BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/17747 21. Wahlperiode 12.07.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 04.07.19 und Antwort des Senats Betr.: Weitere Öffentlichkeitsfahndung im Zusammenhang mit G20 Die Ermittlungsgruppe „Schwarzer Block“ veröffentlichte am 2. Juli 2019 im Rahmen der 6. Öffentlichkeitsfahndung im Zusammenhang mit dem G20- Treffen in Hamburg Bilder von 13 verdächtigten Personen. Laut Pressemitteilung der Polizei Hamburg vom selben Tag wurden im Zuge der bislang fünf Öffentlichkeitsfahndungen seit Dezember 2017, bei denen Bilder von insgesamt 400 Personen veröffentlicht wurden, 133 Personen identifiziert. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Die Öffentlichkeitsfahndung nach einem Beschuldigten/einer Beschuldigten ist nur bei dem Verdacht einer bestimmten Straftat von erheblicher Bedeutung und nur dann zulässig, wenn die Feststellung der Identität eines unbekannten Täters auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre (Subsidiaritätsklausel). Inwiefern ist sichergestellt, dass die Subsidiaritätsklausel bei der Fahndung nach den weiteren Personen gewahrt wird? Bitte genau darlegen. 2. Inwiefern wurde in jedem Einzelfall gegenüber den Gerichten mit Beweisen oder ausführlicher Begründung dargelegt, dass die Feststellung der Identität eines unbekannten Täters/einer Täterin auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre? Bitte genau darlegen. Bei allen Personen, deren Bilder im Rahmen der Öffentlichkeitsfahndung veröffentlicht wurden, erfolgte zuvor eine interne Fahndung im LKA-Blatt. Diese blieb erfolglos, weshalb eine Öffentlichkeitsfahndung zur Identifizierung der Beschuldigten geboten war. Der Umstand der Fahndung im LKA-Blatt ist jeweils aktenkundig. 3. Inwiefern ist sichergestellt, dass es sich bei den weiteren gesuchten Personen um Beschuldigte handelt, die einer bestimmten Straftat von erheblicher Bedeutung verdächtig sind? Für jede beschuldigte Person erfolgte eine Prüfung im Einzelfall, ob diese einer Straftat von erheblicher Bedeutung verdächtig ist. 4. Inwiefern liegen den richterlichen Beschlüssen Einzelbeschlüsse zur Öffentlichkeitsfahndung zugrunde? Inwiefern waren es (zum Teil) Sammelbeschlüsse ? In welchen Fällen jeweils? Es wurden in mehreren Verfahren Anträge nach § 131b Strafprozessordnung (StPO) gestellt, die gemäß § 131c StPO von unterschiedlichen Richterinnen und Richtern erlassen wurden. In welchen Verfahren die Beschlüsse mehr als einen Beschuldigten Drucksache 21/17747 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 betreffen, wird statistisch nicht erfasst und kann nur im Wege der händischen Auswertung von mehreren Hundert Verfahrensakten festgestellt werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5. Inwiefern wurde den Richtern/-innen in jedem Einzelfall weiteres Beweismaterial für die Begehung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung durch die gesuchten Personen vorgelegt? In wie vielen Fällen wurde kein weiteres Material als das Veröffentlichte vorgelegt? Für die Beantwortung, welches Beweismaterial vorgelegt wurde, müssten mehrere Hundert Verfahrensakten beigezogen und händisch ausgewertet werden. Diese ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 6. Wie viele der 133 bislang im Zuge der fünf G20-Öffentlichkeitsfahndungen identifizierten Personen waren zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt im Juli 2017 a. unter 21 Jahre, b. unter 18 Jahre, c. unter 16 Jahre alt? Weder das Alter der identifizierten Personen noch die Verfahren, in denen Identifikationen stattgefunden haben, werden statistisch erfasst. Auch hinsichtlich der im Sonderregister geführten G20-Verfahren wird über das Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft Hamburg nicht erfasst, ob eine Öffentlichkeitsfahndung stattgefunden hat. Um die Frage beantworten zu können, müssten alle 133 Verfahrensakten, die die Fälle mit identifizierten Personen betreffen, beigezogen und ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 7. Wurden Bilder der identifizierten Personen mittlerweile aus den Öffentlichkeitsfahndungen der Hamburger Polizei herausgenommen? Wenn ja, a. warum, b. wer hat das entschieden, c. wann wurden die betreffenden Personen jeweils identifiziert und wann erfolgte die jeweilige Entfernung der betreffenden Bilder? 8. Wurden Fotos weiterer Personen entfernt? Wenn ja, von wie vielen und aus welchen Gründen jeweils? Die Bilder der identifizierten Personen wurden aus den Öffentlichkeitsfahndungen herausgenommen, weil die jeweilige Person sicher identifiziert und das Fahndungsziel somit erreicht wurde. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat die Polizei Hamburg vor der Vollstreckung der Beschlüsse angewiesen, dass Bilder identifizierter Personen umgehend aus der Öffentlichkeitsfahndung zu entfernen sind. Die Einzelfallentscheidung trifft dann die jeweils zuständige kriminalpolizeiliche Sachbearbeiterin beziehungsweise der zuständige kriminalpolizeiliche Sachbearbeiter. Die Löschung der Bilder erfolgt, wenn das Fahndungsziel erreicht ist oder absehbar nicht mehr erreicht werden kann. Eine statistische Erfassung darüber, wann die betreffenden Personen jeweils identifiziert und die Bilder jeweils entfernt wurden, erfolgt nicht. Für die Beantwortung der Frage müssten mehrere Hundert Vorgangsakten händisch ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Es wurden insgesamt 359 Fahndungen von nicht identifizierten Personen gelöscht, da mit keinem weiteren Hinweiseingang gerechnet wurde. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/17747 3 9. Problematisch an Öffentlichkeitsfahndungen wie die der vorliegenden ist die weitere Verbreitung und Zugänglichkeit der Bilder im Internet, auch wenn die betreffende (tatverdächtigte, aber eventuell unschuldige) Person schon identifiziert wurde („Das Netz vergisst nicht“). Wie stellen die Behörden sicher, dass Bilder der Personen keine weitere Verbreitung finden? Durch technische Maßnahmen wird sichergestellt, dass die zur Öffentlichkeitsfahndung benötigten personenbezogenen Daten ausschließlich auf Servern im Verantwortungsbereich der Strafverfolgungsbehörden gespeichert und nicht an private Internetanbieter übermittelt werden. Nach der Identifizierung einer Person wird die Öffentlichkeitsfahndung umgehend auf diesen Servern gelöscht. Im Rahmen der Pressekonferenz zur zweiten Öffentlichkeitsfahndung der Sonderkommission (SoKo) „Schwarzer Block“ am 16. Mai 2018 wies der Polizeipressesprecher auf die Situation des immer noch möglichen Auffindens einzelner Personen im Internet hin und bat die Medienvertreter ausdrücklich, identifizierte Personen auch aus ihren Internetangeboten zu löschen. 10. Hat sich der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde seit der Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage vom 17.01.2018 (Drs. 21/11666) damit befasst, inwiefern in der Weiterverbreitung der Bilder der Öffentlichkeitsfahndung auch nach Identifizierung der betreffenden Person auf privaten Homepages eine Straftat nach §§ 33 i.V.m. 22, 23 Kunsturhebergesetz oder eine andere Straftat darstellt? a. Falls ja, mit welchem Ergebnis? b. Falls nein, warum nicht? c. Falls nein, inwieweit ist diese Nichtbefassung der zuständigen Behörde mit dem Legalitätsprinzip angesichts der offenkundigen und in Drs. 21/11666 mit Beispielen dargelegten Weiterverbreitung der Bilder in Einklang zu bringen? Bitte begründen. Bei Vorliegen eines Strafantrages wegen des Verdachts des Verstoßes gegen §§ 33 i.V.m. 22, 23 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) wird ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Für den Komplex der G20-Verfahren liegen keine Strafanträge vor, die unberechtigte Veröffentlichungen von Lichtbildern aus den Öffentlichkeitsfahndungen in den sogenannten G20-Verfahren zum Gegenstand haben.