BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17507 21. Wahlperiode 18.06.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Ole Thorben Buschhüter (SPD) und Martin Bill (GRÜNE) vom 11.06.19 und Antwort des Senats Betr.: Maßnahmen zur Erhöhung der Flexibilität in der S-Bahn-Infrastruktur (III) Wir fragen wir den Senat: Die Schnellbahn-Linien, also die U- und S-Bahn-Linien im Hamburger Verkehrsverbund , sind das wesentliche Rückgrat der leistungsfähigen und umweltfreundlichen Mobilität in Hamburg. Dafür ist eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur erforderlich . Für die DB-Infrastruktur, die die S-Bahn als Betreiberin nutzt, sind unterschiedliche Unternehmen im DB-Konzern verantwortlich. Zu nennen sind hier DB Netz, DB Station&Service sowie DB Energie. Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) hat zur Verbesserung der Koordinierung dieser Unternehmen einen Runden Tisch unter der Leitung des zuständigen Senators initiiert. Der Runde Tisch soll Maßnahmen zur Stärkung der Betriebsstabilität vorantreiben. Es sollen insbesondere die Rahmenbedingungen für eine regelhafte und nachhaltige Instandhaltung vereinbart werden, um infrastrukturbedingte Störungen im Netz weitgehend auszuschließen. Außerdem sollen die notwendigen Baumaßnahmen zur Ertüchtigung der Infrastruktur besser koordiniert und gebündelt werden. Ebenso sollen weitere qualitätsrelevante Themenbereiche angesprochen werden. Eingeladen sind neben Behördenvertreterinnen und Behördenvertretern die Vorstandsmitglieder der betroffenen DB Gesellschaften sowie die Konzernbeauftragten der DB AG. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Deutschen Bahn AG (DB AG) wie folgt: A. S-Bahn Allgemein 1. Wie hoch war im Mai 2019 die Pünktlichkeitsquote der Hamburger S-Bahn insgesamt und ihrer einzelnen Linien? S1 96,4 % S11 87,4 % S2 86,5 % S21 91,6 % S3 94,4 % S31 92,2 % Gesamt 93,8 % 2. Wie hoch war im Mai 2019 die Ausfallquote der Hamburger S-Bahn insgesamt und ihrer einzelnen Linien? Eine Ausfallquote (etwa als Anzahl von aus- oder teilweise ausgefallener Fahrten) wird wegen der begrenzten statistischen Aussagekraft im Rahmen der Berichtspflichten nicht ermittelt. Bezogen auf die Fragestellung kann eine für den Monat Mai geson- Drucksache 21/17507 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 dert ermittelte Ausfallquote der Zugkilometer von 2,8 Prozent angegeben werden. Hauptursachen waren hierbei Störungen in der Infrastruktur, Fahrzeugstörungen (insbesondere Baureihe 490) sowie externe Effekte (besonders Personen im Gleis). Auch eine linienbezogene Ausfallquote wird im Rahmen der Berichtsführung nicht ermittelt. Eine zur ersten Teilantwort vergleichbare Größe kann aufgrund der Datenmenge in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht beantwortet werden. 3. Wofür dient der angekündigte Runde Tisch S-Bahn? Wer soll an ihm teilnehmen? Siehe Vorbemerkung. 4. Wie soll die Fahrgastinformation zukünftig verbessert werden? Bis zum Jahr 2021 sollen alle S-Bahn-Stationen in Hamburg mit neuen Zuganzeigern ausgestattet werden. Im Jahr 2019 werden diese auf den Stationen Hammerbrook und Dammtor erprobt. Die neuen Zuganzeiger besitzen hochauflösende Displays, wodurch zusätzliche Informationen in einem mit anderen Informationsquellen (Smartphone , Internetseite) vereinheitlichten Layout zur Verfügung gestellt werden können. Zusätzlich sollen zukünftig Störungsinformationen aus der Betriebszentrale auch direkt in die Züge übertragen werden. 5. Eine Störungsquelle sind Personen im Gleis. Hierzu sollen kritische Bereiche des S-Bahn-Netzes eingezäunt werden, außerdem sollen Bahnsteigabschlusstüren das Betreten der Tunnel verhindern. a) Welche diesbezügliche Maßnahmen wurden bereits umgesetzt? Innerstädtische Gleisanlagen wurden durch die S-Bahn bereits im Bereich Hauptbahnhof sowie entlang der Verbindungsbahn eingezäunt. b) Welche Maßnahmen stehen noch aus, welche sollen als nächste umgesetzt werden? Als weitere störungsreduzierende Maßnahme ist die vollständige Einzäunung der Strecken nach Harburg (nachfragestärkste Strecke) und Bergedorf (störungsbelastete Strecke; zudem zur Erprobung der Digitalisierung vorgesehen) sowie der Abstellanlagen Altona (hohe Störungsbelastung) geplant. Ergänzend ist die Installation von Bahnsteigabschlusstüren an allen Tunnelstationen vorgesehen, da es hier wiederholt zu temporären und verspätungsverursachenden Betriebseinstellungen aufgrund des unbefugten Zutritts gegeben hat. B. Digitale S-Bahn 1. Was konkret beinhaltet das Projekt „Digitale S-Bahn“? Welche Vorteile hat die Digitale S-Bahn? 2. Welche zeitliche Perspektive wird für die Umsetzung des Projekts „Digitale S-Bahn“ angestrebt? Im Rahmen der Smart-City-Partnerschaft, die im Juli des Jahres 2017 zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) und der DB AG geschlossen wurde, ist das Teilprojekt „Digitale S-Bahn (DBB)“ entstanden. Bis zum ITS-Kongress 2021 soll in diesem Pilotprojekt auf der Strecke nach Bergedorf ein hochautomatisierter Betrieb demonstriert werden. Aufbauend auf diesem Pilotprojekt streben die S-Bahn Hamburg GmbH und die zuständige Behörde mittelfristig ein Roll-Out der modernen Technik im gesamten Netz der Hamburger S-Bahn an. Die Umsetzung im übrigen Stadtgebiet hängt dabei wesentlich vom begleitenden Fortschritt bei der Erneuerung der Stellwerksstruktur und einer Entscheidung über die flächendeckende Einführung von ETCS (European Train Control System) ab. Im Rahmen des Roll-Outs der „Digitalen S-Bahn“ soll dann von der DB Netz AG die gesamte Zugleittechnik des S-Bahn-Netzes modernisiert und digitalisiert werden. Weiterer Bestandteil ist die Anpassung der Zugsicherung der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17507 3 S-Bahn-Fahrzeuge auf das System ETCS sowie das automatisierte Fahren ATO (Automatic Train Operation). Nach Umsetzung der Maßnahmen wird auf dem bestehenden Gleisnetz eine höhere Netzstabilität und dichtere Zugfolge, also eine effektive Nutzung der Infrastruktur, erreicht. Weitere Chancen liegen in einer höheren Pünktlichkeit und einer Reduzierung des Energieverbrauchs. 3. Inwieweit engagiert sich die Freie und Hansestadt Hamburg bei der Umsetzung des Projekts „Digitale S-Bahn“? Als Partner des Gemeinschaftspilotprojekts „Digitale S-Bahn Hamburg“, das gemeinsam mit der Siemens AG sowie der Deutschen Bahn AG und der S-Bahn Hamburg GmbH betrieben wird, fördert die FHH die Digitalisierung der 23 km langen Strecke Richtung Bergedorf und die entsprechende Ausstattung von Fahrzeugen mit einer Fördersumme von 20 Millionen Euro. Darüber hinaus prüft die FHH derzeit, welche weiteren Maßnahmen zur Unterstützung des Roll-Outs durch die Deutsche Bahn AG ergriffen werden können. C. Harburger S-Bahn 1. Die Einführung einer zusätzlichen Linie S32 ist erst mit Verschwenkung und Verlängerung der S21 nach Kaltenkirchen, als Ersatz für die dann wegfallenden S21-Fahrten nach Elbaugstraße, sowie nach Schaffung der infrastrukturellen Voraussetzungen für eine dritte Linie im Abschnitt Hauptbahnhof – Harburg Rathaus möglich. Welche Angebotsverbesserungen sind bis dahin auf dem Harburger S-Bahn-Ast möglich, um die perspektivisch weiter steigende Nachfrage bedienen zu können? 2. Welche Angebotsausweitungen auf dem Harburger S-Bahn-Ast sind zum nächsten Fahrplanwechsel konkret geplant? Eine steigende Nachfrage kann in einem ersten Schritt durch eine Verstetigung der Betriebslage beziehungsweise vertragsgemäßen hohen Pünktlichkeit abgewickelt werden. Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2019 sind eine Ausweitung der Betriebszeiten der Linie S31 zwischen Harburg Rathaus und Neugraben durch die FHH sowie die Verlängerung von einzelnen Fahrten auf der Linie S3 von/bis Stade beziehungsweise Buxtehude zur Taktverdichtung in der Hauptverkehrszeit durch die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG) bestellt. Weitere Angebotsausweitungen zum Fahrplanwechsel im Dezember 2019 werden gegenwärtig geprüft. 3. Welche infrastrukturellen Voraussetzungen sollen für Einführung der zusätzlichen Linie S32 umgesetzt werden? Wie soll die Finanzierung erfolgen? Die infrastrukturellen Voraussetzungen umfassen den Einbau zusätzlicher Weichen und Signale sowie die notwendige Errichtung eines Elektronischen Stellwerks in Harburg . Des Weiteren sind zur gesicherten Energieversorgung der Bau zusätzlicher Gleichrichterwerke und eine Neuordnung der Stromspeiseabschnitte erforderlich. Hamburg strebt an, dass die Gesamtfinanzierung der Modernisierung aus Mitteln der sogenannten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) erfolgt, in der der Bund und die DB AG seit dem Jahr 2009 den qualitätsorientierten Erhalt der Schieneninfrastruktur regeln. Die LuFV ist ein Vertrag zwischen Bund und DB AG, an dem die FHH nicht direkt beteiligt ist. D. Baureihe 490 Die Neubaufahrzeuge der Baureihe 490 weisen noch zahlreiche Kinderkrankheiten auf, die vor allem auf der Linie S21, wo die neuen Fahrzeuge vornehmlich eingesetzt werden, zu einer schlechten Betriebsqualität führen. 1. Um welche Probleme mit der Baureihe 490 handelt es sich im Einzelnen ? Drucksache 21/17507 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Die Erprobung der neuen Fahrzeugbaureihe konnte aufgrund der herstellerverursachten Lieferverzögerung nicht, wie im Verkehrsvertrag zwischen der FHH und der S-Bahn Hamburg GmbH vereinbart, zum Dezember des Jahres 2018 abgeschlossen werden. Ein elektrischer Triebzug ist ein hochkomplexes System, sodass erfahrungsgemäß diverse Komponenten erst im Echtbetrieb Probleme aufzeigen. Konkret haben sich bei den Neufahrzeugen Störungen bei Displays für die Zugabfertigung , bei elektronischen Komponenten des Antriebs und Störungen an den Fahrgasttüren gezeigt. 2. Mit welchen Maßnahmen sollen diese abgestellt werden? Zur Beseitigung der fahrzeugseitigen Störungen erhalten die Züge ein Softwareupdate seitens des Herstellers, um die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge deutlich zu erhöhen. Die bereits umgerüsteten Fahrzeuge zeigen ein deutlich reduziertes Störungsverhalten . Die Störungen an den Türen resultieren im Wesentlichen aus der Funktionsweise der Türen, die aufgrund veränderter Sicherheitsvorgaben ein leicht verändertes Störungsverhalten aufweisen. Um Störungen an den Fahrgasttüren beziehungsweise der Lichtschranke der Türen zu verhindern, werden Markierungen an den Türen angebracht und die Fahrgäste zusätzlich über Lautsprecherdurchsagen, im Fahrgastfernsehen und über die sozialen Medien über die Funktionsweise der Türen informiert. Des Weiteren sind am Hauptbahnhof Sicherheitsmitarbeiterinnen und Sicherheitsmitarbeiter im Einsatz, die die Fahrgäste zusätzlich über die neue Türschließtechnik informieren. 3. Wie viele Fahrzeuge der Baureihe 490 sind aktuell ausgeliefert? 34 mit Stand 13.06.2019. 4. Bis wann sollen alle bislang bestellten 82 Fahrzeuge ausgeliefert sein? Der Hersteller Bombardier Transportation plant nach derzeitigen Stand eine Auslieferung von 72 Fahrzeugen bis Ende des Jahres 2019. Weitere zehn Fahrzeuge folgen anschließend im Jahr 2020. E. Bergedorfer S-Bahn 1. Welchen Planungsstand hat das Maßnahmepaket „Ertüchtigung Bergedorfer S-Bahn“ (vergleiche Drs. 21/12764)? Die Vorentwurfsplanung soll im Sommer des Jahres 2019 abgeschlossen werden. 2. Welche konkreten Maßnahmen zur Ertüchtigung der Bergedorfer S- Bahn wurden, sowohl im Rahmen des Maßnahmepakets „Ertüchtigung Bergedorfer S-Bahn“ als auch im Rahmen anderer Projekte, jeweils wann bereits umgesetzt? Die Inbetriebnahme eines voll signalisierten Weichentrapezes zwischen den Stationen Billwerder-Moorfleet und Tiefstack konnte bereits im Jahr 2018 abgeschlossen werden . Dies wird seitdem im Störungsfall zur Flexibilisierung der Betriebsführung genutzt. 3. Welche Maßnahmen zur Ertüchtigung der Bergedorfer S-Bahn stehen noch zur Umsetzung an? Welche zeitliche Perspektive wird für deren Umsetzung angestrebt? Wie sollen diese finanziert werden? Teilpakete umfassen die Neuordnung der Weichenverbindung zwischen Nettelnburg und Bergedorf, den Einbau zusätzlicher Weichen und Signale sowie den Umbau der Stromspeiseanlage im Bereich Hauptbahnhof. Die Zeitplanung kann erst nach Abschluss der Vorentwurfsplanung weiter konkretisiert werden. Die Gesamtfinanzierung der Modernisierung soll aus Mitteln der Leistungsund Finanzierungsvereinbarung (LuFV) sichergestellt werden. Im Übrigen siehe Antwort zu C. 3. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17507 5 4. Welche Vorteile ergeben sich aus den bislang umgesetzten Maßnahmen zur Ertüchtigung der Bergedorfer S-Bahn bei Betriebsunterbrechungen im Störungsfall und im Busersatzverkehr bei geplanten Betriebsunterbrechungen ? Durch Umbau der Stromspeiseanlage des Knotens Hauptbahnhof können während einer Störung im Hauptbahnhof Züge aus/in Richtung Bergedorf Aumühle ab/bis zur Station Berliner Tor verkehren. Durch den Einbau des Weichentrapezes im Bereich Billwerder-Moorfleet können Züge anstatt im Bahnhof Berliner Tor auch im Bahnhof Billwerder-Moorflett beginnen und enden, sodass bei geplanten Betriebsunterbrechungen sowie im Störungsfall länger reichende Teilbetriebe und damit kürzere Abschnitte im Schienenersatzverkehr oder Aufrechterhalten eines zumindest eingleisigen Betriebes auf den entsprechenden Abschnitten eingerichtet werden können.