BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17599 21. Wahlperiode 28.06.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein und Carl-Edgar Jarchow (FDP) vom 20.06.19 und Antwort des Senats Betr.: Islam-Staatsvertrag – Wie ist der Stand der Umsetzung? Bereits in dem Antrag der FDP-Bürgerschaftsfraktion vom 10.01.2017 wurde der Senat aufgefordert, zu klären, inwieweit die Verhaltensweisen des IZH und anderer Vertragspartner den Regelungen der im Jahr 2013 verkündeten Vereinbarung entgegenstehen.1 Bisher hat der Senat keine Konsequenzen aus dem Verhalten der Vertragspartner gezogen und dies, obwohl das Islamische Zentrum als Mitglied der SCHURA regelmäßig am sogenannten Al- Quds-Tag in Berlin mit antiisraelischen Demonstrationen teilnimmt. Außerdem bleibt der weitere Vertragspartner DITIB eng mit der türkischen Regierung und der Religionsbehörde Diyanet verbunden. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Verbindungen von DITIB zum türkischen Staat sowie die Ausrichtung des IZH waren bereits beim Abschluss der Verträge bekannt (vergleiche Drs. 20/4886). Senat und Bürgerschaft hatten dies mit dem Nutzen schriftlicher Verträge als Grundlage für eine Zusammenarbeit im Sinne der Integration abzuwägen. Damit war und ist keinerlei Einschränkung der Beobachtungen und Maßnahmen der Sicherheitsbehörden gegenüber verfassungsfeindlichen Bestrebungen verbunden (vergleiche Drs. 21/14001). Dies vorausgeschickt beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung des Islam-Staatsvertrages in Bezug auf die Themen Bildung und Hochschulbildung? a. Durch welche Maßnahmen sind die in der Protokollerklärung zu Artikel 5 des Staatsvertrages angestrebten Ziele bisher umgesetzt worden? b. Gibt es derzeit Probleme oder unterschiedliche Interpretationen im Hinblick auf die Zielsetzungen die Bildung und Hochschulbildung betreffend? Wenn ja, welche und von welchem Vertragspartner? Derzeit gibt es keine Meinungsverschiedenheiten grundsätzlicher Art. Die mit der Reform der Lehrerbildung und den Anforderungen an eine Weiterentwicklung des Religionsunterrichts für alle verbundenen Veränderungen werden zwischen den Partnern besprochen. Im Übrigen siehe Drs. 21/8701. 2. Welche Ziele zum Thema Religionsunterricht verfolgt der Senat? 1 Vergleiche Antrag Drs. 21/7510 vom 10.01.2017, „Islam-Staatsvertrag auflösen – Vertragsbruch muss Konsequenzen haben“. Drucksache 21/17599 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 a. Wie sind seit Inkrafttreten des Staatsvertrages Schulpraxis, Didaktik und Rahmenpläne, Lehrerbildung und -zulassung sowie der institutionelle Rahmen für den Religionsunterricht nach Artikel 7 Absatz 3 GG konkret weiterentwickelt worden?2 b. Welche Arbeitsgruppe mit Vertretern von zuständigen Behörden und Religionsgemeinschaften kam zu welchen Ergebnissen? Wie wurden diese Ergebnisse bisher umgesetzt? Die Pilotierung der für den Religionsunterricht von den beteiligten Religionsgemeinschaften entwickelten Didaktik wird von der für Bildung zuständigen Behörde weitergeführt . In den Gremien der Religionsgemeinschaften werden Rahmenpläne für den Religionsunterricht entwickelt. Im Schuljahr 2019/2020 wird ein Pilotprojekt starten, das von der für Bildung zuständigen Behörde, dem Erzbistum Hamburg und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland verantwortet wird. Dabei soll geprüft werden, ob eine evangelisch-katholische Kooperation in einem trägerpluralen, dialogischen Religionsunterricht in gemischt-konfessionellen Lerngruppen realisiert werden kann. Gastweise wird das Erzbistum deshalb auch Vertreter in die Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung des Religionsunterrichts für alle entsenden. Im Übrigen siehe Drs. 21/16601, 21/13109, 21/10132, 21/9101, 21/2582 und 20/12206. c. Macht sich der Einfluss der türkischen Regierung und durch Diyanet in der Zusammenarbeit mit DITIB in Hamburg bemerkbar? Wenn ja, inwiefern und geht der Senat davon aus, dass DITIB trotzdem staatlicher Partner im Rahmen des Religionsunterrichts an Schulen sein kann? Wenn nein, warum nicht? Die für Bildung zuständige Behörde ist in der Zusammenarbeit mit dem Landesverband DITIB-Nord bislang nicht mit Forderungen oder Haltungen konfrontiert worden, die erkennbar durch politische Zielsetzungen der türkischen Regierung motiviert waren bzw. dazu dienten, politische Ziele der türkischen Regierung zu unterstützen. Die drei muslimischen Verbände (DITIB-Nord, SCHURA Hamburg und VIKZ) haben sich in den mit ihnen abgeschlossenen Verträgen zum „Religionsunterricht für alle“ bekannt (vergleiche Drs. 20/5830) und arbeiten an dessen Weiterentwicklung mit (vergleiche Drs. 21/16601). In den diesbezüglichen Gremien ist die muslimische Seite durch alle drei Verbände vertreten. In der gemischten Kommission der islamischen Religionsgemeinschaften mit der für Bildung zuständigen Behörde erklären die drei Gemeinschaften gemeinsam die Übereinstimmung des Religionsunterrichts mit ihren Grundsätzen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Welche Gespräche führt beziehungsweise hat der Senat mit den Vertragspartnern geführt? a. Haben der Erste Bürgermeister, seine Senatoren, Staatsräte und/ oder andere Vertreter der Freien und Hansestadt Hamburg an Gesprächen seit Mai 2017 mit den Vertragspartnern beziehungsweise Unterorganisationen teilgenommen? b. Wenn nein, warum nicht? c. Wenn ja, mit welchen Vertragspartnern beziehungsweise Unterorganisationen und wann fanden diese Gespräche statt (Datum und Dauer der Gespräche)? Wer waren die Teilnehmer aufseiten der Freien und Hansestadt Hamburg? d. Wenn ja, welche Themen wurden besprochen? Siehe Anlage sowie Drs. 21/9106, 21/10401, 21/11794 und 21/13288. 4. Welche weiteren Gespräche werden der Erste Bürgermeister, seine Senatoren, Staatsräte und/oder andere Vertreter der Freien und Hanse- 2 Vergleiche Protokollerklärung zu Artikel 6 Absatz 1 des Staatsvertrages. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17599 3 stadt Hamburg in welchem Zeitrahmen zukünftig mit den Vertragspartnern des Islam-Staatsvertrages beziehungsweise ihren Unterorganisationen führen? Welche Themen sollen besprochen werden? Siehe Drs. 21/8833 und 21/10401. 5. Welche Neubewertung der Gesamtlage, den Staatsvertrag betreffend, hat der Senat bisher vorgenommen? a. Zu welchem Ergebnis in Bezug auf die Vertragspartner DITIB sowie SCHURA und das IZH als Mitglied der SCHURA kommt der Senat? b. Warum liegt aus Sicht des Senats bisher keine Notwendigkeit für Änderungen oder für eine Loslösung des Islam-Staatsvertrages vor? Siehe Vorbemerkung. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst. Drucksache 21/17599 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage Gespräch am Verband Teilnehmer Verband Teilnehmer FHH Thema Dauer (ca.) 23.11.2017 Alevitische Gemeinde Gemeindevertreter Sprinkenhof GmbH, Abteilungsleitung kaufmännisches Immobilienmanagement Mietvertragsangelegenheiten 2 Std. 11.07.2018 SCHURA VIKZ SCHURA: - Vorstand VIKZ - Vorstand BASFI: Amtsleitung Stellvertretende Referatsleitung Fachreferent/- in BSB: Fachreferent Möglichkeiten der Ertüchtigung / Professionalisierung der Kompetenzen von Moscheegemeinden 2 Std. 18.10.2018 SCHURA Vorstandsmitglied Schura S-BWFG und Referent Akademie der Weltreligionen 45 min. 06.11.2018 Alevitische Gemeinde Vertreter Alevisitsche Gemeinde SV-BWFG und Büroleiter Akademie der Weltreligionen und Lehramtsausbildung / Alevitische Theologie 1 Std. 23.01.2019 SCHURA Vorstandsmitglieder SCHURA SK: Staatsrat, Referent Antrittsbesuch des SCHURA- Vorstandes beim neuen Staatsrat 1 Std. 21.02.2019 Muslimische Verbände Vorstandsmitglieder (SCHURA, DITIB, VIKZ) SK: Abteilungsleiterin und Referent Allgemeiner Austausch 1 Std. 27.02.2019 DITIB Gemeinde DITIB Türkisch Islamische Gemeinde zu Kirchdorf e.V. Neue Moschee ‐ Vorsitzender ‐ Weitere Vertreter BSW: Abteilungsleitung , Vertreterin Projektgruppe Sprung über die Elbe Konzept für eine Moschee mit weiteren kulturellen Einrichtungen in Wilhelmsburg 1,5 Std. 07.04.2019 Alevitische Gemeinde Gemeindevertreter Präses der Finanzbehörde Mietvertragsangelegenheiten 1 Std. 10.04.2019 örtliche Gemeinden und Verbände , tlw. bei DITIB organisiert Gemeindevertreter BWVI: Referatsleitung Referent In Verbindung mit den Planungen der A 26 Ost (Hafenpassage Hamburg ) bestehen Kontakte zu Vertretern verschiedener islamischer Gemeinden , da es im Verlauf der möglichen Trasse eine projektbezo- 2 Std. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17599 5 Gespräch am Verband Teilnehmer Verband Teilnehmer FHH Thema Dauer (ca.) gene Betroffenheit eines muslimischen Gräberfeldes im Friedhof Finkenriek gibt. 18.04.2019 IZH Leiter Dialogabteilung IZH SK: Abteilungsleiterin , Referent Al-Quds-Tag 1 Std. 26.04.2019 DITIB Gemeinde DITIB Türkisch Islamische Gemeinde zu Kirchdorf e.V. Neue Moschee ‐ Vorsitzender ‐ Weitere Vertreter BSW: Abteilungsleitung , Vertreterin Projektgruppe Sprung über die Elbe SK: Referent LIG: Referent Konzept für eine Moschee mit weiteren kulturellen Einrichtungen in Wilhelmsburg 1,5 Std. 03.05.2019 Örtliche Gemeinden und Verbände , tlw. bei DITIB organisiert Gemeindevertreter Amtsleitung Verkehr und Straßenwesen , Referatsleitung , Referent BWVI Vgl. 10.04.2019. Am 03.05.19 wurde in Anwesenheit von Vertretern der Gemeinschaften der Grundstein für eine muslimische Trauerhalle gelegt . 2 Std. 14.05.2019 SCHURA SCHURA- Vorstand SK: Staatsrat und Referent BASFI: Staatsrätin Antrittsbesuch des neu gewählten SCHURA- Vorstandes 1 Std. 19.06.2019 BIG e.V. Vorstand Projektleitungen BASFI: Abteilungsleitung , Referatsleitungen , Fachreferent /- innen Vorstellung des neuen Vorstandes Aktuelle Themen und Diskussion innerhalb des BIG sowie in den Gemeinden . 1,5 Std. 20.06.2019 SCHURA SCHURA: Vorstand BASFI: Abteilungsleitung Referatsleitung Fachreferent/- in Vorstellung des neuen Vorstandes Aktuelle Themen und Diskussion innerhalb der SCHURA sowie in den Gemeinden. 1,5 Std. Im Bereich der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) finden über die in der Tabelle genannten Einzelgespräche als reguläre Gremiensitzungen die vier- bis sechsmal jährlich stattfindenden Plena des Beratungsnetzwerks „Prävention und Deradikalisierung“ und Gespräche zu den Fach- und Projektthemen im Themenfeld „Prävention von religiös begründetem Extremismus und antimuslimischer Diskriminierung “ statt. Die BASFI führt über die in der Tabelle genannten themenbezogenen Einzelgespräche auch Veranstaltungen unter Beteiligung der Vertragspartner durch. Vertreter der für Bildung zuständigen Behörde nehmen regelmäßig an den Sitzungen der Gremien teil, die entsprechend der Protokollnotiz zu Art. 6 Abs. 1 des Vertrags eingerichtet wurden, namentlich den Sitzungen der „Arbeitsgruppe zur Weiterentwick- Drucksache 21/17599 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 lung des Religionsunterrichts für alle“ einschließlich der Unterarbeitsgruppen sowie der „Gemischten Kommission BSB / Islamische Religionsgemeinschaften“. Gegenstand der Gespräche sind alle Fragen und Prozesse, die für die Weiterentwicklung des Religionsunterrichts für alle relevant sind. Im Übrigen siehe Drs. 21/13288 und 21/13154. Darüber hinaus gab es Kontakte ohne Besprechungscharakter, z.B. Empfänge zum Fastenbrechen. Informelle Kontakte auf Arbeitsebene, z.B. durch bürgernahe Beamte, werden nicht zentral erfasst und lassen sich nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand rekonstruieren.