BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17695 21. Wahlperiode 09.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 01.07.19 und Antwort des Senats Betr.: Verbrechen dürfen sich nicht lohnen – Entwicklung der Vermögensabschöpfung seit der Reform Am 1. Juli 2017 ist das Gesetz zur Reform der Vermögensabschöpfung in Kraft getreten, durch das – kurz gesagt – illegal erworbene Vermögenswerte leichter vorläufig sichergestellt werden können und Opfer schneller zu ihrem Recht kommen. Im Oktober 2018 teilten der Justiz- und der Finanzsenator auf einer Pressekonferenz mit, dass die Staatsanwaltschaft und das zuständige Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen seit 2017 219 Millionen Euro vorläufig sichergestellt haben, von denen 209 Millionen Euro auf einen einzelnen Fall entfielen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Recht der Vermögensabschöpfung wurde am 1. Juli 2017 grundlegend reformiert. Kernstück dieser Reform ist eine Neuausrichtung der Vermögensabschöpfung hin zur Opferentschädigung. Die Staatsanwaltschaft ist gehalten, rechtswidrig erlangte Vermögenswerte vorläufig zu sichern, ihre gerichtliche Einziehung zu erwirken und, wann immer es Geschädigte gibt, das eingezogene Vermögen schließlich an sie auszukehren . Dabei erwirkt die Staatsanwaltschaft direkt einen Titel gegen den Täter, damit die Opfer entschädigt werden. Die Opfer der Straftat müssen sich nicht mehr selber darum kümmern. Die Reform dient damit wesentlich dem Schutz der Opfer, an die entzogene Vermögenswerte zurückgeführt werden sollen. Zudem entfaltet die Reform eine weitere abschreckende Wirkung für potentielle Täter und trägt dem Grundsatz Rechnung, wonach sich eine Tat nicht lohnen darf. Die Folgen der Abschöpfung sind für die Bürgerinnen und Bürger damit ebenso unmittelbar sichtbar wie die Rückführung der Gelder an die Opfer der Straftat. Eine Vereinnahmung zugunsten der Staatskasse findet nur statt, wenn es in dem zugrunde liegenden Verfahren keine Geschädigten gibt. Die Höhe der zugunsten der Staatskasse vereinnahmten Gelder bildet daher den Erfolg der staatsanwaltschaftlichen Vermögensabschöpfung nicht umfassend ab. So sind im Jahr 2018 zusätzlich rund 10 Millionen Euro sichergestellt worden. Zur Umsetzung des geänderten Rechts sind weitgehende Fort- und Weiterbildungen angeboten und durchgeführt worden, siehe Drs. 21/13160. Zudem ist die Staatsanwaltschaft personell verstärkt worden, siehe Drs. 21/14633 und 21/15374. Auch sind die mit dem Haushalt beschlossenen zusätzlichen Verstärkungen mit einem Staatsanwalt und vier Amtsanwältinnen und Amtsanwälte inzwischen besetzt worden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Drucksache 21/17695 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie viele rechtskräftige angeordnete Einziehungsentscheidungen nach §§ 73 fortfolgende StGB hat es seit dem 1. Juli 2017 jährlich in jeweils welcher Höhe gegeben? Bitte aufschlüsseln nach Rechtsgrundlage/Art der Einziehung und zugrunde liegenden Deliktsarten. 2. In welcher (Teil-)Höhe konnten diese jeweiligen Einziehungsentscheidungen jeweils bis zum heutigen Tag vollstreckt werden? Bitte Aufschlüsselung wie in Frage 1. Die im Folgenden verwendeten Zahlen stammen aus dem Vorgangs- und Vorgangserfassungssystem MESTA. Diese Auswertungen werten immer den aktuellen Datenbestand aus. Die Reproduktion früherer Auswertungen ist immer nur näherungsweise möglich, da sich der Datenbestand nachträglich verändern kann. Nach aktuellem Stand sind im zweiten Halbjahr 2017 494 Einziehungsentscheidungen rechtskräftig ergangen. Für 2018 wurden 2014 und für das erste Halbjahr 2019 723 rechtskräftig gewordene Entscheidungen ermittelt. 152 der Einziehungsentscheidungen aus 2017 (zweites Halbjahr), 296 der Entscheidungen aus 2018 und 43 der Entscheidungen aus 2019 sind bisher vollstreckt. Die weiteren erfragten Daten lassen sich technisch nicht valide ermitteln. Eine händische Auswertung aller Ermittlungsverfahren (rund 160 000 je Jahr) ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Welche Beträge sind in den Jahren 2017 und 2018 sowie im ersten Halbjahr 2019 insgesamt im Rahmen der Vermögensabschöpfung endgültig der Staatskasse zugeführt worden? Vermögensabschöpfung in Euro 2017 2018 2019 1. Halbjahr Endgültig der Staatskasse zugeführt 3 494 201,13 1 777 765,94 1 283 702,84 Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Gemäß § 111b StPO kann die Beschlagnahme angeordnet werden, wenn die Annahme begründet ist, dass die Voraussetzungen der Einziehung beziehungsweise Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen . Liegen dringende Gründe für diese Annahmen vor, so soll die Beschlagnahme angeordnet werden. In wie vielen Fällen wurde seit dem 1. Juli 2017 jährlich die Beschlagnahme angeordnet? 5. Gemäß § 111e StPO kann der Vermögensarrest angeordnet werden, wenn die Annahme begründet ist, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen. In wie vielen Fällen mit jeweils welchen Summen wurde seit dem 1. Juli 2017 jährlich der Vermögensarrest angeordnet? Die für die Beantwortung der Frage erforderlichen Daten werden bei der Staatsanwaltschaft statistisch nicht erfasst. Eine händische Auswertung aller Ermittlungsverfahren (rund 160 000 je Jahr) ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Bereich der Steuerverwaltung wurden gemäß § 111e StPO Vermögensarreste in folgendem Umfang angeordnet: Jahr Angeordnete Arreste Summe in EUR 2017 10 830 183,00 2018 29 10 159 509,29 bis 02.07.2019 17 1 452 949,85 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17695 3 6. Wie hat sich die Anzahl der Stellen für Rechtspfleger/-innen bei der Staatsanwaltschaft seit dem Jahre 2017 entwickelt? Bitte jeweils Stellensoll und Besetzungsumfang zum Stichtag 1. Januar und 1. Juli angeben . 01.07.2017 01.01.2018 01.07.2018 01.01.2019 01.07.2019 Stellensoll Besetzungs - umfang Stellensoll Besetzungs - umfang Stellensoll Besetzungs - umfang Stellensoll Besetzungs - umfang Stellensoll Besetzungs - umfang 30,00 28,90 30,00 28,00 30,50 28,00 30,50 27,00 30,50 29,30 Zusätzlich wurde die Staatsanwaltschaft um eine Stelle für Staatsanwältinnen und Staatsanwalt sowie vier Stellen für Amtsanwältinnen und Amtsanwälte verstärkt. Diese Stellen sind im ersten Halbjahr sukzessive besetzt worden.