BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17657 21. Wahlperiode 02.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 25.06.19 und Antwort des Senats Betr.: Neutralitätsgebot an Schulen in freier Trägerschaft In Drs. 21/12825 legt der Senat umfassend die Rechtsvorschriften rund um das Neutralitätsgebot an staatlichen Hamburger Schulen dar.1 Neben den staatlichen Schulen existieren in der Freien und Hansestadt Hamburg auch zahlreiche allgemeinbildende und berufsbildende Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulen). Circa 20 000 Schülerinnen und Schüler besuchen in Hamburg eine allgemeinbildende Ersatzschule oder Ergänzungsschule in freier Trägerschaft, weitere 2 300 junge Menschen eine der berufsbildenden Schulen in freier Trägerschaft. Schulen in freier Trägerschaft sind gemäß § 112 Absatz 1 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) Bestandteil des Schulwesens der Freien und Hansestadt Hamburg. Sie erweitern das schulische Angebot und können das Schulwesen durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung und des Unterrichts fördern.2 Näheres regelt das Hamburgische Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft (HmbSfTG) in der Fassung vom 21. September 2004.3 Keine explizite Erwähnung findet in dem Gesetz, inwieweit die bestehenden Rechtsvorschriften rund um das Neutralitätsgebot an staatlichen Schulen auch auf Schulen in freier Trägerschaft Anwendung finden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Schulen in freier Trägerschaft sind Bildungseinrichtungen, die nicht Teil der Staatsverwaltung , sondern Einrichtungen von privatrechtlichen oder kirchlichen Trägern sind. Sie unterliegen damit nicht den verfassungsrechtlichen Vorschriften, welche den Staat im Interesse einer freien Bürgerschaft beschränken kann. Niemand wird gegen seinen Willen gezwungen, eine Schule in freier Trägerschaft zu besuchen, jeder kann jederzeit eine solche Schule verlassen und hat dann Anspruch auf Aufnahme an einer vergleichbaren staatlichen Schule. Für Schulen in freier Trägerschaft gelten § 2 (Bildungs - und Erziehungsauftrag der Schule), § 3 Absätze 1, 2 und 4 (Grundsätze für die Verwirklichung) sowie § 34 (schulärztliche, schulzahnärztliche, schulpsychologische und sonderpädagogische Untersuchungen) Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG). Für Ersatzschulen und staatlich anerkannte Ergänzungsschulen gelten die §§ 61 bis 66 und die §§ 68 bis 74 HmbSG, soweit der Schulträger keine abweichende Regelung 1 Siehe Vorbemerkung. 2 Behörde für Schule und Berufsbildung, unter: https://www.hamburg.de/privatschulen/ (abgerufen am 22.06.2019). 3 http://www.schulrechthamburg.de/jportal/portal/t/8gx/bs/18/page/sammlung.psml/action/ controls.sammlung.ChangeWerknavigation?nid=0&nac=select&showdoccase=1&doc.id= jlr-FrTrSchulGHA2004rahmen&doc.part=R (abgerufen am 22.06.2019). Drucksache 21/17657 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 getroffen hat, vergleiche § 4 Hamburgisches Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft (HmbSfTG). Schulen in freier Trägerschaft die Ersatzschulen sind, haben die Ziele der Bildungspläne der entsprechenden Bildungsgänge zu beachten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Inwieweit gelten auch für Hamburger Schulen in freier Trägerschaft folgende – für staatliche Schulen geltende – Rechtsvorschriften rund um das Neutralitätsgebot: a) die Verpflichtung zur Neutralität gemäß Artikel 20 und Artikel 21 Grundgesetz (GG), b) der Bildungs- und Erziehungsauftrag gemäß §§ 2 und 3 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG), c) die Geschäftsordnungsbestimmung Nummer 14 der Behörde für Schule und Berufsbildung, d) der Beutelsbacher Konsens, verankert im Bildungsplan für das Unterrichtsfach PGW, e) das Gebot zur Versachlichung der Debatte gemäß HmbSG, f) das Gebot zur politischen Neutralität „im Innenverhältnis“ zum Dienstherrn für Beamte gemäß § 33 Beamtenstatusgesetz (Beamt- StG) und für Tarifbeschäftigte des öffentlichen Dienstes? 2. Inwieweit gelten für Schulen in freier Trägerschaft darüber hinaus andere Rechtsvorschriften rund um das Neutralitätsgebot und inwieweit legitimieren welche Rechtsvorschriften eigene politische oder weltanschauliche Schwerpunkte, die mit dem Neutralitätsgebot an staatlichen Schulen konfligieren würden? Siehe Vorbemerkung. 3. Ist es Schulen in freier Trägerschaft erlaubt, mit Lerngruppen während der Unterrichtszeit an politischen Demonstrationen – wie zum Beispiel der „Fridays-for-Future“-Kampagne – teilzunehmen oder für eine Teilnahme zu werben? 4. Unter welchen Umständen könnte eine Teilnahme an einer politischen Demonstration wie der „Fridays-for-Future“-Kampagne während der Unterrichtszeit zulässig sein? Bitte die Rechtslage differenziert erläutern für a) staatliche Schulen und b) Schulen in privater Trägerschaft. Zu den staatlichen Schulen siehe Drs. 21/16542 und siehe Vorbemerkung. 5. Welche Kenntnisse hat der Senat über den Umfang von Lehrkräften an Schulen in freier Trägerschaft mit folgenden Status: a) Beamtinnen und Beamte der Freien und Hansestadt Hamburg, b) Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg? Es sind 43 Beamtinnen und Beamte und keine Tarifbeschäftigten an den Schulen in freier Trägerschaft beschäftigt.