BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17538 21. Wahlperiode 21.06.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Carl-Edgar Jarchow und Ewald Aukes (FDP) vom 14.06.19 und Antwort des Senats Betr.: Brennende E-Mobile – Ist Hamburg auf alles vorbereitet? In Deutschland wird die Elektromobilität zunehmend ausgebaut, weshalb inzwischen auch in Hamburg immer mehr Elektroautos und Elektrofahrräder auf den Straßen unterwegs sind.1 Doch bei Unfällen und im Brandfall bergen diese neue Herausforderungen und Gefahren, die auch Auswirkungen auf die Einsätze der Rettungskräfte haben.2 Nicht nur die Hochvoltsysteme, sondern auch die sich leicht selbst beziehungsweise wieder entzündenden hochstromfähigen Lithium-Ionen-Akkumulatoren stellen neue Herausforderungen für die Rettungskräfte dar.3 Problematisch ist insbesondere das sogenannte thermische Durchgehen, wobei eine bereits brennende Batterie- Zelle ihre Nachbarzellen aufheizt, bis diese ebenfalls anfangen zu brennen.4 Um dies erfolgreich zu verhindern, müssen hohe Mengen an Wasser verwendet werden, wobei oftmals nur durch Eintauchen in einen Behälter das Feuer erstickt und die Batterien ausreichend abkühlt und eine Neuentzündung verhindert wird. Aufgrund der starken Hitzeentwicklung kann es sein, dass Autos über mehrere Tage in einem solchen Container gekühlt werden müssen. Da diese in dieser Zeit nicht bewegt werden können, kann dies im Falle eines Unfalls auf der Autobahn bedeuten, dass über mehrere Tage die Autobahn an dieser Stelle blockiert ist.5 In Hamburg kann dies durch streckenweise nicht vorhandene Standstreifen zu einer erheblichen Einschränkung führen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Technische Entwicklungen in verschiedenen Bereichen führen zu fortlaufenden Anpassungsbedarfen der polizeilichen und nicht polizeilichen Gefahrenabwehr unter anderem auch der Einsatzplanungen- und Konzepte für alternative Antriebstechniken und Energien. Im Bereich der alternativen Antriebstechniken- und Energien zeigt sich aktuell eine sehr dynamische Entwicklung, sodass diese Thematik auch im Zuge der entsprechenden Bewertung und gegebenenfalls notwendigen Anpassung fortlaufend zu betrachten ist. 1 https://www.hamburg.de/bwvi/elektromobilitaet/. 2 „Hamburger Morgenpost“, 27. Mai 2019, Seite 14: „E-Bike geht in Flammen auf“; „Hamburger Morgenpost“, 23. Mai 2019, Seite 14: „Brennende Auto stellen Feuerwehr vor Probleme “. 3 https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Kaum-zu-loeschen-Wenn-E-Autos-Feuerfangen ,eauto128.html. 4 https://www.waz.de/region/rhein-und-ruhr/feuerwehren-im-ruhrgebiet-koennen-auch-eautos -loeschen-id216686587.html. 5 https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/E-Auto-Feuerwehrtestet -Badewanne-fuer-Autos,elektroauto392.html. Drucksache 21/17538 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie sind die Berufs- und freiwilligen Feuerwehren in Hamburg für den Brandfall eines Elektrofahrzeugs aufgestellt? a. Sind entsprechende Einsatzmittel und Schutzausrüstungen flächendeckend vorhanden? Die Brandbekämpfung von Fahrzeugbränden auch von Elektrofahrzeugen erfolgt mit den im Stadtgebiet flächendeckend vorgehaltenen Löschfahrzeugen unter Verwendung der universellen Feuerwehrschutzausrüstung. b. Wurden alle Rettungskräfte bereits entsprechend geschult, insbesondere auf die Gefahr der Neuentzündung der Batterien, mögliche austretende Säuren oder auch entstehende giftige Dämpfe und Kontaminationsgefahren durch verwendetes Lösch- und Kühlwasser ? Die Aus- und Fortbildung der Feuerwehr verfolgt grundsätzlich das Ziel, die Einsatzkräfte technisch und taktisch optimal auf die nicht polizeiliche Gefahrenabwehr vorzubereiten . Dies beinhaltet auch die Maßnahmen zur Brandbekämpfung an Fahrzeugen mit verbauten Traktionsbatterien. Fachtechnisch unterscheiden sich die hierbei durchzuführenden praktischen Grundtätigkeiten nicht wesentlich von der Durchführung der Brandbekämpfungsmaßnahmen wie sie bei anderen Objekten zur Anwendung kommen und die in der Feuerwehrausbildung grundlegend vermittelt werden. Weiterhin hält die Feuerwehrakademie Ausbildungshinweise und die Einsatzabteilung Einsatz-Taktik-Standards zum Thema „Alternative Antriebsarten“ vor. c. Wie erfolgt angesichts der zunehmenden Fahrzeugtypenvielfalt eine Information der Einsatzkräfte über fahrzeugspezifische Herausforderungen und Gefahren? Inwieweit ist die Leitstelle diesbezüglich geschult und eingebunden? Die Einsatzkräfte werden über Tagesanordnungen, Einsatz-Taktik-Standards und durch jährliche Schulungen informiert. Das Personal der Leitstelle ist durch Anlegen des Einsatzes und eine genaue Abfrage der Einsatzparameter eingebunden und nimmt ebenfalls an Schulungsmaßnahmen teil. 2. Sind Einsatzzeit, benötigtes technisches Gerät und erforderlicher Personaleinsatz bei solchen Einsätzen identisch mit anderen Fahrzeugbränden oder bedarf es hier eines deutlich erhöhten Aufwandes? Nach bisherigen Erkenntnissen kann noch nicht sicher eingeschätzt werden, ob sich bei elektrisch angetriebenen Fahrzeugen grundsätzlich der personelle und technische Aufwand im Zuge der Brandbekämpfungsmaßnahmen verändern wird. Da sich auf dem Sektor der alternativen Antriebe momentan eine erhebliche Entwicklung abzeichnet und Einsatzerfahrungen derzeit nur punktuell sind, ist das Einsatzgeschehen weiter zu beobachten und zu bewerten. a. Bei erhöhtem Bedarf: Sind für die Wehren, insbesondere im Zuständigkeitsbereich der Autobahnen, die entsprechenden zusätzlichen Bedarfe bei der Ressourcensteuerung und Kräftezuteilung berücksichtigt? Entfällt. b. Sollten die zentralen Kräfte zum Beispiel der Wache F32 im Bedarfsfall die weitere Brandbekämpfung übernehmen: In welchen Zeiträumen würde diese dafür jeweils angriffsfähig vor Ort eintreffen können? Die Einsatzkräfte der Technik- und Umweltwache, F32, sind nicht zur Brandbekämpfung vorgesehen. Die Brandbekämpfung erfolgt durch die Kräfte der Feuer- und Rettungswachen . Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17538 3 3. Wie wird der erhöhte Wasserbedarf zur Löschung und der längeren Kühlung antizipiert? Für den Löschwasserbedarf stehen verschiedene Löschwasserquellen zur Verfügung: Hydranten-System von HAMBURG WASSER, offene Gewässer, Fahrzeugtank der Löschfahrzeuge (1 600 l), Abrollbehälter-Wasser (AB-Wasser) (10 m³), befüllte Intermediate Bulk Container (IBC) (je 4 m³) auf den Gerätewagen-Rüst (GWR 3) der Freiwilligen Feuerwehr (FF), Wasserversorgungswehren der Freiwilligen Feuerwehr (FF). 4. Sind die Kapazitäten von Wasser- und weiteren Löschmitteln auf den Löschfahrzeugen in der Fläche ausreichend bemessen oder sind flächendeckend Hydranten in ausreichender Nähe unmittelbar erreichbar? Falls nein, sind eine entsprechende Anschaffung zusätzlicher mobiler Tankkapazitäten oder eine veränderte Planung für die Hydrantenvorhaltung geplant? Grundlage für die Löschwasserversorgung über das Rohrnetz der öffentlichen Trinkwasserversorgung ist das DVGW-Arbeitsblatt W 405. Die Feuerwehr Hamburg wird nicht direkt beim Ausbau des Wassernetzes und Aufstellung von Hydranten im öffentlichen Raum beteiligt. Im Rahmen der Beteiligung der Feuerwehr bei der Bauleitplanung nimmt die Feuerwehr lediglich grundsätzlich Stellung. Basis ist auch hier das Arbeitsblatt W 405. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. 5. Werden für oder bei den Wehren der Freien und Hansestadt Hamburg geeignete Tauchbehälter zum Kühlen von brennenden Elektrofahrzeugen vorgehalten? a. Wenn ja, in welchem Umfang und in welcher Zuordnung und in welcher Dislozierung? Nein. b. Wenn nein, ist eine Vorhaltung in unmittelbarer Zukunft geplant und in welchem Umfang und in welcher Dislozierung? Nein. 6. Gibt es im Brandfall auf den Bundesautobahnen entsprechende Sicherheitskonzepte , insbesondere in Bezug auf Abstellplätze für Tauchbehälter ? a. Sind dafür die Zuständigkeiten und Kostenverantwortlichkeiten mit dem Bund gesondert geregelt? b. Wenn ja, gibt es dabei klare Regelungen für Prävention und Bewältigung von Umweltfolgeschäden durch Kontaminationen? Es gibt es keine gesonderten Sicherheitskonzepte für Bundesautobahnen, insbesondere nicht in Bezug auf Abstellplätze für Tauchbehälter. 7. Gibt es Sicherheitsvorkehrungen an Parkplätzen mit Ladestationen, beispielsweise eine Vergrößerung des Abstandes zu anderen Parkplätzen zur Vermeidung schnellen Übergreifens im Brandfall? Nein. Das Risiko eines Übergreifens im Brandfall entspricht grundsätzlich dem allgemeinen Risiko bei Fahrzeugbränden. 8. Welche Vorkehrungen hat die Freie und Hansestadt Hamburg getroffen, um für den Fall von Bränden von Elektrofahrzeugen im öffentlichen Drucksache 21/17538 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Raum und auf privaten Flächen ohne Auffangsysteme und Rückhaltebecken dennoch den Auffang, die Sicherung und die weitere fachgerechte Entsorgung von gegebenenfalls Zehntausenden Litern kontaminierten Lösch- und Kühlwassers sicherzustellen? Welche weiteren Maßnahmen werden dafür noch für die Zukunft geplant? Das auf öffentlichen Flächen eingesetzte Löschwasser wird bei solchen Bränden wie grundsätzlich bei allen Bränden dem Abwassersystem der Stadt zugeführt. Gegebenenfalls werden bei kontaminiertem Löschwasser nach Lagebewertung im Einzelfall Maßnahmen eingeleitet. 9. Mit welchen Kostenrisiken für die öffentliche Haushalte rechnet der Senat für die nähere Zukunft durch Fälle von Haftungsausfällen bei Bränden von Elektrofahrzeugen, in denen die Kosten für die Sicherung und Umweltfolgeschäden durch Kontaminationen die Haftpflichthöchstsummen von Fahrzeughaltern deutlich übersteigen? Wie gedenkt der Senat hierauf gegebenenfalls zu reagieren? Mit den Kostenrisiken für die öffentlichen Haushalte hat sich der Senat noch nicht befasst.