BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17622 21. Wahlperiode 02.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 24.06.19 und Antwort des Senats Betr.: Überlastung der Justiz – Teils jahrelange Freistellung bei vollen Bezügen (II) Sind Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes verdächtig, im Rahmen ihrer Amtsführung Straftaten begangen zu haben, führt dies bei Angestellten regelmäßig zu einer fristlosen beziehungsweise ordentlichen Kündigung während Beamte in der Regel bis zum Abschluss des Ermittlungs- und/oder Disziplinarverfahrens vom Dienst freigestellt werden. Während ihrer Freistellung erhalten die Beamten ihre vollen Bezüge weiter. Die Überlastung der Justiz rächt sich insbesondere dann, wenn die Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren gegen Beamte einleitet. Wie die Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/13139 ergab, gibt es zahlreiche Ermittlungs- und Gerichtsverfahren, unter anderem wegen des Verdachts von Korruption, Untreue oder Erpressung, die sich über Jahre hinziehen . Zwischen 2013 und Mai 2018 wurde gegenüber 66 Beamten ein Verbot zur Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 BeamtStG ausgesprochen und zahlreiche Beamte wurden gemäß § 37 HmbDG vorläufig ihres Dienstes enthoben . In zu vielen Fällen dauerte dieser Zustand bis zu drei Jahre an und teilweise sogar darüber hinaus. Dies ist sowohl für die redlichen Kollegen als auch für den Steuerzahler nur schwer verständlich. Auch wenn Hamburgs Staatsanwaltschaft und Strafgerichte extrem belastet sind, müssen diese Verfahren dringend schneller bearbeitet werden. Nur dann können die Stellen, wenn erforderlich, auch zügig nachbesetzt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Durchführung der Ermittlungs- und Gerichtsverfahren liegt in der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaften und Gerichte. Im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit obliegt die Art und Dauer der Verfahrensführung sowie die Priorisierung der gerichtlichen Verfahren allein den Gerichten. Ob sich ein Verfahren gegen eine Bedienstete oder einen Bediensteten der Freien und Hansestadt Hamburg richtet, wird im Vorgangsverwaltungs- und -bearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft nicht gespeichert. Benachrichtigungen der Dienstvorgesetzten/Behördenleitungen nehmen die Staatsanwaltschaften nach Maßgabe der Nummern 15 und 16 der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen regelmäßig erst zum Ende eines Ermittlungsverfahrens – nicht bereits bei der Einleitung – vor. Drucksache 21/17622 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die mit den Fragen 1. a., 2. (bezogen auf 1. a.) und 3. bis 7. erfragten Daten werden nicht zentral erfasst. Die Antworten basieren daher auf einer aus Anlass dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage bei den Behörden und Ämtern durchgeführten Abfrage. Es wurden in den Anlagen nur die Behörden und Ämter aufgeführt, die entsprechende Fälle gemeldet haben. Bei über 80 000 Beschäftigungsverhältnissen in der hamburgischen Verwaltung handelt es sich insgesamt um sehr geringe Fallzahlen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hat sich die Anzahl der a. vom Dienstherrn ausgesprochenen Verbote zur Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 BeamStG i.V.m. § 48 HmbBG, b. vorläufigen Dienstenthebungen gemäß § 37 HmbDG im Jahr 2018 sowie im ersten Halbjahr 2019 entwickelt? Bitte unter Angabe der jeweils betroffenen Behörde/des betroffenen Amtes angeben . 2. Wie lange dauerten die unter 1. a. und b. genannten Maßnahmen jeweils an? Bitte gegebenenfalls in Zeitspannen null bis sechs Monate, sechs Monate bis ein Jahr, mehr als ein Jahr angeben. Zu Fragen 1. a. und 2. (bezogen auf 1. a.): Siehe Anlage 1. Zu Fragen 1. b. und 2. (bezogen auf 1. b.): Im Jahr 2018 gab es keine vorläufigen Dienstenthebungen nach § 37 Hamburgisches Disziplinargesetz (HmbDG). In 2019 wurden jeweils eine Person aus dem Bereich der Behörde für Inneres und Sport (BIS) – Polizei – und eine Person aus dem Bereich der Bezirksverwaltung vorläufig des Dienstes enthoben. Die erstgenannte Dienstenthebung fällt in die Kategorie null bis sechs Monate, die zweite Dienstenthebung fällt derzeit ebenfalls in die Kategorie null bis sechs Monate, dauert aktuell aber an. 3. In wie vielen Fällen der vorläufigen Dienstenthebungen gemäß § 37 HmbDG wurde gleichzeitig eine angezeigte Nebentätigkeit versagt? In keinem Fall. 4. Welche der in Drs. 21/13139 betreffend Ziffer 2. dargelegten Verfahren sind mittlerweile abgeschlossen? Welche Verfahren dauern noch fort und warum sind diese immer noch nicht abgeschlossen? Von den dargelegten Verfahren nach § 39 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) konnten aus dem Jahr 2013 eins bei der Feuerwehr und zwei bei der Polizei, aus dem Jahr 2014 eins bei der Feuerwehr und eins bei der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) und aus dem Jahr 2017 eins bei der Feuerwehr bisher nicht abgeschlossen werden, weil in einem Fall die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, in drei Fällen die Strafverfahren, in einem Fall das Disziplinarverfahren und in einem Fall das Entlassungsverfahren noch nicht (rechtskräftig) abgeschlossen sind. Von den dargelegten Verfahren nach § 37 HmbDG sind aus dem Jahr 2014 eins bei der Justizbehörde und eins bei der Polizei, aus dem Jahr 2016 eins bei der Justizbehörde und eins bei der BSB und aus dem Jahr 2017 eins bei der BSB – in drei Fällen wegen laufender Strafverfahren und in zwei Fällen wegen laufender gerichtlicher Disziplinarverfahren – noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen sind die dargelegten Verfahren abgeschlossen. 5. Wie hat sich die Anzahl der arbeitgeberseitig ausgesprochenen Kündigungen von Tarifbeschäftigten wegen (des Verdachts) einer Straftat im Rahmen der Amtsausübung im Jahr 2018 sowie im ersten Halbjahr 2019 entwickelt? Bitte unter Angabe der jeweils betroffenen Behörden und Ämter, differenziert nach fristlosen und fristgemäßen Kündigungen, darstellen . Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17622 3 Im Jahr 2018 wurden insgesamt acht außerordentliche Kündigungen ausgesprochen, davon fünf durch das Bezirksamt Eimsbüttel, eine durch die BSB und zwei durch die Finanzbehörde. Im Jahr 2019 wurde bisher (Stand 24.06.2019) eine außerordentliche Kündigung durch die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration ausgesprochen . 6. Gegen wie viele Bedienstete und Beschäftigte der Freien und Hansestadt Hamburg hat die Staatsanwaltschaft im Jahr 2018 und bislang in 2019 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von in Ausübung ihrer Tätigkeit begangenen Straftaten eingeleitet? Bitte pro Jahr unter Angabe der betroffenen Behörde/des betroffenen Amtes und des jeweiligen Tatvorwurfs darstellen. Siehe Anlage 2. 7. Gegen wie viele Bedienstete und Beschäftigte der Freien und Hansestadt Hamburg hat die Staatsanwaltschaft im Jahr 2018 und bislang in 2019 Anklage wegen des Verdachts von in Ausübung ihrer Tätigkeit begangenen Straftaten erhoben? Bitte pro Jahr unter Angabe der betroffenen Behörde/des betroffenen Amtes und des jeweiligen Tatvorwurfs darstellen. Siehe Anlage 3. 8. Gemäß § 24 BeamtStG verliert ein Beamter, der rechtskräftig wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder wegen eines in § 24 Absatz 1 Nummer 2 BeamStG genannten Delikts zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wird, seinen Beamtenstatus. Wie viele derartige Fälle gab es seit dem 22.05.2018? Bitte pro Jahr unter Angabe der betroffenen Behörde/des betroffenen Amtes und des jeweiligen Delikts darstellen. Von dem Verlust der Beamtenrechte waren jeweils betroffen: In 2018 eine Person (Technische Universität Hamburg – Delikte nach § 266 Absätze 1 und 2, § 263 Absatz 3 Nummer 1, § 267 Absätze 1 und 3 Nummern 1, 2 und 4 StGB). In 2019 2 Personen (BIS Polizei – Delikte nach § 132, § 242 Absatz 1, § 243 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3, § 244 Absatz 1 Nummer 1b, § 244a Absatz 1, § 267 Absatz 1, § 332 Absatz 1 Satz 1, § 335 Absatz 1 Nummer 1a und Absatz 2 Nummer 3, § 22, § 23 Absatz 1, § 25 Absatz 2, § 27 Absatz 1, § 52 und § 53 StGB und BIS Feuerwehr – Delikte nach § 242, § 243 Absatz 2 Nummer 3, § 263 Absatz 1 und 3 Nummer 1, § 267 Absätze 1 und 3 Nummer 1 StGB). Ja h r d er Ei n l e it u n g d er M aß n ah m e G e sa m t 2 0 1 8 G e sa m t 2 0 1 9 d av o n d av o n D au er b is 6 M o n . 6 M o n . b is 1 J ah r > 1 J ah r b is 6 M o n . B ez ir ks am t H am b u rg -N o rd 2 2 Ju s t iz b eh ö rd e e in sc h l. J u st iz vo llz u g u n d G er ic h te 4 1 2 1 2 2 P o liz ei 2 2 2 2 Fi n an zb eh ö rd e (m it a lle n La n d es b et ri eb en u n d d er St e u er ve rw al tu n g) 1 1 ge sa m t: 7 2 4 1 6 6 Fa ch b e h ö rd e / B e zi rk sa m t / La n d e sb e tr ie b / H o ch sc h u le M aß n ah m e n n ac h § 3 9 B e am tS tG 2 0 1 8 0 1 .0 1 . b is 2 4 .0 6 .2 0 1 9 d av o n Drucksache 21/17622 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage 1 Pe rs on al am t 2 2x § 3 31 S tG B Be zir ks am t H am bu rg -N or d * 5 26 2x § § 33 1, 3 57 S tG B, 2 6x § 3 31 S tG B, 1 x § § 33 2, 33 3, 53 S tG B, 2 x §§ 3 32 A bs . 1 , A bs . 3 N r. 2, 2 5 Ab s. 2, 5 3 St GB Ju st izb eh ör de e in sc hl . J us tiz vo llz ug ** 1 5 1 x § 3 53 b St GB , 1 x § 33 2 Ab s. 1 S. 1 , 3 35 A bs . 1 , A bs . 2 N r. 3 St GB , 4 x § 18 A bs . 1 N r. 1b A W G i.V .m . A rt . 2 A bs . 1 u nd 2 d er Ve ro rd nu ng (E G) 8 81 /2 00 2 so w ie i. V. m . A nh an g I z u Ar t. 2 EG - VO 8 81 /2 00 2 Be hö rd e fü r S ch ul e un d Be ru fs bi ld un g 3 9 1x § 2 39 S tG B, 2 x § § 22 3, 3 40 S tG B, 1 x §§ 2 67 A bs . 1 3 . A lt. , 27 9 St GB , 1 x § 1 84 i S tG B, 1 x § § 22 3, 3 40 S tG B, 6 x § 3 32 S tG B Un iv er sit ät H am bu rg 1 § 20 1A bs . 1 N r. 1, A bs . 3 S tG B Be hö rd e fü r A rb ei t, So zia le s, Fa m ili e un d In te gr at io n 2 1x § 1 66 S tG B, 1 x § 2 41 S tG B Fi na nz be hö rd e (m it al le n La nd es be tr ie be n un d de r S te ue rv er w al tu ng ) 1 3 1x § 3 32 A bs . 1 S tG B, 3 x § 3 44 S tG B ge sa m t: 14 44 *V er fa hr en , d ie zu A nk la ge n ge fü hr t h ab en , w ur de n au ss ch lie ßl ich zu r F ra ge 7 e rfa ss t ** E in e st at ist isc he E rfa ss un g de r F äl le fi nd et n ich t s ta tt . D ah er h an de lt es si ch b ei d en A ng ab en u m d ie im R ah m en v on d ie ns tr ec ht lic he n M aß na hm en b ek an nt g ew or de ne n Ve rfa hr en . Ta tv or w ür fe An za hl d er e in ge le ite te n Er m itt lu ng sv er fa hr en Fa ch be hö rd e / B ez irk sa m t / H oc hs ch ul e 20 18 01 .0 1. b is 24 .0 6. 20 19 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17622 5 Anlage 2 P e rs o n al am t 1 §§ 3 3 2 A b s. 1 , 3 3 2 A b s. 1 S . 1 , 3 5 7 , 5 3 S tG B B ez ir ks am t H am b u rg -N o rd 7 1 x § 3 3 1 , 2 x § 3 3 2 , 2 x §§ 3 3 1 , 3 5 7 , 5 3 , 1 x §§ 3 3 2 , 3 3 6 , 3 5 7 , 5 3 , 1 x §§ 3 3 2 , 3 3 3 , 3 5 7 S tG B B ez ir ks am t W an d sb ek 1 §§ 2 6 6 A b s. 1 2 . A lt ., A b s. 2 iV m 2 6 3 A b s. 3 N r. 1 u n d 4 , 5 3 S tG B Fi n an zb eh ö rd e 1 § 3 3 2 A b s. 1 S tG B ge sa m t: 3 7 Fa ch b eh ö rd e / B ez ir ks am t 2 0 1 8 0 1 .0 1 .b is 2 4 .0 6 .2 0 1 9 Ta tv o rw u rf A n za h l d er A n kl ag ee rh eb u n ge n Drucksache 21/17622 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Anlage 3 17622ska_Text 17622ska_Anlagen 17622ska_Antwort_Anlage1 17622ska_Antwort_Anlage2 Tabelle1 17622ska_Antwort_Anlage3