BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1776 21. Wahlperiode 06.10.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus und Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 30.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Regelungen für Klassenstärken im Grundschulbereich an anerkannten Hamburger Ersatzschulen? Das Hamburgische Schulgesetz (folgend HmbSG abgekürzt) regelt in § 87 die Klassenstärkenvorgaben für Grundschulen. Demnach haben Schüler/ -innen an Grundschulen im Stadtgebiet Anspruch auf Unterricht in Klassenverbänden , deren maximale Schülerschaft 23 Schüler/-innen umfasst. Bei sozialstrukturell benachteiligten Grundschulen schreibt das HmbSG sogar die Höchstanzahl von 19 Schülern/-innen pro Klasse vor. Lediglich im Einzelfall darf diese Klassengröße ob regionaler Versorgungsgegebenheiten überschritten werden. Obschon diese Vorgaben zunächst nur für die staatlichen Schulen gelten, können anerkannte Ersatzschulen (Schulen in freier Trägerschaft, die ihrem Gesamtzweck nach den Schulen nach HmbSG entsprechen) grundlegend als vergleichbar zu den staatlichen Schulen in Hamburg betrachtet werden. Dennoch weicht die Schüler/-innen-Anzahl im Grundschulbereich an manchen Ersatzschulen im Stadtgebiet deutlich nach oben ab, verglichen mit den angeführten HmbSG-Vorgaben. Teils selbst trotz der Beschulung von Schülern /-innen mit besonderen pädagogischen Förderbedarfen in den betreffenden Klassen. Wir fragen den Senat: Die Rechte und Pflichten der Ersatzschulen ergeben sich aus Artikel 7 Grundgesetz und dem Hamburgischen Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft (HmbSfTG). § 2 Absatz 1 HmbSfTG lautet: „Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, obliegt den Schulen in freier Trägerschaft die Schulgestaltung, insbesondere die Entscheidung über eine besondere pädagogische, religiöse oder weltanschauliche Prägung, die Festlegung der Gestaltung von Unterricht und Erziehung sowie der Lehrziele und der Lehrinhalte sowie die Organisation des Unterrichts.“ Die Festlegung der Klassenfrequenzen ist eine Frage der Organisation des Unterrichtes. Ersatzschulen unterliegen der staatlichen Schulaufsicht (§ 2 Absatz 2 HmbSfTG), die durch Prüfung der Qualifikation des pädagogischen Personals, Hospitationen und die Auswertung von Lernstanderhebungen und erreichten Abschlüssen sicherstellt, dass der Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler an diesen Schulen nicht hinter dem zurückbleibt, was durchschnittlich in entsprechenden staatlichen Schulen erreicht wird (§ 2 Absatz 2 i.V.m. § 6 Absatz 2 HmbSfTG). Dies gilt unabhängig davon, ob Ersatzschulen nur genehmigt (§ 6 Absatz 1 HmbSfTG) oder darüber hinaus auch anerkannt worden sind (§ 9 HmbSfTG). Drucksache 21/1776 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 In § 4 HmbSfTG sind einige Vorschriften des Hamburgischen Schulgesetzes (HmbSG) auch für Ersatzschulen als verbindlich erklärt worden, hierzu zählt § 87 HmbSG jedoch nicht. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Die Schülerschaft welcher Grundschulen im Einzugsgebiet Hamm, Horn, Billstedt ist im Sinne des HmbSG (§ 87) als sozialstrukturell benachteiligt anzusehen? (Bitte mit Standort und KESS-Faktor in einer Tabelle angeben .) Für die Grundschulen mit Sozialindex 1 und 2 in den Stadtteilen Billstedt, Hamm und Horn im Schuljahr 2014/2015 siehe folgende Tabelle: Stadtteil Schulname Sozialindex Billstedt Brüder-Grimm-Schule 2 Grundschule Archenholzstraße 2 Grundschule Mümmelmannsberg 1 Grundschule Rahewinkel 2 Schule am Schleemer Park 1 Schule An der Glinder Au 1 Schule Sterntalerstraße 1 Hamm Grundschule Osterbrook 1 Schule Hohe Landwehr 2 Horn Grundschule Horn 2 Schule Beim Pachthof 1 Schule Speckenreye 2 Schule Stengelestraße 1 Quelle: Schuljahresstatistik 2014 2. Ist § 87 des HmbSG, insofern die benannten Ausnahmegründe nicht greifen/vorliegen, für staatliche Schulen in Hamburg zwingend anzuwenden ? Wenn nein, welche Ausnahmeregelungen sind darüber hinaus vorgesehen ? (Bitte mit Nennung der gesetzlichen Grundlage umfänglich erläutern .) Ja. a. Inwiefern unterscheiden sich diese gegebenenfalls hinsichtlich solcher Klassen, die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf enthalten? (Bitte erläutern.) In § 87 HmbSG wird nicht nach Klassen mit oder ohne Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterschieden. 3. Sind die für staatliche Schulen geltenden rechtlichen Regelungen des HmbSG (insbesondere § 87) auch für alle anerkannten Ersatzschulen im Stadtgebiet verbindlich? (Bitte erläutern.) Wenn nein: a. Welche gesetzlichen Regelungen greifen dann stattdessen für die anerkannten Ersatzschulen in Hamburg? (Bitte mit gesetzlicher Grundlage angeben und erläutern.) b. Welche Unterschiede bestehen diesbezüglich gegebenenfalls zwischen anerkannten Ersatzschulen und anderen Ersatzschulen beziehungsweise sonstigen Schulen in freier Trägerschaft? (Bitte mit gesetzlicher Grundlage angeben und erläutern.) Siehe Vorbemerkung. 4. Auf Grundlage welcher gesetzlichen Regelungen (wenn die Ausnahmegründe nach § 87 HmbSG nicht greifen) haben anerkannte Ersatzschulen beziehungsweise deren Träger in Hamburg das Recht, die Klassen- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1776 3 stärke im Grundschulbereich auf mehr als 25 Schüler/-innen anzuheben ? (Bitte mit Nennung der Rechtsgrundlage angeben und erläutern.) a. Wie verhalten sich diese Regelungen bezüglich solcher Klassen, die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf beinhalten? (Bitte erläutern.) b. In welcher Weise kann und darf der § 2 Absatz 1, des HmBGSFT (Hamburger Gesetzt für Schulen in freier Trägerschaft) hierfür geltend gemacht werden? (Bitte ausführlich erläutern.) In Bezug auf Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf gilt, dass sie nur mit Genehmigung der zuständigen Schulaufsicht eine Schule in freier Trägerschaft besuchen dürfen. Hier wird geprüft, ob in der konkreten Lerngruppe an der jeweiligen Schule der besondere Förderbedarf des jeweiligen Schülers angemessen erfüllt werden kann. Sollte seitens der Schulaufsicht oder auf Grundlage von Beschwerden von Sorgeberechtigten festgestellt werden, dass Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nicht mehr angemessen gefördert werden, würde die zuständige Behörde über die Schulaufsicht eine Änderung veranlassen . Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Welche gesetzlich fixierten Obergrenzen oder sonstigen rechtlichen Regelungen bestehen zur maximalen Klassenstärke im Grundschulbereich für anerkannte Ersatzschulen beziehungsweise deren Träger in Hamburg? (Bitte Rechtsgrundlage benennen und erläutern.) a. Wie gestaltet sich dahin gehend der eigene Ermessensspielraum der Ersatzschule beziehungsweise des Trägers? b. Wie wird seitens der zuständigen Behörde für die Umsetzung der Obergrenzen von Klassenstärken gegenüber anerkannten Hamburger Ersatzschulen Sorge getragen? (Bitte erläutern.) Siehe Vorbemerkung. 6. Gibt es, unter Berücksichtigung der Fragestellung in 5., 5. a. und 5. b. besondere Regelungen für solche Klassen, die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf beinhalten? (Bitte gegebenenfalls Rechtsgrundlage benennen und erläutern.) a. Wie genau nehmen sich diese Regelungen, Bezug nehmend auf die in 5., 5. a. und 5. b. gestellten Fragen aus? (Bitte analog erläutern.) Siehe Antwort zu 4. bis 4. b. 7. Gibt es eine Art Bestandsschutz für bereits bestehende Klassen/ Klassenstärken im Grundschulbereich anerkannter Ersatzschulen in Hamburg? Wenn ja, wird dieser rechtlich per Schulvertrag mit dem Träger geregelt oder anderweitig? (Bitte erläutern.) a. Darf dieser gegebenenfalls einseitig, durch die betreffende Schule beziehungsweise deren Träger, schulvertraglich (nachträglich) abgeändert werden? Wenn ja, mit welcher Rechtfertigung und nach welchem Verfahren? (Bitte erläutern.) Schulverträge werden zwischen den Trägern und den jeweiligen Eltern privatrechtlich abgeschlossen, sie werden von der zuständigen Behörde nur auf die Einhaltung des Sonderungsverbotes überprüft. 8. Sind behördenseitig im Zuge einer Erhöhung der Klassenstärke im Grundschulbereich einer anerkannten Ersatzschule besondere flankierende Maßnahmen zur Sicherung der Unterrichtsqualität und des Lernklimas in tendenziell zu großen Klassenverbänden vorgesehen/ vorgeschrieben? (Bitte mit rechtlicher Grundlage erläutern.) Drucksache 21/1776 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Wenn ja: a. Welche Flankierungsmaßnahmen sind im Einzelnen erforderlich/ vorgeschrieben? b. Ab welcher Klassenstärke werden sie, aus Sicht der Behörde, notwendig und unterscheiden sie sich nach jeweiliger Größe des Klassenverbands ? (Bitte mit Beispiel für die Klassenstärke von 26 und 28 Schülern/-innen angeben.) c. Wie werden diese Unterstützungsmaßnahmen gegebenenfalls finanziert? Ist eine staatliche Finanzierung dafür vorgesehen? Wenn nein: d. Warum sind keine staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für derartige Überschreitungen vorgesehen? (Bitte erläutern.) Siehe Vorbemerkung. 9. Sind behördenseitig im Zuge einer Erhöhung der Klassenstärke im Grundschulbereich einer anerkannten Ersatzschule, wenn diese Klassen auch Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf beinhaltet, besondere flankierende Maßnahmen zur Sicherung der Unterrichtsqualität und des Lernklimas in tendenziell zu großen Klassenverbänden vorgesehen/ vorgeschrieben? (Bitte mit rechtlicher Grundlage erläutern.) Wenn ja: a. Welche Flankierungsmaßnahmen sind im Einzelnen erforderlich/ vorgeschrieben? b. Ab welcher Klassenstärke werden sie, aus Sicht der Behörde, notwendig und unterscheiden sie sich nach jeweiliger Größe des Klassenverbands ? (Bitte mit Beispiel für die Klassenstärke von 26 und 28 Schülern/-innen angeben.) c. Wie werden diese Unterstützungsmaßnahmen gegebenenfalls finanziert? Ist eine staatliche Finanzierung dafür vorgesehen? Wenn nein: d. Warum sind keine staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für derartige Überschreitungen vorgesehen? (Bitte erläutern.) Es liegt in der Verantwortung des jeweiligen Schulträgers, eine zufriedenstellende Leistung mit den staatlichen und über Schulgelder zur Verfügung stehenden Mitteln zu bewirken. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. bis 4. b.