BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17672 21. Wahlperiode 02.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christel Nicolaysen (FDP) vom 26.06.19 und Antwort des Senats Betr.: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für geflüchtete Frauen Wie sich aus jüngsten Erhebungen ergibt, sind nach Deutschland geflüchtete Frauen im Verhältnis deutlich schwerer in eine sozialversicherungspflichtige Arbeit zu vermitteln als Männer. Im Mai 2019 wurden in Hamburg 345 Fälle registriert, in welchen zuvor arbeitslos gemeldeten Geflüchteten der Übergang in den ersten Arbeitsmarkt gelang. Davon waren nur 11,6 Prozent Frauen. Diese Statistiken beziehen sich nur auf zuvor arbeitslos gemeldete Frauen. Aus einer weiteren Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ergibt sich, dass bundesweit im zweiten Halbjahr 2017 nur 6 Prozent der geflüchteten Frauen überhaupt erwerbstätig waren.1 Wie der Senat unter anderem in Drs. 21/17099 berichtete, befanden sich mit Stand Juni 2018 11 387 Personen aus den acht Hauptasylherkunftsländern in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Eine Erhebung des IAB ergibt, dass Geflüchtete und insbesondere Frauen mit deutlich stärkeren arbeitsmarktrelevanten Hemmnissen zu kämpfen haben.2 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat hat sich wiederholt zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten sowie zur Erwerbstätigkeit von Menschen mit Migrationshintergrund, auch differenziert nach Männern und Frauen, geäußert; so unter anderem im Hamburger Integrationskonzept „Wir in Hamburg!“ (Drs. 21/10281) und im Bericht über die Umsetzung des Integrationskonzeptes (Drs. 21/15509). Zu der besonderen Situation der Erwerbstätigkeit von Frauen mit Kindern (alleinerziehend, in Partnerschaft, mit und ohne Migrationshintergrund ) hat sich der Senat unter anderem in seinem Bericht „Familien in Hamburg“ (siehe Drs. 21/11370 sowie https://www.hamburg.de/jugendhilfe/veroeffentlichungen/ 10243262/lebenslagenbericht-familien/) geäußert. Die Gründe für eine nachteiligere Ausgangslage für eine Erwerbstätigkeit von Frauen mit Flucht- oder Migrationshintergrund sind vielfältig und auch kulturell begründete Rollenvorstellungen können eine Rolle spielen. Ein nachweisbarer Zusammenhang, den auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie das Hamburger WeltWirtschaftsInstitut in verschiedenen Studien bestätigen, besteht allerdings zwischen der Erwerbstätigkeit und dem Bildungsniveau einerseits sowie der Anzahl und dem Alter der Kinder andererseits. Zentrale Handlungsstrategien für eine erfolgreiche Integration von Frauen mit Fluchtoder Migrationshintergrund in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sind für den 1 https://www.abendblatt.de/hamburg/article226293105/Gefluechtete-Frauen-finden-nurselten -Weg-in-den-Arbeitsmarkt.html. 2 https://www.econstor.eu/bitstream/10419/185042/1/kb2317.pdf, Seite 6, Abbildung 1. Drucksache 21/17672 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Senat deshalb weiterhin der systematische Spracherwerb (gegebenenfalls vorherige Alphabetisierung), nachholende Bildung, der berufsorientierte Kompetenzerwerb sowie die weitere Verbesserung der Inanspruchnahme der Kindertagesbetreuung (zum Beispiel über Elternlotsenprojekte). Grundsätzlich stehen der Zielgruppe der Geflüchteten alle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen des SGB II und SGB III zur Verfügung. Im SGB III wird für die Förderung ein Arbeitsmarktzugang vorausgesetzt und einzelne arbeitsmarktpolitische Instrumente verlangen besondere Voraufenthaltszeiten. Die besonderen Belange und Förderbedarfe der Frauen werden in den individuellen Beratungsgesprächen erhoben und in konkrete Fördermaßnahmen übersetzt. Im Übrigen siehe Drs. 21/12482, 21/14060 und 21/15837. Ergänzt werden die Regelangebote durch verschiedene Bundes- und Landesmaßnahmen . Im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) werden verschiedene Projekte gefördert, die sich schwerpunktmäßig an die Zielgruppe der Geflüchteten richten. Ein Überblick über die geförderten Projekte findet sich unter https://www.esfhamburg .de/projekte-von-a-z-neu/. Das Programm „Stark im Beruf – Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zielt darauf ab, den Erwerbseinstieg für Mütter mit Migrationsgeschichte zu erleichtern und den Zugang zu vorhandenen Angeboten zur Arbeitsmarktintegration zu verbessern. Hamburg ist in dem Projekt mit drei Modellstandorten vertreten (siehe Anlage). Das IQ (Integration durch Qualifizierung) Netzwerk Hamburg bündelt unter seinem Dach zahlreiche Teilprojekte, die verschiedene Angebote in den Bereichen Beratung, Qualifizierung und Schulung anbieten. In der aktuellen Förderperiode hat das IQ Netzwerk zwei Projekte, die sich speziell an weibliche Geflüchtete richten (siehe Anlage ). Darüber hinaus stehen alle Angebote des IQ Netzwerkes weiblichen und männlichen Geflüchteten offen (siehe http://hamburg.netzwerk-iq.de/iq-netzwerk-hamburg/ teilprojekte.html). Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften der Agentur für Arbeit Hamburg (Agentur) und des Jobcenters team.arbeit.hamburg (Jobcenter) wie folgt: 1. Bezogen auf Drs. 21/17099: Wie viele der 11 387 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten waren (absolut und prozentual) Frauen? Von den 11 387 (Stand Juli 2018, siehe Drs. 21/17099) sozialversicherungspflichtig Beschäftigten waren 2 353 Frauen. Das entspricht einem Anteil von 20,7 Prozent (bei einem Anteil von etwa 30 Prozent aller 2017 und 2018 nach Hamburg gekommenen Geflüchteten). 2. Welche Ursachen für den geringen Anteil an der Beschäftigung von Frauen sind dem Senat bekannt? Auf wie viel Prozent der Frauen treffen diese Ursachen jeweils zu? Welche konkreten Gegenmaßnahmen werden bereits ergriffen oder sind geplant? (Bitte tabellarisch darstellen!) 3. Durch welche arbeitsmarktrelevanten Hemmnisse werden jeweils geflüchtete Frauen und Männer an einer Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt gehindert? In wie vielen Fällen ist das bei den einzelnen Hemmnissen jeweils für Frauen beziehungsweise Männer der Fall? (Bitte tabellarisch darstellen!) Die zur Beantwortung benötigten Daten werden nicht gesondert statistisch erfasst. Eine Einzelfallauswertung von mehr als 33 000 Akten (Regelleistungsberechtigte) ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. P ro je k t T rä g e r Z ie lg ru p p e K u rz b e s c h re ib u n g L a u fz e it F in a n z - ie ru n g E rs te S c h ri tt e fü r G e fl ü c h te te F ra u e n i n d e n A rb e it s m a rk t F A L K S e .V . Z e n tr u m f ü r F ra u e n i n A lt o n a A ls e n s tr a ß e 3 3 2 2 7 6 9 H a m b u rg G e fl ü c h te te F ra u e n Z ie l is t e s , v o rh a n d e n e s F a c h k rä ft e p o te n zi a l a u s zu lo te n . D a s T e a m „ E rs te S c h ri tt e “ in fo rm ie rt d ie T e iln e h m e ri n n e n ü b e r n o tw e n d ig e D e u ts c h z e rt if ik a te , P ra k ti k a u n d d ie A n e rk e n n u n g a u s lä n d is c h e r A b s c h lü s s e s o w ie d ie A u s - u n d W e it e rb ild u n g s m ö g lic h k e it e n in d e n e in z e ln e n T ä ti g k e it s fe ld e rn . In E in z e lg e s p rä c h e n w ir d g e z ie lt h e ra u s g e a rb e it e t, w a s e in e r A rb e it s a u fn a h m e b is h e r im W e g g e s ta n d e n h a t u n d e in W e g s k iz z ie rt . D a s P ro je k t b e in h a lt e t a u ß e rd e m d ie U n te rs tü tz u n g b e i d e r S u c h e n a c h P ra k ti k u m s - o d e r A rb e it s s te lle n s o w ie b e i d e r in d iv id u e lle n B e w e rb u n g . H ie rf ü r w ir d e n g m it W .I .R k o o p e ri e rt . 0 1 .0 5 .2 0 1 7 - 3 0 .0 6 .2 0 2 0 L a n d e s - m it te l F ra u e n a u s A fr ik a e rf o lg re ic h i m A n e rk e n n u n g s v e rf a h re n A fr ic a n -G e rm a n In fo rm a ti o n C e n te r (A G IC ) S ü d e rs tr . 1 5 3 2 0 5 3 7 H a m b u rg a fr ik a n is c h e M ig ra n ti n n e n u n d M ig ra n te n D a s I Q T e ilp ro je k t A G IC b ie te t B e ra tu n g u n d U n te rs tü tz u n g , d a m it a fr ik a n is c h e F ra u e n g le ic h b e re c h ti g t a m H a m b u rg e r A rb e it s m a rk t te ilh a b e n k ö n n e n . Z ie l is t, d a s s d ie F ra u e n ih re a u s lä n d is c h e n B e ru fs a b s c h lü s s e i n D e u ts c h la n d a n e rk e n n e n l a s s e n u n d e in e q u a lif iz ie rt e B e s c h ä ft ig u n g i n i h re m e rl e rn te n B e ru f a u fn e h m e n . A G IC i n fo rm ie rt , b e g le it e t u n d c o a c h t: D ie F ra u e n w e rd e n i m A n e rk e n n u n g s v e rf a h re n , b e im Ü b e rg a n g i n e in e Q u a lif iz ie ru n g u n d d e m E in s ti e g i n A rb e it b e g le it e t. D e r S c h w e rp u n k t lie g t a u f d e n B ra n c h e n G e s u n d h e it & P fl e g e , S o z ia le s u n d I n fo rm a ti o n s te c h n o lo g ie n . 0 1 .0 1 .2 0 1 9 - 3 1 .1 2 .2 0 2 2 F ö rd e rp ro g a m m IQ (B M A S & E S F ) F ra u e n a u s a ra b is c h e n L ä n d e rn e rf o lg re ic h i m A n e rk e n n u n g s v e rf a h re n B ild u n g s - u n d B e ra tu n g s k a ra w a n e e . V . E u le n k a m p 1 2 2 0 4 9 H a m b u rg F ra u e n a u s a ra b is c h e n L ä n d e rn D a s I Q T e ilp ro je k t b e im T rä g e r B B K b ie te t B e ra tu n g u n d U n te rs tü tz u n g f ü r F ra u e n a u s a ra b is c h e n L ä n d e rn , d a m it d ie s e g le ic h b e re c h ti g t a m H a m b u rg e r A rb e it s m a rk t te ilh a b e n k ö n n e n . Z ie l is t, d a s s d ie F ra u e n i h re a u s lä n d is c h e n B e ru fs a b s c h lü s s e i n D e u ts c h la n d a n e rk e n n e n l a s s e n u n d e in e q u a lif iz ie rt e B e s c h ä ft ig u n g i n i h re m e rl e rn te n B e ru f a u fn e h m e n . D ie B e ra te ri n n e n v o n B B K i n fo rm ie re n ü b e r d ie f o rm a le n A n fo rd e ru n g e n f ü r d a s A n e rk e n n u n g s v e rf a h re n i h re r a u s lä n d is c h e n B e ru fs a b s c h lü s s e u n d b e re it e n d ie A n tr a g s te llu n g m it d e n F ra u e n v o r, s ie g e b e n Ü b e rb lic k ü b e r Q u a lif iz ie ru n g s a n g e b o te i n H a m b u rg , e n tw ic k e ln b e ru fl ic h e P e rs p e k ti v e n u n d b e g le it e n d ie F ra u e n z u B e h ö rd e n , A rb e it s a g e n tu r o d e r J o b c e n te r. D a b e i a rb e it e n s ie e n g m it d e r „Z e n tr a le n A n la u fs te lle A n e rk e n n u n g ( Z A A )“ i m I Q N e tz w e rk H a m b u rg z u s a m m e n . 0 1 .0 1 .2 0 1 9 - 3 1 .1 2 .2 0 2 3 F ö rd e rp ro g a m m IQ (B M A S & E S F ) S ta rk i m B e ru f - M e in W e g i n d e n A rb e it s m a rk t F A L K S e .V . Z e n tr u m f ü r F ra u e n i n A lt o n a A ls e n s tr a ß e 3 3 2 2 7 6 9 H a m b u rg F ra u e n m it M ig ra ti o n s - o d e r F lu c h th in te rg r u n d C o a c h in g s i m E in z e lg e s p rä c h ; G ru p p e n a n g e b o te z u r b e ru fl ic h e n O ri e n ti e ru n g : V is io n s a rb e it , E rs te llu n g v o n B e w e rb u n g s u n te rl a g e n , S te lle n m a rk ta n a ly s e , J o b b ö rs e n , V o r- u n d N a c h b e re it u n g v o n B e w e rb u n g s g e s p rä c h e n u .v .m .; b e i B e d a rf E in b e z ie h u n g d e r A n g e h ö ri g e n d u rc h " F a m ili e n ra t- S it z u n g e n "; B e ra tu n g i m U m g a n g m it In te g ra ti o n s h e m m n is s e n 2 0 1 9 - M it te 2 0 2 2 F ö rd e rp ro g ra m m S ta rk im B e ru f (B M F S F J + E S F ) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17672 3 Anlage P ro je k t T rä g e r Z ie lg ru p p e K u rz b e s c h re ib u n g L a u fz e it F in a n z - ie ru n g S ta rk i m B e ru f - T re ff p u n k t B e ru f D ia k o n is c h e s W e rk H a m b u rg T re ff p u n k t B e ru f - fü r M ü tt e r m it M ig ra ti o n s g e s c h i c h te K ö n ig s tr a ß e 5 4 2 2 7 6 7 H a m b u rg M ü tt e r m it M ig ra ti o n s g e s c h ic h te Z ie l is t d ie E rh ö h u n g d e r q u a lif ik a ti o n s a d ä q u a te n B e s c h ä ft ig u n g d e r Z ie lg ru p p e ; u . a . m it d e m S c h u lu n g s m o d u l B e ru fs e in s ti e g m it I n fo rm a ti o n e n ü b e r d a s d e u ts c h e B ild u n g s s y s te m , B e ru fs p e rs p e k ti v e n a u f d e m A rb e it s m a rk t u n d d ie B e s o n d e rh e it e n d e s B e w e rb u n g s p ro z e s s e s i n D e u ts c h la n d 2 0 1 9 - M it te 2 0 2 2 F ö rd e rp ro g ra m m S ta rk im B e ru f (B M F S F J + E S F ) K W B K o o rd in ie ru n g s s te lle W e it e rb ild u n g u n d B e s c h ä ft ig u n g e . V . K W B K o o rd in ie ru n g s s t e lle W e it e rb ild u n g u n d B e s c h ä ft ig u n g e . V . H a u s d e r W ir ts c h a ft K a p s ta d tr in g 1 0 2 2 2 9 7 H a m b u rg F ra u e n m it M ig ra ti o n s - o d e r F lu c h th in te rg r u n d D u rc h d ie V e rz a h n u n g m e h re re r A n g e b o te ( z . B . in d iv id u e lle s C a s e M a n a g e m e n t, b e ru fl ic h e O ri e n ti e ru n g , E rs te llu n g v o n B e w e rb u n g s u n te rl a g e n , B e ra tu n g z u r K in d e rb e tr e u u n g s s it u a ti o n ) w e rd e n d ie M ü tt e r p o te n z ia l- u n d r e s s o u rc e n o ri e n ti e rt a k ti v ie rt u n d a n d e n A rb e it s m a rk t h e ra n g e fü h rt . 2 0 1 9 - M it te 2 0 2 2 F ö rd e rp ro g ra m m S ta rk im B e ru f (B M F S F J + E S F ) Drucksache 21/17672 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 17672ska_Text 17672ska_Anlage