommen, es sind rechtlich komplexere Fragestellungen zu bearbeiten und die Nutzung von elektronischen Medien ist stark gestiegen. 22. Wie viele Überlastungsanzeigen von Gerichtsvollziehern hat es jährlich seit dem Jahr 2010 gegeben? Bitte pro Jahr und Amtsgericht darstellen. Die Anzahl der formellen Überlastungsanzeigen hat sich wie folgt entwickelt: AG 2010 2011 2012 2013 2014 2015 AG Hamburg-Altona 0 0 0 0 0 0 AG HamburgBarmbek 0 0 0 0 0 0 AG Hamburg-Bergedorf 0 0 0 0 0 3 AG Hamburg-Blankenese 0 0 0 0 0 0 AG Hamburg-Mitte 0 0 0 0 0 3 AG Hamburg-Harburg 0 0 0 0 0 0 AG HamburgSt . Georg 0 0 0 0 0 1 AG Hamburg-Wandsbek 0 0 0 2 6 1 23. Wie viele Beschwerden aufgrund zu langer Verfahrensdauern der Zwangsvollstreckung sind von Gläubigern beziehungsweise Verfahrensbevollmächtigten seit dem Jahr 2010 eingegangen? Bitte pro Jahr und Amtsgericht darstellen. AG 2010 2011 2012 2013 2014 2015 AG Hamburg-Altona 4 6 6 7 9 7 AG HamburgBarmbek 9 8 8 16 17 8 AG Hamburg-Bergedorf 11 6 1 6 23 8 AG Hamburg-Blankenese 3 0 8 2 4 2 AG Hamburg-Mitte 8 9 8 15 57 37 AG Hamburg-Harburg 13 10 38 34 30 24 AG HamburgSt . Georg 25 42 61 154 121 94 AG Hamburg-Wandsbek 14 1 7 23 29 13 Die obigen Zahlen umfassen alle Dienstaufsichtsbeschwerden. Circa 98 Prozent dieser Beschwerden haben die Dauer von Verfahren zum Gegenstand. 24. Welche Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen wurden Gerichtsvollziehern seit dem Jahr 2010 jährlich angeboten und wie viele Gerichtsvollzieher haben daran jeweils teilgenommen? Den Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern stehen neben den fachspezifischen Fortbildungen alle durch das Zentrum für Aus- und Fortbildung (ZAF) zentral für die Freie und Hansestadt Hamburg angebotenen Fortbildungsmaßnahmen zur Verfügung . Folgende fachspezifischen Angebote wurden den Gerichtsvollzierinnen und Gerichtsvollzieherin angeboten: Jahr Seminar Anzahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen 2010 Falschgeld-Prävention 9 2011 Falschgeld-Prävention 5 Erste-Hilfe-Grundschulung 3 2012 Auswirkungen des InsO-Rechts auf die ZV 69 Fachfortbildungen zur Reform zur Sachaufklärung (ZPO, Kosten, Büroorganisation) 115 2013 Workshop rund um das neue Vollstreckungsrechts und das Zentrale Vollstreckungsgericht 76 Deeskalationstraining (2 Veranstaltungen) 18 Falschgeld-Prävention 4 Drucksache 21/1741 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 10 Jahr Seminar Anzahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen Informationsveranstaltung Absicherung von Büroräumen 17 Suchtprävention in der Arbeitswelt 3 Erste-Hilfe-Grundschulung 3 2014 Deeskalationstraining 6 Erste-Hilfe-Grundschulung 3 2015 Deeskalationstraining 7 2. Deeskalationstraining geplant für Dezember 2015 Falschgeld-Prävention geplant für Dezember 2015 Erste-Hilfe-Grundschulung geplant für November 2015 Das Deeskalationstraining wird seit 2013 jährlich zweimal angeboten. Aufgrund der geringen Nachfrage fand im Jahr 2014 nur eine Fortbildungsveranstaltung statt. Die Erste-Hilfe-Grundschulungen finden seit 2011 und die Fortbildung Suchtprävention in der Arbeitswelt seit 2013 bereits während der Ausbildung statt. Die Anzahl der vom ZAF angebotenen und von Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieherin besuchten Fortbildungen wird statistisch nicht erfasst und kann nachträglich nicht erhoben werden. 25. Sind Gerichtsvollzieher als Teilnehmer bei Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen im Vergleich zu anderen Beamten und Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung signifikant minder vertreten? Wenn ja, warum ist dies nach Ansicht der zuständigen Behörde der Fall? Durchschnittliche Anzahl der besuchten Fortbildungen der letzten 5 Jahre (2010 bis 2014) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FHH 1,2 Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher 0,9 Ausgewertet wurden Fort- und Weiterbildungen, die vom ZAF durchgeführt werden, sowie fachspezifische Fort- und Weiterbildungen, die einzelne Behörden für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anbieten. Im Übrigen liegen der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse über die Gründe vor, warum Fortbildungsangebote nicht stärker in Anspruch genommen werden. 26. Gerichtsvollzieher sind vielfältigen Sicherheitsrisiken ausgesetzt: Sie werden von Schuldnern oftmals beleidigt, bedroht und manchmal sogar verletzt. Daneben müssen sie regelmäßig größere Mengen Bargeld verwahren . a. Welche konkreten Unterstützungsmaßnahmen erhalten Gerichtsvollzieher zur Sicherung ihrer Person und ihres Büros? Es werden regelmäßig speziell auf die Alltagssituationen im Gerichtsvollzieherbereich abgestimmte Deeskalationstrainings angeboten. Daneben gibt es Veranstaltungen zur Absicherung der Büroräume und die Gelegenheit, an Selbstverteidigungstrainings teilzunehmen. b. Aus welchem Grunde werden Exekutivbeamten wie den Gerichtsvollziehern , die ihre Tätigkeit allein vor Ort ausüben, Grundkenntnisse im Umgang mit Deeskalation, Selbstverteidigung, Umgang mit Hunden und oder dem Umgang mit unter Alkohol- beziehungsweise Drogeneinfluss stehenden Schuldnern lediglich als Fortbildungsmaßnahme vermittelt? Die genannten Grundkenntnisse werden nicht nur im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen vermittelt, sondern sind bereits Gegenstand der Ausbildung. Unterricht wird in Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1741 11 den Fächern „Eigensicherung, Deeskalation und Fremde Kulturkreise“ sowie Gesprächsführung erteilt. Zudem werden derzeit die Ausbildungsinhalte und Ziele evaluiert, um diese bestmöglich auf die neuen Anforderungen im Gerichtsvollzieherberuf anzugleichen. c. Welche Maßnahmen werden im Rahmen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn getroffen, um das Vermitteln dieser für die tägliche Praxis erforderlichen Grundkenntnisse sicher zu stellen? Im Rahmen der Ausbildung sind diverse Schulungen zu Eigensicherung, Deeskalationsstrategien sowie Selbstverteidigung anhand von praxisnahen Fallübungen vorgesehen . Das Fortbildungskonzept für den Gerichtsvollzieherdienst basiert in Hamburg auf zwei Säulen. Zum einen stehen alle Angebote der Zentralen Fortbildung für den öffentlichen Dienst zur Verfügung (unter anderem Angebote zu den Persönlichen Kompetenzen zum Beispiel Arbeitstechniken, Kommunikation, Gesundheit, Diversity und ITSeminare ). Daneben werden für Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher auch speziell auf deren Bedürfnisse ausgerichtete Seminare angeboten. Im Übrigen siehe Antwort zu 24. d. Welche Überlegungen gibt es seitens der zuständigen Behörde, die erforderlichen Grundkenntnisse beispielsweise in Form eines Dienstplanes verpflichtend den Gerichtsvollziehern unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Belastung in Relation zu dem statistischen Tagespensum zu vermitteln? Neben den jährlich angebotenen Fortbildungen zum Thema Deeskalation erfolgt jeweils zum Ende eines Jahres eine Bedarfsabfrage zu gewünschten Fortbildungsthemen für das nächste Kalenderjahr. Benannte Fortbildungswünsche werden entsprechend umgesetzt. Von verpflichtenden Fortbildungen wurde bisher – in jeder Laufbahn – abgesehen. Grundsätzlich sollte die Teilnahme an einer Fortbildung nur verpflichtend sein, wenn dies zur Erfüllung der Arbeitsleistung notwendig ist. e. Welche Möglichkeiten bestehen für Gerichtsvollzieher, vor Durchführung eines Vollstreckungsauftrags Informationen über die Gefährlichkeit und Gewaltbereitschaft von Schuldnern einzuholen? Die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher werden bei ihrer Tätigkeit nach Bedarf durch die Polizei unterstützt, zum Beispiel durch Anfragen, im Rahmen der Amtshilfe bei der Erzwingung von Handlungen, der Vollstreckung von Haftbefehlen und der Einlieferung in die Haftanstalt bei Vollstreckung der Haftbefehle. Daneben trifft die Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr bei Bedarf Maßnahmen zum Schutz der Person des Gerichtsvollziehers. f. Welche Erkenntnisse liegen den zuständigen Behörden über Art und Ausmaß von Bedrohungen im Hinblick auf Leib oder Leben gegenüber Gerichtsvollziehern im Rahmen ihrer täglichen Arbeit seit dem Jahr 2010 vor? Bitte nach verbalen und körperlichen Angriffen getrennt darstellen. Die Übergriffe auf Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher werden erst seit Februar 2015 gesondert statistisch erfasst (siehe unten stehende Tabelle). Die Daten können insoweit nachträglich nicht erhoben werden. Drucksache 21/1741 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 12 Gericht/ Segment Übergriffs-Kategorien Ü be rg rif fe 2 01 5 Be sc hi m pf un g B el ei di gu ng B ed ro hu ng m itt el s W or te n od er G es te n B ed ro hu ng m itt el s G eg en st än de n (a uß er W af fe n) B ed ro hu ng m itt el s W af fe G ew al t g eg en S ach en (S ac hb es ch äd igu ng ) K ör pe rli ch e G ew al t ge ge n P er so ne n K ör pe rli ch e G ew al t ge ge n P er so ne n m it G eg en st än de n (a uß er W af fe n) K ör pe rli ch e G ew al t ge ge n P er so ne n m it W af fe AG HamburgBarmbek 1 1 0 0 0 1 0 0 0 AG HamburgBarmbek 1 1 0 0 0 1 0 0 0 AG HamburgBarmbek 1 1 0 0 0 1 0 0 0 AG HamburgBergedorf 1 0 0 0 0 0 1 0 0 AG HamburgHarburg 1 1 1 0 0 0 0 0 0 AG HamburgHarburg 1 0 1 0 0 0 0 0 0 AG Hamburg Wandsbek 1 1 1 0 0 0 0 0 0 Gesamt 7 5 3 0 0 3 1 0 0 Bei den übrigen Amtsgerichten gab es keine Übergriffe auf Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher. g. Welche Erkenntnisse liegen den zuständigen Behörden über Angriffe beziehungsweise Klagen gegen Hamburger Gerichtsvollzieher durch sogenannte Reichsbürger vor? Keine. h. Inwiefern sind Bargeld oder Versteigerungsgegenstände, die sich im Büro eines Gerichtsvollziehers befinden, versichert und wer trägt die Kosten für die Versicherung? Die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher führen ihren Bürobetriebe auf eigene Kosten (§ 30 Absatz I S. 1 GVO). Aus § 51 GVO ergibt sich, dass der Gerichtsvollzieher für eine kurzfristige, eigene und sichere Verwahrung die erforderlichen Behältnisse beschaffen und die notwendigen Sicherungsvorkehrungen treffen muss. Eine Versicherung der Bargelder beziehungsweise der sich im Büro befindenden Versteigerungsgegenstände hat durch die Gerichtsvollzieherin beziehungsweise den Gerichtsvollzieher selbst zu erfolgen. In Hamburg gilt darüber hinaus die Bargeldobergrenze von 500,00 Euro (§ 11a Hamburgische Ergänzungsbestimmungen zur Gerichtsvollzieherordnung, GVO). Höhere Beträge sind umgehend einzuzahlen. i. Inwiefern bestehen Schwierigkeiten für Gerichtsvollzieher, die Bargeld von Schuldnern oder Dritten für einen Schuldner entgegennehmen und es auf ein Gerichtsvollzieheranderkonto einzahlen wollen beziehungsweise müssen, aufgrund der Bestimmungen des Geldwäschegesetzes? Schwierigkeiten bei der Einzahlung der Beträge sind nicht bekannt. 27. In der Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft, Drs. 21/1395, gibt der Senat an, dass die Erlöserwartung in Rechtssachen in der Produktgruppe Justizkasse (233.02) infolge des zum 1. August 2013 in Kraft getretenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes um jeweils 10.000.000 Euro Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1741 13 für das Jahr 2015 auf 156.877.000 Euro und für das Jahr 2016 auf 159.879.000 Euro gestiegen ist. a. In welchen Bereichen sind die größten Zuwächse zu verzeichnen? Die größten Zuwächse sind in den Zivilverfahren der Ordentlichen Gerichte, den Verfahren der Fachgerichtsbarkeit und beim Grundbuchamt zu verzeichnen. b. Wie hat sich die Erlössituation bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seit dem Jahr 2010 entwickelt? Die Entwicklung der Erlöse bei den Gerichtsvollziehern stellt sich wie folgt dar:   2010  2011  2012  2013  2014  2015 (hochgerechnet , Basis 08/2015)  In Tsd. Euro  Erlössituation Gerichtsvollzieher*  8.573**  7.060  6.989  6.387  7.333  6.948  * Eine Darstellung der Erlöse nur aus Zwangsvollstreckungssachen (das heißt ohne Insolvenz -, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren) ist nicht möglich, da die Kassen- und Haushaltssysteme eine entsprechende Unterteilung nicht vornehmen können. Ursächlich dafür ist die Praxis der Antragssteller, die Gerichtskosten überwiegend durch den Einsatz von Gebührenstemplern und Bareinzahlungen in der Gerichtszahlstelle zu begleichen . Die so erzielten Erlöse lassen sich nicht einem Verfahrensbereich zuordnen. Für eine händische Berechnung müssten für jedes erfragte Jahr circa 50.000 sonstige Vollstreckungsvorgänge manuell ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. ** Mit dem Jahr 2010 sind die Erlösbuchungen auf die Doppik umgestellt worden. Die Erlöse in 2010 enthalten daher einmalig periodenfremde Erlöse in Höhe von rund 1.500.000 Euro, die dem Jahr 2009 zuzurechnen sind. Drucksache 21/1741 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 14 Anlage 1 Zu den Fragen 1. - 1.b. Amtsgericht (AG) Stellen / Stellenbesetzung 31.12.2010 31.12.2011 31.12.2012 31.12.2013 31.12.2014 01.10.2015 Soll Ist Soll Ist Soll Ist Soll Ist Soll Ist Soll Ist AG Hamburg-Altona 10 9 12 11 11 10 12 11 12 11 11 11 AG Hamburg-Barmbek 16 15 16 15 16 15 14 14 14 13 15 14 AG Hamburg-Bergedorf 5 5 6 6 7 6 5 5 5 5 6 6 AG Hamburg-Blankenese 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 AG Hamburg-Harburg 17 15 17 15 16 15 16 16 16 15 16 15 AG Hamburg-Mitte 23 22 20 17 24 21 26 24 20 18 19 17 AG Hamburg-St. Georg 19 19 19 17 17 18 17 17 18 16 18 16 AG Hamburg-Wandsbek 11 11 11 11 10 11 11 11 12 11 12 11 Gerichtsvollziehervertretung für alle Amtsgerichte* 4 4 4 4 Gesamt 104 99 104 95 104 99 104 101 104 96 104 97 *Die ab 2014 gesondert ausgewiesenen Stellen wurden bis 2014 beim AG HamburgMitte geführt. Aus welchen Gründen die Stellen jeweils nichts besetzt waren, wird statistisch nicht erfasst und kann auch nicht nachträglich erhoben werden. Bei den unbesetzten Stellen handelte es sich zumeist um vorübergehende Vakanzen in Folge personeller Veränderungen (Pensionsabgänge, Elternzeit, Freihalten für die Anwärterübernahme). Zu d en F ra ge n 15 . - 1 6. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1741 15 Anlage 2    Ge sc hä ft sb el as tu ng  de r G er ic ht sv ol lzi eh er  an  de n H am bu rg er  Am ts ge ric ht en  20 14  bis  Au gu st  20 15         Drucksache 21/1741 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 16           Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1741 17             Drucksache 21/1741 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 18           Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1741 19           Drucksache 21/1741 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 20           Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1741 21               Drucksache 21/1741 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 22         Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1741 23 1741ga_Text 1741ga_Anlage2