BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1768 21. Wahlperiode 06.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Martin Dolzer und Deniz Celik (DIE LINKE) vom 30.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Nachfragen zur Anhörung zum Bericht der Aufsichtskommission im Maßregelvollzug (Drs. 21/156) Am 18. Juni fand im Gesundheitsausschuss eine Anhörung der Aufsichtskommissionsmitglieder statt. Bei dieser wurde unter anderem von den Experten /-innen beschrieben, dass die Fixierung von Gefangenen im Maßregelvollzug sowie Aufenthalte im Kriseninterventionsraum von den Ärzten/-innen beschlossen wird. Es blieben unseres Erachtens wichtige Fragen unbeantwortet . Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Welche konkreten Kriterien liegen den Entscheidungen der Ärzte/-innen zugrunde, im Maßregelvollzug befindliche Personen a. zu fixieren oder Nach § 33 Hamburgisches Maßregelvollzugsgesetz (HmbMVollzG) darf eine Person zeitweise fixiert werden, wenn und solange die Gefahr besteht, dass sie gegen Personen gewalttätig wird oder sich selbst verletzt oder tötet, und wenn diese Gefahr nicht anders abgewendet werden kann. b. in den Kriseninterventionsraum zu bringen? (Bitte aufschlüsseln.) Nach § 32 HmbMVollzG können gegen eine untergebrachte Person besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn und soweit nach ihrem Verhalten oder aufgrund ihres psychischen Zustandes in erhöhtem Maße Fluchtgefahr, die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen und Sachen oder die Gefahr der Selbsttötung oder Selbstverletzung besteht. Als besondere Sicherungsmaßnahmen ist unter anderem eine Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände (Kriseninterventionsraum) zugelassen. 2. Werden diese Entscheidungen dokumentiert? (Bitte nach a. und b. aufschlüsseln .) Wenn ja: wie? Maßnahmen nach §§ 32, 33 HmbMVollzG werden auf einem dafür vorgesehenen Anordnungsbogen dokumentiert, insbesondere Art, Beginn und Ende der Maßnahme, die Gründe für deren Anordnung und die Art der ständigen Betreuung. Wenn nein: warum nicht? Entfällt. 3. Werden diese Entscheidungen kontrolliert? (Bitte nach a. und b. aufschlüsseln .) Wenn ja: von wem? Drucksache 21/1768 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Anordnung Besonderer Sicherungsmaßnahmen nach § 32 HmbMVollzG ist einer Ärztin beziehungsweise einem Arzt vorbehalten; die Durchführung muss unter ärztlicher Überwachung erfolgen. Bei Gefahr im Verzuge kann die Anordnung auch durch andere Bedienstete der Vollzugseinrichtung erfolgen, wobei unverzüglich die Zustimmung einer Ärztin beziehungsweise eines Arztes einzuholen ist. Mit dieser grundsätzlich festgelegten Zuständigkeit der Ärztin beziehungsweise des Arztes für die Anordnung der Maßnahme soll der besonderen Intensität des Eingriffs Rechnung getragen werden. Zugleich soll gewährleistet werden, dass das Krankheitsbild der untergebrachten Person bei der Entscheidung die erforderliche Berücksichtigung findet. Darüber hinaus legt § 32 Absatz 3 Satz 3 fest, dass bei einer Dauer der Sicherungsmaßnahme von über 24 Stunden allein die Leitung der Vollzugseinrichtung die Entscheidung zu treffen hat. Die Anordnung von Fixierungen nach § 33 HmbMVollzG darf nur durch eine in der Psychiatrie erfahrene Ärztin oder einem in der Psychiatrie erfahrenen Arzt befristet angeordnet werden, welche beziehungsweise welcher sich mittels eigener Untersuchung persönlich vom akuten Zustand der untergebrachten Person und der Unumgänglichkeit der Maßnahme überzeugt haben muss. Die Leiterin beziehungsweise der Leiter der Vollzugseinrichtung ist zu unterrichten. Voraussetzung für die Fortdauer einer länger als zwölf Stunden andauernden Fixierung beziehungsweise die Neuanordnung einer vor weniger als zwölf Stunden beendeten Fixierung ist die Zustimmung der ärztlichen Leitung der Maßregelvollzugseinrichtung oder einer anderen Ärztin beziehungsweise eines anderen Arztes mit einer abgeschlossenen Weiterbildung auf psychiatrischem Gebiet. Wenn nein: warum nicht? Entfällt. 4. Welchen rechtsverbindlichen Beschwerdeweg gibt es, um Willkür bei diesen Entscheidungen entgegenzuwirken? (Bitte nach „Instanzen“ und a. und b. aufschlüsseln.) § 108 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) garantiert das Beschwerderecht der Patientinnen und Patienten. § 109 StVollzG eröffnet den Patientinnen und Patienten die Möglichkeit , bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer eine gerichtliche Entscheidung über Maßnahmen zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung zu beantragen. Darüber hinaus können sich Patientinnen und Patienten in ihren Angelegenheiten an die für die Fach- und Rechtsaufsicht über den Maßregelvollzug zuständige Behörde, die Aufsichtskommission nach § 48 HmbMVollzG, den Eingabenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft, den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter aber auch an supranationale Gremien, wie zum Beispiel den Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, wenden. 5. Hat der Senat Kenntnis von Berichten darüber, dass von Personal versucht wurde, mögliche Beschwerden von im Maßregelvollzug befindlichen Personen gegen die oben genannten oder weitere Maßnahmen zu unterbinden? Nein. Vielmehr informiert die Maßregelvollzugseinrichtung ihre Patientinnen und Patienten über die in der Antwort zu 4. genannten Beschwerdemöglichkeiten. Wenn ja: Von welcher Ebene des Personals wurden derartige Versuche auf welche Weise unternommen? Entfällt. 6. Aus der Drs. 21/1580 geht hervor, dass im Rahmen des HmbPsychKG die Möglichkeit zur Videobeobachtung geschaffen wurde und in drei Krankenhäusern angewendet wird? a. In welchen Krankenhäusern, Abteilungen und Räumlichkeiten findet Videobeobachtung statt? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1768 3 Datenerhebung durch optisch-elektronische Einrichtungen (sogenannte Videobeobachtung ) wird in folgenden Krankenhäusern eingesetzt:  Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie  Asklepios Klinik Nord o Klinik für Gerontopsychiatrie und Zentrum für Ältere Ochsenzoll o Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Wandsbek Die zur Beobachtung mit optisch-elektronischen Einrichtungen genutzten Räume der oben genannten Krankenhausabteilungen entsprechen den Vorgaben des § 27a Absatz 3 HmbPsychKG. b. Welche konkreten Kriterien liegen den Entscheidungen der Ärzte/ -innen zugrunde, die Videobeobachtung anzuordnen? Siehe § 27a Absatz 3 HmbPsychKG. c. Hat es Beschwerden durch die Patienten/-innen gegen die Videobeobachtung gegeben? Wenn ja, wie viele Beschwerden hat es im vergangenen und im aktuellen Jahr gegen die Videobeobachtung gegeben? Nein. d. Werden die Patientinnen während der Videobeobachtung aufgezeichnet ? Wenn ja, wie lange werden die Aufzeichnungen aufbewahrt und zu welchen Zwecken? Nein. Nach § 27a Absatz 4 HmbPsychKG ist eine Aufzeichnung und Speicherung der Beobachtung mit optisch-elektronischen Einrichtungen unzulässig. e. Welche Zielsetzungen werden mit dem Einsatz der Videobeobachtung verfolgt und kann ausgeschlossen werden, dass sie nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit weniger in die Grundrechte eingreifenden Mitteln ebenso erreicht werden könnten? Nach § 27a HmbPsychKG ist der Einsatz optisch-elektronischer Einrichtungen in psychiatrischen oder kinder- und jugendpsychiatrischen Krankenhausabteilungen grundsätzlich verboten. Optisch-elektronische Einrichtungen können unter den Maßgaben des § 27a Absatz 3 HmbPsychKG zur Beobachtung einer Patientin oder eines Patienten eingesetzt werden, wenn dadurch schwerwiegendere Eingriffe in die Persönlichkeits - und Freiheitsrechte, wie zum Beispiel eine Isolierung oder Fixierung der betroffenen Person, vermieden werden können. Im Übrigen siehe dazu Drs. 21/1580.