BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17643 21. Wahlperiode 02.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 25.06.19 und Antwort des Senats Betr.: Linkshändigkeit an Hamburgs Schulen Ging man früher noch davon aus, dass in etwa jeder Zehnte Linkshänder ist, gehen Wissenschaftler heute von fast jedem Fünften aus. Doch obwohl es offenbar deutlich mehr Linkshänder gibt als früher gedacht, herrscht noch viel Unsicherheit. Dabei müssen gerade Lehrkräfte in Grundschulen für das Thema sensibilisiert sein. Denn Kinder, die kontraintuitiv ihre eigentlich schwächere Hand gebrauchen müssen, entwickeln oftmals Sprachprobleme und Lernschwierigkeiten, wie Stottern, schlechte Feinmotorik oder Lese- und Rechtschreibschwächen. Die Folgen sind oft auch im Erwachsenenalter noch klar zu sehen – bis hin zu deutlich geringerem Selbstbewusstsein und auch Depressionen. In einer Broschüre1 der Behörde für Schule und Berufsbildung heißt es, dass Eltern, die im Unklaren sind, ob ihr Grundschulkind Linkshänder ist oder nicht, mit der Lehrkraft und/oder dem Schularzt das Gespräch suchen sollten. Gefordert sind jedoch in besonderer Weise auch die Lehrkräfte, Linkshändigkeit zu erkennen und damit entsprechend umzugehen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wird das Thema Linkshändigkeit im Lehramtsstudium thematisiert und wenn ja, inwiefern und in welchem Umfang? Nach Angaben der Universität Hamburg wird im Bereich „Fachdidaktische Grundlagen Sprache (FDGS)“ in Vorlesungen und Seminaren zum „Schreiben Lernen“ auf die Besonderheiten bei Linkshändigkeit hingewiesen. Im Bereich der Sportdidaktik wird im Rahmen der Ausbildung darauf hingewiesen, dass auf Linkshänderinnen und Linkshänder Rücksicht genommen werden muss. Übungen et cetera müssen dabei seitens der Lehrkräfte auch beidseitig vorgeführt werden. 2. Wird das Thema Linkshändigkeit in Fortbildungen für Lehrkräfte thematisiert und wenn ja, inwiefern und in welchem Umfang? „Linkshändigkeit“ wird in den jahres- und praxisbegleitenden Fortbildungsreihen für die Lehrkräfte der Jahrgänge 1 und 2 regelhaft thematisiert und fallorientiert beraten. 3. Wird das Thema Linkshändigkeit in der Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher in Kindertagesstätten thematisiert? Wenn ja, inwiefern und in welchem Umfang? 1 Vergleiche: https://www.hamburg.de/contentblob/64534/ aaf93f1fc9908f6eac60ba343470b38a/data/bbs-br-zum-schulanfang.pdf, abgerufen am 25.06.2019. Drucksache 21/17643 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Linkshändigkeit wird in der Regel im Rahmen des Faches „Entwicklung und Bildung“ bei der Thematisierung der motorischen Entwicklung im Unterricht behandelt. 4. Gibt es in Hamburg spezielle Beratungsangebote für Eltern von linkshändigen Kindern beziehungsweise für Eltern, die vermuten, dass ihr Kind linkshändig ist? Wenn ja, welche? Auf Zuweisung eines Arztes können Beratungen in ergotherapeutischen Praxen, die sich auf Linkshändigkeit spezialisiert haben, in Anspruch genommen werden. Zu den schulischen Beratungsangeboten siehe Antwort zu 6. 5. Wird bei der Schuleingangsuntersuchung oder bei der Schulanmeldung das Thema Linkshändigkeit thematisiert und darauf von Seiten der Ärzte beziehungsweise Lehrkräfte geachtet? Wenn ja, inwiefern? Das Thema Linkshändigkeit ist Bestandteil der Schuleingangsuntersuchung. Bei Linkshändigkeit werden die Sorgeberechtigten zu den damit verbundenen besonderen ergonomischen Voraussetzungen beim Schreibenlernen ihres Kindes beraten. In der Mitteilung an die Schule wird die Linkshändigkeit vermerkt, damit auch diese sich auf die speziellen Anforderungen des Kindes zur Sicherung des Schulerfolges einstellen kann. 6. Wie wird an Hamburgs Schulen mit dem Thema Linkshändigkeit praktisch umgegangen? Gibt es spezielle Regularien, die die Lehrkräfte bei Linkshändigkeit beachten müssen, zum Beispiel in Bezug auf das Schreibenlernen mit der linken Hand von links nach rechts oder auch in Bezug auf die Sitzordnung? Wenn ja, welche Regularien sind das und wo sind sie formuliert? Der Deutschunterricht der Grundschule hat unter anderem zum Ziel, dass jedes Kind eine individuelle lesbare und flüssige Handschrift entwickelt (Bildungsplan Grundschule Deutsch, 2011, Seite 13 folgende, https://www.hamburg.de/contentblob/2481792/ b1b3f7d8b4f4976d27d1fdf6ea7e9d2c/data/deutsch-gs.pdf). Grundlage der darauf gerichteten Förderung ist die individuelle Lernausgangslage und -entwicklung jeder Schülerin und jedes Schülers. Spezifische Merkmale wie Linkshändigkeit sind demnach zu berücksichtigen und es sind passende Lernangebote zu unterbreiten. Der Bildungsplan Deutsch für die Grundschule enthält Beobachtungskriterien und Regelanforderungen zu grafomotorischen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler, die verdeutlichen, dass die Entwicklung der Handschrift und der schreibmotorischen Fähigkeiten die gesamte Grundschulzeit über im Fokus bleiben: Unverkrampfte Stiftführung , klare Buchstabenform, flüssige und gut lesbare Handschrift und Lesbarkeit der Handschrift für andere (Bildungsplan Grundschule Deutsch, 2011, Seite 18 fortfolgende ). Das Thema „Handschrift“ wurde im Jahr 2017 auf der Landesfachkonferenz Deutsch für die Grundschule eingehend unter Hinzuziehung von Experten erörtert. Neben grundlegenden Fragen und Empfehlungen – zum Beispiel bezüglich einer günstigen Stift- und Sitzhaltung und grafomotorischer Schriftbilddiagnostik – wurden auch die Besonderheiten des linkshändigen Schreibens thematisiert und entsprechende Empfehlungen ausgesprochen. Hierzu gehörten beispielsweise Hinweise zur Verwendung von Vorlagen zur Sicherung einer das unverkrampfte Schreiben befördernden Lage des Papiers beziehungsweise Hefts auf dem Tisch der Schülerin beziehungsweise des Schülers, zum Angebot von Papier mit Korrekturrand auf der anderen Papierseite und zur Zurverfügungstellung von Linkshänderscheren. Dass kein Linkshänder umgeschult werden soll, ist den Lehrkräften bekannt und kann zum aktuellen Zeitpunkt als selbstverständlich angesehen werden. Eltern von Schulanfängerinnen und Schulanfängern werden von der für Bildung zuständigen Behörde herausgegebenen Broschüre „Hamburgs Grundschulen“ explizit dazu anregt, das eigene Kind zu beobachten, um dessen bevorzugte Schreibhand zu Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17643 3 ermitteln und bei diesbezüglichen Unsicherheiten das Gespräch mit den Pädagoginnen und Pädagogen in der Schule oder mit der Schulärztin oder dem Schularzt zu suchen, um die geeignete Schreibhand festzustellen. Die Eltern werden ebenfalls darüber informiert, dass im Falle einer ausgeprägten Linkshändigkeit diese keinesfalls umgeschult werden sollte, da dies dem Kind schaden kann. Im Übrigen siehe https://www.hamburg.de/contentblob/64534/aaf93f1fc9908f6eac60ba343470b38a/dat a/bbs-br-zum-schulanfang.pdf, Seite 14). 7. Ist dem Senat ein Wert bekannt, wie viel Prozent der Schülerinnen und Schüler an Hamburgs Schulen linkshändig schreiben? Nein. Die für Bildung zuständige Behörde erhebt hierzu keine Daten.